Читать книгу Das weiße Schneckenhaus - Thomas Propp - Страница 5

3. Kapitel:
Emma wird verzaubert und ein Geist erscheint.

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Emma öffnete vorsichtig das Kästchen ein zweites Mal. Und da war wirklich etwas drin, obwohl sie ganz sicher war, dass sie vorher nur die kleine braune Muschel darin gesehen hatte. "Was ist das?" fragte sie. Dieses Mal war es etwas Größeres. Es hatte die Form einer plattgedrückten Kugel, oben ein kleines Loch, einige hübsche Streifen und ringsum verteilt ganz viele glänzende Punkte.


"Das ist das Schiff mit den Tausend Augen", bemerkte der Zwerg.

"Aber da kann ich doch nicht rein", meinte Emma. "Ich bin doch viel zu groß!"

"Ich kann zwar nicht alles", zischelte der Zwerg, "aber dich kleiner zu machen, das ist das kleinste aller Kunststücke!" Er hob den kleinen goldenen Stab, machte in der Luft einen Kreis, ein Viereck, ein Dreieck und am Ende einen Punkt, zeigte auf Emma und sagte:


Ob groß, ob klein,

ob klein, ob groß,

weiß die Zauberkugel bloß.

Großes Kind wird so klein,

passt ins Augenschiff hinein!

Auf einmal begannen alle Dinge um Emma herum immer größer zu werden. Das Zimmer wuchs und wuchs, und am Ende reichten die Borsten des Teppichs ihr bis zu den Schultern.

"Keine Angst, keine Angst!" hörte sie den Zwerg. Neben ihr stand das Tausend-Augen-Schiff, welches nun sehr groß, viel größer als sie selbst, geworden war, und Sandomir stieg gerade aus einer Öffnung aus diesem heraus. Seine Stimme war mit einem Mal viel tiefer geworden und lauter: "Ich weiß, du wolltest gerade 'Mama! Papa!' schreien und mir sagen, ich sollte dich wieder groß machen."

"Ja", sagte Emma bloß, und am liebsten wäre es ihr gewesen, wenn sie jetzt neben Mama und Papa am Tisch gesessen hätte, und Mama hätte zu ihr "mein Schneckchen" gesagt, und Papa hätte ihr eine Scheibe Brot mit Marmelade gegeben.

"Du sollst mich wieder groß machen!", sagte sie.

"Steig’ ein!" sprach der Zwerg, und er zeigte auf das Schiff. Für Emma sah der Zwerg nun natürlich gar nicht mehr wie ein Zwerg aus. Er hatte etwa ihre Größe, und seine Stimme war zu einer tiefen, etwas kratzigen Männerstimme geworden. Sandomir berührte Emma am Arm: "Willst du mit mir spielen?"

"Ja", sagte Emma. ---!

"Siehst du", sagte der Zwerg, "wir tun einfach, als ob unsere wichtige Arbeit ein Spiel ist, das wir spielen, und ich verspreche dir, wann immer du 'stopp!' sagst, wirst du wieder groß sein und neben deinem Tisch in deinem Kinderzimmer stehen, und für deine Eltern wird keine Minute Zeit vergangen sein. Aber pass auf damit! Du weißt, unsere Aufgabe ist ungeheuer wichtig, denn wir warten ja schon seit über tausend Jahren darauf, dass du das Weiße Schneckenhaus wiederfindest."

"Warte noch!" hielt ihn Emma zurück.

"Du willst wissen, warum wir gerade auf dich solange gewartet haben, und warum nicht irgendein anderer, vielleicht ein starker Erwachsener, das Schneckenhaus holt."

"Nein", sagte Emma, "du sollst mir sagen, wie du heißt!"

"Ach so, natürlich", lachte der Zwerg, "ich darf mich vorstellen: mein Name ist Sandomir. Zwerg Sandomir, Riese Sandomir oder einfach nur Sandomir - ganz wie du willst."

"Eines noch, bevor wir losfahren", fuhr Sandomir fort. Er öffnete seine linke Hand. Darin lag eine kleine weiße runde Kugel. "Die ist sehr wertvoll, sehr alt und manchmal sehr hilfreich. Es ist das Weiße Auge des Weißen Fisches. Es heißt Mondstein. Immer, wenn du Hilfe brauchst, musst du es nur in deine rechte Hand nehmen und ganz fest drücken. Es hilft nicht immer, aber meistens. Meistens ist gerade irgendein guter Geist in der Nähe, der kommt und fragt, was er für dich tun kann."


"Danke", sagte Emma, nahm die Kugel in ihre rechte Hand und drückte sie ganz fest.

Es blitzte ein wenig, donnerte auch etwas, und gleich neben ihr erschien ein grüner Mann mit einem roten Bart. Er hüpfte auf der Stelle auf und nieder und sagte ganz schnell:

"Wischwisch heiß ich,

bin der gute Geist.

Sag’ was du wünschst, ganz schnell!

Ich bin in Eile!

Bin in Eile, bin in Eile!"

"Oh", entfuhr es Emma, "ich wollte nur mal ausprobieren, wie das geht."

"Puff" machte es, der Geist war verschwunden, und es roch ein bisschen schlecht.

Sandomir lachte schon wieder: "Wischwisch ist immer in Eile!"

"Eines noch", fuhr er fort, "das Wichtigste zum Schluss: Mondstein ist das Weiße Auge des Weißen Fisches. Verliere es nie! Wenn du das Weiße Schneckenhaus gefunden hast, musst du Mondstein hineinlegen. Und genau dann wird die Musik wieder zu spielen beginnen, und alle Menschen können wieder glücklich sein. Damals, als der Schwarze Rabe das Schneckenhaus raubte, ist diese kleine Kugel nämlich herausgefallen, und im selben Moment wurde es still in der Welt."

Das weiße Schneckenhaus

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