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4.3 Scrum Master als Servant Leader

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Die Rolle des Scrum MastersScrum Master ist entscheidend bei der Implementierung von Scrum in Unternehmen. Der Scrum Master übernimmt gleich mehrere Schlüsselaktivitäten, die maßgeblichen Einfluss auf eine erfolgreiche Einführung haben. Zusammengefasst kann die Rolle so definiert werden, dass der Scrum Master der Dienstleister im Scrum Team ist, denn seine Hauptaufgaben als Servant LeaderServant Leader, die wir uns im Nachgang näher anschauen werden, weisen einen gewissen Dienstleistungscharakter auf.

Der Scrum Master ist dafür zuständig, Scrum als Produktentwicklungsmethode in einem Unternehmen einzuführen und zu etablieren. Diese Aufgabe beinhaltet zu einem großen Teil Training- und Coachingaktivitäten, um das Team und die Organisation zuerst mit den üblichen Begrifflichkeiten und ihren jeweiligen Bedeutungen bekannt zu machen. Ein wesentlicher Aspekt für die erfolgreiche Einführung von Scrum ist, dass die Aufgabe des Scrum Masters die Teamgrenzen überschreitet. Erst wenn auch das Stakeholder-Umfeld mit Scrum verstanden hat, wie Scrum funktioniert und welche Anforderung auf die umstehenden Parteien außerhalb des Teams zukommen, hat Scrum eine Chance, erfolgreich zu sein. Es ist dabei in der Praxis nicht so wichtig – der eine oder die andere mag hier widersprechen –, dass Scrum eins-zu-eins wie im Scrum Guide beschrieben umgesetzt wird. Vielmehr ist es ausschlaggebend, dass der Scrum Master das Unternehmen mit agiler Denkweise, dem oft zitierten Agile Mindset, vertraut macht und dass eine Variante von Scrum gefunden wird, die zum Unternehmen passt und bestmögliche Erfolgsaussichten hat. Weiterhin hat der Scrum Master die Aufgabe, sich um die Effektivität des Scrum Teams zu kümmern und es dabei zu unterstützen, sich stetig zu verbessern. Dies kann auf vielfältige Weise geschehen. Dazu gehören gut strukturierte Retrospektiven ebenso wie offene und ehrliche Gespräche mit dem Team und mit einzelnen Mitgliedern. Die in Managementliteratur immer prominenter werdende Transparenz kann sich genauso durch Teamzusammenkünfte mit allen Personen wie auch im Einzelgespräch mit den Mitgliedern herauskristallisieren. Die vertrauensvollere Atmosphäre unter vier Augen lässt die ein oder andere Schwierigkeit in den Aufgaben oder im Team manchmal eher ans Licht kommen. Das verdeutlicht, dass ein guter Scrum Master Fingerspitzengefühl für unangenehme Situationen oder schwelende Konflikte benötigt, um diese zeitnah zu beseitigen, bevor daraus größere Probleme erwachsen.

Nachfolgend wollen wir den Dienstleistungscharakter der Scrum Master Rolle deutlicher herausarbeiten, indem wir uns anschauen, welche Aufgaben der Scrum Master in Bezug auf die anderen Scrum Rollen und die Organisation übernimmt.

Fangen wir mit der Organisation an. Wie eingangs kurz angedeutet, besteht die Hauptaufgabe darin, die Organisation mit Scrum vertraut zu machen. Das geschieht durch Trainings und Coachings. Der Scrum Master hat dabei natürlich auch eine beratende Funktion, in die er Erfahrungen aus anderen agilen Projekten mit einbringen sollte (sofern bereits vorhanden). Als größte Hürde hat sich dabei das Agile Mindset gezeigt. Es zeigt sich in der Praxis immer wieder, dass es für Unternehmen eine Hürde ist, von einer über Jahrzehnte gelernten Denkweise, die hauptsächlich auf traditionellen Projekt- und Produktdurchführungsmethoden (Zeit, Geld, Umfang) basiert, loszulassen. Der Schritt weg von einer – sind wir ehrlich – gefühlten Sicherheit der Projekt- und Budgetpläne sowie der Lasten- und Pflichtenhefte hin zu einem empirischen Ansatz, der bewusst Experimentieren zulässt und damit Fehlschläge akzeptiert, ist oftmals deutlich schwieriger als man vermutet und ein Hauptgrund dafür, dass Agilität in Organisationen scheitert. Zu guter Letzt ist der Scrum Master dafür zuständig, sich um sämtliche Hindernisse, welche Gestalt auch immer diese annehmen mögen, zwischen dem Scrum Team und anderen Beteiligten innerhalb der Organisation zu kümmern und sie bestmöglich zu beseitigen.

Kommen wir zur Bedeutung des Scrum Masters für den Product Owner. Der Scrum Master unterstützt ihn bei der Definition und dem Management des Produktzieles und des Produkt Backlogs. Er übernimmt keine inhaltlichen Aufgaben, sondern bietet vielmehr Unterstützung und Techniken an, wie die zwei zuvor genannten Aufgaben erfolgreich umgesetzt werden können. Zudem fördert und erweitert der Scrum Master das tiefergehende Verständnis des Product Owners, die Relevanz klarer und prägnanter User Stories zu begreifen und diese entsprechend umzusetzen (ein Punkt, der auch vom gesamten Team verstanden und mitgetragen werden muss – eine weitere Aufgabe des Scrum Masters). Zwar ist der Scrum Master selbst nicht der Product Owner (und hat unter Umständen keine eigene Produktentwicklungserfahrung, wenngleich das sehr hilfreich ist), dennoch gehört es zu seinen Aufgaben, dem Product Owner dabei zu helfen, geeignete Methoden hinsichtlich der Planung und Priorisierung der User Stories anzuwenden. In Lehrbüchern werden an dieser Stelle of Cost of Delay und Weighted Shortest Job First genannt. [Fußzeile: Cost of Delay bezeichnet dabei die Kosten, die auf ein Unternehmen zukämen, wenn eine bestimmte User Story erst zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt wird. Weighted Shortest Job First stellt den Nutzen einer User Story in Relation zum entsprechenden Aufwand und erlaubt damit, zumindest aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht, eine optimale Priorisierung von User Stories.] Jedoch zeigt sich in der Praxis, dass Organisationen in Bezug auf Priorisierung von User Stories sehr kreativ sein können. Die Anwendung einer bestimmten Lehrbuchmethode ist dabei gar nicht entscheidend. Von höher Bedeutung ist, dass der Scrum Master die Dringlichkeit der Priorisierung herausstellt. Argumente à la „wir müssen das unbedingt im nächsten Sprint machen, weil wir es brauchen“ sollten nicht akzeptiert werden. Ebenso fungiert der Scrum Master als Vermittler und unterstützt, soweit erwünscht oder notwendig, den Product Owner bei der Zusammenarbeit mit anderen Beteiligten aus der Organisation.

Im Team äußert sich der Dienstleistungscharakter des Scrum Masters in der Form, als dass dieser alle Teammitglieder kontinuierlich darin coacht, ihre Zeit und Arbeit selbst zu managen. Er begleitet sie auf dem Weg in ein crossfunktionales Umfeld, was für einige zu Beginn noch ein ungewohntes Terrain darstellt. Einer der Gründe, weshalb Agilität nicht erfolgreich in eine Organisation implementiert wird, kann sein, dass dieser Punkt schlichtweg unterschätzt wurde. Teammitglieder benötigen Zeit und lernen erst, mit der neuen Freiheit in einem agilen Umfeld umzugehen. Wenn Personen mehrere Jahre in einem Umfeld gearbeitet haben, in dem sie von außen gemanagt wurden und Selbstorganisation unerwünscht war, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass eine agile Umgebung erst einmal überfordernd ist. Der Scrum Master bezieht an diesem Punkt eine Leuchtturmposition. Durch Vorbild und Expertise verhindert er, dass eine Lähmung entsteht, in der Personen lieber nichts tun als Fehler zu begehen. Darüber hinaus unterstützt der Scrum Master das Team hinsichtlich der gemeinsam vereinbarten Definition of Done dabei, die Sprintziele zu erreichen. Er hilft dem Team dabei, sämtliche Hindernisse zu beseitigen, die zur Erreichung der Sprintzieles im Weg stehen. In der Praxis beinhaltet das die die Identifizierung von Abhängigkeiten und das entsprechende Management derselben. Folgende Situation wird anfangs immer mal wieder passieren und kann schnell in den Griff bekommen werden: Ein Sprint wird geplant, ohne die entsprechenden Abhängigkeiten der einzelnen User Stories zueinander zu berücksichtigen. Nicht selten führt das zu Situationen während eines Sprints, in denen einzelne Teammitglieder nicht weiterarbeiten können, da sie auf die Ergebnisse anderer Teammitglieder angewiesen sind (sogenannte Blocker). Der Scrum Master wird auch als Prozesswächter von Scrum bezeichnet. Damit ist gemeint, dass der Scrum Master dafür zu sorgen hat, dass alle Scrum Events stattfinden und innerhalb des vorgeschriebenen zeitlichen Rahmens bleiben.

Das gesamte Rahmenwerk Scrum kann und sollte individuell auf das Unternehmen, das Produkt und die Teammitglieder angepasst werden. Die Regeln nach Textbuch sind nicht dogmatisch zu verstehen. Es gab bereits erfolgreiche Scrum Teams, die bestimmte Events wie die Retrospektiven gestrichen haben. Genauso konnte so manches Scrum Team, das sich präzise an die Regeln gehalten hat, die gewünschten Ergebnisse nicht erreichen. Diese Freiheit ist ein wesentlicher Bestandteil von selbstorganisierenden Teams.

Der Scrum-Reiseführer

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