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2. ICH BIN EINE SEX-POSITIVE SEX-LEHRERIN

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Sex, Sex, Sex. Das ist irgendwie mein Ding. Und zwar sieht das folgendermaßen aus: Ich gebe Blowjob-Workshops. Im Ernst. Ich bin Blowjob-Master, eine Expertin, ich gehöre zu den Besten der Besten. Einmal im Monat wedle ich mit einem großen Silikonschwanz vor einer Gruppe herum und werde für diesen Spaß auch noch bezahlt.

Aber das vereinfacht das Ganze zu sehr. Ich schätze, Blowjob-Expertin zu sein klingt zunächst nach einer ziemlich speziellen Sache, eine, die außerhalb meines derzeitigen Arbeitsumfeldes (ich arbeite in einem Sexshop) nicht unbedingt von Nutzen ist. Diese besondere Qualifikation mag den Eindruck erwecken, ich sei vulgär (was möglich ist). Vielleicht denkst du deshalb, dieses Buch sei nichts für dich. Und vielleicht ist es das auch nicht, insbesondere dann nicht, wenn du zu meiner Familie gehörst und ein Buch über mein Sexleben zu lesen wahnsinniges Unbehagen in dir auslöst (nachvollziehbar, und in diesem Falle solltest du sofort aufhören!). Aber tatsächlich könnte dieses Buch auch genau das Richtige für dich sein. Und genaugenommen könnte das auch für Blowjob-Kurse gelten. Denn als sex-positive, feministische Sex-Lehrerin dreht sich nicht alles nur um Blowjobs. Ich mache nur Spaß.

Wenn ich diese Kurse gebe, wenn ich im Laden bin und den ganzen Tag über Sex spreche, wenn ich einen Blogpost über Sex schreibe, dann spreche ich nicht nur über die praktische Seite. Ich spreche auch nicht zwangsläufig darüber, wie viel Spaß Sex macht; auch wenn ich das manchmal durchaus tue. Ich drücke mich nicht zwangsläufig explizit aus, obwohl, gelegentlich schon. Was ich vielmehr zu tun versuche, wenn ich also immer und immer wieder über Sex spreche, ist, diese langweiligen und unterdrückerischen Vorstellungen aufzubrechen, die uns über die feine Art des Fickens vermittelt wurden.

Über Sex zu sprechen ist wichtig, schließlich leben wir in einer Welt, die davon durchtränkt ist. Sex ist überall. Sex ist in der Seitenleiste der Webseite, die du dir ansiehst. Er ist auf Reklametafeln, die sich entlang der Straßen in der Stadt ziehen. Er ist in Werbepausen und in Handlungsverläufen. Er ist der Höhepunkt, das finale Ziel, das Resultat, das Problem und die Lösung. Und trotz seiner konstanten und unausweichlichen Präsenz ist das Bild, das wir von Sex aufgezwungen bekommen, ein gleichermaßen langweiliges wie exklusives.

Wenn ich alles glauben würde, was ich sehe, dann würde ich glauben, dass nur dünne Menschen Sex haben. Nur Männer mit Bauchmuskeln treiben es. Nur Frauen mit großen Titten bumsen. Nur Männer und Frauen treiben es miteinander. Sex ist etwas für Heterosexuelle und findet immer nur zwischen zweien statt, nie mit mehr und nie mit weniger. Sex ist etwas für weiße Leute. Sex ist etwas für schöne Leute. Sex ist etwas für nichtbe-Hinderte, was für junge Menschen. Sex ist spontan. Sex beinhaltet Penetration. Sex dauert ungefähr 4,2 Minuten. Sex findet in Schlafzimmern statt und zwar abends. Sex ist vorhersehbar.

Wie unglaublich langweilig. Was diese heimtückischen Bilder von Sex jedoch aussparen, sind die unter anderem besten Sachen daran. Wovon wir nichts hören, ist, dass Sex versaut sein kann und subversiv und auf spaßige und einvernehmliche Art sehr, sehr unanständig. Wir sehen nicht, wie Menschen zur Sache kommen, deren Körper nicht den normschlanken Vorstellungen entsprechen. In der Regel sehen wir nicht, wie es Menschen mit BeHinderungen treiben, weder in ihren Rollstühlen noch in ihren Betten. In den Mainstream-Medien werden People of Color nur selten sexy dargestellt, ohne zeitgleich als exotisch und andersartig zu gelten. Genauso wenig sehen wir faire und gleichberechtigte Abbildungen von Frauenkörpern, wie sie in all ihrer üppigen Schönheit Lust verspüren. Männerkörper werden ausschließlich sexuell dominant, leistungsfähig und selbstsicher dargestellt. Wir sehen keine Körper, die sich weigern, sich diesem gender-binären System anzupassen. Und wir sehen auch nicht, dass Sex komisch und peinlich sein kann. Wir sehen keinen Sex, in dem eine Person aus Versehen furzt. Kacke und Pisse gibt es in intimen Situationen nicht. Dieser Moment, in dem wir bemerken, dass die Position, in der wir uns gerade befinden, nicht funktioniert, wir plötzlich mit den Beinen über unseren Köpfen stecken bleiben, wir stolpern und fallen oder würgen und kotzen oder stocken oder Dinge in die falsche Öffnung stecken. All das wird rausgeschnitten und gephotoshopt, aus unseren empfindlichen Realitäten verbannt.

Aber so funktioniert Sex nun mal nicht. Sex ist komisch und wunderbar, versaut und peinlich, pervers und queer und kann einvernehmlich zwischen allen möglichen Leuten stattfinden, egal wo und wann. So sieht die Realität des Aktes aus, mit dem wir uns als Gesellschaft so sehr beschäftigen.

Als sexpositive, feministische Sex-Lehrerin spreche ich ständig über Sex im wahren Leben. Und ich habe festgestellt, dass Leuten das sehr peinlich ist. Anscheinend möchte niemand über die verzwickten, menschlichen albernen Dinge sprechen, die nun mal passieren, wenn wir versuchen, unsere Körper miteinander zu verbinden. Und aus diesem Grund spreche ich immer lauter und lauter und LAUTER. Ich werde dann noch versauter. Ich versuche Grenzen zu überwinden. Ich möchte noch frecher werden, denn ich bin der Überzeugung, dass dieses peinlich berührte Schweigen, das unser aller Sexleben umgibt, letztlich dazu geführt hat, dass wir alle schlechten Sex haben. Das ist auch der Grund dafür, warum wir über die Sexualität anderer urteilen. Warum wir unfähig sind, die Körper und die Grenzen anderer zu respektieren. Das ist der Grund dafür, warum wir nicht wissen, was Einverständnis bedeutet, und weshalb sexualisierte Gewalt und Vergewaltigungen stattfinden. Warum Homofeindlichkeit fortbesteht und Transfeindlichkeit existiert.

Ich behaupte nicht, dass die Welt ein besserer Ort wäre, wenn wir offen über Muschi-Fürze, abspritzen und Butt-Plugs sprächen, dass dann niemand verletzt würde und wir alle in einer herrlichen Utopie lebten, voller enthusiastischer, einvernehmlicher Orgien, bei denen wir alle jedes Mal kämen. Das wäre unrealistisch. Allerdings glaube ich fest: je mehr wir über das sprechen, was uns unangenehm ist, desto weniger werden wir uns mit der Zeit dafür schämen und stattdessen alle etwas offener für Neues werden – für neue Möglichkeiten und neue Arten der Lust. Außerdem wird Sex dann mehr bedeuten, als bloß einen Penis in eine Vagina zu stecken. Und Schönheit wird mehr bedeuten, als nichtbeHindert, jung und weiß zu sein. Sexuelle Autonomie und sexueller Ausdruck werden etwas sein, zu dem wir alle berechtigt sind. Und Einverständnis wird etwas sein, mit dem wir uns alle bestens auskennen. Diese Hoffnungen sind es, weshalb ich unentwegt über Sex spreche. Laut. Aus Prinzip.

Das soll heißen, dass ich kein Buch schreiben kann, ohne nicht auch über Sex zu schreiben. Und ich kann nicht über Sex schreiben, ohne seine komischen, flapsigen und absurden Facetten.

Hot, wet & shaking.

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