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V Fragen zur Demenz bei der ALS

49 Gibt es eine ALS-Demenz?

Die ALS kann mit einer Demenz verbunden sein. Bei 5–10 % aller ALS-Patienten tritt neben den motorischen Symptomen eine Verhaltensänderung, eine Einschränkung kognitiver Funktionen oder eine Sprachstörung auf. Die Symptome werden durch eine Frontotemporale Lobärdegeneration (FTLD) verursacht, die in Kombination mit einer ALS auftreten kann ( Frage 50).

50 Was ist Frontotemporale Lobärdegeneration (FTLD)?

Die FTLD ist eine neurodegenerative Erkrankung, die allein oder in Verbindung mit der ALS auftreten kann. Bei der FTLD kommt es zu einer Degeneration des Frontal- und Temporallappens (Stirn- und Schläfenregion) des Gehirns, in denen insbesondere Verhaltens- und Sprachfunktionen des Menschen reguliert werden. 5–10 % aller ALS-Patienten sind – in Kombination mit der ALS – an einer FTLD erkrankt. Die Krankheitsmechanismen zwischen ALS und FTLD zeigen große Übereinstimmungen. Bei beiden Erkrankungen kann eine schädliche Anreicherung des Proteins TDP-43 nachgewiesen werden. Die FTLD kann sich sehr unterschiedlich darstellen: Bei einer Gruppe von Patienten kommt es zu einer Frontotemporalen Demenz (FTD), die durch eine Wesensänderung und Verhaltensauffälligkeiten charakterisiert ist. Die FTD kann vor den motorischen ALS Symptomen oder erst im späteren Krankheitsverlauf der ALS hinzutreten. Eine weitere Form der FTLD betrifft überwiegend die Sprachfunktion. Die Betroffenen erfahren langsam-fortschreitende Einschränkungen, flüssig zu sprechen oder die geeigneten Worte zu finden (primäre progressive Aphasie, PPA). Das Auftreten einer FTLD (in Form von FTD oder PPA) erfordert eine besondere Berücksichtigung in der ALS-Behandlung, da verschiedene therapeutische Maßnahmen durch die FTLD erschwert werden.

51 Was ist Frontotemporale Demenz (FTD)?

Die FTD ist eine Form der Demenz, die in Verbindung mit der ALS auftreten kann. Die Verbindung von ALS mit FTD betrifft 5–10 % aller Menschen mit ALS. Der Begriff der »Demenz« wird (außerhalb medizinischer Fachkreise) zumeist mit einem »Gedächtnisverlust« gleichgesetzt. Richtig ist, dass der Demenzbegriff breiter zu verstehen ist und die generelle Abnahme von Hirnleistungen (nicht nur des Gedächtnisses) bedeutet. Die FTD ist eine Form der Demenz, bei der die Gedächtnisfunktion gut erhalten sein kann, aber in jedem Fall eine Wesens- und Verhaltensänderung vorliegt. So kommt es zu einer Enthemmung (Disinhibition), die zu Verhaltensauffälligkeiten führen kann. Durch die Enthemmung können eine Distanz- und Maßlosigkeit und eine Störung des Sozialverhaltens entstehen. Der Antrieb kann gesteigert sein – bis zur Getriebenheit und Unruhe. Anderseits ist auch ein Antriebs- und Interessenverlust möglich. Auch die Planung und Durchführung von Handlungen (»exekutive« Leistungen) können reduziert sein. In der Folge kann eine Ratlosigkeit und Einschränkung des praktischen Handelns entstehen (»dysexekutives Syndrom«).

52 Wie häufig ist die FTD bei der ALS?

Die FTD ist bei 5–10 % aller Menschen mit ALS nachweisbar. Eine FTD, vor allem bei einer geringeren Ausprägung, können bei einer zusätzlichen ALS-bedingten Sprechstörung schwierig zu diagnostizieren sein. Möglicherweise ist der Anteil von ALS-Patienten mit Symptomen im Spektrum der FTD höher als in der Vergangenheit beschrieben wurde.

53 Gibt es besondere Risiken für eine FTD?

In seltenen Konstellationen liegt eine familiäre ALS vor, bei der einige Familienmitglieder mit einer FTD, aber nicht mit einer ALS erkrankt sind. Auch in dieser Konstellation liegt ein erhöhtes Risiko einer ALS vor (allein oder in Kombination mit einer FTD). Patienten mit einem bulbären Erkrankungsbeginn (Beginn der ALS mit einer Sprech- und Schluckstörung) und einer überwiegenden Betroffenheit der motorischen Nervenzellen des Gehirns (erstes motorische Neuron) zeigen ein erhöhtes Risiko einer begleitenden FTD.

54 Wie ist eine FTD erkennbar?

Die FTD ( Frage 51) kann sich durch sehr unterschiedliche Symptome darstellen. Im Vordergrund steht eine Wesens- und Verhaltensänderung, die sich zumeist mit einer gewissen Distanzlosigkeit und anderen Enthemmungsphänomen darstellt. So kann eine Person, die zuvor durch Zurückhaltung gekennzeichnet war, zu einer Dominanz und Unangemessenheit im sozialen Kontakt neigen. Regeln der sozialen Rücksichtnahme können gebrochen werden. Weitere Merkmale der FTD beinhalten eine Antriebssteigerung (Unruhe) oder gegenteilige Phänomene eines Antriebs- und Interessenverlustes. Weitere Symptome sind Gereiztheit, Übellaunigkeit und Aggressivität.

55 Gibt es einen Test für die FTD?

Die Diagnosestellung einer FTD ( Frage 51) beruht auf dem neurologischen Untersuchungsbefund, der Krankengeschichte (Anamnese) durch die Patienten selbst und Angehörige (Fremdanamnese) sowie auf den Ergebnissen einer neuropsychologischen Testung. In der Neuropsychologie wurden standardisierte Testverfahren etabliert, mit denen typische Symptome der FTD nachgewiesen werden. Der Biomarker NF-L ( Frage 33) kann bei Patienten mit ALS in Verbindung mit FTD besonders erhöht sein. In bestimmten Konstellationen kann auch die Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns einen Substanzverlust des Frontal- und Temporalhirns darstellen.

56 Was ist der Unterschied zwischen FTD und Alzheimer-Erkrankung?

Die FTD ( Frage 51) ist eine Form der Demenz, bei der eine Verhaltens- und Wesensänderung im Vordergrund steht, während die Gedächtnisfunktionen weitgehend erhalten oder geringer betroffen sind. Im Unterschied zur FTD überwiegt bei der Alzheimer-Demenz eine Einschränkung der Gedächtnisleistungen.

57 Welche Auswirkungen hat die FTD für die ALS-Behandlung?

Die ALS-Behandlung setzt ein Einverständnis und aktives Mitwirken des Patienten voraus. Die aktive Teilnahme betrifft die regelmäßige und korrekte Medikamenteneinnahme, das Mitwirken an Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie und die regelhafte Anwendung von Hilfsmitteln, Kommunikationssystemen und Atemhilfen. Durch die Verhaltensstörung bei der FTD ( Frage 51) kann es in den verschiedenen Therapie- und Behandlungsbereichen zu Einschränkungen kommen. So kann das Führen eines Elektrorollstuhls eingeschränkt sein, wenn starke Enthemmungsphänomene im Fahrverhalten die Sicherheit des Patienten (Selbstgefährdung) und anderer Personen (Fremdgefährdung) bedroht. Auch die Anwendung einer Atemmaske oder eines Hustenassistenten (die beide eine gezielte Mitarbeit des Patienten voraussetzen) können bei Vorliegen einer FTD schwierig oder unmöglich sein. Bei einer ausgeprägten Verhaltensstörung ist auch die Anwendung einer Ernährungssonde (perkutane endoskopische Gastrostomie, PEG, Frage 206) eingeschränkt, da durch unkontrollierte Handlungen an der Sonde eine Patientengefährdung entstehen kann. Das Zusammentreten von ALS mit FTD macht eine besondere Entscheidungsfindung zu Behandlungsmaßnahmen der ALS erforderlich.

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)

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