Читать книгу Terapolis - Tom Dekker - Страница 10
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„Ah, seht Ihr? Er kommt schon wieder zu sich.“ Greg vernahm undeutlich Grubs Stimme wie aus weiter Ferne. „Du hast das Betäubungsmittel gut dosiert, Trisha.“
„Danke, Meister.“, hörte er das Mädchen murmeln.
Vorsichtig versuchte Greg, die Augen zu öffnen und zu erkennen, was um ihn herum vorging. Zu seiner Bestürzung konnte er weiterhin nur das rechte Auge benutzen. Panisch rollte er damit hin und her, bis sein Blick auf Grub fiel. Aber natürlich, schoss es ihm durch den Kopf. Er war je eben erst operiert worden. Wie konnte er dann davon ausgehen, dass mit seinem verletzten Auge sofort alles in Ordnung wäre! Er schalt sich selbst wegen seiner Dummheit. Sicher hatten sie ihm einen neuen Verband angelegt. Das war die natürlichste Erklärung.
„Greg? Wie geht es dir?“, fragte ihn die freundliche Stimme des alten Mannes.
Greg horchte in sich hinein. „Gut.“, stellte er dann laut und zufrieden fest. Zwar hatte er noch Schmerzen, sowohl am Auge als auch an anderen Stellen seines Körpers, aber alles in allem hatte er sich schon wesentlich schlechter gefühlt. „Wie ist es gelaufen?“, wollte er voller Neugierde wissen.
„Nun ja,“, druckste Grub herum. „Das kommt darauf an.“
Greg spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufstellten. Ein eisiger Schauer durchfuhr seine Glieder wie der Schwall aus einem Eimer kalten Wassers. „Worauf?“, presste er hervor.
„In gewisser Weise hast du Glück gehabt.“, tastete sich Grub langsam voran. „Die Nervenbahnen sind nicht beschädigt.“, versuchte er mit froher Stimme das Positive zuerst zu erwähnen.
„Aber?“, schnitt ihm Greg scharf das Wort ab.
„Aber,“, Grub holte tief Atem. Sein grauer Bart bebte leicht und plötzlich trat ein tieftrauriger Zug voller Mitleid auf sein Gesicht, „dein Auge können wir nicht retten. Die Linse ist zerstört.“ Er hob mit bekümmerter Miene ein kleines Glas, in dem ein Augapfel zur Seite rollte und dann leblos liegen blieb.
Alles um Greg begann sich zu drehen. Er hatte ein Gefühl, als würde ihm der Boden unter dem Körper weggezogen. Verzweifelt versuchte er, sich eine Zukunft mit nur einem Auge auszumalen, aber ein Wirbel aus beunruhigenden Einzelbildern umschwirrte seinen Geist und verhinderte, dass er klar denken konnte. Wie sollte es jetzt für ihn weitergehen?
„Hey. Ich habe doch gesagt, mit Augenklappe siehst du verdammt abenteuerlich aus. Wie ein echter Pirat.“, versuchte Mav, die angespannte Stimmung aufzulockern. „Schau mal! Ich habe dir etwas gebastelt.“, fügte er hinzu, als niemand auf seinen platten Scherz einging. Er kramte in einem kleinen Rucksack, förderte eine Schweißerbrille zutage und drückte sie Greg in die Hand. Greg musterte sie ausgiebig. Die Brille besaß die seltenen verspiegelten Gläser, die er bei den Schweißern in der Werkstatt von Jesua Fingrey immer so bewundert hatte. Ehrfürchtig strich er über die Legierung.
„Damit sieht keiner, was unter den Gläsern verborgen ist.“, erklärte Mav. „Außerdem habe ich noch zwei kleine Einbuchtungen eingefügt.“ Er deutete auf zwei Stellen an der linken Seite der Brille. „Hier kann man das Band durchführen, wenn du doch einmal eine Augenklappe darunter tragen musst.“, zwinkerte er Greg sichtlich stolz über seinen Einfall zu.
„Ich habe auch etwas für dich.“, sagte Trisha, die deutlich spürte, wie unwohl sich Greg bei dem Gedanken fühlte, in Zukunft als einäugiger Augenklappenträger herumlaufen zu müssen. Aus einer Tasche ihrer Hose holte sie ein schwarzes Nietenarmband hervor. Sie streifte es Greg um das linke Handgelenk und befestigte die Schnallen mit geschickten Fingern. Greg führte den Arm vor sein Gesicht und begutachtete die Arbeit. Mehrere Lederbänder waren kunstvoll miteinander verflochten und anschließend mit drei Reihen spitzer Nieten verziert worden. „Damit passt du noch besser zu uns.“, flüsterte Trisha. Greg war sich nicht sicher, aber hatten sich Trishas Wangen nicht eine Spur mehr rot verfärbt?
„Das ist sehr großzügig von dir.“, sagte er und bereute im selben Augenblick, wie steif es klang. Als Entschädigung versuchte er, Trisha ein dankbares Lächeln zu schenken, aber mehr als eine verzerrte Fratze brachte er nicht zustande.
„So, jetzt ist aber erst einmal genug geschwatzt.“, mischte sich Grub in die Unterhaltung ein. „Lasst Greg ausruhen. Er hat anstrengende Tage hinter sich und muss sich gut erholen.“ Mit einer wedelnden Handbewegungen trieb er Mav und Trisha aus dem Raum und schloss, nachdem er sich noch einmal mit einem aufmunternden Lächeln umgedreht hatte, die schwere Holztür hinter sich.