Читать книгу BLACKOUT - Im Herzen der Finsternis - Tim Curran - Страница 8
Kapitel 4
ОглавлениеSo, wie der Sturm tobte, hatte das früher oder später passieren müssen. Ich war eher überrascht, dass der Strom nicht schon längst weg war. Als die Straßenlampen erloschen, wurde das Haus dunkel, ebenso das ganze Viertel. Es ist erstaunlich, wie schwarz die Welt in der Nacht ohne elektrisches Licht sein kann. Ich ging in den Garten und ließ den Schein der Taschenlampe umherwandern, während der Regen kaltes Wasser in mein Gesicht sprühte. Dann begann es wieder zu blitzen, und ich musste die Hand vor die Augen halten.
Mochte Kathy auch hier draußen gewesen sein, jetzt war sie weg.
Ich sah sogar an den Rändern des Gartens nach, suchte sie neben dem Haus und stocherte in den Büschen herum, in denen ich die schlangenartige Gestalt hatte verschwinden sehen. Das kostete Nerven. Aber an diesem Punkt war aus meiner Panik nackte Angst geworden, und ich war ziemlich sicher, dass Kathy etwas zugestoßen war. Vermutlich hatte sie etwas gehört oder gesehen und war nach draußen gegangen. Vielleicht war sie immer noch hier draußen, möglicherweise irgendwo auf dem Boden.
Wieder und wieder rief ich ihren Namen. Ich bekam keine Antwort.
Was macht man in einer solchen Situation? Die Nachbarn wecken? Die Cops rufen? Ich entschied mich dafür, beides zu tun. Aber zuerst musste ich verdammt noch mal sicher sein, dass sie nicht im Haus war. Tropfnass ging ich wieder nach drinnen und sah noch einmal überall nach. Sie war nicht da. Okay. Ich ging wieder nach draußen und sah in der Garage nach. Vielleicht hatte sie sich verletzt und war hineingekrochen, um dem Sturm zu entkommen. Unwahrscheinlich wie Vanilleeis in der Hölle, aber ich dachte, es wäre einen Versuch wert. Die Tür stand auf, und ich ging hinein und leuchtete den Raum mit der Taschenlampe aus. Es gab nicht viel zu sehen. Ihr neuer Dodge Charger stand noch da. Ich ließ das Licht über den Rasenmäher wandern, die abgedeckte Schneefräse, meine Werkbank und meine Werkzeuge, die Schaufeln und Rechen und Hacken, die an ihren Haken an der Wand hingen. Das war’s. Ich sah sogar unter dem Auto nach und fühlte mich dabei mehr als nur ein bisschen dümmlich.
Nichts.
Der Wind schlug die Tür hinter mir zu, und ich zuckte zusammen. Die Dunkelheit, die gegen das Fenster drückte, war immens und endlos. Plötzlich hatte ich furchtbare Angst, und ich wusste nicht, warum. Ich hatte das ganz merkwürdige Gefühl, beobachtet zu werden. Ich richtete den Lichtstrahl hierhin und dorthin, untersuchte jede schattige Ecke. Es blitzte wieder. Das flackernde, grelle Licht schien durch das Fenster. Es war eine seltsame und surreale Nacht.
Zeit, die Cops zu rufen, dachte ich.
Dann schlug etwas gegen die Seite der Garage. Ich sagte mir, dass es nur ein Ast war, glaubte es aber nicht für einen Moment. Es schepperte noch einmal, und dann hörte ich deutlich, wie sich etwas die Außenwand hochzog und über das Dach kroch. Das war kein Ast. Es war ein sattes, irgendwie gedämpftes Geräusch, das fleischig und dick wirkte und an etwas Gummiartiges erinnerte. Dann war es verschwunden. Ich hatte das furchtbare Gefühl, dass es das schlangenartige Etwas gewesen war, das ich in den Büschen hatte verschwinden sehen. Dass es gerade die Wand emporgekrochen und über das Dach geglitten war.
Mein Kopf juckte und schwitzte. Ich wartete darauf, dass dieses Etwas wieder ein Geräusch von sich gab. Aber es war nichts zu hören. Ich drückte mein Gesicht an das Fenster. Alles, was ich draußen sah, war nasses Gras, Äste, die sich im Wind wiegten, und große Pfützen. Sonst nichts. In dem Moment schaltete sich mein Verstand ein und überlegte, dass vielleicht eine Strom- oder Telefonleitung heruntergekracht war. Letzteres wäre keine große Sache, aber eine Stromleitung am Boden wäre um Einiges gefährlicher als eine Riesenschlange. Sofort hatte ich Bilder vor Augen, auf denen Kathy durch Stromschläge getötet wurde.
Ich riss die Tür auf und sprang in die Nacht hinaus. Fast erwartete ich, dass sich eine monströse Schlange auf mich fallen ließ wie eine Dschungelpython. Nichts geschah. Verzweifelt suchte ich noch einmal alles ab. Kathy war nirgendwo zu finden. Ich sah mich sogar im Garten der Peckmans um, aber es war hoffnungslos. Ich brauchte Hilfe, so viel war klar. Ich stürzte zurück ins Haus und griff nach meinem Handy auf dem Beistelltisch im Flur. Es war vollständig geladen, aber ich bekam kein Netz, nicht einen einzigen Balken. Als ich es trotzdem versuchte, gab es lediglich einen hohen Heulton von sich, den ich noch nie zuvor gehört hatte. Dann probierte ich das Festnetztelefon. Kein Freizeichen, nur ein kontinuierliches Summen, das der leere Klang der Leitung selbst sein musste.
Ich ging wieder nach draußen, und zu meinem Erstaunen hatte es aufgehört zu regnen. Auch der Wind hatte sich gelegt. Nicht einmal mehr ein kleines Nieseln war zu spüren. Es war, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Die Blitze zuckten immer noch grell auf, aber es gab keinen Donner. Das war mehr als seltsam, es war beunruhigend. Schon zuvor hatte ich das Muster der Blitze als sehr merkwürdig empfunden, und jetzt, als ich draußen stand, erkannte ich auch, was es war. Es war das Muster selbst. Es war nicht unregelmäßig, wie man hätte erwarten können, sondern sehr präzise. Das grelle Licht blitzte immer dreimal auf, dann blieb es eine Zeit lang dunkel, dann kam das nicht enden wollende Stroboskopgewitter. Ich ertappte mich dabei, wie ich zu zählen begann. Auf die drei Blitze folgten dreißig Sekunden Dunkelheit, dann folgte das Stroboskoplicht für genau zweieinhalb Minuten. Es hypnotisierte mich fast. Ich stand einfach nur da und verfolgte über drei Zyklen genau, wie sich das Schauspiel wiederholte.
Es war völlig widernatürlich.
Das war nichts Zufälliges, was da gerade in der Atmosphäre vor sich ging. Es folgte einem Plan, so verrückt, wie das klang. Ich machte mich auf den Weg nach drüben zu den Peckmans. Wieder blieb ich im Garten stehen und zählte einen weiteren Zyklus mit. Exakt das Gleiche. Wie hoch waren die Chancen, dass so etwas passierte? Mit welcher Wahrscheinlichkeit gab es einen Sturm, der ein solch perfektes Muster formte?
Ich blickte in den Himmel, während das Muster wieder mit dem Dreifachblitz startete. Für einen Moment dachte ich, eine riesige dunkle Masse dort oben zu sehen, gewaltig wie ein verdammter Flugzeugträger. Es war nur eine optische Täuschung, und das sagte ich mir auch. Unabhängig davon war es unmöglich, bei den andauernden Stroboskopblitzen weiter in den Himmel zu starren. Das war so schmerzhaft, wie in blinkende Suchscheinwerfer zu sehen.
Ich lief zu den Peckmans hinüber, und als ich die Treppe hinaufging, hörte ich einen Schrei in der Nacht. Es war ein hysterischer, geisteskranker Ton, der durch mein Rückenmark nach oben stieg. Ein Schrei des Schmerzes und des Grauens.