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Vier

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Alvin folgte der geheimnisvollen Frau aus der Buchhandlung schon eine gute halbe Stunde. Nun stand er an der Theresienstraße an der Ampel und blickte ihr auf der anderen Straßenseite hinterher. Lärmend drängten die Autos an ihm vorbei und ließen keine Möglichkeit, schnell über die Straße zu huschen.

Jetzt sah Alvin, wie die Fremde um eine Ecke bog. Oder doch nicht? Ein Omnibus hielt direkt vor seiner Nase. Er konnte sie nicht mehr sehen. Er rannte zur Seite, damit er am Bus vorbeiblicken konnte, doch in diesem Moment fuhr dieser weiter, und als er endlich vorüber war, war die Schönheit verschwunden.

»Scheiße«, sagte er und sprang nervös hin und her, da die Ampel noch immer rot für ihn zeigte und der Verkehr dicht an dicht drängte.

Endlich hielten die Fahrzeuge an.

Alvin wartete nicht darauf, dass die Ampel auf Grün schaltete. Er rannte los, auf die andere Seite und hin zu der Ecke, wo er die Unbekannte zuletzt gesehen hatte.

Keine Spur.

Er rannte weiter die Straße entlang, blickte ohne Erfolg in Seitenstraßen und Hinterhöfe.

Enttäuscht blieb er endlich stehen und gab die Jagd auf.

»Mein Gott«, sagte er lachend und keuchte. »Was mache ich hier eigentlich?« Er setzte sich auf eine Grundstücksmauer und wartete, bis er wieder zu Atem kam. Da war er doch tatsächlich einer wildfremden Frau zu Fuß von Schwabing bis nach Maxvorstadt gefolgt, ohne dass es dafür einen ersichtlichen Grund gab.

»Doch, den gab es«, sagte er zu sich selbst. »Noch nie habe ich so ein hübsches Frauenzimmer gesehen. Noch nie! So was gibt es doch gar nicht. Das ist doch nicht normal.«

Alvin fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Er verstand sein eigenes Denken und Handeln nicht.

Noch immer hatte er den Geruch ihres Parfums in der Nase, das er wahrgenommen hatte, als sie die Buchhandlung verlassen und an ihm vorübergegangen war. Er schloss die Augen und sah sie vor sich laufen. Ihr dunkles, welliges Haar, das ihr bis zur Rückenmitte reichte und bei jedem Schritt schwungvoll wippte. Ihr dünnes Kleid, das sich eng an ihre weiblichen Kurven schmiegte. Alvin war sich sicher, dass sich kein Höschen unter dem dünnen Stoff abgezeichnet hatte. Er mochte es, wenn Frauen auf Unterwäsche verzichteten. Juliette tat dies auch hin und wieder und nutzte manchmal die Gelegenheit, ihn bei einem abendlichen Spaziergang damit zu überfallen. Doch bei einer wildfremden Frau dieses Kalibers hatte ihn das ganz schön durcheinandergebracht.

Was auch immer er sich von dieser Verfolgungsjagd erhofft hatte, sie war fort und er würde sie wohl auch nicht mehr wiedersehen. Resignierend stand er auf und lief den Weg zurück, den er hierhergekommen war.

Seine Füße schmerzten etwas nach diesem unüberlegten Fußmarsch. Kurz überlegte er, ob er die U-Bahn nehmen sollte, entschied sich aber dagegen. Die Geruchsausdünstungen einer Dönerbude lockten ihn und er betrat das Geschäft, um sich ein Exemplar der Sorte »mit alles und mit scharf« zu bestellen.

Genüsslich mampfend lief er weiter und versuchte weiterhin zu ergründen, was denn nun das Besondere an der Unbekannten gewesen war. Schöne Frauen gab es viele. Er vertrat sogar die Ansicht, dass es genau genommen nur schöne Frauen gab. Naja, es gab auch welche, die ihm optisch weniger zusagten, doch das tat seiner Grundüberzeugung keinen Abbruch. Letztlich war es doch so, dass das eigentlich Schöne einer Frau aus ihrem Herzen strahlte.

Juliette würde nun zu ihm sagen, er sei ein unverbesserlicher Romantiker. Nun, vielleicht war das so. Daran war nichts Schlechtes.

Er blickte auf die Uhr seines Handys und wusste, dass Juliette in Kürze in München landen würde. Er freute sich auf heute Abend.

Gleichzeitig überkamen Alvin Gewissensbisse. Seit er mit Juliette zusammen war, hatte er sich nicht wirklich für andere Frauen interessiert. Die triebgesteuerte Verfolgungsjagd von vorhin indes bewies das Gegenteil. Stimmte etwas nicht? War es an der Zeit, seine Gefühle Juliette gegenüber in Frage zu stellen?

Dabei war sich Alvin sicher, dass seine Liebe zu Juliette ungebrochen war. Daran konnte auch eine dahergelaufene Schönheit nichts ändern.

»Ach verdammt, war sie hinreißend gewesen.« Mit einer Serviette wischte er sich etwas von der tropfenden Joghurtsoße des Döners vom Mundwinkel.

Abermals drängte sich ihm das Bild der verführerischen Fremden auf. Ihr strammer Po, der in ihrem enganliegenden Kleid beim Laufen aufreizend hin und her schwang. Alvin stellte sich vor, wie er das Kleid anhob, um die braungebrannten Pobacken freizulegen. Er spürte, wie es im Schritt seiner Hose eng wurde.

»Verdammt noch mal, Alvin!«, ermahnte er sich, knüllte seinen Döner mitsamt dem Papier zusammen und warf ihn in einen Abfalleimer.

Sein Handy vibrierte in seiner Hosentasche. Er zog es heraus, entsperrte es und besah sich die Nachricht, die von Juliette stammte. Eine Bildnachricht.

»Ich freue mich auf dich«, hatte sie geschrieben. Er drückte auf den Button, der den Befehl gab, das Bild aus dem Netz zu laden, was keine fünf Sekunden dauerte.

»Oh Gott, ich liebe meine Frau«, sagte er, als er das Bild ihrer Vagina betrachtete. Dem wenigen zufolge, was er von der Umgebung erkennen konnte, war das Foto auf der Flugzeugtoilette gemacht worden.

»Au Mann. Ausgerechnet jetzt.« Alvin sah sich um. Wo könnte er für die Antwort hingehen?

Die Bildnachricht war eines ihrer vielen Rituale. Einer schickte spontan dem anderen ein erotisches Bild oder Video von sich, und der andere hatte eine Stunde Zeit, mit entsprechend eindeutigem Material zu antworten.

Alvin betrat die Filiale eines Bekleidungsgeschäfts. Er streunte durch die Herrenabteilung und entschied sich, ohne die Ware zu begutachten, für irgendeine Hose. Mit dieser bewaffnet machte er sich auf zu den Umkleidekabinen. Zwei von Dreien waren frei.

Er entschied sich für die Linke und zog den blickdichten Vorhang hinter sich zu. Dann zog er sich Hose und Unterhose aus und betrachtete sein rasiertes Glied im Spiegel. Nichts, wofür er sich schämen musste. Ein stattliches Gemächt.

Alvin nahm ihn in die Hand und vollführte die seit der Pubertät geübten Bewegungsabläufe, wobei er das Bild auf seinem Handy besah, das Juliette ihm geschickt hatte.

Als sein Penis steif war, nahm er sich einen Moment Zeit, um seine Eier zu streicheln. Seine Gedanken glitten ab, wieder zu der geheimnisvollen Fremden hin. Er zog ihr das Kleid nach oben und rieb sein Glied zwischen ihren Pobacken.

Seine Linke umfasste wieder seinen Schaft und vollführte gemächliche Auf- und Abbewegungen.

In seiner Fantasie beugte sich die Fremde nach vorne. Alvin holte sich den Geruch ihres Parfums zurück ins Gedächtnis und spürte die Erregung in sich aufwallen.

Die Bewegungen seiner Hand wurden schneller. Er legte das Handy auf den Stuhl der Umkleide und umfasste mit der anderen seinen Hodensack.

Im Geiste sah er sein Glied, wie es sich zwischen den Pobacken am Rande ihres Anus rieb.

Immer schneller wurden seine Bewegungen und er versuchte, ein Keuchen zu unterdrücken.

Dann benetzte er seine Phantasmagorie am Ansatz ihrer Pofalte mit seinem Samen.

In Wirklichkeit kam er und es schoss druckvoll aus ihm heraus. Alvin ging dabei leicht in die Knie und stieß in die Luft. Seine Bewegungen wurden langsamer und schwer atmend hielt er schließlich inne.

Er nahm sein Handy zur Hand, stellte die Kamera ein und fotografierte seine Hand mit seinem noch immer steifen Penis so, dass man die weißen Spritzer auf dem Spiegel der Umkleidekabine sehen konnte.

Schöne Sauerei, dachte er und schrieb als Nachrichtentext dazu: »Kann es nicht erwarten.« Dann wählte er Juliettes Nummer und drückte auf Senden.

Zum Glück hatte er ein Päckchen Taschentücher dabei, um sich selbst und den Spiegel notdürftig zu säubern. Danach kleidete er sich wieder an und verließ erleichtert und mit leicht geröteten Wangen das Geschäft, ohne etwas gekauft zu haben.

Der Sommer empfing ihn mit sengender Hitze.

Er kaufte sich ein Eis und lief weiter, zurück in sein Büro. Dort öffnete er den Kühlschrank, entnahm ihm eine Flasche Mineralwasser und trank sie zur Hälfte aus.

Sein Handy piepste. Wieder eine Nachricht von Juliette: »Verschieß nicht dein ganzes Pulver. Ich möchte auch noch was haben; -)«, lautete die Botschaft.

Alvin lächelte.

Gleichzeitig machte er sich Sorgen. Denn es lag nun mal auf der Hand, dass er bei seinem spontanen Akt der Selbstbefriedigung nicht an Juliette gedacht hatte, sondern an eine Frau, die er noch nie zuvor gesehen hatte und der er eine halbe Stunde lang hinterhergelaufen war.

»Vielleicht wirst du einfach nur verrückt«, sagte er zu sich. »Oder notgeil. Oder …« und doch wusste er, dass dem nicht so war.

Es war allein die unbekannte Schöne selbst, die ihm den Verstand raubte. Nicht ihr Aussehen und auch nicht der Geruch ihres Parfums.

Ihre – ja was war es denn nun? – Aura, wenn man so mochte. Es haftete ihr schlichtweg etwas an, das Alvin noch nie bei einem Menschen wahrgenommen hatte. Etwas Anziehendes. Eine erotische Kraft. Etwas, das nach sofortiger Trieberfüllung verlangte.

Diese Frau, die ihn in ihren Bann geschlagen hatte, war für Alvin die Verkörperung purer Wollust.

Eine Sünde auf zwei Beinen.

Und Alvin hatte Angst, aufgrund einer nur flüchtigen Begegnung fortan von dieser Teufelin besessen zu sein.

Sukkubus

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