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IV. IZVR: Begriff

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Das IZVR behandelt im Bereich der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ebenfalls Fragen der internationalen Zuständigkeit und der Anerkennung von Entscheidungen, wobei sich teilweise Sonderprobleme ergeben, ua Fragen der Erbscheinserteilung bei Auslandsberührung (zB bei ausländischem letztem Wohnsitz oder ausländischer Staatsangehörigkeit des Erblassers), der Wirkung ausländischer Adoptionen im Inland und der Führung von Vormundschaften über Ausländer. Ein wesentlicher Bereich des IZVR der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, die Anordnung von Schutzmaßnahmen (Vormundschaft, Eingriffe in die elterliche Sorge), ist durch die Brüssel IIa-VO, das KSÜ, teils noch das MSA, sowie das ErwSÜ mitbestimmt. Das Haager Adoptionsübereinkommen 1993 (ausgeführt im AdWirkG) betrifft darüber hinaus auch die Zusammenarbeit bei internationalen Adoptionen.

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Vor allem für statusgestaltende Akte im Familienrecht lässt sich das auslandsbezogene Problem häufig sowohl verfahrensrechtlich als auch kollisionsrechtlich formulieren, so dass Abgrenzungsschwierigkeiten auftauchen. Die Anerkennung der Wirksamkeit einer Rechtsgestaltung kann dann entscheidend davon abhängen, ob man sie von der materiell-rechtlichen Prüfung nach dem (aus deutscher Sicht) anwendbaren Recht abhängig macht (Wirksamkeitsprinzip), oder ob man den ausländischen Statusakt als wirksam anerkennt (Anerkennungsprinzip mit Wirksamkeitserstreckung). Grundsätzlich kann ein Privatrechtsakt nur materiell auf seine Wirksamkeit geprüft werden, während der Rechtskraft fähige Gestaltungswirkungen einer Entscheidung verfahrensrechtlich anerkennungsfähig sind.

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Wurde ein Kind im Ausland adoptiert, so kann man verfahrensrechtlich nach der Anerkennungsfähigkeit der Adoptionsentscheidung fragen, aber auch materiell-rechtlich die Wirksamkeit der Adoption als statusverändernden Akt nach dem von den deutschen Kollisionsnormen berufenen Recht prüfen. Welcher Zugang zu dem Problem der richtige ist, hängt nach hM von der Art der erfolgten ausländischen Adoption (gerichtliche Entscheidung oder Vertrag) ab (vgl dazu Rn 1046 ff). Wird die Elternschaft zu einem Kind in einem ausländischen Geburtsregister eingetragen, so ist dies keine konstitutive Entscheidung, so dass nur materiell-rechtliche Abstammungsprüfung nach dem vom deutschen IPR berufenen Recht in Betracht kommt.[105] Hat hingegen ein ausländisches Gericht den Status festgestellt, so ist eine verfahrensrechtliche Anerkennung möglich, auch wenn nicht das aus Sicht des IPR richtige Recht angewendet wurde.[106]

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Völkerverträge verpflichten gelegentlich zur Anerkennung, auch wenn keine verfahrensrechtlich anerkennungsfähige gerichtliche Entscheidung vorliegt; so fordert Art. 9 des von Deutschland nicht gezeichneten Haager Eheschließungsabkommens vom 14.3.1978 die in einem anderen Vertragsstaat wirksam geschlossene Ehe auch materiell-rechtlich (ohne Einschaltung des IPR) als wirksam anzuerkennen („Anerkennungsprinzip mit Wirkungserstreckung“). Auch das Haager Adoptionsübereinkommen vom 29.5.1993 fordert die wechselseitige Anerkennung von nach dessen Regeln erfolgten Adoptionen in einem Vertragsstaat unbeschadet des auf die Adoption anwendbaren Rechts.

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In der Rechtsprechung des EuGH seit einigen Jahren bestehende Tendenzen[107] zum Prinzip einer Anerkennung von Registereintragungen betreffen das Namensrecht, dort die in einem Mitgliedstaat zulässige und registrierte (aber nicht rechtskräftig judizierte und damit nicht verfahrensrechtlich anzuerkennende) Namensführung[108]; danach ist der im Geburts-Mitgliedstaat bestimmte Name anzuerkennen und verdrängt das nach dem IPR des Heimatstaates bestimmte Namensstatut, obgleich dieser „Anerkennung“ keine gerichtliche Entscheidung, sondern nur eine Personenstandsregistereintragung zugrundeliegt. Ob dieser Ansatz einer Registeranerkennung europarechtlich zwingend auch auf andere personenstandsrechtlich beurkundete Verhältnisse übertragen werden muss, ist strittig. Teilweise wird auch für einen in einem anderen Mitgliedstaat eingetragenen Personenstand, insbesondere eine Vaterschaftsanerkennung, eine Anerkennungspflicht angenommen.[109] Die Kommission hat unter dem Titel „Weniger Verwaltungsaufwand für EU-Bürger“ ein Grünbuch[110] aufgelegt, das eine Vereinheitlichung des Kollisionsrechts in Bezug auf Statusverhältnisse anstrebt. Die namensrechtliche Frage wird im deutschen IPR in Umsetzung der EuGH-Anforderungen durch eine auslandsbezogene Sachnorm unter deutschem Namensstatut (Wahlrecht nach Art. 48) gelöst, was eine verfahrensrechtliche Anerkennung von Eintragungen vermeidet.

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Ähnliche Probleme stellen sich, wenn Statusänderungen im Ausland ohne Mitwirkung eines Gerichts erfolgen können, während sie im Inland nur durch eine gerichtliche Entscheidung erfolgen (zB die Ehescheidung, die im islamischen Recht – und damit in Staaten, die einer interpersonalen Rechtsspaltung nach Religionen folgen, für Muslime – als Rechtsgeschäft erfolgt).

Literatur:

Coester-Waltjen Anerkennung im Internationalen Personen-, Familien- und Erbrecht und das Europäische Kollisionsrecht, IPRax 2006, 392.

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