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Die Fähigkeit zur Selbstkontrolle nimmt mit der zunehmenden Bearbeitung von Aufgaben, die Willenskraft erfordern, ab.

Das Bearbeiten einer ersten Selbstregulationsaufgabe wirkt sich jedoch nur leistungsmindernd auf nachfolgende Aufgaben aus, die ebenfalls Selbstregulationsfähigkeiten in Anspruch nehmen, nicht aber auf Aufgaben, bei deren Bearbeitung keine unerwünschten Impulse unterdrückt werden müssen. Schmeichel, Vohs und Baumeister (2003) testeten die Hypothese, dass das Bearbeiten einer Selbstregulationsaufgabe nachfolgende kognitiv anspruchsvolle, nicht aber anspruchslose, intellektuelle Leistungen beeinträchtigt. In einer Studie wurde allen Probanden ein Film vorgeführt, bei dessen Vorführung in unregelmäßigen Abständen irrelevante Wörter eingeblendet wurden. Die Probanden, deren Selbstregulationsfähigkeiten in Anspruch genommen wurden, sollten ihre Aufmerksamkeit kontrollieren. Ihnen wurde gesagt, dass sie die Wörter nicht betrachten sollten. Die Probanden in der Kontrollbedingung erhielten keine Instruktionen bezüglich dieser Wörter. Danach bearbeiteten die Probanden eine anspruchsvolle Leseverständnisaufgabe und eine anspruchslose Gedächtnisaufgabe. Wie erwartet, minderte die Kontrolle der eigenen Aufmerksamkeit die nachfolgenden Leistungen bei der anspruchsvollen, nicht aber bei der anspruchslosen Aufgabe ( Abb. 2.1).


Abb. 2.1: Proportion richtiger Lösungen bei kognitiv anspruchsvollen und anspruchslosen Aufgaben in Abhängigkeit von der vorherigen Beanspruchung von Selbstregulationsfähigkeiten (nach Schmeichel et al., 2003)

Individuen ist es bewusst, dass Selbstregulation eine limitierte Ressource darstellt. Wenn sie nach der Bearbeitung einer ersten Selbstregulationsaufgabe antizipieren, dass sie für eine zukünftige Aufgabe Selbstregulationsfähigkeiten benötigen, schneiden sie bei einer zwischengeschalteten Selbstregulationsaufgabe schlechter ab als Individuen, die keine weitere Selbstregulationsaufgabe zu bearbeiten haben (Muraven, Shmueli & Burkley, 2006). Man schont also bewusst die eigenen Kräfte für nachfolgende Aufgaben.

Auch wenn man kurzfristig durch das Ausführen einer Selbstregulationsaufgabe ermüdet, argumentieren manche, dass man die eigenen Selbstregulationsfähigkeiten durch wiederholtes Training verbessern kann (Baumeister, Gailliot, DeWall & Oaten, 2006). Genau wie man Muskeln im Fitnessstudio trainieren kann, kann man durch das Beanspruchen von Selbstregulationsfähigkeiten diese langfristig fördern. Wenn Sie also oftmals einer Ablenkung vom Lernen auf eine Prüfung nicht widerstehen können, können Sie ihren zukünftigen Erfolg durch das Fördern ihrer Selbstregulationsfähigkeiten steigern.

Der Gedanke, dass das Ausführen einer Selbstregulationsaufgabe nachfolgende Leistungen in Aufgaben, die ebenfalls Selbstregulationsfähigkeiten beanspruchen, mindert, ist intuitiv einleuchtend und eine Vielzahl an Studien hat signifikante Evidenz für die Existenz dieses Effekts berichtet. Im Zuge der Replikationskrise in der Sozialpsychologie ( Kap. 1) wurde jedoch auch der Ego-Depletion-Effekt kritisch überprüft. Eine Analyse (Carter, Kofler, Forster & McCullough, 2015) beispielsweise ergab, dass Selbstregulationsfähigkeiten nach vorheriger Inanspruchnahme im Allgemeinen nicht abnehmen, wenn man statistisch kontrolliert für die Tendenz, dass fast nur Studien mit signifikanten Ergebnissen publiziert werden (Publikationsbias). Auch verschiedene Replikationsprojekte, die zum Ego-Depletion-Effekt durchgeführt wurden, erbrachten Großteils ernüchternde Befunde (für einen Überblick, Inzlicht & Friese, 2019). Und schließlich sind auch die Trainingseffekte von Selbstregulationsfähigkeiten geringer als zunächst gedacht (Friese, Frankenbach, Job & Loschelder, 2017). Baumeister und Kollegen, die als erste den Ego-Depletion-Effekt postuliert hatten, halten dagegen nach wie vor an dem Konzept fest und vertreten vehement die Meinung, dass Ego Depletion ein reales Phänomen ist.

Sozialpsychologie

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