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Eine schwierige Geburt
ОглавлениеBerta und Bienchen waren beide trächtig, als sie bei uns ankamen. Das heißt, sie bekamen Junge.
Eine Schwangerschaft dauert bei Schafen und Ziegen circa 150 – 154 Tage.
Berta war eine erfahrene Schafs-Mama, die schon öfter gelammt hatte. So nennt man das Kinder-Kriegen bei Schafen.
Die erfahrene Berta brachte ihre Lämmchen Paulchen und Betty im März im Stall zur Welt. Dort waren sie vor Regen, Kälte und Sturm geschützt.
Nach der Geburt können Lämmchen sofort stehen. Die Mütter prägen sich den Geruch ihrer Kinder ein. Die Kinder erkennen die Mutter am Rufen und ebenfalls am Geruch.
Das geschieht alles gleich nach der Geburt: Die Mutter ruft mit einem starken „Määh! Määh! Määääh!“ und das Kleine antwortet mit einem ganz zarten „Mähähähä!“
Dann wissen sie, dass sie zusammengehören und das Lamm beginnt gleich nach dem Trockenlecken am Euter der Mutter zu trinken. Die Mutter beobachtet ihren Nachwuchs, und wenn das Schwänzchen hin und her wackelt, funktioniert das Trinken!
Die erste Milch ist sehr wichtig für das Immunsystem der Kleinen. Man nennt sie „Biestmilch.“
Nach acht Tagen fangen Lämmer schon an, das erste Heu zu knabbern, was sehr gut für die Verdauung ist. Auch jeweils kleine Portionen von Haferflocken und Kraftfutter werden gerne genommen und sorgen für ein gutes Wachstum.
Nach drei bis vier Tagen kam Berta an einem sonnigen Tag mit ihren Kleinen aus dem Stall und zeigte uns stolz ihren Nachwuchs. Die Lämmchen schauten sich neugierig die Umgebung an und fingen gleich an zu laufen, zu springen und zu hüpfen. Dabei hatte Berta die beiden im Auge und ließ sie auch nicht weit weglaufen. In regelmäßigen Abständen rief sie ihre Kinder mit einem Lockruf zum Trinken herbei.
So erfahren Berta im Lammen war, so unerfahren war Bienchen!
Fünf Tage nach der Geburt von Betty und Paulchen war es bei Bienchen auch soweit. Sie fing an, sich von der Herde abzusondern. Nun wussten wir, dass es gleich losgeht.
Wir beobachteten sie und sahen sie ganz unruhig umher laufen. Und zwar draußen, bei Schneeregen, Sturm und Kälte! Wir dachten noch „Die wird doch nicht draußen… anstatt im warmen Stall!“
Aber es war doch so: Sie brachte ihr Lämmchen draußen zur Welt! Und kümmerte sich nicht um das Kleine!
Sofort eilten wir an die Geburtsstelle, nahmen das Lamm auf den Arm und brachten es in den Stall. Bienchen lief hinterher und so waren beide sicher im Warmen.
Bienchen kümmerte sich aber weiterhin nicht um ihr Kind.
Wir verständigten den erfahrenen Schafzüchter Dr. Hassan Norusi, der gleich vor Ort war. Mit Heu rieb er das Kleine trocken und hielt es dann an den Euter von Bienchen. Das musste er mehrmals wiederholen.
Irgendwann fing das Schwänzchen an zu wackeln und nun wussten wir, dass Mutter und Kind zueinander gefunden hatten.
Das Lamm war sehr klein. Wir gaben ihm deshalb den Namen „Kleine Fee“. Da es unterkühlt war, legten wir Feechen unter eine Rotlicht-Wärmelampe. Bienchen wurde erst einmal zugedeckt, um sich von der Geburt zu erholen.
Nach acht Tagen wurde Bienchen unruhig.
Kleine Fee wollte am Euter trinken, jedoch wackelte das Schwänzchen nicht mehr. Wir stellten fest: Bienchen hatte keine Milch mehr!
Für solche Fälle gibt es Milch-Ersatzpulver. Mit Wasser angerührt wird diese dem Tier-Kind mit einem Babyfläschchen gegeben.
So brachten wir Feechen über die kritische Zeit, bis sie schließlich auch Heu, Haferflocken und Kraftfutter nahm.
Familie Berta mit den beiden Kleinen war von Anfang an sehr aktiv: Die Lämmer sind besonders gerne in Schubkarren gesprungen und haben sich herumfahren lassen.
Auch klettern kleine Tiere sehr gerne. Eins von Bertas Lämmern mussten wir einmal aus der Raufe retten, in die es geklettert war und nicht mehr rauskam.
Raufen sind im Stall die Heu-„Regale“ an der Wand, aus denen die Tiere fressen können.
Unser kleines Feechen konnte bald mitspielen und Wettrennen mit Paulchen und Betty veranstalten.
In Herden, gleich ob Schafe oder Ziegen, sind die Kinder zusammen und toben sich gemeinsam aus.
Allerdings beim Ruf der Mutter, ihre Stimme kennen sie ja seit der Geburt, kommen alle wieder „heim“ und saugen zur Essenszeit. Danach spielen sie wieder zusammen.
Auch bei Gefahr rufen die Mütter ihre Kleinen zusammen. Die Herde nimmt dann die Lämmer in ihre Mitte.
In der Natur können solche Gefahren Wölfe oder andere Raubtiere sein.
Die gibt es auf dem Gnadenhof allerdings nicht!
Aber die interessante Verhaltensweise, wie Herden ihre Jungen schützen, kann man trotzdem ab und zu beobachten, wenn die älteren Tiere eine Gefahr in einem unbekannten Hund oder einem Fuchs vermuten.
Füchse sind nicht ganz ungefährlich für kleine Lämmer.
Im Mai und Juni haben sie Junge und gehen dann zu Stallungen und Häusern auf Futtersuche.
Einmal gab es ein Sommergewitter und ich rief der Herde zu „Alle in den Staaal!“
Den Buchstaben „a“ langgezogen – das verstehen sie besser – und man kann es besser rufen!
So saßen wir gemeinsam im Stall und warteten den Regenschauer ab. Da sah ich einen Fuchs die Wiese hochschleichen. Ich rief ihm zu „Geh weg!“ Aber das interessierte ihn wenig. Frech blieb er mitten auf der Wiese sitzen.
Erst, als ich auf ihn zulief, ließ er sich verscheuchen.
Nach dieser schweren Geburt hatten wir also 7 Schafe und somit schon eine kleine Herde:
Die alten Brauni und Pumuckl, die neuen Berta und Bienchen, und ihre Lämmer Paulchen und Betty und Kleine Fee.