Читать книгу Der Mörder bringt das Alibi Berlin 1968 Kriminalroman Band 62 - Tomos Forrest - Страница 5

Оглавление

1


West-Berlin hatte noch große Aufgaben zu bewältigen.

Zahlreiche, im Krieg zerstörte oder stark beschädigte Häuser mussten dringend instandgesetzt werden, um neuen Wohnraum zu schaffen. Wo das nicht ging, wurden ganze Straßenzüge abgerissen, um neuen Bauten Platz zu machen. Doch dann kamen bei vielen Objekten die Studenten und besetzten ganze Häuser und brachten die Abbrucharbeiten zum Stocken.

Ein solches Haus hatte auch Noah Franzen betreten, denn man hatte ihm einen Tipp gegeben, wo er den Mann finden könnte, nach dem er schon einige Zeit suchte.

Die Tür klemmte. Noah Franzen warf sich dagegen. Er dosierte den Schwung mit dem Instinkt des geborenen Kämpfers. Die Tür gab unter dem jähen Anprall nach, sie flog zurück. Franzen stolperte nicht. Leicht federnd und mit gespreizten Beinen kam er hinter der Schwelle zum Stehen.

Er hielt seinen Revolver in der Rechten. Schussbereit. Man konnte nicht wissen - vielleicht befand sich ein Dealer in der Wohnung. Sie waren in letzter Zeit hier ein- und ausgegangen.

Noah Franzen entspannte sich, er ließ die Waffe sinken. Seine professionelle Vorsicht wirkte in dieser Umgebung fast absurd. Das Zimmer war nicht sehr groß. Die beiden zur Straße weisenden Fenster waren mit Brettern vernagelt. Durch ein paar Fugen sickerte diffuses Licht in den Raum. Tapetenfetzen hingen wie papierne Tränen von der Wand. Ein paar alte Kisten und Matratzen dienten als Einrichtung. Auf dem einzigen Stuhl im Zimmer saß ein Mann. Er war nicht älter als Mitte Vierzig, wirkte jedoch völlig abgewirtschaftet und vergreist.

Noah Franzen schaute sich in den Nebenräumen um. Sie waren leer. In der Luft hing der Geruch von kaltem Rauch und Moder. Das Haus war zum Abbruch bestimmt. Es wurde nur noch von Ratten frequentiert. Es befand sich in einem so üblen Zustand, dass sich noch nicht einmal eine der zahlreichen Gruppen in Berlin dafür interessierte, die schon einige der leerstehenden Häuser besetzt hatten. Und sich an der Kommune 1 von Langhans und Teufel orientierten. Nein – diese Bruchbude war für alle nichts weiter als ein alter Haufen Steine, der nur noch notdürftig zusammenhielt.

Noah Franzen war hochgewachsen und unauffällig gekleidet. Obwohl er Wert darauf legte, keine Blicke auf sich zu lenken, ging er auch in der Masse nicht unter. Er besaß eine ausgesprochene dunkle, abstoßende Persönlichkeit. Franzen war dreiunddreißig Jahre, dunkelhaarig und braunäugig. Er hatte ein festes, markantes Kinn und eine vorgewölbte, nicht sehr hohe Stirn. Trotzdem verbreitete er mühelos den Eindruck hellwacher Intelligenz.

Er schloss die Tür und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Den Revolver schob er in seinen Hosenbund zurück.

„Hallo, Jo“, sagte er spöttisch.

Der Mann auf dem Stuhl zitterte kaum merklich. Seine tiefliegenden, entzündeten Augen litten unter beständiger Tränenfeuchte. Er sah aus wie ein Stadtstreicher, aber in seinem schmalen Gesicht gab es ein paar Linien und Eigenheiten, die dieser Typisierung widersprachen.

„Sie kennen mich?“, fragte er.

„Sicher, mein Junge. Du bist Johannes Mannig, ursprünglich aus Bochum, jetzt in einem Abbruchhaus in West-Berlin. Ein Mann, der weiß, dass er sterben muss. Ein Mann im Wartesaal des Todes. Die Dealer sind die einzigen, die Kontakt zu dir halten – falls du sie noch bezahlen kannst.“

„Haben Sie einen Joint für mich?“, fragte Mannig. Seine bebende Stimme klang belegt und machte den Eindruck, als müsste sie beim nächsten Wort versagen.

„Sorry. Bin Nichtraucher. Aber du kriegst alles, wovon du träumst Geld. Joints. Eine feste, solide Umgebung bis zum Tage X. Ich kann dich nicht gesundmachen. Aber reich und berühmt. Ich bringe dich in die Schlagzeilen.“

„Als was?“, erkundigte sich Mannig.

„Als Mörder“, erwiderte Noah Franzen.

Der Mörder bringt das Alibi Berlin 1968 Kriminalroman Band 62

Подняться наверх