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Kapitel 5
Оглавление»Was zur Hölle ist hier los?«
Damit hatte ich nicht gerechnet, erschrocken zuckte ich zurück. Es war Al Beckmann. Er stand da, die Haustür war offen. Ich wartete darauf, ein weiteres Mal diesen Schrei zu hören, denn ich hatte keinen Zweifel daran, dass es eine weibliche Stimme gewesen war. Ich machte mir Sorgen, es könnte Kathy sein.
»Jon? Was machst du hier draußen?«, fragte Al.
»Ich suche Kathy«, sagte ich und erzählte ihm mit kurzen Worten, was geschehen war. »Hast du den Schrei gehört?«
»Denke, das habe ich.«
Dann war das Geräusch wieder da, kreischend und schrill und lang gezogen, bevor es in der Nacht verblasste. Ich konnte nicht sicher sagen, dass es Kathy war, andererseits konnte ich es nicht ausschließen. Ich begann in die Richtung zu laufen, aus der ich den Schrei gehört hatte. Al sagte, ich solle warten. Er zog sich die Schuhe an, dann rannten wir beide die Straße entlang. Der Schrei kam vom anderen Ende, aus Richtung der Andersens. Dann standen wir da, Al und ich, sprachen kein Wort und warteten nur darauf, dass etwas, irgendetwas, passierte. Aber da war nichts außer der fast erstickenden Stille der Nacht.
»Das ist absoluter Bullshit«, sagte Al schließlich. »Was zum Teufel war das überhaupt für ein Sturm? So was habe ich noch nie gesehen.«
»Ich auch nicht.«
Wir warteten, aber es war nichts mehr zu hören. Der Sturm hatte jetzt vollständig aufgehört, sogar das blitzende Licht war weg. Es blieb nichts übrig als Grabesstille, die auf dem Piccamore Way lastete und geradewegs unter unsere Haut kroch. Was mir am meisten Sorgen machte, war vor allem die Dunkelheit selbst. Hier stimmte einfach etwas nicht. Es gibt dunkle Nächte, aber das hier war jenseits von alledem. Ganz weit jenseits. Es war kein Mondlicht zu sehen. Die Schwärze um uns herum fühlte sich schwer an und verbarg alles. Ein klaustrophobisches Gefühl breitete sich in mir aus. Wir konnten nicht mehr als fünfzehn Fuß in jede beliebige Richtung sehen, sogar mit der Taschenlampe. Es war unnatürlich. Die Dunkelheit war wie ein schwarzer Nebel, der sich um uns herumgelegt hatte und alles wie mit Planen und Tüchern zudeckte.
Al zündete sich eine Zigarette an. Die Flamme seines Feuerzeugs war fast blendend hell.
»Hier stimmt was nicht«, sagte ich.
»Was stimmt nicht?«
»Die Dunkelheit. Sie ist dunkler als alles, was ich je erlebt habe. Als ob man in Öl schwimmt.«
Al zog an seiner Zigarette. »Es wird verdammt dunkel, wenn die Lichter ausgehen. Die Menschen haben keine Ahnung, wie dunkel die Nacht ist, bis einmal das Licht ausfällt.«
»Genau.«
Aber hier ging noch etwas anderes vor sich, und ich denke, das war uns beiden klar. Ich war krank vor Sorge um Kathy, und ganz ehrlich, ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich spielte mit der Taschenlampe in der Nacht herum und konnte die Hecken und die Veranda der Andersens ausmachen, aber nicht viel mehr. Die tintenartige Schwärze war seltsam und beängstigend, das gab ich auch gegenüber Al zu. Aber Al weigerte sich, darüber zu reden. Der Schein der Taschenlampe verlor sich nach fünfzehn oder zwanzig Fuß. Es war fast so, als würde das Licht von der Nacht verschluckt werden.
Ich machte die Taschenlampe aus.
Die pechschwarze Finsternis drückte und schob sich näher heran. Ich schwöre, ich konnte beinahe ihr Gewicht auf meiner Haut fühlen. Die Dunkelheit war gegenständlich, spürbar, und das ergab absolut keinen Sinn. Dies war nicht die Finsternis einer gewöhnlichen Nacht, auch nicht die einer mondlosen oder sternenlosen Nacht. Es war die absolute Abwesenheit von Licht jeglicher Art, die abgrundtiefe Schwärze eines Ozeangrabens oder die Dunkelheit, die die Leere zwischen den Galaxien füllt.
»Menschenskind, Jon«, sagte Al, »mach das verdammte Ding wieder an.«
Ich tat ihm den Gefallen und er beruhigte sich etwas.
Er dachte wie ich über die Dunkelheit, nur wollte er es nicht zugeben. Das war vollkommen in Ordnung. Ich hatte nicht vor, noch mehr darüber zu sagen. Wahrscheinlich war es das Beste, dachte ich mir. Wer auch immer die Schreie ausgestoßen hatte, hatte damit aufgehört und nicht wieder angefangen. Wir suchten alles rund um das Haus der Andersens ab, aber fanden nichts Auffälliges. Al klopfte an die Tür, bekam jedoch keine Antwort. Da es reichlich spät war, ließen wir es dabei bewenden. Entweder schliefen sie oder sie hatten beschlossen, irgendein idiotisches Klopfen mitten in der Nacht zu ignorieren.
»Was jetzt?«, fragte Al, als wir zurück zur Straße gingen.
»Ich weiß nicht.«
Aber ich wusste genau, was ich tun musste. Da die Telefone tot waren und der Strom weg, musste ich Hilfe organisieren. Zur Polizeiwache in der Innenstadt brauchte man mit dem Auto ungefähr zehn Minuten. Es war das Einzige, was mir einfiel. Bei der Suche nach Kathy brauchte ich Hilfe, und ich brauchte sie verdammt noch mal jetzt. Ich hatte keine Zeit zu verlieren.
»Hör zu«, sagte ich zu Al. »Ich fahre in die Stadt und sorge dafür, dass die Cops einreiten. Kannst du ein paar der Nachbarn wecken und sie rausholen, mit Taschenlampen? Und sie mit suchen lassen?«
»Das kann ich verdammt noch mal versuchen.«
Es war das Beste, was wir tun konnten. Wir gingen zu Als Haus zurück. Die Nacht war unglaublich dunkel. Ich wusste, wenn meine Taschenlampe ausging, würden wir den Weg nicht finden. Wir müssten uns vortasten wie Blinde. Al huschte ins Haus, um seine eigene Taschenlampe zu holen, während ich wieder zu mir ging, um ein letztes Mal nach meiner Frau zu suchen. Ich ging von Raum zu Raum, aber sie war nicht da. Nicht im Garten, nicht in der Garage. Ich bekam das einfach nicht in meinen Kopf. Meine Horrorfantasien, in denen sie mit einem Herzinfarkt oder etwas Ähnlichem dalag, waren unangenehm, aber zumindest ergaben sie auf gewisse Weise Sinn. Mehr Sinn als der Gedanke, dass eine erwachsene Frau durch die Hintertür tritt und auf Nimmerwiedersehen in der verdammten Twilight Zone verschwindet.