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Drei

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Harmann nahm es in Kauf, dass sie auf ihm saß. Ihre bleichen Schenkel rieben an seinen Hüften und die Nässe ihres Schoßes schmatzte bei jedem Auf und Ab ihrer Lenden.

Es war bei weitem nicht das erste Mal, dass er Olgas Dienste in Anspruch nahm, wenn ihm ein Fall über den Kopf wuchs. Olga bezeichnete Harmann als ihren treuesten Stammkunden und so war es kein rein körperliches Geschäft, wie all die anderen Freier, die sie bediente. Harmann wusste das und genoss das stillschweigende Abkommen, das sie miteinander geschlossen hatten: Sie gewährte ihm auf ihre Liebesdienste zehn Prozent Nachlass und er unterstützte sie dabei, dass sie niemals Probleme mit der Auslandsbehörde bekommen würde. Das funktionierte nun schon seit über sieben Jahren so, auch wenn sie Derartiges nie offiziell vereinbart hatten.

Bewundernd verfolgte Harmann die Schweißperlen, die sich auf Olgas Brüsten gebildet hatten. Obwohl sie ihn heftig ritt, richtete er sich auf, um die Tropfen von dort aufzusaugen. Olga umschlang seinen Kopf und presste ihn zwischen ihre Brüste. Seine Hände glitten ihr Rückgrat entlang, erreichten ihre Pobacken und umklammerten dort ihre Hüften, um den Rhythmus besser zu kontrollieren.

Harmann stöhnte auf. Gleich ist es so weit, dachte er und spürte, wie Olga sich an ihn klammerte, die Beine um ihn herum schwang, und sich von ihm auf und niederbewegen ließ .

Dann gab sie seinen Oberkörper frei und lehnte sich zurück, bis sie mit dem Kopf über der Bettkante hing. Seine Erektion stieß nun von innen gegen den oberen Rand ihrer Vulva. Das war eine gute Stelle, denn so kam auch sie.

Ein Beben durchfuhr ihren gesamten Körper, was Harmann begeistert zur Kenntnis nahm, so dass er nun auch den letzten Funken Kontrolle fahrenließ. Er spürte, dass er nicht mehr an sich halten konnte, lehnte sich ebenso zurück, stützte sich auf seine Ellbogen und vollführte die letzten Paar Stöße, zu denen er fähig war.

Lustvoll schrie Olga auf und selbst dem schweigsamen Harmann entfuhr ein lautstarkes Keuchen, als er in Olga kam, die ihm jauchzend ihren Unterleib entgegenstemmte.

Erschöpft und befriedigt lehnte sich Harmann zurück aufs Bett.

Olga richtete sich auf, langte an seinen Schaft und entzog sich ihm. Vorsichtig entfernte sie das Präservativ von seinem noch immer erigierten Glied und leckte ihn sauber.

Bei einem regulären Kunden würde sie das nie machen. Doch sie kannte Harmann zu gut, als dass sie sich wegen irgendetwas sorgen müsste. Dass Harmann auf geschütztem Verkehr bestand, war nur normal.

Als er sauber war, kuschelte sie sich an ihn und kraulte seine Brust.

Harmann hatte seine Arme hinter seinem Kopf verschränkt und brummte zufrieden.

»Du süßer Bär, du«, schnurrte sie.

Harmann schwieg.

Olga schloss die Augen und dämmerte hinweg. Auch das würde ihr vermutlich bei keinem ihrer sonstigen Kunden passieren. Doch bei Harmann war das anders. Er gab ihr Sicherheit und ihr Verhältnis war – obgleich geschäftlich – vertrauensvoll und von gegenseitigem Respekt geprägt.

Harmann war froh, Olga gefunden zu haben. Allein diese Tatsache grenzte schon an ein Wunder, wenn man bedachte, dass sich in München fast zweihundert bordellartige Betriebe und Etablissements befanden. Laut den aktuellen Statistikblättern seiner Kollegen vom Fachkommissariat K 35 gab es fast dreitausend Prostituierte in seiner Stadt. Allerdings besaßen nur fünfundzwanzig Prozent die deutsche Staatsangehörigkeit. Olga war rumänischer Herkunft und hatte noch nicht einmal einen Pass besessen, bis Harmann sich für sie eingesetzt hatte. Er hatte sie vor vielen Jahren aus dem Kreis eines Zuhälters befreit. Es war eine schwierige Zeit gewesen, für Olga, doch zwischenzeitlich hatte er einiges für sie regeln können und so pendelte sich auch für sie so etwas wie Normalität ein. Außerdem gab es seit Einführung des Prostitutionsgesetzes 2002 hinsichtlich Arbeitszeiten, Arbeitsorte und Preise rechtliche Vorgaben. Für Olga zählte das nicht mehr. Sie war mittlerweile selbstständig und empfing ihre Kunden in einem eigens zu diesem Zweck von ihr gemieteten Appartement.

Olga atmete gleichmäßig auf seiner Brust. Das beruhigte Harmann, der sich manchmal wünschte, nicht leitender Kommissar der Mordkommission zu sein. Immerhin halfen ihm seine regelmäßigen Besuche bei Olga, den Kopf freizubekommen. Er kannte viele Kollegen, die Alkoholiker waren oder Pillen nahmen, mit denen sie ruhig schlafen konnten. Harmann brauchte das alles nicht. Olga war seine Droge und nach jedem Besuch fühlte er sich wieder ruhig, befreit und bereit für die Gräuel des Lebens.

Ohnehin vertrat Harmann die Theorie, dass man das Leben nur unter der Voraussetzung bestehen konnte, sexuell ausgeglichen zu sein. Keine Frage, dass die Opfer seines aktuellen Falls alles andere als sexuell ausgeglichen waren.

Er hatte Olga gebeten, sich etwas umzuhören, doch sie hatte nicht das Geringste in Erfahrung bringen können. Mittlerweile war er auch schon von der Idee abgekommen, dass die Spuren der toten Manager im Rotlichtmilieu der Stadt zusammenliefen.

Laurant, Leiter eines der führenden Unternehmen für neue Energie war das fünfte Opfer. Nur wenige Wochen zuvor hatten sie mit dem Immobilienhai Christoph Matern das vierte Opfer im englischen Garten gefunden. Den Aktionär Dennis Wittmann fand man gleichzeitig mit dem Shootingstar der IT-Branche im Olympiapark liegend vor. Als skandalträchtig erwies sich vor allem der Fund des ersten Opfers, Stadtrat Leopold zu Guthmann, erster Vorsitzender des Aufsichtsrats der Automobilindustrie. Allen waren nur zwei Dinge gemein: erstens die Tatsache, dass es sich bei ihnen um Topmanager aus den elitärsten Kreisen handelte und zweitens die Todesursache nebst weiteren Gemeinsamkeiten des Obduktionsberichts.

Ansonsten: Nichts. Keine gemeinsamen Geschäftsbeziehungen – und wenn, dann fielen diese nicht ins Gewicht, keine obskuren Liebschaften, keine zu vertuschenden Skandale, kaum Schwarzgeldaffären und keinerlei dubiose Kontakte zu verbrecherischen Organisationen.

Kollegen und Ehefrauen hüllten sich in Schweigen. Persönliche Bekannte sagten nichts.

Die einzige Spur, die Harmann bislang hatte finden können, war ein Symbol, das in den jeweiligen Terminkalendern der Opfer eingetragen worden war, und zwar als Notiz im Kalenderblatt ihres Todesdatums. Ein Pentagramm. Doch nichts – absolut gar nichts – hatte ihm die Verfolgung dieser Spur gebracht. Zwar wusste Harmann mittlerweile alles, was man in Verbindung mit Pentagrammen herausfinden konnte, doch nichts deutete auf die Gemeinsamkeit hin. Es fehlte das Bindeglied. Das verknüpfende Element.

Harmann hatte andere Manager überprüfen lassen, die dem Opferschema entsprachen, nur um festzustellen, dass diese keinen Pentagrammeintrag in ihren Kalendern stehen hatten.

Mehr hatte er nicht. Nach drei Monaten Ermittlungsarbeit.

Er wusste nicht mehr weiter. Presse, Polizeipräsident und Staatsanwaltschaft saßen ihm gleichermaßen im Nacken, so dass Harmann froh war, für ein paar Stunden bei Olga abschalten zu können.

Sanft berührte er sie an der Schulter.

Olga räkelte sich. »Bin ich mal wieder eingeschlafen?«, sagte sie mit ihrem leicht rumänischen Akzent.

»Wie immer«, sagte Harmann. »Aber mich stört das nicht.«

»Ich weiß, mein Lieber.«

»Sag mal«, er richtete sich auf. »Wenn du an deinen Berufsstand denkst in Verbindung mit einem Pentagramm. Was assoziierst du damit?«

»Mit einem Pentagramm?«

»Ja, dieses Hexensymbol. Satanismus und so weiter.«

»Ich weiß, was ein Pentagramm ist. An meinen Beruf muss ich dabei jedoch weniger denken.«

»Aber gibt es da nichts, was die beiden Sachen in Verbindung bringt? Ich meine Hexensabbate und Orgien und solche Sachen. Da muss es doch was geben hier in München. Wo gehen Leute hin, die auf solche Sachen stehen?«

»Da gibt es bestimmt etwas. Für jede sexuelle Spielart gibt es die passenden Partner.« Sie stand vom Bett auf und ging in die Küchenzeile, wo sie den Kühlschrank öffnete. Etliche Flaschen Sekt und Prosecco stapelten sich darin, aber auch Bier, Wein und alkoholfreie Getränke. Olga wählte eine Cola. »Willst du auch etwas trinken?«

»Ich trink bei dir mit, danke«, sagte Harmann und begann damit, sich anzuziehen.

»Ich kann mich ja mal umhören«, sagte Olga. »Ich kann mir aber vorstellen, dass du in der BDSM-Szene fündig wirst. Vielleicht gibt es aber auch was Neues in der Stadt. Wer weiß das schon. Vermutest du, dass deine toten Manager auf Hexensabbatorgien ermordet wurden?«

»Ist bislang nur ’ne Vermutung«, sagte er. »Außer dem Pentagrammsymbol und dem mehrmaligen Verkehr, der letztlich zum Tode führte, habe ich nicht den geringsten Anhaltspunkt.«

Sie reichte ihm die Cola. »Es gibt da einen Laden für BDSM. Geschäftsinhaber ist Jörg Meister. Der hat mal ein Buch geschrieben über Sexualmagie und solche Sachen. Vielleicht weiß der was.«

»Sexualmagie?« Er gab Olga die Cola zurück und zwängte sich in seine Socken.

»Ja. Das fängt bei Liebeszauber an und endet bei Praxistipps zur Durchführung okkulter Orgien. Eine Kollegin von mir hat mal davon geschwärmt.«

»Okkulte Orgien, aha.« Harmann zog die Schuhe an und stand auf. »Wo finde ich den Laden?«

»In der Schwanthaler Straße. Hausnummer weiß ich nicht. Eher in Richtung Bahnhof.«

»Ein Versuch ist es wert.« Harmann knöpfte sein Hemd zu und stand auf. Er war schon viel zu lange hier.

»Kämm dir die Haare«, sagte Olga und stand auch schon mit einer Haarbürste vor ihm, um die Sache für ihn in Ordnung zu bringen. Harmann ließ es über sich ergehen. Gleichzeitig kramte er in seinem Geldbeutel nach dem Geldschein, den er ihr auf die Kommode legte.

»So, jetzt siehst du wieder hübsch aus«, sagte sie.

»Das siehst du immer«, sagte er und wurde rot.

Olga schmunzelte. »Wann beehren Sie mich wieder, Herr Kommissar?«

Er nahm sie an der Hand und ging zur Tür. »Ich denke, wir machen es so, wie immer. Ich ruf dich an, wenn ich dich brauche.«

»Und wenn ich dich brauche?« Sie strich ihm neckisch über die Wange.

»Dann rufst du mich an, denke ich«, sagte er und gab ihr einen Kuss auf den linken Mundwinkel.

»Nutten küsst man nicht«, sagte sie und grinste.

»Du bist doch keine Nutte, Olga. Du bist eine Geschäftsfrau und du verkaufst etwas Wunderschönes.« Er küsste sie noch mal. Diesmal direkt auf den Mund und sie erwiderte den Kuss.

Sein Herz schlug bis in den Magen hinab. Irritiert blickte er sie an.

»Mach’s gut«, sagte sie.

Er versuchte ein Lächeln. »Du auch. Und pass auf dich auf.«

»Mach ich.« Sie öffnete ihm die Tür und Harmann trat auf den Gang hinaus. Nach zwei Schritten hielt er inne, drehte sich zu ihr um und wollte etwas sagen. Eine Einladung zum Essen oder so etwas. Doch die Worte kamen nicht über seine Lippen. »Tschüss«, sagte er daher nochmal, drehte sich um und ging geschäftigen Schrittes zum Treppenhaus.

Olga stand noch immer nackt in der Tür und blickte ihm nach.

Sukkubus

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