Читать книгу Türchen öffne dich - Tobias Bachmann - Страница 10
4.Beratungsgespräch
ОглавлениеJean Sarafin
Ich spüre, wie sein Blick auf mir ruht und jeder meiner Bewegungen durch die weihnachtlich geschmückte Halle verfolgt.
Dieser Blick begleitet mich, seit Herr Marx in unserer kleinen, einst harmlosen Sparkassenfiliale arbeitet. Der Blick ist nicht jugendfrei und lässt mich wissen, dass er mich für eine schöne Frau hält. Vielleicht auch, dass er Interesse an mir hat, sich aber nicht sicher ist, ob ich sein Interesse erwidere. Kurz, der Blick ist nicht jugendfrei und seine Gedanken sind es vermutlich auch nicht und sollten zensiert werden.
Aber ich bin nicht mehr zensiert, sondern verheiratet und könnte seine Mutter sein.
Trotzdem gefällt mir sein Blick. Außerdem mag ich hübsche Menschen. Wieso auch nicht?
Ein wenig nervös gehe ich zum Empfangsschalter und melde mich an, obwohl ich genau weiß, dass mich mein Bankberater bereits gesehen hat. Und richtig: Sekunden später nimmt er mich seiner Kollegin ab, reicht mir höflich die Hand und macht selbst diese kleine Berührung zu etwas Besonderem, indem er mich einen Moment lang länger als notwendig hält. Seine Kollegin bemerkt nichts von diesem gestohlenen Moment und so folge ich Marx.
Verwirrt bemerke ich, dass er zur Treppe geht, die ins Obergeschoss und zu den Geschäftszimmern mit den Glasfronten in Richtung des Kasseninnenraumes führt.
Die Finanzberater sitzen üblicherweise im Großraumbüro der Bank, nicht oben. Ungewöhnlich.
Trotzdem komme ich nicht umhin, neben den schicken Tannenzweigen und den glitzernden Lichtern auch den Schwung seiner Hüften unter der gutsitzenden Stoffhose zu bewundern. Ein perfekter Schnitt für einen schnittigen jungen Mann und dieser Po erst … wäre ich ein wenig jünger. Ich seufze leise, weil ich mir auf einmal wie eine schmutzige, alte Frau vorkomme und sogar versucht bin, nach einem Mistelzweig zu spähen.
Erst langsam sacken Marx’ Worte in mein Hirn und ergeben noch viel langsamer einen Sinn. Dies hier ist unser letztes Beratungsgespräch, da er nach den Weihnachtsfeiertagen umziehen wird.
»Schade!«, meine ich und ärgere mich, da das Wort vergessen hat, erst vom Verstand abgemildert zu werden.
Trotzdem freut mich der Blick aus seinen warmen, blauen Augen. Mit einem Mal fühle ich mich – trotz meines Alters – herrlich frei und verrucht und ein wenig aufgeregt.
Auch noch, als er die Glastür öffnet.
»Ich wusste gar nicht, dass Sie hier oben ein Büro haben«, sage ich, um meine Verwirrung zu überspielen und meine verräterische Libido unter Kontrolle zu bekommen.
»Es ist nur ausgeliehen.« Marx deutet auf den Stuhl, auf dem ich Platz nehmen soll. Mit dem Gesicht in Richtung Glasfront, so, dass ich zu den anderen Besuchern und Bankangestellten hinabsehen kann. Es ist schön hier. Ein bisschen wie im Zoo, aber Menschen-gucken hat mir schon immer gefallen.
»Hier ist es … intimer«, sagt Marx leise. Dabei stockt er kurz und bewusst und sowohl das Stocken als auch die Wahl seiner Worte lassen meine Fantasie rasen.
Aber wir sitzen hier oben wie auf einem silbernen Präsentierteller, was soll schon geschehen?
Ich setze mich und konzentriere mich auf die Unterlagen, die er schon auf dem Tisch ausgebreitet hat und versuche jeden erotischen Gedanken im Keim zu ersticken. Vergeblich, denn Marx bleibt hinter mir stehen und reicht mir einen weiteren Ordner. Dabei berührt er meinen Rücken, meine Schultern, meinen Hinterkopf. Ich schlucke, fühle mich verlegen, überrumpelt und heiß. Mir ist auf einmal unendlich heiß. Und Marx? Der wirkt wie ein Wolf, der seinem Opfer erfolgreich den Fluchtweg abgeschnitten hat. Sein Lächeln ist beinahe diabolisch, als er ein klein wenig zur Seite rückt, so dass der Stoff seiner weichen Hose meinen bloßen Unterarm berührt. Er ist zu nahe.
Nur mühsam unterdrücke ich meinen Fluchttrieb und atme stattdessen ein. Ein weiterer Fehler, denn sein Duft ist sehr sinnlich.
Marx wendet sich fort von den Unterlagen und mir sein Gesicht zu. Es ist nahe genug für einen Kuss.
Seine Stimme ist heiser, als er fragt: »Ich denke, Sie brauchen in diesem Bereich Ihrer … Anlagen noch eine intensivere Beratung?«
Meine Gedanken rasen und holen langsam meine Fantasie ein. Kann es sein, dass Marx gerade wirklich das tut, wovon ich schon immer geträumt habe? Ich habe keine Ahnung und deswegen wage ich es nicht, meinen Blick zu heben und ihn direkt anzusehen. Wie lächerlich würde ich wirken, wenn ich irre und mich nur in einem Tagtraum befunden habe?
Marx’ Atem liebkost mein Ohr und ein angenehmes Kribbeln läuft meinen Rücken hinunter.
Mit einem Mal erkenne ich meinen grundlegenden Irrtum. Marx ist kein Mittzwanziger, der keine Ahnung hat. Er ist derjenige von uns beiden, der weiß, was er tut – und was er will.
»Soll ich Ihnen ein Beispiel zeigen?« Wieder sein Atem an meinem Ohr.
Die Doppeldeutigkeit seiner Worte lässt mich erkennen, dass er von meinen Fantasien weiß – und sich seiner eigenen Vorstellungskraft sicher sein kann.
»Ja!«, hauche ich.
Marx setzt sich auf den Stuhl neben meinem. Wieder zu nahe. Aber nicht sichtbar. Auf jeden Außenstehenden musste dies hier trotzdem wie ein normales Beratungsgespräch wirken.
Nur unterhalb der Tischplatte, da berührt mich sein Oberschenkel, gleitet langsam an meinem entlang und reibt sich an ihm.
Ich kann spüren, wie ich feucht werde.
Er meint es wirklich ernst!
Und wie gut, dass alles unterhalb der Tischkante Dank der Metallplatte in der Mitte der Sitzgruppe zum Gang und zum Foyer hin quasi unsichtbar ist.
Marx’ Hand gleitet auf meinen Oberschenkel und schiebt meinen Rock langsam und andächtig nach oben. Wie gut, dass ich keine Strumpfhosen trage, sondern halterlose Strümpfe, denn der erste richtige, intime Hautkontakt lässt mich leise seufzen. Marx unterstützt meinen wortlosen Genuss, lässt seine Hand höher wandern, zur Innenseite meiner Schenkel. Zwischen sie. Er verharrt, als eine weibliche Angestellte das Büro betritt, uns grüßt und sich einen Ordner aus einem der Regale schnappt.
Jetzt redet Marx wieder, geschäftsmäßig. Zeigt mir meine Firmenauswertungen, Skizzen und Diagramme, während sich seine Hand ungerührt zwischen meine Beine schiebt und ich schon lange nicht mehr zuhöre.
Als er seine Handfläche auf meine Vulva legt, ignoriert er meinen erschrockenen Blick und schiebt seine Hand tiefer, bewegt die Hand in einem vollkommenen Rhythmus. Druck. Kein Druck. O ja, er weiß, wie man eine Frau verwöhnt.
Ich hebe ein wenig mein Bein und spreize die Oberschenkel noch ein wenig mehr, als ich begreife, dass Marx’ Arbeitskollegin den Raum wieder verlassen wird, ohne etwas zu bemerken.
Im Gegensatz zu Marx, denn der nutzt die Gelegenheit und erforscht mich weiter, kaum dass die Tür hinter der Ordner-Kollegin zugefallen ist. Er schiebt den störenden Stoff meines Strings zur Seite und sein Daumen gleitet über meine Knospe. Grundgütiger! Ich bin schon jetzt fast soweit!
Marx schenkt mir ein wissendes Lächeln, als ich erschrocken meine Beine wieder schließen will, und dringt mit einem Finger in mich ein.
Ich schließe die Augen.
»Sie können sich die Papiere in Ruhe ansehen – ich warte, bis Sie fertig sind!«, meint er. Ein doppeldeutiger Hinweis für mich und die Erlaubnis zu genießen.
Ich nehme einen der Zettel in die Hand. Sie zittert.
Marx, dessen Daumen geschickte Kreise um meinen Lustknoten zieht, während er seinen Finger tief in mir bewegt, schlägt mich völlig in seinen Bann.
»Du hältst es falsch herum!«, flüstert er zufrieden.
Hastig drehe ich das Blatt um.
»Gehöre mir!«, bittet er, immer noch leise. »Sei mein perfektes Weihnachtsgeschenk!«
Seine heiser gemurmelten Worte tragen mich in ungeahnte Höhen. Wehrlos überlasse ich mich ihm und seiner Hand, vergesse den Mistelzweig, den Advent und Heiligabend und verglühe im herrlichen Weihnachtsrausch.