Читать книгу Cowboys, Sheriffs, heiße Ladies: 10 Western - Thomas West - Страница 10

Teil 1

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Damals war Jackson keine ganz junge Stadt mehr. Viele Steinfassaden auf der Mainstreet, eine Menge städtisches Volk, und natürlich die verdammten Blauröcke. Der Krieg war erst seit zwei Jahren vorbei, und die Unionssoldaten begegneten einem auf Schritt und Tritt. An jenem Abend ritt eine ganze Kavallerie-Schwadron durch die Stadt. Ein paar Offiziere stiegen vor dem Saloon aus dem Sattel. Das war Scottys Glück.

Damals ging man auch in Jackson nicht ganz sorglos über die Straße, einer wie Scotty zweimal nicht. Sein Blick schweifte über Dächer und Bürgersteig und an Fenstern und Türen vorbei, während er durch die Staubwolke schritt, die sich hinter den Kavalleriegäulen auf die Straße senkte. Den Mann, der ihn tot sehen wollte, entdeckte er trotzdem nicht.

„Scotty!“ Jemand schrie seinen Namen. „Scotty!“ Eine Frau. Er fuhr herum, ließ sich gleichzeitig auf die ausgetrocknete Straße fallen und zog seinen .45er Colt.

Ein Schuss explodierte, vor der Hotel-Fassade stieg Pulverdampf aus einem Planwagen, eine Schrotladung peitschte den Staub drei Schritte hinter Scotty auf. Er rollte zur Seite, sah eine blonde Frau am Fenster stehen, sah sie winken, hörte sie schreien – und entdeckte endlich den Schützen: Er kniete hinter der Plane des Ochsenkarrens, der vor dem Hotel stand.

Wieder prasselte eine Schrotladung in den festgetretenen Boden der Straße, diesmal so dicht vor Scotty, dass ihm der Dreck um die Ohren spritzte. Die Blauröcke hatten sich längst auf die Bäuche geworfen, ihre Revolverläufe zielten in alle Himmelsrichtungen. An den Fenstern des Saloons drängten sich Cowboys, Männer riefen, und am Fenster heulte die Blonde sich die Seele aus dem Leib. Das Ochsengespann vor dem Wagen rührte sich nicht.

Scotty registrierte das alles nur beiläufig, seine Welt war auf den Planwagen vor dem Hotel zusammengeschrumpft, auf den Gewehrlauf neben der hinteren Planenöffnung, schon wieder richtete der sich auf ihn.

Ein einziges Mal drückte Scotty ab.

Das Echo seiner Kugel pfiff zwischen Saloon und Hotel hin und her. Erst fiel eine Flinte aus dem Planwagen, dann beulte sich die Plane aus, und schließlich kippte ein graubärtiger Mann in schwarzer Jacke von der Ladefläche. Sein Hut landete noch vor ihm im Staub.

Scotty atmete einmal tief durch. Diesen Atemzug lang herrschte Totenstille auf der Mainstreet. Sogar die Frau oben am Hotelfenster hatte aufgehört zu schreien.

Scotty blickte zu ihr hinauf und steckte seinen Colt ins Holster. Die Hände vor den Mund geschlagen stand sie da, blond, klein und etwas mollig. Ihre Blicke begegneten sich kurz. Sie drehte sich um und verschwand.

Scotty stand auf. Die Blauröcke rannten an ihm vorbei, als er sich den Staub aus den Kleidern klopfte. Bald standen und knieten eine Menge Leute um den Toten herum, ein Dutzend Männer, die meisten Unionssoldaten.

Scotty ging zu ihnen. Die Frau stürmte aus dem Hoteleingang, raffte die Kleider hoch, stieg auf die Straße und rannte zum Planwagen. Soldaten und Bürger machten ihr Platz, und sie ging vor dem Reglosen in die Hocke. Nicht lange, ein paar Sekunden, sie schrie nicht, sie weinte nicht, blickte nur auf den angeschossenen Mann im Straßenstaub hinunter. Er hieß Hendrik Robbins, fast neun Jahre lang waren sie verheiratet gewesen.

Er atmete noch, schnappend und oberflächlich zwar, aber er atmete. Trotzdem hätte Scotty keinen Cent mehr auf ihn gewettet, er wusste, wie Männer atmeten, die sterben würden.

Schritten knallten über den Bürgersteig. Der Sheriff kam auch schon. Sie machten ihm Platz. „Was ist passiert...?!“ Er wankte, als er sich zu dem Angeschossenen hinunter beugte.

Die Frau stand auf. „Scotty...“

Sie wollte sich an seine Brust werfen. Scotty hob warnend die Hand. „Bloß nicht, Jane“, flüsterte er. „Du wirst gleich Witwe sein...“

Sie schluckte. „Er hat mich gefesselt, Scotty.“ Sie hob ihre fleischigen Arme, Scotty sah die Abdrücke der Fesseln an den Handgelenken. Mit einer Kopfbewegung wies zum Hotelfenster hinauf. „Oben im Zimmer, auf dem Bett. Wenn er’s gründlicher gemacht hätte, wärst du jetzt tot...“

„Vielleicht“, knurrte Scotty. „Vielleicht auch nicht.“

Der Sheriff richtete sich auf, auch das wankend. Ein breitschultriger Kerl mit grauen Locken und buschigem Schnurrbart war er und meistens schon gegen Mittag betrunken; er hieß Jack Whitney. „Tut mir Leid, Mrs. Robbins.“ Jack Whitney nahm seinen Hut ab. „Ihr Mann ist tot.“ Jane Robbins senkte den Kopf und presste die Faust gegen den Mund. Scotty wusste, dass sie nicht weinte. Keine einzige Träne würde sie ihm nachweinen.

„Hat’s dir nicht gereicht, ihm seine Frau weg zu nehmen, Scotty?“ Der Sheriff streckte die Hand nach Scotty aus. „Musstest du ihm auch noch das Leben wegnehmen?“ Mit genügend Whisky im Kopf, pflegte der Sheriff von Jackson sich ein wenig theatralisch auszudrücken. „Deinen Revolver, Scotty. Du bist festgenommen.“

„Ich habe niemandem die Frau weggenommen, Mr. Whitney“, sagte Scotty. Mit einer Kopfbewegung wies er auf den Toten. „Er wollte mich in den Rücken schießen. Es war Notwehr.“

„Erzähle keinen Quatsch, Scotty! Her mit der Knarre!“

„Es stimmt, Sheriff.“ Einer der Blauröcke trat zu Jack Whitney. „Ich bin Colonel Frank Andrews vom Fünften Kavallerie-Regiment. Meine Männer und ich wollten gerade unsere Pferde vor dem Saloon anbinden, als es losging. Robbins hat mit einer Schrotflinte aus dem Wagen heraus auf den Mann hier geschossen. Ich kann es bezeugen.“

Der Sheriff hätte gern auf den Zeugen verzichtet, jeder sah ihm das an. Aus schmalen Augen äugte er von Scotty zu dem Blaurock, und von dem Blaurock wieder zu Scotty.

Der drehte sich wortlos um steuerte die Tür an, die er schon im Sinn hatte, bevor der erste Schuss fiel: Die Tür zum Saloon. Der Himmel über den Dächern von Jackson war dunkelgrau, der Tag ging zuende.

„Scotty!“, rief Whitney ihm hinterher. Mitten auf der Straße blieb Scotty stehen, sah aber nicht zurück. „Du bleibst in der Stadt, bis der County-Richter dich und die Zeugen gehört hat, klar?!“

*

Mary drückte die Tür mit dem Rücken auf. Bis zur Treppe schleppte sie ihren schweren Koffer über die Veranda. Es wurde schon dunkel. In den Stallungen brannten Öllampen, Mary hörte Männerstimmen aus der offenen Tür. Nur drei Männer waren auf der Ranch geblieben, um die Pferde zu versorgen.

Sie packte den Koffer und stieg die drei Stufen in den Hof hinab. Und dann dicht an der Veranda, an Schmiede und Werkstatt entlang bis zur alten Scheune, wo die Wagen untergebracht waren.

Marys Herz klopfte. Einer der Männer könnte zufällig aus dem Stallfenster blicken. „Na und?“, murmelte sie. „Ich kann gehen, wohin ich will...“ Sie keuchte, verdammt schwer so ein vollgestopfter Koffer. „Wohin ich will..., solange er nicht da ist...“

Er – das war ihr Mann Alister LaRoche, einer der mächtigsten Pferdezüchter und Plantagenbesitzer zwischen Monroe und Vicksburg. Seit ein paar Tagen hatte sie ihn nicht gesehen. Auf einer seiner Plantagen südlich von Vicksburg überwachte er die Ernte. Vor Anfang nächster Woche würde er nicht zurückkehren.

Nicht gesehen? O doch, jede Stunde stand sein Bild vor Marys innerem Auge. Sogar nachts, wenn sie schlaflos lag. Und jede Stunde jagte es ihr Angst ein. Sie wollte es loswerden, Al und sein Bild. Für immer loswerden.

Das Scheunentor stand offen, und zwei Rappen eingespannt vor dem Einachser. Aus dem Halbdunkel tauchte John Milton auf. Er nahm ihr den Koffer ab und hievte ihn auf die kurze Ladefläche des Einachsers. Alle auf der Ranch wussten, dass Al seine Pferde besser behandelte als seine Frau. Doch nur einer wagte es sein Mitgefühl offen zu zeigen: John Milton, der Vorarbeiter.

Mary zog ihr schwarzes Schultertuch über das rote Haar. Mitte dreißig etwa mochte sie gewesen sein damals, und immer noch eine schöne Frau. Nur das Leid der Ungeliebten stand ihr ins blasse Gesicht geschrieben, der bittere Zug um ihre vollen Lippen erzählte dem, der sehen konnte, was Mary keinem Menschen anvertrauen durfte.

Sie raffte ihr schwarzes Kleid hoch und stieg auf den Bock. John kletterte zu ihr und nahm ihr die Zügel aus der Hand. „Ich fahre Sie, Ma’am...“

Mary erschrak. „Das dürfen Sie nicht tun, Johnny! Wenn Alister das erfährt, sind Sie tot...“

Milton trieb die Rappen an, das Gespann setzte sich knarrend in Bewegung. „Es sind fast vierzig Meilen bis nach Vicksburg, Ma’am. Ich lasse Sie nicht allein durch die Nacht fahren.“ Er steuerte das Gespann weg vom Hof und nahm den Weg durch die Koppeln, damit die Männer in den Stallungen sie nicht sehen konnten.“ „Wenn Sie Ihr Schiff verpassen, kriegt er sich vielleicht wieder. Also fahre ich Sie.“

Mary sah ihn von der Seite an. Ob Johnny sie liebte? Sie wusste es nicht. Aber er verhielt sich wie ein Gentleman, schon seit seinem ersten Tag auf der LaRoche-Ranch. Seitdem wusste Mary sich nicht mehr ganz allein in dieser Einöde, und seit dem war es mit der Pferdezucht ihres Mannes aufwärts gegangen. Niemand verstand sich so gut auf Pferde wie John Milton, in ganz Mississippi und Louisiana nicht.

Die Pferde auf der Koppel hoben die Köpfe und äugten der Kutsche hinterher. Kurz bevor sie nach Osten auf den Weg Richtung Vicksburg abbogen, blickte Mary noch einmal zurück. Da lag sie in der Abenddämmerung, die LaRoche-Ranche: ausgedehnte Pferdekoppeln, Stallungen, Scheunen und das alte, steinerne Herrenhaus. Wie ein Schlösschen sah es aus mit seinen Erkern und Giebeltürmchen, und war doch ein Gefängnis. Ja, für sie, Mary LaRoche, war es ein Gefängnis.

Niemals hätte ich hier hin gehen dürfen, dachte sie, niemals... Sie hasste ihren Vater, der sie vor sieben Jahren gezwungen hatte, Alister LaRoche zu heiraten.

„Was werden Sie nun tun, Mrs. LaRoche?“, fragte Milton. „Ich meine, eine Frau wie Sie, jung und schön, und ganz allein...? Wohin werden Sie gehen...?“

„Fragen Sie mich nicht, Johnny, bitte.“

„Ich verstehe, Ma’am. Aber Sie können sich auf mich verlassen, wirklich. Auch ich werde nicht zur Ranch zurückkehren.“

Schon wieder überraschte er sie. „Das ist nicht Ihr Ernst, Johnny. Mein Mann vertraut Ihnen. Einen Job wie bei ihm kriegen Sie so schnell nicht wieder...“

Johnny lachte. „Hü!“, rief er. „Hü!“ Die Rappen fielen in einen leichten Galopp. Hügelkuppen und Bäume verschwammen allmählich mit der hereinbrechenden Nacht. „Gute Männer werden überall gebraucht, Ma’am. So viele sind auf den Schlachtfeldern geblieben.“ Er kramte seinen Tabakbeutel aus der Jacke. Mit der Rechten begann er sich eine Zigarette zu drehen, während die Linke die Zügel festhielt.“

„Sie tun das doch nicht meinetwegen, Johnny?“ In diesem Moment wünschte Mary, sie hätte allein fahren können. Wenn Milton ihr einen Antrag machte, wenn er ihre Situation ausnutzen würde...

„Ich habe einen Job in Saint Louis angenommen, Ma’am.“ Auf ihre Frage ging er nicht ein. Das beunruhigte Mary. „Bei einem Pferdehändler. Ich hab ihn in Vicksburg am Hafen getroffen. Er sucht einen Verwalter für sein Gut in Saint Louis.“ Milton rieb sein Schwefelholz unter dem Kutschbock an. Bald roch es nach Tabakdampf. „Schätze, wir werden ein Stück gemeinsam den Mississippi hinauffahren, Mrs. LaRoche.“

Sie nickte nur. Natürlich – es war nicht schwer sich auszurechnen, dass sie nach Norden hinauf wollte, nach Saint Louis oder den Missouri hinauf bis nach Kansas City. Genau wusste Mary es selbst noch nicht. Nur nach Westen sollte es gehen. Dorthin, wo ein Leben neu beginnen konnte. Entweder würde sie von Saint Louis aus mit der Eisenbahn fahren, oder die Wells-Fargo-Kutsche in Kansas City nehmen. Gleichgültig. Nur weg von Al.

Sie schwiegen eine Zeitlang. Es wurde dunkler und dunkler. Die halbe Nacht würden sie brauchen bis nach Vicksburg, ganz bestimmt. Marys Dampfer legte im Morgengrauen ab.

Erst hörten sie Hufschlag aus der Dunkelheit, dann sahen sie die Silhouetten von Reitern; sieben oder acht oder mehr. Zwanzig, dreißig Schritte vor ihnen stieg das Pferd des Mannes an der Spitze hoch. Die Reitergruppe hielt an; und versperrte ihnen den Weg.

Marys Atem stockte, ihr Herz stolperte. An der hageren Gestalt, an den Locken unter der Hutkrempe und an den wehenden Rockschößen hatte sie ihn erkannt; Alister. Von einer Sekunde zur anderen brach ihre Zukunft zusammen. Wie steifgefroren hockte sie neben Milton.

„Wohin des Weges, Johnny?“ Eisig, seine raue Stimme. Er trieb seinen Wallach neben den Kutschbock. Johnny brachte kein Wort über die Lippen, und Mary starrte auf die Mauer aus Reitern, die ihr den Weg in die Freiheit verbauten.

„Auf meine innere Stimme kann ich mich verlassen.“ Alister LaRoche stieg vom Pferd. „’Deine Männer haben die Plantage im Griff’, sagte sie heute Nacht zu mir. ‚Reit nach Hause und schau nach deinem Täubchen’, sagte sie. ‚Es wird sich einsam fühlen in seinem Bettchen’.“ Er packte Mary und riss sie vom Kutschbock ins feuchte Gras...

*

Der Wirt gab sich Mühe in sein Spülbecken, auf seinen Zapfhahn oder in die Menge seiner Gäste zu schauen, in Wahrheit aber linste er ständig zu Scott herüber.

Scotty nippte abwechselnd an seinem Kaffee und seinem Whisky. Der Saloon füllte sich, doch die Barhocker rechts und links von ihm blieben frei. Keiner wagte sich in seine Nähe, alle musterten ihn verstohlen; die Männer misstrauisch und voller Respekt, die Frauen scheu und mit schlecht kaschierter Neugier. Eine halbe Stunde und länger ging das so. Wenigstens griff der Pianist wieder in die Tasten.

Manchmal, wenn Scotty das Glas oder die Tasse hob, prüfte er, ob seine Hand noch zitterte. Oder er lauschte seinem Herzschlag. Der kurze Schusswechsel draußen auf der Mainstreet hatte ihn mehr aufgewühlt, als man ihm anmerkte. Sicher: Scotty liebte das Leben, und eben war er knapp am Tod vorbeigeschrammt. Doch näher noch als diese Einsicht ging ihm die Erinnerung an den nach Luft schnappenden Sterbenden neben dem Ochsenkarren.

So sehr Scotty Winter das Leben liebte, so sehr hasste er es, töten zu müssen.

Mit der kurzen Schießerei da draußen auf der Straße, war die Erinnerung an hundert Feuergefechte während der Bürgerkriegsjahre in ihm erwacht. Und mit dem Gesicht des sterbenden Hendrik Robbins tausend Gesichter gefallener Männer, in die Scotty hatte blicken müssen...

Im Spiegel der Flaschenbar begegnete er von Zeit zu Zeit seinem eigenen Blick. Dann prostete er dem hochgewachsenen Schwarzhaarigen mit den kantigen Zügen und den langen Koteletten zu und versuchte zu lächeln. Irgendwann sah er bei der Gelegenheit, dass sie hinter ihm wieder zu tanzen begonnen hatten, und irgendwann sah er die Frau. Sie löste sich aus der Menge auf der Tanzfläche und steuerte die Theke an. In ihrer Rechten baumelte ein Handtäschchen aus rotem Samt.

„Ich darf doch?“ Sie kletterte auf den Barhocker rechts von ihm. „Schock verdaut?“ Scotty sah in ihre blauen Augen und nickte. „Lydia“, sagte sie. „Gib mir einen aus, Scotty.“

Scotty winkte dem Wirt. „Du kennst meinen Namen?“ Er betrachtete sie. Ihr Haar war dunkel und fiel lang über ihre Schultern und Schlüsselbeine, die ihr dunkelrotes Kleid freiließ. Der Stoff spannte sich über große Brüste, und das Blut schoss Scotty augenblicklich in die Lenden. Ihr Rouge, ihr Lidschatten, ihr Schmuck, ihre geschlitzter Saum – sie machte nicht den Eindruck, als wollte sie die Männer abschrecken, ganz und gar nicht.

„Einer wie du fällt selbst in Jackson auf.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Da erkundigt man sich eben. Und die meisten hier kennen dich.“

„Ich bin kaum zwei Wochen in der Stadt.“ Der Wirt tauchte hinter dem Thekentisch auf, Lydia bestellte deutschen Weißwein. „Wer soll mich schon kennen?“

Sie blickte zum Spieltisch hinüber. „Die Kartenhaie zum Beispiel. Oder die ausgemusterten Soldaten. Oder ein paar Mädchen. Glaubst du, die schweigen alle den ganzen Tag?“ Lydia lächelte. Da war ein Zug um ihren Mund, der hatte etwas Verruchtes. „Du kommst aus dem Osten, heißt es. Von den Yankees?“

„Aus einem ihrer Gefängnisse“, sagte Scotty. „Ich habe unter General Lee gekämpft. Neunte Kavallerie-Brigade, drittes Regiment. Hatte eine eigene Schwadron.“ Er hob sein Glas, seine Miene wurde bitter. „Captain Scott Walker aus Montgomery, Alabama.“

Lydia zog die Brauen hoch. „Vorbei.“ Der Wirt stellte den Wein vor sie auf die Theke. Sie nahm den Kelch und stieß ihn gegen Scottys Whiskyglas. „Aus und vorbei, Captain. Auf die Zukunft!“ Sie tranken. „Alabama liegt östlich, was hast du hier verloren?“

„Meine Schwestern und meine Eltern sind vor dem Krieg nach Oregon geflohen. Sie haben geschrieben. Ich soll kommen, in Oregon gibt es Land und Arbeit.“

„Und weil dir unterwegs das Geld ausgegangen ist, hast du bei Robbins als Erntearbeiter angefangen?“

Scotty nickte. „Nicht nur als Erntearbeiter. Ich hab mich um seine Tiere gekümmert, und um sein baufälliges Dach.“

„Du hättest es bei Tieren und Dächern belassen sollen, Scotty.“ Sie beugte sich zu ihm und senkte die Stimme. Er roch ihr Parfüm, und ihre Haut roch er auch. Das Atmen wurde ihm schwer. „Man kümmert sich nicht um die Frauen anderer Männer.“ Sie schlürfte ihren Wein und grinste dabei. „Jedenfalls nicht, wenn die Männer in der Nähe sind.“

„Ich hatte nichts mit ihr.“ Scotty machte ein finsteres Gesicht. „Gar nichts, glaub mir. Ich hab meine Prinzipien, verheiratete Frauen sind tabu für mich. Aber sie...“ Scharf sog er die Luft durch die Nase ein und schüttelte den Kopf, als könnte er es noch immer nicht glauben. „Sie war scharf auf mich. Und vor zwei Tagen, ich saß im Stall bei einer kreißenden Stute, da warf sie sich an meinen Hals, und...“

Diesmal lachte Lydia laut. „Du Armer! Und er kam dazu?“

„Ich weiß nicht, was daran so witzig sein soll“, knurrte Scotty. „Jetzt ist er tot. Dabei hat sie mich nur geküsst.“

Lydia neigte den Kopf auf die Schulter und betrachtete ihn von der Seite. „Ich kann die junge Mrs. Robbins gut verstehen, ehrlich gesagt.“

Statt zu antworten, bestellte Scotty noch einen Whisky. Und danach fragte er sie genau so aus, wie sie ihn ausgefragt hatte. Lydia kam aus Atlanta. Noch vor der Belagerung und Verwüstung der Stadt durch den Satan Sherman und seine Yankees hatte sie fliehen können. Nun suchte sie wieder einen Job als Friseuse. Scotty glaubte ihr nur die Hälfte. Nach seinem Eindruck suchte sie vor allem einen Mann.

Ein, zwei Stunden lang plauderten sie, und als ein rothaariger Bursche eine Konzertina auspackte und in die Tasten griff, tanzten sie sogar ein paar Takte miteinander. Aber nicht lang. Irgendwann drückte Lydia sich an ihn, und Scotty wurde heiß und kalt. „Lydia ist müde“, hauchte sie ihm ins Ohr. „Sie geht jetzt nach oben auf ihr Zimmer.“

Sie schob ihn ein Stück weg, lächelte ihn an und sagte: „Ich bin übrigens nicht verheiratet.“ Sprach’s, drehte sich um und schwang die Hüften Richtung Treppe.

Scotty beobachtete, wie sie die Stufen hinauf stieg. Erst als ihr Kleidersaum aus seinem Blickfeld verschwand, ging er zurück zu seinem Barhocker. Er setzte sich und merkte, wie ihm der Schwanz in der Hose klemmte. Sein Mund war trocken, und er empfand, was er zwei Wochen lang nicht ein einziges mal empfunden hatte: Lust.

Auf dem Barhocker rechts von ihm lag ihr rotes Samttäschchen. Absicht oder Vergesslichkeit? „Absicht“, murmelte Scotty. Er griff nach dem Täschchen und stand auf.

„Trink lieber noch einen Whisky.“ Der Wirt hatte ihn die ganze Zeit beobachtet. Jetzt schob er sich hinter der Theke entlang, bis er Scotty gegenüber stand. Er beugte sich über den Schanktisch und senkte die Stimme. „Der Sheriff hat ein Auge auf sie geworfen“, flüsterte er. „Hab ihn schon zweimal aus ihrem Zimmer kommen sehen. Jack Whitney, kapierst du, Scotty? Der Sheriff. Die meiste Zeit besoffen, schon möglich, aber einer der mächtigsten Männer in Jackson.“ Er zog die Brauen hoch und griff nach Scotty leerem Glas. „Also, noch’n Whisky, okay?“

„Später vielleicht...“ Scotty warf das Täschchen über die Schulter und stakste breitbeinig zur Treppe.

*

Die Feuchtigkeit des Grases drang durch ihre Kleider. Ihre Hände verkrallten sich im Boden. Er stand über ihr, schweigend, starr, breitbeinig. Minutenlang, so kam es ihr vor in ihrer Angst.

Langsam, ganz langsam ging er schließlich neben ihr in die Hocke. Sie wusste, dass er sie nicht schlagen würde, nicht jetzt, nicht vor den Männern.

LaRoche fasste sie am Nacken und zog ihren Kopf so nah an sein Gesicht, dass sein Whiskyatem sie einhüllte. „Du böses, böses Täubchen du...“ Seine Hand in ihrem Nacken ballte sich zur Faust. Mary stieß einen unterdrückten Schrei aus, weil seine Faust ihr Nackenhaar einklemmte und daran riss. „Du hast es mit ihm getrieben, stimmt’s?“, zischte er.

„Nein, Al, Gott..., nein...“ Er drückte seinen schnurrbärigen Mund auf ihre Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen.

Mary hielt still, ganz still. LaRoche ließ von ihr ab und schüttelte sie. Kurz nur, damit seine Männer es nicht sahen, und doch so fest, dass ihre Kopfhaut schmerzte. „Du hast es getan, wolltest mit ihm durchbrennen.“ Er schnalzte mit der Zunge. „Böses Täubchen. Wusstest du nicht, wie hart ich dich dafür bestrafen würde?“

„Bitte, Al..., nein..., ich wollte nur...“ Er stieß sie weg und sprang auf. „Eric! Leslie! Ihr bringt sie zurück zur Ranch!“

Die Angesprochenen rutschten aus ihren Sätteln und führten ihre Pferde bis zu dem Paar. Leslie, ein junger blonder Bursche aus Texas, streckte die Hand nach Mary aus. „Kommen Sie, Ma’am. Ich helfe ihnen hoch.“

„Sie kann selbst aufstehen!“, herrschte LaRoche ihn an. Mary weinte leise in sich hinein, während sie sich aus dem Gras stemmte.

Die Fäuste in die Hüften gestemmt schritt LaRoche zur Kutsche. Johnny Milton hockte auf dem Bock und rauchte. LaRoche trat neben ihn. Irgendjemand hatte eine Öllampe entzündet. Ihr Schein spiegelte sich den grauen Augen des Ranchers. Seine Blicke bohrten sich in Johnnys Gesicht. Der schluckte und rauchte hastiger. „Ich..., ich meine..., Ihre Frau, Sir..., Ihre Frau wollte nach Vicksburg. Ich dachte, nun Sir...“

„Was dachtest du, Johnny?“ LaRoche stützte sich auf dem Kutschbock auf. Sein Arm berührte Miltons Hüfte. „Sag mir, was du dachtest...“

„Nun, ich dachte, es wird Ihnen nicht Recht sein, wenn Ihre Frau allein durch die Nacht..., Sie verstehen doch sicher, Sir...?“

„Ich verstehe, Johnny. Ich verstehe sehr gut. Steig ab.“ Milton rutschte vom Bock. Vor lauter Nervosität glitt ihm die Zigarette aus den Fingern und fiel ins Gras. Er wagte nicht, sich danach zu bücken.

Leslie und Eric schoben Mary auf den Kutschbock. Sie nahmen sie in die Mitte. Leslie schnappte sich die Zügel. „Heya!“ Die Rappen zogen an, der Einachser bewegte sich, wendete und rollte zurück Richtung Monroe.

„Nett von dir, dich um meine Frau zu kümmern, Johnny, wirklich.“ Ganz nah trat LaRoche an Milton heran. „War sie gut?“

„Ich bitte Sie, Sir! Niemals würde ich...!“ Ein Schuss krachte, und was immer Milton noch zu beteuern hatte, seine Schmerzensschreie erstickten es. Er knickte ein, fiel seitlich ins Gras und hielt sich das angezogene Knie fest.

LaRoche steckte seinen Remington zurück ins Halfer. „Warst der beste Mann, den ich je für meine Pferde hatte, Johnny“, sagte er ungerührt. „Schade um dich, wirklich schade.“ Und dann an seine Männer gewandt: „Bindet ihn an meinem Sattel fest!“

Betreten sahen die Männer einander an. Bis Curd Russfield sich räusperte, ein stämmiger Enddreißiger, nicht ganz so groß wie die meisten, aber mit Oberarmmuskeln wie Ofenrohre. Noch weniger Manieren als der Rest des Haufens hatte er, und war zudem grobschlächtig und hässlich, aber er verstand sich als die rechte Hand LaRoches.

„Habt ihr nicht gehört, was Mr. LaRoche gesagt hat?!“, schnauzte er. „Bindet den Mistkerl an Mr. LaRoches Sattel fest!“ Endlich kam Bewegung in die Männer, zu viert packten sie zu. Johnny schrie und sträubte sich, wie ein junges Pferd, dem man sich mit dem Brandeisen nähert.

Sie fesselten seine Beine aneinander und verbanden das Lasso mit dem Sattelknopf LaRoches. Als Johnny sich hinter LaRoches Pferd im Gras hin und her warf und vor Angst und Schmerzen schrie, schwang der Rancher sich in den Sattel. „Schaut gut zu!“, rief er. „So geht es jedem, der meine Frau anmacht...!“

*

Einen Schlüssel fand Scotty nicht in Lydias niedlichem Täschchen. Dafür einen Zettel, auf dem sie in akkuraten Ziffern und mit Lippenstift die Zahl 12 geschrieben hatte. Er grinste.

Zimmer 12 lag ganz am Ende des Ganges. Er trat ein ohne zu klopfen. „Ich schätze, du hast mich erwartet“, sagte er, während er die Tür hinter sich zudrückte.

Sie saß im Mieder vor dem Spiegel und mimte die Erschrockene. Bis ihr Blick auf ihren Samtbeutel fiel. „Hab ich die Tasche doch tatsächlich vergessen!“ Mit routinierter Geste zog sie einen Morgenmantel von der Stuhllehne über ihre Schultern. „Danke, Scotty, das ist nett von dir.“ Ihre blauen Augen hingen an seiner hochgewachsenen Gestalt.

Nur für wenige Augenblicke gewann die Unsicherheit Oberhand in Scotty. Sollte sie die Tasche doch versehentlich liegen gelassen haben? Schätzte er diese Frau womöglich doch falsch ein? Aber dann sah er ihn wieder diesen abgefeimten Zug um ihren Mund. Nein, er täuschte sich nicht: Diese Frau war mit allen Wassern gewaschen.

Scotty beschloss zu glauben, dass sie ihn ganz bewusst in ihr Zimmer gelockt hatte.

„Der Sheriff hat ein Auge auf dich geworfen, höre ich.“ Er warf die Tasche auf das Bett und ging zu ihr.

„Jack Whitney?“ Sie lachte wieder ihr kehliges Lachen. Allein diese Stimme elektrisierte ihn. Es war, als würde ihre Hand über seinen Bauch streicheln. „Der Sheriff ist doch mit dem Whisky verheiratet. Solche Männer werden schnell langweilig.“ Sie stand auf, fasste seinen Gürtel mit der Rechten und strich mit der Linken durch sein schwarzes Haar. „Ich gehör mir selbst, Scotty. Und manchmal für die eine oder andere Stunde dem, dem ich gehören will.“

Ruckartig zog sie ihn an der Gürtelschnalle zu sich, umschlang ihn mit beiden Armen und saugte sich an seiner Kehle fest. „Mmh, du schmeckst nach Mann...“

„Nimmst du Geld dafür?“ Scotty schob sie ein Stück von sich weg und löste seinen Waffengurt.

„Wie romantisch!“ Lydia verdrehte die Augen. „Aber wenn du unbedingt willst, kannst du mir ja das Zimmer bezahlen.“

„Wer bist du?“ Scotty griff in ihr Langhaar. Wie Seide fühlte es sich an. Er wickelte es um seine Hand, langsam zog er ihren Kopf in den Nacken. „Was willst du wirklich?“

Sie riss den Mund auf, lachte, als würde sie es genießen von ihm festgehalten zu werden. „Dich“, sagte sie. Scotty küsste ihre Kehle, weich und warm war ihre Haut. Auf einmal griff sie ihm in den Schritt, so dass er unwillkürlich zusammenzuckte. „Und vor allem diesen Teil hier von dir will ich“, sagte sie heiser.

Scotty war so perplex, dass er zunächst nicht wusste, was tun und was sagen. Er spürte, wie seine Erregung nachließ, und das Blut aus seinem Schwanz wich. Er war nicht gewohnt, dass ihm jemand das Gesetz des Handelns aus der Hand nahm; schon gar nicht, wenn es um Sex ging.

Natürlich hielt er nicht zum ersten Mal eine Frau in den Armen. Aber diese hier war so unerwartet frivol und gierig – Scotty fragte sich, ob er nicht besser doch unten geblieben wäre und noch einen Whisky getrunken hätte. Bei der Kavallerie war man nicht prüde gewesen, weiß Gott nicht. Aber alles in allem war Scotty – nun, wie soll man das ausdrücken? – ein ziemlich gut erzogener und anständiger Kerl, als der Krieg ausbrach.

„Hey, Scotty!“ Sie lachte ihm ins Gesicht. „Du guckst ja, wie die Quäckerstochter, die zum ersten Mal zuschaut, wenn der Hengst die Stute besteigt! Bist du noch Jungfrau, oder wie ist es?“

Lydia wartete seine Antwort nicht ab, sondern ging vor ihm in die Knie, öffnete seine Hose und holte seinen Schwanz heraus. Der war leicht abgeschlafft. „Himmel! Was haben wir denn da? Einen weichen Lutscher, göttlich!“ Sie schloss ihre Lippen um das Teil und saugte es tief in ihren Mund. Saugte, drückte es ein Stück hinaus, saugte und drückte und peitschte die Spitze mit der Zunge.

Scotty holte geräuschvoll Luft, warf den Kopf in den Nacken und bog den Rücken durch.

Er war Captain bei den Konföderierten gewesen, wie gesagt, über vier Jahre lang – und selbst danach in den zwei harten Jahren der Kriegsgefangenschaft hatte er sich nur in Ausnahmefällen dem Willen anderer gebeugt. Und jetzt das. Er wusste nicht, wie ihm geschah.

Etwas fassungslos blickte er auf den dunklen Haarschopf hinunter, auf die Hände, die seine Hüften aus der Hose schälten, auf die Brüste, die sich aus ihrem Mieder wölbten, auf die Lippen, die seinen Schwanz streichelten. Der schwoll an wie ein Lederstrumpf, wenn man heißes Blei hineingießt.

„Na siehst du, Scotty“, flüsterte sie. „Siehst du, wie hart er ist und wie groß?“ Sie rieb ihre Wange an seinem Schwanz, zog seine Hose über seine Knie, und plötzlich riss sie ihren Mund auf und schnappte nach seinem Hoden.

Scotty wollte schreien, stattdessen aber stöhnte er, denn sie summte, während sie seine Eier über ihre Zunge von einer Wange zur anderen tanzen ließ, und ihr Gesumme perlte von seinem Hoden aus durch sein Blut. Wie milder Stromfluss rieselte es durch seine Knochen, durch sein Mark. Bald schnurrte er, wie ein satter Kater.

Auf den Knien rutschte sie über den Boden, drückte ihn gleichzeitig nach hinten, bis seine Waden die Bettkante berührten, und er nach hinten auf die Matratze fiel. Sie gab sein Gehänge frei, zog ihm Stiefel und Hosen aus und kroch zu ihm aufs Bett.

Der Morgenmantel glitt von ihren Schultern. Mit gespreizten Schenkeln hockte sie sich auf seine Brust. „Zieh mich aus, Scotty...“ Er löste die Miederhaken, schälte sie aus dem Wäschestück, ihre Brüste pendelten wie überreife Zwiebelkürbisse. Die Höfe um die Brustwarzen waren hellbraun und so groß wie ihr Mund, den sie jetzt aufriss, um in Vorfreude zu stöhnen, und genau so frivol, wie dieser sahen sie aus.

Er wollte zugreifen, doch sie packte ihn an den Handgelenken und bog seine Arme auseinander. „Ich geb sie dir, Scotty“, raunte sie. „Du kriegst sie...“ Sie beugte sich über ihn, rutschte ein Stück nach oben, und auf einmal hingen ihre Brüste über seinem Gesicht, fleischig, groß und gierig.

Lydia ließ ihre Pracht über seine Wangen und seine Stirn streifen, dabei knurrte und stöhnte sie. Etwas wurde hart, groß und dick wie das oberste Glied seines kleinen Fingers – Scotty schnappte zu, hielt es mit den Zähnen fest und rieb es mit der Zunge. Zwischen seinen Zähnen schien ihre Brustwarze noch größer und härter zu werden.

„Scotty...!“, rief sie. „Scotty..., beiß, aber beiß sie nicht ab.“ Lydia fasste seinen Kopf, drückte ihn gegen ihre Brust, drückte ihn hinein, quiekte vor Vergnügen und kicherte, gleichzeitig kreiste ihr Becken um seinen Schwanz herum.

Er spuckte ihre Brust aus, drehte den Kopf zur Seite. „Ich will...“ Scotty rang nach Luft. „Ich will...“

„Was willst du denn, mein geiler Hengst?“, schmeichelte sie, schob sich an ihm herunter, küsste seine Brust und seinen Bauch. Er griff nach ihr, wollte sie festhalten, wollte endlich ihre Feuchtigkeit spüren, wollte ihr das Höschen vom Leib reißen. Doch Lydia hielt seine Hände fest, rutschte noch weiter hinunter, so dass sie über seinen Schwanz glitt. Der raue Stoff ihres Schlüpfers rieb seine Eichel, er schrie – halb vor Schmerz, halb vor Lust.

Und dann fasste sie ihre großen, weichen Brüste mit den großen, hellbraunen Warzen, und schloss seinen Schwanz damit ein. „Stoß“, sagte sie, „komm, stoß doch, mein Hengst...“

Und Scotty tat es; richtete seinen Oberkörper auf und stieß seinen nassen Schwanz zwischen ihren Brüsten hin und her. „Wie gut“, flüsterte sie. „Wie wunderschön...“ Und dann kniete sie zwischen seinen Beinen, hielt seinen Schwanz fest und rieb ihre linke Brustwarze gegen seine Eichel.

Nicht lange, denn Scotty geriet außer sich. Er zog seine Beine an, bäumte sich vor Lydia auf, umklammerte ihre Brüste und fuhr mit der Schwanzspitze über die hartgeschwollenen Brustwarzen, mal über die linke, mal über die rechte.

„Scotty...“, flüsterte sie. „Ich wusste es, als ich dich sah, ich wusste du machst es gut...“ Sie begann zu hecheln. „Ja, ja...“

Scotty griff in ihr Haar. Alle Dämme brachen jetzt in ihm, an den Wangen hielt er sie fest, und ihre Lippen öffneten sich willig. Sein Schwanz glitt in ihren Mund, er stieß zu, einmal, zweimal, dreimal, und während sie nach ihm griff, während sie nuckelte und saugte, knetete er ihre Schultern, ihre Brüste, ihre Taille, ihre Hüften – und endlich, endlich erwischte er den Stoff ihres Höschens.

Er drückte sie seitlich aufs Bett hinunter. Sie dachte nicht daran, seinen Schwanz freizugeben, hielt ihn mit Lippen und Zähnen fest, aber Scotty war nicht mehr zu halten.

Obwohl sie die Schenkel zusammenpresste, schaffte er es irgendwie, ihr das Höschen auszuziehen. Seine Hände fassten ihre Gesäß, seine Stirn bohrte sich einen Weg zwischen ihre Schenkel, seine Zunge zwischen ihre nassen Schamlippen. Seine Zunge kreiste, bis sie die feuchte, harte Perle fand und dann leckte er einfach solange und so fest, bis ihr Becken bebte und ihre Lippen seinen Schwanz freigaben, weil sie stöhnen musste.

Scotty packte sie an den Hüften, richtete sich zwischen ihren Schenkeln auf und zog sie auf seine. Er bog seinen Schwanz hinunter zu ihrem klaffenden Spalt, rutschte hinein und zog sie gleichzeitig noch näher zu sich hinauf.

Jetzt hatte er sie so, wie er sie wollte, und sie? Sie räkelte sich, streckte die Arme oder strich sich von unten über ihre Brüste, und stieß ihm gleichzeitig ihr Becken entgegen...

*

„...und Sie sind ganz sicher, dass Ihr Mann zuerst geschossen hat, Mrs. Robbins?“ Jack Whitney legte seine rechte Hand auf die Schulter der jungen Witwe. Etwas linkisch sah das aus, ohne den wohligen Nebel in seinem Hirn hätte er sich das gar nicht getraut. Nicht bei einer frischgebackenen Witwe! Frischgebacken – sagte man so bei Witwen? Whitney wusste es nicht genau. Die Nähe der Frau verwirrte ihn ein wenig. Vielleicht lag es auch am Whisky.

„Ich meine, hier vom Fenster aus haben Sie das natürlich viel besser beobachten können, als die Yankees auf der anderen Straßenseite neben ihren Pferden...“

Sie lag auf dem Bett in ihrem Hotelzimmer und wandte ihm den Rücken zu. Manchmal schluchzte sie, manchmal verbarg sie ihr Gesicht im Kissen, und dann bebte ihr ganzer Körper, so heftig weinte sie.

Um ihren toten Mann, nahm der Sheriff an; und deswegen war er ja auch hier heraufgekommen, um die Arme ein wenig zu trösten, einzig und allein deswegen. Doch Whitney täuschte sich: Jane weinte und schluchzte, weil Scotty nicht bei ihr war. Als wäre nichts geschehen, war er in den Saloon gestiefelt, hatte sie kaum beachtet, ihr schon wieder die kalte Schulter gezeigt.

„Richter Burkley ist ein gerechter Mann, müssen Sie wissen, Mrs. Robbins.“ Der Sheriff suchte nach Gesprächsstoff. Zu trösten war die frischgebackene Witwe nicht, das begriff er doch so allmählich, aber gehen wollte er auch noch nicht; nicht unbedingt jedenfalls. Schließlich hatte er seine Pflicht zu tun – immerhin war er Sheriff von Jackson – die Umstände eines Todesfalles mussten aufgeklärt werden, und zwar gründlich.

„Richter Burkley wird genau wissen wollen, was sich abgespielt hat, wer zuerst geschossen hat und so. Und natürlich wird er sich auch nach den Hintergründen erkundigen. Haben Sie denn..., ich meine..., hat Ihr Mann denn Grund gehabt auf Scotty Walker zu schießen, wenn Sie verstehen...?“

Es klopfte an der Zimmertür. Der Sheriff nahm die Hand von Janes Schulter und stand auf. Mit der Linken strich er sich zweimal über den Schnurrbart, während er zur Tür schritt. Seine Sporen klirrten, so fest trat er auf. Erst zog er die Tür nur einen Spalt weit auf, und als er sah, dass eine der wichtigsten Personen der Stadt davor stand, ganz.

Der Wirt des Saloons schob sich an ihm vorbei ins Zimmer. Neugierig flogen seine Blicke umher und blieben schließlich an Jane Robbins’ Rücken hängen. Und an der Delle im Bettzeug davor.

„Mrs. Robbins braucht ihre Ruhe“, sagte der Sheriff. „Ich versuche gerade, Sie zu vernehmen. Was gibt es denn?“

„Hau gleich wieder ab“, sagte der Wirt. „Die Gäste warten. Dachte, du solltest wissen, was Lydia gerade treibt.“

Die wuchtige Gestalt des Sheriffs straffte sich, seine Brauen zogen sich zusammen, seine Miene glich plötzlich der eines angriffsbereiten Rottweilers. „Und? Weiter?“

„Mit Scotty. In ihrem Zimmer.“

Die Lider des Sheriffs verengten sich zu Schlitzen. Hatte er Recht gehört? Lydia? Die süße Lydia, der Traum seiner schlaflosen Nächte? Die Frau, der er einen Heiratsantrag gemacht und die ihn um Bedenkzeit gebeten hatte...?

Jane fuhr von ihrem Bett hoch. „Scotty? Mit einer Hure?! Du Schwein!“ Sie schleuderte das Kissen nach dem Wirt. „Das ist gelogen! Gelogen! Gelogen...!“

*

Sie drückte ihren Hintern in seinen Schoß und schnurrte zufrieden. Scotty umschlang sie von hinten mit beiden Armen und schloss die Augen. Ein bisschen wie zu Hause fühlte er sich, und gern gab er sich diesem trügerischen Empfinden hin, döste weg und träumte von seinen Eltern und seinen Schwestern, träumte von seinen glücklichen Kindertagen.

Von dem Erbseneintopf, den seine Mutter sommers und im Herbst immer kochte; von den Jagdzügen mit seinem Vater; von den drei Mädchen, die sich ständig darum stritten, wer dem kleinen Scotty die Haare bürsten durfte. Er träumte, dass all dies in Oregon geschah, in einem Land, das er nicht kannte; noch nicht kannte. In seinem Traum hieß das Paradies Oregon.

Er sah die Sonne über Hügeln aufgehen. Er sah blühende Apfelbäume und fettes Vieh auf den Weiden. Er träumte, es würde Frühling sein, wenn er auf die Farm seines Vater in Oregon ritt.

„Scotty!“ Irgendjemand rief seinen Namen, eine Männerstimme. Sein Vater? Scotty riss die Augen auf. „Raus aus dem Bett, gottverdammter Mistkerl!“ Der Sheriff stand unter einer offenen Tür. „Du bist verhaftet, zieh dich an!“

Scotty fuhr hoch. Tatsächlich – der Sheriff, nicht sein Vater! Auch Lydia wachte auf. Ihr Körper fühlte sich plötzlich hart und verkrampft an. „Was willst du, Whitney? Ich hab die Stadt nicht verlassen...“ Irgendwas stammelte Scotty, noch halb in Trance. „Mach das Licht aus, ich will schlafen...“

Der Sheriff fasste den Kolben seines Revolvers mit beiden Fäusten. „Vielleicht drück ich versehentlich ab, he? Vielleicht bist du dann tot, wie Hendrik Robbins jetzt tot ist!“

Hellwach war Scotty plötzlich. Die Miene des Sheriffs war nicht die Miene eines Mannes der Witze machte. Er kroch aus dem Bett und bückte sich nach seiner Hose.

„Und die Finger weg von deinem Colt, Scotty!“, sagte der Sheriff. „Hast du mich verstanden?“

„Was soll das Whitney?“ Scotty stieg in Hosen und Stiefeln. „Darf man bei euch nicht mehr schlafen, wo man will? Was willst du von mir?“

„Ich verhafte dich wegen Mordes an Hendrik Robbins“, schnaufte der Sheriff. „Du Scheißkerl, ich werde dich hängen sehen. Hier in Jackson wirst du am Galgen baumeln!“

An Whitney vorbei schob sich Jane ins Zimmer, die blonde, dralle Jane. Hart und unerbittlich war ihr Gesicht.

„Es war Notwehr.“ Scotty angelte sein Hemd aus dem Kleiderknäuel vor dem Bett. „Du hast doch gehört, was der Yankee gesagt hat: Robbins hat zuerst geschossen. Was willst du noch, Whitney?“

„Der Yankee konnte gar nicht sehen, wer zuerst geschossen hat.“ Der Sheriff wandte den Kopf Richtung Jane Robbins, ohne seinen Blick von Scotty zu wenden. „Sagen Sie’s ihm, Mrs. Robbins, sagen Sie’s ihm!“

„Du...!“ Janes ausgestreckter Arm, zielte auf Scotty wie ein Pfeil. „Du hast zuerst geschossen! Ich hab es genau gesehen...!“

*

Mary hockte auf ihrem Bett. Sie fröstelte. Dabei war die Nacht warm und feucht. Manchmal stand sie auf, ging ans Fenster, blickte ängstlich zum Torbogen der Ranch, sah Eric zwei Stockwerke tiefer unter ihrem Fenster auf und ab gehen. Hin und wieder hörte sie vor ihrer Tür Leslie husten oder sich räuspern. Sie bewachten sie wie eine Gefangene; eine Gefangene im eigenen Haus.

Fast zwei Stunden vergingen, bis sie Hufschlag hörte. Sie sprang zum Fenster, das Gedonner schwoll an, bald schälten sich die Umrisse der Reiter aus der Dunkelheit. Alister hielt sein Pferd vor der Veranda an, sprang aus dem Sattel, stürmte die Treppe hinauf. Mary hörte, wie die Tür ins Schloss fiel.

Sie blieb am Fenster stehen, drückte sie Faust auf die Lippen, nagte an den Nägeln, starrte auf die Schlafzimmertür. Schritte unten im Esszimmer, Schritte auf der Stiege, Schritte vor der Tür, ein kurzer Wortwechsel zwischen Leslie und Al. Und dann sprang die Tür auf.

Eine Whiskyflasche in der Rechten trat LaRoche ein. Mit dem Rücken ließ er sich gegen die Tür fallen. Hart und unerbittlich seine Gesichtszüge. „Du hast sicher schon auf mich gewartet, Täubchen...“ Marys Wirbelsäule verspannte sich, ihre Knie wurden weich. Das Atmen fiel ihr schwer.

Mary hörte, wie Leslie die Treppe hinunter lief, sie hörte die Haustür erneut ins Schloss fallen, und schließlich hörte sie Leslies und Erics Stimmen unten auf dem Hof. Sie entfernten sich allmählich. Und mit ihnen der letzte Funken Hoffnung.

Ihr Mann setzte die Flasche an, drei, vier Schlucke auf einmal nahm er. Danach ging er zum Bett, knallte die Flasche auf den Nachttisch und zog Jacke und Weste aus. „Wie hast du es mit ihm getrieben? Erzähl’s mir.“

„Ich hab doch nicht..., wirklich nicht, Al...“, viel zu rasch und undeutlich sprangen ihr die Worte von den Lippen. „Ich wollte nur..., ich wollte nur mal weg, und er...“

„Nur mal weg also...“ Langsam schritt er auf sie zu. Dabei löste er die Schnalle seines Revolvergurts. Waffen, Gurt und Holster prallten auf den Teppich. „Du wolltest mich also verlassen...“

Ein paar Schritte vor ihr blieb er stehen. Jetzt löste er die Schnalle seines Hosengürtels und zog ihn aus den Schlaufen. Starren Blicks verfolgte Mary jede seiner Bewegungen. Eiserne Schellen schienen sich um ihr Herz zusammen zu ziehen. „Bitte, Al, bitte...“ Die Stimme versagte ihr.

LaRoche legte den Gurt doppelt. Er packte Mary am Oberarm, seine Finger gruben sich in ihre Fleisch. „Komm schon, Täubchen. Du weißt doch, was jetzt zu geschehen hat.“ Hinter sich her zerrte er sie zum Bett. dort riss er ihr das Kleid vom Leib. „Wenn du schreist, schlag ich noch kräftiger zu.“ Bäuchlings stieß er sie aufs Bett. Mit dem Gurt drosch er auf ihren nackten Rücken ein.

Später, als Mary auf dem schmerzenden Rücken liegen musste, und er auf ihr hin und herrutschte und in sich hinein stöhnte, beschloss sie, ihrem Leben ein Ende zu machen...

*

Noch, als die Morgensonne durch die Gitterstäbe seines Zellenfensters schien, konnte Scotty es nicht glauben: Sie hatten ihn eingebuchtet. Angeblich war der County-Richter unterwegs nach Jackson, und angeblich behauptete Jane, er habe zuerst auf ihren Mann geschossen.

„Sie lügt!“ Er rüttelte am Zellengitter. „Verdammt, Whitney! Das kannst du doch nicht im Ernst meinen! Sie lügt doch! Du weißt es genau!“

„Sie ist nicht die einzige Zeugin“, sagte der Sheriff seelenruhig. Die Tür vom Zellentrakt ins Office stand auf, und Scotty konnte Jack Whitney sehen: Er hing in seinem Stuhl, hatte die Beine auf seinen Schreibtisch gelegt, und betrachtete seinen Häftling voller Genugtuung. „Es gibt da noch den einen oder anderen ehrenwerten Bürger, der mit ansehen musste, wie du den armen Hendrik Robbins angegriffen hast.“

„Verdammt, Whitney! Du willst mich fertig machen!“ Scotty schrie, wie nur einer schreien kann, der weiß, dass sein Leben auf dem Spiel steht. „Was ist mit dem Yankee, diesem Colonel! Er und seine Reiter werden für mich aussagen!“

„Längst weiter geritten.“ Zwischen den Schenkeln des Sheriffs klemmte eine Whiskyflasche. „Was weiß ich, wo die verdammten Blauröcke sich herum treiben.“

„Du musst sie suchen lassen! Du musst!“, Scotty streckte die Arme durch die Gitter. Jack Whitney schraubte die Flasche auf und setzte sie an die Lippen. „Hörst du, was ich sage, verdammt noch mal!“ Scotty trat gegen die Gitterwand, dass es nur so schepperte. „Ich habe ein Recht auf einen fairen Prozess!“

Der Sheriff fischte einen Zigarillo aus seiner Westentasche. Ohne Hast roch er daran, bedachte gewissenhaft, welche Seite er zwischen die Lippen stecken und welche er anzünden sollte.

„Ich dachte, sie sei eine Hure!“ Scotty tobte. „Ich wusste nicht, dass etwas Ernstes zwischen dir und Lydia ist! Du willst mich fertig machen! Du willst einen gottverdammten Prozess missbrauchen, um mich loszuwerden!“ Er packte seinen Pritsche und schleuderte sie gegen das Zellengitter. „Lass es uns wenigstens wie Männer erledigen!“

Whitney hatte sich endlich für ein Zigarillo-Ende entschieden. Er nahm die Füße vom Schreibtisch, riss ein Schwefelholz an der linken Stiefelsohle an und stand auf. Gemächlich schaukelte er aus seinem Office in den Zellentrakt hinein. Rauchwolken waberten um seine grauen Locken. Vor Scottys Zelle lehnte er mit dem Rücken gegen die Wand. Sein Gesichtsausdruck war vollkommen gleichgültig.

„Hör zu, Walker“, sagte er. „Eigentlich ist es scheißegal, wer von euch beiden zuerst geschossen hat. Du hast Hendrik auf dem Gewissen, so oder so. Wenn du dich nicht an sein Frau rangemacht hättest, wäre er nicht durchgedreht; wenn er nicht durchgedreht wäre, würde er noch leben...“

„Ich hatte nichts mit ihr, ehrlich nicht, Jack!“ Scotty presste die Stirn gegen die Gitter. „Sie hat sich an mich rangemacht! Wahrscheinlich hat sie ihn angelogen, so wie sie jetzt dich anlügt!“ Er schloss die Augen. „Bitte, lass mich raus, Jack! Bitte...“

Der Sheriff blies ihm den Rauch ins Gesicht. „...und genauso hast du’s mit Lydia getrieben...“

„Nein, Jack, wirklich nicht...“

„Hast dich an sie rangemacht, hast ihr schöne Augen gemacht, hast sie verführt. Du wirst hängen, Walker.“ Er stieß sich von der Wand ab und schaukelte in sein Office zurück. „Je weniger es von deiner Sorte auf Gottes schönem Erdboden gibt, um so besser.“ Die Tür knallte hinter ihm zu.

„Whitney!“, brüllte Scotty. „Whitney! Lass mich raus!“ Er schrie sich die Kehle wund, der Sheriff reagierte nicht mehr.

Irgendwann hatte Scotty sich die Stimme heiser gebrüllt. Er stellte seine Pritsche wieder auf, streckte sich darauf aus, starrte finster in die Spinnennetze an der Zellendecke.

Gegen Abend rief eine Frauenstimme seinen Namen draußen auf der Straße. Scotty schob die Pritsche unter das Zellenfenster, stieg drauf und sah hinaus. Lydia stand unter dem Fenster. „Sorry, Fremder. Deine Scherereien gehen auf mein Konto schätz ich mal.“

„Du musst mir helfen“, sagte Scotty. „Whitney will mich an den Galgen bringen. Er will es wahrhaftig! Besorg mir eine Waffe, oder...“

„Zurück vom Fenster!“, rief eine Stimme. Ein unrasierter Bursche in langer, schwarzer Jacke rannte über die Straße. Er war mit einem Gewehr bewaffnet, an seiner Jacke glänzte der Stern eines Hilfssheriffs.

„Gehen Sie, Ma’am.“ Er zog Lydia vom Fenster weg. Sie zuckte mit den Schultern und warf Scotty noch einen letzten, bedauernden Blick zu.

„Kein Faxen, Walker!“, blaffte der Hilfssheriff zu ihm hinauf. Er deutete über die Straße. In einem Sessel auf dem Bürgersteig, saß ein zweiter Sternträger, auch er mit einem Gewehr über den Schenkeln. „Wir haben ein Auge auf dich.“

Scotty ließ sich wieder auf die Pritsche sinken. Sogar die Männer, die ihn zum Galgen führen und ihm die Schlinge um den Hals legen sollten, hatte der Sheriff schon berufen. Mutlosigkeit ergriff ihn. Er drehte sich auf den Bauch, vergrub sein Gesicht in den Armen und verfiel in finstere Grübeleien.

Irgendwann musste er eingeschlafen sein, denn als er die Augen öffnete lag er auf dem Rücken, und Dunkelheit umgab ihn. Jemand war in der Nähe, Scotty spürte es – er setzte sich auf. Seine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit, und endlich sah er die kleine Gestalt vor der Gitterwand. „Jane?“

„Ich bin’s, du treuloser Schurke!“

„Warum lügst du?!“ Er stürzte zu ihr ans Gitter. „Warum sagst du gegen mich aus?! Ich werde hängen!“

„Warum hast du mich verlassen?“ Sie sprach mit tränenerstickter Stimme. „Warum weist du meine Liebe zurück? Und warum betrügst du mich mit dieser Hure?“

„Du warst verheiratet!“, zischte Scotty. „Ich hab dir nichts versprochen! Ich hab dich nicht einmal geküsst...“

„Du wirst mich heiraten.“

„Wie bitte?“

„Ich hol dich hier raus, und du wirst mich heiraten.“

„Du willst deine Aussage widerrufen?“

„Zu spät. Der Sheriff hat zwei weitere Zeugen gekauft, die gegen dich aussagen werden. Aber ich weiß, wie ich an den Zellenschlüssel komme. Wirst du mich heiraten?“

„Himmel, Jane!“ Scotty schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Das ist doch Irrsinn...“

„Morgen Abend kommt der Richter aus Memphis zurück. Übermorgen, am frühen Nachmittag, wird er den Prozess gegen dich eröffnen. Du hast bis morgen Abend Zeit dich zu entscheiden.“ Sie streckte den Arm durch die Gitterstäbe, streichelte sein stoppelbärtiges Gesicht und rauschte Richtung Office davon. An der Tür drehte sie sich noch einmal um. Scotty sah nur einen Schatten in der Finsternis. „Morgen Nacht komme ich, wenn du ‚ja’ sagst, bist du ein freier Mann...“

*

Gegen Mittag erst stand sie auf. Der Rücken tat ihr weh, ihr Hirn schien mit Nadeln gespickt.

Das Kissen war nass von Tränen. Die halbe Nacht hatte sie geweint, leise, um den Schnarchenden neben sich nicht zu wecken. Jetzt sah sie ihn vom Fenster aus mit den Männern eine Herde aus zwei Dutzend Pferden zusammentreiben. Er brüllte die Männer an, gestikulierte wild. Noch im Lauf des Tages wollte er die Herde nach Monroe bringen. Die US-Kavallerie hatte ihm einen guten Preis geboten.

Mary hasste ihn.

Sie sank auf den Hocker vor dem Kosmetikspiegel. Gott, wie Rücken und Kopf schmerzten! Aus dem Spiegel blickte sie eine fremde Frau an, eine aschfahle Frau, mit geschwollenem Gesicht und schwarzen Rändern unter den Augen.

Er hatte ihr verboten das Haus zu verlassen. Das tat er jedes Mal, wenn er wieder über sie hergefallen war. Natürlich – seine Männer sollten sie nicht sehen; nicht so.

Wie an tausend Morgen zuvor schon, fragte sie sich auch an diesem, was sie verbrochen hatte, dass sie so leiden musste. Wofür wollte das Schicksal sie bestrafen? Dafür, dass sie einmal mit einem Mann getanzt hatte, der jünger war als Alister?

Gleich im zweiten Ehejahr war das geschehen. Al hatte den armen Mann zusammengeschlagen. Nichts und niemand hatte ihn von der Überzeugung abbringen können, dass Mary mit dem Mann geschlafen hatte. Als sie kurz darauf schwanger wurde, musste sie das Kind abtreiben. Seitdem konnte sie keine Kinder mehr bekommen. Und seitdem schlug er sie. Und zwang sie zu Dingen, vor denen sie sich ekelte.

Als kurz darauf ihr Vater noch starb, wurde es ganz schlimm. Es hatte Wochen, ja Monate gegeben, da behandelte Al sie wie ein Stück Vieh. Und dann wieder, konnte er so lieb sein, phasenweise jedenfalls, so dass Mary immer wieder Hoffnung geschöpft hatte. Doch damit war es vorbei. Sie hoffte nicht mehr. Sie sehnte sich nach dem Tod.

Nein, es lag nicht allein an seiner krankhaften Eifersucht. Er war ein Sadist, ja, ein Sadist. Oder hatte ihn der viele Whisky dazu gemacht? Mary wusste es nicht. Sie wusste nur, dass sie nicht mehr konnte.

In solche trüben Gedanken versunken hockte sie vor dem Kosmetikspiegel und starrte die Fremde im Spiegel an. Himmel, wie schlecht sie aussah! Nur noch kurze Zeit, dann würde er nach ihrer Lebensfreude auch ihre Schönheit zerstört haben.

„Nein“, murmelte sie. „Das wirst du nicht schaffen. Denn vorher, vorher werde ich sterben...“

Merkwürdig – aber der Entschluss setzte neue Kräfte in ihr frei. Ja, auch zum Sterben braucht man Kraft. Sie schminkte sich, so gut es ging, zog sich an, und grübelte, wie sie es anstellen sollte.

Sie brauchte einen Revolver. Wie der Nachbar von der Miller-Ranch würde sie es tun; oder wie ihr Onkel mütterlicherseits. Den Lauf eines Revolvers in den Mund stecken und abdrücken. Man würde gar nicht viel spüren, hatte Mary gehört. Man würde einfach aufhören zu atmen, und fertig.

Aber wie sollte sie an einen Revolver kommen? Al versteckte alle Waffen vor ihr; als hätte er Angst, sie könnte ihn eines Tages erschießen. Auch daran hatte Mary schon gedacht. Aber die Schande am Galgen zu enden, schreckte sie ab.

Aus ihrer Wäschetruhe kramte sie ihre Ersparnisse. Fast zweihundertachtzig Dollar. Das müsste doch reichen für einen Revolver, oder? Sie steckte das Geld in ihre kleine Lederhandtasche.

Am Nachmittag, kurz bevor er mit der Herde und den Männern nach Monroe aufbrechen wollte, hörte sie ihn unten im Esszimmer mit dem Hausmädchen schimpfen. Das Essen war wohl mal wieder nicht nach seinem Geschmack. Mary schlich die Treppe hinunter. „Setz dich!“, blaffte Al ohne sie anzusehen. „Was treibst du den ganzen Tag im Schlafzimmer?“

Mary hielt sich an der Stuhllehne fest. „Ich lag im Bett..., ich bin krank..., alles tut mir weh...“

„Setz dich und iss etwas, los!“ Er schob ihr die Platte mit den Steaks über den Tisch. „Danach geht es dir besser.“

„Ich muss zu Dr. Collins nach Vicksburg, Al. Ich bin krank...“

„Ohne mich verlässt du die Ranch nie wieder.“ Er zersäbelte sein Steak, gönnte ihr nicht einmal einen Blick. „Morgen Mittag komme ich aus Monroe zurück. Wenn es dir übermorgen nicht besser geht, bringe ich dich nach Vicksburg zu Dr. Collins. Und jetzt iss.“

*

Die Stunden krochen dahin, der Tag neigte sich, Abenddämmerung lag über Jackson. Scotty stand auf der Pritsche und sah zum Zellenfenster hinaus auf die Mainstreet. Gegenüber hockten die Sternträger in Schaukelstühlen und hielten sich an ihren Gewehren fest. Reiter und Gespanne wühlten den Staub auf. Wahrscheinlich würde der Saloon sich allmählich füllen.

Eine Kutsche schaukelte vorbei. Sternträger eskortierten sie. Der Richter. Wer sonst? Der Mann, der ihn an den Galgen bringen sollte.

Scotty war soweit, dass er sich den Weg aus der Zelle freigeschossen hätte – wenn ihm nur jemand eine Waffe besorgen würde. Aber da war niemand, der ihm eine Waffe brachte.

Seine Freiheit liebte Scotty fast so leidenschaftlich wie sein Leben. Die zwanzig Monate in der Kriegsgefangenschaft waren für ihn die Hölle gewesen. Und jetzt wieder eingesperrt.

Er verfluchte den Sheriff, er verfluchte die Frauen im Allgemeinen und Jane und Lydia im Besonderen.

Stimmen drangen aus dem Office. Wahrscheinlich begrüßte der Richter den Sheriff. Merkwürdig, dass er den Angeklagten nicht sehen wollte.

Die Nacht kam, Scotty lag schlaflos. Noch zäher als tagsüber krochen die Stunden dahin. Draußen auf der Straße wurde es ruhiger. Jackson schlief ein. Die Stille marterte ihn.

Irgendwann Schritte draußen auf der Straße. Eine Tür ging auf, eine Tür schloss sich, und jetzt hörte Scotty die Schritte im Office. Da bemühte sich einer sehr leise zu gehen, sehr leise Türen zu öffnen und zu schließen. Scotty setzte sich auf.

Die Tür zwischen Office und Zellentrakt knarrte, die Silhouette einer Frau schob sich hinein. Jane. Sie kam also tatsächlich, um seine Antwort zu holen. Unglaublich! Scotty erhob sich von der Pritsche.

Mattes Licht glomm auf, ganz schwach nur, aber er konnte die kleine, mollige Frauengestalt erkennen. Jane trug einen leichten Mantel über ihrem schwarzen Witwenkleid. Vor seiner Zelle blieb sie stehen und hob die Lampe mit der Linken.

„Heiratest du mich?“ Jetzt hob sie auch die rechte Hand. Zwischen Daumen und Zeigefinger baumelte ein Schlüssel. Der Zellenschlüssel. Scotty lief zur Gitterwand, Jane wich einen Schritt zurück.

„Sag, dass du mich heiratest“, flüsterte sie. „Sag es, Scotty, sag es. Dann lass ich dich raus hier, hinter dem Hotel habe ich ein Pferd gesattelt.“

Sie sprach atemlos, und näherte sich mit jedem Satz der Zelle. „Du findest Waffen und Proviant im Sattel. Und Geld. Wir verabreden uns, irgendwo, in Kansas City, in Dallas, in Santa Fee, wo du willst, ganz egal...“ Sie schluckte, etwas Schmachtendes lag in ihrem Blick. „Dort treffen wir uns und heiraten. Sag ja, Scotty. Bitte, sag ja...“

Scotty dachte an den Galgen, Scotty atmete einmal tief durch, Scotty sagte: „Ja.“

„O, mein Liebster“, seufzte sie. Mit zitternden Händen schloss sie die Zelle auf. „O mein Allerliebster...“ Sie fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Wild und ausgehungert war sie.

Scotty wurde schwindlig. „Hast du einen Revolver?“, fragte er heiser.

„Natürlich, natürlich Liebster.“ Sie stellte die Lampe auf den Steinboden neben die Pritsche raffte ihr Kleid hoch und zog seinen .45er Colt aus dem Schlüpfergummi. Statt ihr Kleid wieder über ihre Beine fallen zu lassen, zögerte sie. „Aber vorher, Scotty“, hauchte sie. „Aber vorher lass es uns machen...“

Jane warf die Waffe auf die Pritsche. „Komm, nimm mich.“ Wieder warf sie sich an seine Brust, ihre Knie rieb sich plötzlich an seinem Schenkel und seiner Hüfte. „Gib mir, was du mir bis jetzt vorenthalten hast, Liebster. Gib es mir, als Vorauszahlung sozusagen...“

Scotty verdrehte die Augen. „Ich sollte schauen, dass ich verschwinde, Jane.“ Wohl oder übel musste er sich ihre Zärtlichkeit gefallen lassen. Er äugte hinunter auf die Öllampe. In ihrem schwachen Lichtkegel konnte er Janes Schuhe und nackten Knie sehen. Das Licht machte ihm Sorgen. „Sitzen die Sternträger nicht mehr auf der anderen Straßenseite?“

„Doch, aber sie schlafen.“ Sie keuchte schon vor Erregung. „Ich hab sie mit Whisky abgefüllt. Komm, Scotty, komm schon...“

Jane nestelte an ihrem Kleid herum. Ehe Scotty sich versah, hatte sie es aufgeknöpft, und im nächsten Augenblick zog sie sich das Mieder über die Brüste. „Fass sie an, o Gott, Scotty! Fass sie endlich an...!“

Er legte ihr die Hand auf den Mund. „Leise, um Himmels Willen sei leise.“ Sex war das Letzte, wonach ihm jetzt zumute war. „Ich..., ich kann jetzt nicht, Jane...“

Sie ging vor ihm auf die Knie, der matte Lichtschein fiel auf ihre dicken Brüste, herrlich dick und feist waren sie. Scotty schüttelte fassungslos den Kopf, nichts regte sich in seiner Hose. Jane griff unter ihre Brüste, hob sie aus dem Kleid, wie eine Speise präsentierte sie ihm ihr Fleisch. „Bitte, Scotty, küsse sie, küsse mich, küsse mich überall...“

„Himmel, Jane! Mein Leben steht auf dem Spiel, ich muss fliehen! Ich kann an nichts anderes denken...“

„Schau sie dir an, denk an sie“, flüsterte Jane. Sie stand wieder auf, griff unter ihre Kleid, stieg aus dem Schlüpfer. Dann raffte sie ihr Kleid bis über die Hüfte, präsentierte ihm ihr blondes Pelzchen. „Denk an das hier, Scotty.“ Sie stieß ihm ihr Becken entgegen, rieb ihre Scham gegen seine Hose. „Denk an mein feuchtes Loch, Scotty. Es hungert nach dir, o Gott, Scotty, es hat solchen Hunger nach dir...“

Scotty schob sie von sich. Er bückte sich nach der Waffe, tastete den Revolverkolben im Halbdunkeln, steckte ihn in den Hosenbund und huschte zur Zellentür.

„Ich schreie, Scotty.“ Ihre Stimme hob sich. „Ich schrei ganz laut, wenn du gehst ohne mich zu..., ganz laut werde ich schreien...“ Sie versperrte ihm den Weg.

„Du Irrsinnige...“

Mit ihren Brüsten und ihrem Schoß drückte sie ihn zurück zur Pritsche. Scotty überlegte fieberhaft, was er machen sollte. Er konnte nicht auf Kommando, er konnte es einfach nicht.

Aber er musste. Wenn er die Freiheit wollte, wenn er leben wollte musste er.

„Also gut.“ Er fügte sich in sein Schicksal.

„O Liebster, Liebster...“ Jane zog ihn auf die Pritsche hinunter.

„Aber ich brauche..., ich brauche es auf eine...“ Scotty kam ins Stammeln. Nie zuvor war er in einer vergleichbaren Situation gewesen. „Auf eine bestimmte Art, sonst geht es nicht...“ Sonst kriege ich ihn nicht hoch, fügte er in Gedanken hinzu. Nicht bei dir...

„Alles, was du willst, Scotty...“ Ihre Stimme versagte ihr schier vor Erregung. „Was soll ich tun, sag es mir...“

„Knie dich vor die Pritsche.“ Wieder ging sie auf die Knie. Er sah ihre verhangenen Augen im Schein der Lampe, er sah ihre feuchten Lippen, er sah die hitzige Erwartung in ihrem Blick. „Dreh dich um, beug dich über die Pritsche.“

„Oh ja, ja...“ Sie rutschte herum, stützte sich auf die Pritsche, streckte ihm ihren Hintern entgegen. „Von hinten, o ja, das wollte ich immer schon, Hendrik hat mich nie so gefickt. Ich darf doch ‚ficken’ sagen, Liebster, oder? Darf ich das?“

„Rede so schweinisch daher, wie du nur kannst...“ Scotty ging hinter ihr in die Knie. Noch immer regte sich nichts in seiner Hose. Vielleicht füllt er sich dann endlich mit Leben, dachte er.

Erst schob er ihren Mantel über ihr Gesäß bis auf ihren Rücken hinauf, danach ihr Kleid. Wie ein weißes, einäugiges Tier mit unglaublich fetten Backen kreiste ihr Gesäß im Lampenschein. „Ja, Scotty, fick mich von hinten..., gib’s meinem Arsch, gib’s mir, gib’s mir, ich sterbe vor Geilheit...“

War es tatsächlich möglich, dass eine Frau so redete? Ihre Worte verschlugen ihm den Atem. Und trieben ihm das Blut in den Schwanz, endlich.

„Fick mich, Scotty, fick mich...“ Das hungrige weiße Tier kreiste und stieß nach ihm. Fett war es, rund und haarlos. Scottys Mund wurde trocken, er öffnete seine Hose. Sein Schwanz war nur leicht geschwollen, viel zu schlaff, um ihn Gott weiß wohin zu stecken.

„Komm schon, Scotty, komm endlich...“ Die Pritsche knarrte, so heftig wackelte Jane mit ihrem nackten Hintern.

Scotty streichelte ihn. Sehr weich fühlte er sich an, ein bisschen zu weich nach seinem Geschmack, aber dennoch lecker. Er knetete ihr weiches Fleisch durch, fuhr ihr durch die Kerbe zwischen den Pobacken, drückte seinen Schwanz hinein und rieb ihn in der weichen, heißen Kerbe hin und her. Langsam aber sicher schwoll er an.

„Mach, was du willst, Scotty, mach einfach, komm, wie du willst, ich brenne...“

Scotty bohrte seinen Finger in das kleine, dunkle Loch in der Kerbe, ihr Körper spannte sich an, sie stöhnte laut, so dass er sich nach vorn beugen musste, um ihr die Hand auf den Mund zu legen. „Still...!“

„Ja, Scotty, ja, du kannst auch da hinein kommen, fick mich überall...“

Die Vorstellung erregte ihn. Er griff ihr von hinten zwischen die Schenkel, spürte ihr Schamhaar, spürte ihre Schamlippen, spreizte sie mit den Fingern, benetzte seine Hand mit ihrem Schleim. Dann rieb er seinen noch immer nur halb willigen Schwanz damit ein, und das kleine schwarze Löchlein in der Kerbe. Und endlich wurde sein zweitbestes Teil steif und hart.

Scottys bestes Teil war immer noch sein Hirn – und anders als sonst, wenn er eine Frau vögelte, leistete sein Hirn diesmal die entscheidende Schwerstarbeit.

Scotty drang in sie ein. Vorsichtshalber hielt er ihr den Mund zu, damit sie nicht schrie und womöglich noch die Hilfssheriffs auf der anderen Straßenseite weckte.

Er bewegte sich in ihr hin und her, stieß sie, so mächtig er konnte, und streichelte ihre Schamlippen und ihre feuchte Spalte dabei. Sie stöhnte und keuchte und biss ihm in die Hand. Scotty keuchte auch, aber mehr vor Anstrengung als vor Lust. Der Schweiß floss ihm aus dem Haaransatz, so hart arbeitete er.

Die Minuten verstrichen noch langsamer, als sie in der verdammten Zelle ohnehin zu verstreichen pflegten. Scotty hätte schwören können, dass er Jane eine halbe Stunde lang vögeln musste, bis sie sich endlich aufbäumte, wie eine Erstickende röchelte und mit den Armen ruderte – um dann erschöpft auf die Pritsche zu fallen.

Scotty selbst kam nicht, keine Chance. Er sprang auf, zog die Hose hoch, schnappte sich den Revolver, rannte aus der Zelle.

„Wo treffen wir uns?“, keuchte sie ihm viel zu laut hinterher. „Und wann treffen wir uns?“

„Nächstes Jahr in New York...“

*

In der Hocke schlich Scotty bis zum Office-Fenster. Er drückte die Klinke nach unten, zog die Tür einen Spalt weit auf und spähte auf die nächtliche Straße hinaus. Schulter an Schulter stiegen sie auf der gegenüberliegenden Seite vom Bürgersteig. Scotty hörte es Klicken, als sie ihre Gewehre durchluden.

„Shit...!“

Janes Gekeuche hatte sie geweckt. Und was jetzt?

Das Hotel lag etwa zehn Häuser weiter. Nur zwei Türen hatte das Office: Die in den Zellentrakt und eine zur Straße. Zu ihr musste er hinaus, wenn er zum Hotel und zum Pferd wollte, mochte es kosten, was es wollte. Eine andere Möglichkeit gab es einfach nicht.

Scotty kauerte hinter der Tür an die Wand. Der Türflügel würde ihn decken, wenn sie eintraten. Aus dem Zellentrakt hörte er Jane flüstern und ihren Kleiderstoff rascheln. Draußen hörte er die Schritte der Sternträger auf dem Bürgersteig.

„Sollen wir nicht lieber Jack wecken?“, fragte eine Stimme.

„Blödsinn“, sagte die andere. „Was soll schon passieren?“ Und dann öffnete sich die Tür.

Scotty machte sich so dünn wie nur möglich. „Wieso steht die Tür zum Zellentrakt auf?“, sagte eine Stimme.

Die Schritte entfernten sich ein wenig. „Hilfe“, hörte er Jane stöhnen. „Er ist über mich hergefallen...“

Jetzt...

Scotty sprang auf, schoss ungezielt in den Zellengang hinein, rannte hinaus auf die Straße. Er schlug die Tür zum Office zu, schob eine schwere Sitzbank davor. Dicht an den Fassaden vorbei spurtete er Richtung Hotel.

Erst als er es hinter sich krachen und poltern hörte, sah er zurück: Die Bank war auf den Bürgersteig gestürzt, ein Mann stieg über sie, einer der beiden Hilfssheriffs. Scotty riss den Revolver hoch und drückte ab. Die Kugel heulte an den Fassaden vorbei, trieb den Hilfssheriff ins Office zurück.

Weiter. Schneller. Der protzige Eingang des Hotels schälte sich aus der Dunkelheit. Hinter ihm explodierte ein Schuss. Scotty warf sich auf die Holzdielen, rollte dicht neben die Steinwand des Hotels, schoss aufs Geratewohl Richtung Office. Ein Mann schrie...

„Shit...“ Nur das nicht, nur niemanden töten...

Scotty sprang auf, rannte weiter, und endlich der Torbogen vor dem Hotelhof; nichts wie hinein!

Da stand es, das Pferd, ein Rotfuchs. Scotty band es los, kletterte in den Sattel. Hinter einzelnen Fenstern flammten Lichter auf. „Los!“ Er hieb dem Pferd die Sporen in die Flanken.

Der Fuchs preschte durch den Hof und dem Torbogen entgegen. Vielleicht warteten sie dort, vielleicht zielten sie schon mit ihren Gewehren auf das Tor – egal, Scotty setzte alles auf eine Karte. Wie oft hatte er das tun müssen in den Kriegsjahren, und wie oft war es gut gegangen...

In gestrecktem Galopp raste das Pferd durch den Torbogen. Scotty schoss nach rechts in die Dunkelheit. Der Gaul trug ihn auf die Straße. Scotty blickte zurück und drückte ab, immer wieder. Sie nur nicht zum Schuss, sie bloß nicht aus der Deckung kommen lassen...

Mündungsfeuer blitzte hinter ihm in der Dunkelheit auf, schon viel zu weit weg. Männer erschienen an Türen und Fenstern, brüllten ihm hinterher, irgendjemand schoss in die Luft.

„Brav, brav!“ Er klopfte dem Pferd auf den Hals. Als die letzten Häuser von Jackson hinter ihm zurückblieben, wusste er selbst nicht, wie er das geschafft hatte...

*

Immer wenn Mary sich am Fenster zeigte, stand Curd Russfield unten im Hof und lauerte zu ihr hinauf. Sie vermutete, dass Al den Vorarbeiter als eine Art Leibwächter für sie zurück gelassen hatte. Und sie vermutete, dass Russfield es war, der das Hausmädchen angewiesen hatte, sie keine Sekunde aus den Augen zu lassen.

Die schwarze Frau wich nicht von ihrer Seite. Wenn Mary zu ihr sah, entblößte sie ihr weißes Gebiss und lächelte. Doch Mary spürte ihre misstrauischen Blicke im Nacken. Selbst, wenn sie sich wusch, blieb sie in ihrer Nähe. Und als Mary sich in ihr Schlafzimmer zurückzog, kam sie alle halbe Stunde hinein und klopfte zuvor nicht einmal an.

Mary war ihr nicht böse. Sie wusste, dass die Frau aus purer Angst gehorchte. Prügel drohten ihr, wenn sie versagte.

Am Mittag lief sie im Esszimmer zwischen den beiden Fenstern hin und her. Sie fürchtete sich vor der Rückkehr ihres Mannes, und gleichzeitig wartete sie ungeduldig darauf. Noch einen Tag durchhalten, noch eine Nacht, und morgen nach Vicksburg und nie mehr zurückkehren. Mary hatte beschlossen, es gleich in Vicksburg zu tun.

Aber wie sollte sie die Waffe kaufen, ohne dass Al es bemerkte? Genau wusste sie es nicht. Irgendwie würde es sich ergeben. In den letzten vier Jahren hatte Al sie nur sechs oder sieben Mal nach Monroe oder Vicksburg mitgenommen. Und jedes Mal war er in einem Saloon versumpft.

In einen Saloon hatte sie ihn nie begleiten dürfen. Daran knüpfte sich jetzt ihre Hoffnung.

Es wurde Nachmittag, und noch immer zeigte sich keine Staubwolke am Horizont. Das Hausmädchen servierte ihr Tee. Lustlos rührte Mary darin herum. Die Kopfschmerzen hatten nachgelassen, aber die Striemen auf dem Rücken brannten.

Schwere Stiefel stapften draußen über die Verandatreppe. Die Tür wurde aufgestoßen, Curd Russfield betrat das Esszimmer. Mary zog die Schultern hoch und starrte in ihre Teetasse.

Mit einer Kopfbewegung bedeutete der Vorarbeiter dem Hausmädchen, sich zurückzuziehen. Es verließ das Haus. Mary konnte sehen, wie es über den Hof huschte und dann in der Hütte für das Gesinde verschwand.

„Ganz schön einsam, was?“ Russfield ließ sich auf einen Stuhl fallen und schenkte sich Tee ein. „Dachte, ich leiste Ihnen ein wenig Gesellschaft.“ Mary antwortete nicht. Das schien Russfield nicht weiter zu stören – er plauderte drauf los, plapperte von Pferden, tratschte über die Männer, erzählte vom Krieg. Mary hörte nicht zu. Manchmal, wenn er sich bewegte, wehte Gestank alten Schweißes sie an.

„Ich weiß, dass Sie lieber heute als morgen hier weg wollen, Ma’am“, sagte er irgendwann. „Jeder hier weiß das. Der arme Johnny hat das ziemlich blöd angestellt...“

Mary zuckte zusammen. „Was ist mit Johnny, was hat Al ihm angetan?“

„Reden wir nicht drüber.“ Russfield winkte ab. „Reden wir über was Anderes.“ Er kramte ein Stück Kautabak aus der Hemdtasche und steckte es in den Mund. „Jedenfalls hat er sich blöd angestellt, oder etwa nicht?“ Diesmal hielt Mary seinem Blick stand. Sie fragte sich, was in ihm vorgehen mochte. „Ich würde die Sache etwas schlauer anpacken...“

Hin und hergerissen zwischen Angst und neu aufkeimender Hoffnung lauschte Mary. Seine Blicke verursachten ihr eine Gänsehaut. Was wollte dieses Ekelpaket von ihr?

„Ich könnte das natürlich nicht umsonst machen“, sagte Russfield leichthin. „Das Risiko, Sie verstehen, Ma’am...“

„Ich bezahle. Wie stellen Sie sich die Flucht vor?“ Hellwach war Mary jetzt.

„Sie bezahlen?“ Sein breites Gesicht verzog sich zu einem dreckigen Grinsen. „Sie kennen den Preis ja noch gar nicht, Ma’am.“

„Nennen Sie ihn.“

Schmatzend kaute er auf seinem Tabak herum, seine Blicke wanderten über ihren Hals bis zu ihren Brüsten. Und noch bevor er es aussprach, verstand Mary. „Sie sind ein bisschen nett zu mir, Ma’am, weiter nichts. Vielleicht draußen im Stall bei den Pferden vielleicht.“ Mit seinem riesigen Daumen deutete er über die Schulter zum Fenster hinaus. „Ist das ein Vorschlag?“

Mary sprang auf. Stocksteif vor Entsetzen war sie auf einmal. „Ich werde meinem Mann von ihrem Angebot erzählen.“ Dünn klang ihre Stimme und zitterte.

Russfield schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und lachte laut. „Wem wird er mehr glauben, Ihnen oder mir? Warum sollten Sie es nicht mit mir treiben wollen, wenn Sie es mit Johnny getrieben haben, he...?“

Mary griff nach der Teetasse und goss ihm den Tee ins Gesicht. „Raus!“

Russfield zog sich das Halstuch aus dem Kragen und trocknete Gesicht und Hals. Böse blitzten seine Augen. „Du nimmst mein Angebot an, oder ich werde ihm schlimme Geschichten über dich erzählen.“

Später lag Mary oben im Schlafzimmer auf ihrem Bett und weinte. Jetzt hatte sie schon zwei Feinde im Haus. Aber sie würde ihnen entkommen; beiden, schon morgen; an einen Ort, an dem niemand ihr je wieder weh tun würde...

Erst gegen Abend ritt Alister LaRoche in den Ranchhof ein. Er war betrunken. Leslie und Eric schleppten ihn ins Schlafzimmer hinauf. Mary half ihnen, ihn auszuziehen. Die ganze Nacht schnarchte er neben ihr und war viel zu betrunken, um sie zu belästigen. Mary dankte Gott dafür.

Am Morgen weinte sie laut, krümmte sich, und simulierte Schmerzen. „Ich muss zu Dr. Collins nach Vicksburg“, lag sie LaRoche in den Ohren. Solange, bis der es mit der Angst bekam und eine Kutsche anspannen ließ...

*

Jack Whitney zog den Zügel an. „Brrr.“ Er deutete auf einen Farmer, der zweihundert Schritte entfernt Wasser in eine Viehtränke pumpte. „Fragt ihn, ob Walker hier vorbei geritten ist.“

Die Angesprochenen hießen Ringo und Jimmy. Der Sheriff hatte ihnen und vier anderen kurzerhand Sterne an die Hemden und Westen geheftet. Sie gaben ihren Gäulen die Sporen und ritten zum Farmhof.

„Er ist zum Mississippi geritten“, sagte einer aus der Schar der Sternträger.

„Klar ist er zum Mississippi geritten“, knurrte der Sheriff. „Doch wohin am Mississippi?“

„Nach Vicksburg“, sagte Lydia. „Jede Wette. Ich würde nach Vicksburg reiten, wenn ihr hinter mir her wärt. Und dann mit dem Dampfer nach Norden.“ Jack Whitney brummte etwas Unverständliches und bedachte Lydia mit einem unfreundlichen Blick. Noch lange nicht hatte er ihr das Schäferstündchen mit Scotty Walker verziehen.

„Scotty ist ein vorsichtiger Mann“, sagte Jane. Weder sie noch Lydia hatte der Sheriff mit auf die Jagd nach Scotty nehmen wollen. Aber gegen zwei dickschädelige Weiber war kein Kraut gewachsen. „Er wird sich ausrechnen können, dass sie in Vicksburg schon auf ihn warten.“ Der Sheriff hatte an alle Städte in Mississippi telegrafiert, zu denen eine Drahtleitung führte. Vicksburg gehörte dazu.

„Lassen wir uns überraschen“, knurrte der Sheriff. „Ob in Vicksburg oder am Arsch der Welt – ich werde ihn erwischen.“

Einen Hilfssheriff hatte Scotty auf seiner Flucht aus dem Gefängnis erschossen, den zweiten verletzt. Jane machte sich nichts vor: Sein Leben war keinen Cent mehr wert. Um ihn irgendwie zu retten, war sie mitgeritten; für sich zu retten. Es störte sie, dass auch Lydia sich den Verfolgern angeschlossen hatte. Sie unterstellte ihr ähnliche Motive.

Die beiden Reiter kehrten zur Gruppe zurück. „Er hat ihn gesehen“, sagte Ringo. „Vor sechs oder sieben Stunden ritt er hier vorbei, kurz nach Sonnenaufgang.“

„Und in welche Richtung?“, knurrte der Sheriff.

„In diese.“ Ringo zeigte nach Westen.

„In dieser Richtung liegt der Weg nach Vicksburg“, sagte Jane.

„Los!“, rief der Sheriff. Sie preschten nach Westen. In der Abenddämmerung erreichten sie Vicksburg.

*

Vicksburg war damals schon keine ganz kleine Stadt mehr. Ein –Gewimmel von Straßen, Häusern, Menschen, Tieren und Gespannen am Ufer des Mississippi. Ruinen in den südlichen und vor allem in den östlichen Randbezirken erzählten stumm vom Krieg. Und die Armeecamps der Union sowieso. An jeder Ecke, in jeder Straße begegnete Scotty den Siegern.

Er mochte die Blauröcke nicht, und vermutlich würde sich das bis an sein Lebensende nicht ändern. Andererseits: Was könnte einen Mann auf der Flucht besser tarnen, als Straßen voller Menschen?

Im Süden der Stadt, keine vierhundert Schritt vom Mississippiufer entfernt, fand er einen Saloon, in dem man übernachten konnte. Ein ziemlich maroder Laden. Vor dem Krieg eine Goldgrube, wenn man dem Wirt glauben konnte.

Ted Simmock hieß der ziemlich fette Mann, ein netter Bursche, nur rettungslos dem Alkohol ergeben. Scotty, als ehemaliger Kavallerie-Offizier der Konföderierten, hatte von vornherein ein Stein im Brett bei dem einäugigen Simmocks. Mit schwerer Zunge schwärmte der Wirt von besseren, längst vergangenen Zeiten.

Ein Teil der Stallungen und ein Steingebäude mit Bädern und Spielzimmern auf der anderen Seite des Hofes waren während der Belagerung durch Ulysees Grants Truppen niedergebrannt. Fünf Jahre her, und niemand hatte seitdem einen Finger krumm gemacht. Scotty musste seinen Fuchs in einem provisorischen Verschlag inmitten der Brandtrümmer unterstellen.

Den ersten Tag verbrachte er auf seinem Zimmer. Am zweiten zählte er das Geld, das Jane ihm freundlicherweise in die Satteltasche gesteckt hatte – fast neunzig Dollar – ging zum Friseur, ließ sich rasieren und die Haare schneiden, und kaufte sich neue Kleider: Eine schwarze Hose, ein langen, schwarzen Gehrock und einen breitkrempigen schwarzen Hut mit Samtbezug. Dazu ein weißes Hemd mit roter Samtweste. Wie ein Geschäftsmann aus dem Osten sah er aus in den Klamotten.

Frisch rasiert und neu eingekleidet flanierte er gegen Abend zum Hafen hinunter. Auch dort Yankees, wohin das Auge blickte. Sie schienen den Hafen für sich gepachtet zu haben.

Sechs Kriegsschiffe lagen vor Anker, und nur zwei zivile Raddampfer. Und selbst die, so musste Scotty erfahren, hatte die US-Army für Truppentransporte angemietet. Nach Westen ginge es, hörte er munkeln, gegen Indianer.

Scheißkrieg, dachte Scotty. Sie kriegen den Hals nicht voll... Mehr noch allerdings wurmte ihn, dass erst am Nachmittag des nächsten Tages ein Dampfer stromaufwärts Richtung St. Louis tuckern würde.

Er spielte mit dem Gedanken ein zweites Pferd zu kaufen, und den Weg nach Nordwesten im Sattel zu packen. Doch dann hätte er Louisiana und einen Teil Texas durchqueren müssen. Und in Monroe, Shreveport, Dallas und Fort Worth wussten die Marshals und Sheriffs sicher längst, wie viele Dollars sein Kopf inzwischen wert war. Ganz fix ging so etwas seit ein paar Jahren. Seit sie diese verdammten Telegraphenleitungen durchs Land zogen. Bis tief in den Westen reichten die inzwischen.

Nein, nicht über den Landweg, entschied Scotty. So schnell wie möglich wollte er zu seinen Eltern nach Oregon. Also hieß seine Route: St. Louis, Kansas City und von dort durch die Great Plains nach Montana hinauf. Ein weiter Weg bis nach Fort Laramie in den nördlichen Rockys, wo der Oregon Trail nach Westen vorbei führte. Aber welcher Weg ist schon zu weit für einen Mann, der nach Hause will?

Zwei Tage also. Eigentlich keine Zeit gemessen an den Wochen, die noch vor ihm lagen.

*

Mary ging zum Friseur und ließ sich die Haarspitzen schneiden – Russfield hockte hinter ihr und las Zeitung. Sie ging in einen Laden und probierte vier Kleider an – Russfield wartete mit verschränkten Armen vor der Umkleidekabine. In einem dritten Laden ließ sie sich ein Dutzend Paar Schuhe zeigen und schlüpfte in die Hälfte davon – Russfield wartete an der Tür und beobachtete sie.

Al hatte ihn als persönlichen Wachhund für sie abgestellt.

Es ging Mary nicht darum ihn loszuwerden, das war aussichtslos. Es ging ihr darum, ihm ihr eigentliches Ziel zu verschleiern: Das Geschäft, in dessen Schaufenster sie Waffen gesehen hatte. Häuserblock um Häuserblock näherten sie sich dem Laden wieder. Nachdem Sie aus dem Store, in dem es die Schuhe gab, auf den Bürgersteig traten, war er nur noch vier Gebäude entfernt.

„Ich will nicht unhöflich sein“, sagte Russfield. „Aber ein Drink tät mir jetzt gut, ehrlich. Wie wäre es, wenn wir ins Hotel zurückgingen?“ Mit schmierigem Grinsen tastete sein Blick ihre Gestalt ab.

„Sofort.“ Mary steuerte den Waffenladen an. „Nur noch dieses Geschäft. Im Schaufenster dort habe ich Gürtel gesehen. Vielleicht finde ich etwas Passendes.“ Russfield verdrehte die Augen hinter ihrem Rücken. Doch was blieb ihm übrig? Er schaukelte hinter ihr her.

Marys Herz klopfte. Sie hatte keine Ahnung, wie sie es anstellen sollte heimlich einen Revolver zu kaufen, wenn dieser ekelhafte Wachhund nicht von ihrer Seite wich. Vielleicht würde er vor der Tür warten? Was für eine lächerliche Hoffnung. Der Mut sank ihr. Sie sah ihren Plan zerplatzen wie eine Seifenblase.

Der Store lag schräg gegenüber des Saloons, in den sich Al drei Stunden zuvor abgesetzt hatte. Bei Dr. Collins hatte sie kein Wort sprechen können, das er nicht mithörte. Noch jetzt schauderte es sie, wenn sie an seine kalte, feuchte Hand dachte, die ständig auf ihrer lag, während der Arzt sie untersuchte und beriet. Meistens antwortete Al an ihrer Stelle. Natürlich wusste Dr. Collins, das ihre Ehe die Hölle war; und natürlich verlor er kein Wort darüber. Stattdessen hatte er ihr Pillen gegen Migräne verschrieben.

Und danach verschwand Al im Saloon. „Spirit of Vicksburg“ hieß er. Mary war sicher, dass Al nicht vor Mitternacht ins Hotel zurück kommen würde. Falls er es dann noch finden würde. Zeit genug; Zeit allein im Hotelzimmer, Zeit es hinter sich zu bringen.

Nur noch eine Hürde, die es zu überwinden galt: Curd Russfield.

Vor ihm betrat Mary den Laden. Es roch nach Öl, Metall und Leder. Über die Schulter sah sie zurück: Russfield lehnte im Türrahmen und wandte ihr den Rücken zu. Sie konnte ihr Glück kaum fassen.

Mary huschte zur Ladentheke. „Ich hätte gern einen Revolver“, sagte sie leise.

„Nun, Ma’am, Revolver führen wir eine ganze Menge.“ Der Händler, ein weißhaariges, hageres Männlein, musterte sie über seine Brillengläser hinweg. „Was für ein Modell soll’s denn sein?“

Marys Herz tanzte ihr in der Kehle herum. Ein Blick zur Tür. Russfield beobachtete das Treiben auf der Straße. Sie wandte sich wieder dem Händler zu. Ihre Blicke flogen über die Regale und Schränke hinter ihm. In einer Glasvitrine, entdeckte sie Faustfeuerwaffen. Einer der Revolver dort hatte einen mit Silber beschlagenen Kolben.

„Den da“, sagte sie und deutete auf die Vitrine.

Der Händler holte die Waffe heraus. „Gute Wahl, Ma’am, alle Achtung. Das ist das neuste Modell von Remington...“

„Füllen Sie die Trommel bitte mit Patronen, Sir.“ Der Weißhaarige verstummte, machte eine verwunderte Miene, tat aber, was sie verlangte.

Wieder ein Blick zur Tür: Russfield beachtete sie noch immer nicht.

Der Händler steckte Patronen in die Kammern und schlug die Trommel in den Waffenrahmen zurück. „Hundertfünfundneunzig Dollar Ma’am, wenn ich bitten darf.“

Mary fummelte ihre Lederhandtasche auf, zählte das Geld auf den Ladentisch, und griff nach dem fabrikneuen Remington. Unerwartet schwer war die Waffe. Sie spürte ihre Hand zittern. Auf einmal – fast geräuschlos – tauchte ein Mann neben ihr auf.

Vorbei, dachte sie. Die Waffe rutschte ihr aus der Hand...

*

Cowboys, Sheriffs, heiße Ladies: 10 Western

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