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UND SO KAM DIE WÄRME ÜBER UNS

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Wenn ich an meine ersten sexuellen Erfahrungen denke, ist es absolut nachvollziehbar, dass ich in meinem aktuellen Arbeitsumfeld gelandet bin. Dass ich so gerne über Sex spreche, ist aller Wahrscheinlichkeit nach darauf zurückzuführen, dass ich lange sehr, sehr schlechten Sex hatte. Wirklich. Ich mache hier nicht auf bescheiden. Mag sein, dass ich mittlerweile eher so etwas wie eine Pseudo-Sex-Expertin bin, dem war aber nicht immer so. Vielmehr habe ich mir, wie manch eine*r sagen würde, einige beachtliche Sex-Fauxpas geleistet – und das innerhalb meines doch erst recht kurzen Lebens. Und ich weigere mich zu glauben, dass all die Ausrutscher, Missgeschicke und totalen Fehltritte allein meine Schuld waren. Nein, die Gesellschaft hat Schuld daran (das ist kein Scherz).

Wie die meisten war auch ich einst eine Teenagerin. Wenn du dich daran zurückerinnerst Teenager*in zu sein, dann erinnerst du dich auch daran, dass es eine wirklich grässliche Erfahrung war. Es ist eine Zeit in deinem Leben, in der du so viele Outfits, Handlungen und Frisuren bereust. Du bist erfüllt von nahezu konstantem, emotionalem Aufruhr und geplagt von allgegenwärtigen Hautproblemen. Du weißt nicht so recht, wer du bist, was du möchtest und wo du hinwillst. Und dazu riechst du auch noch komisch. Zumindest ging es mir so. Ich hasste es, eine Teenagerin zu sein.

Als Teenagerin war ich all den bereits genannten universellen Teenie-Erfahrungen ausgesetzt: die Haare, die Hormone, der Geruch. Obendrein hatte ich auch noch mit dieser BeHindertensache zu kämpfen. Ich war doppelt verwirrt. All diese sowieso schon mysteriösen Veränderungen als Heranwachsende*r wurden durch die brutale Realität verstärkt, dass mein Körper anders war als der anderer. Ich kannte nicht eine einzige andere beHinderte Person. In meinem dörflichen Ontario-Denken war ich der festen Überzeugung, dass es in diesem Universum niemanden wie mich sonst geben konnte. Da ich eine menschliche Anomalie darstellte, war es mir unmöglich herauszufinden, was zur Hölle mein Körper tat oder wie er die harten Proben der Jugendjahre überstehen sollte. Sowohl meine Gegenwart als auch meine Zukunft sahen düster aus.

Die Möglichkeiten, die sich mir aufgrund meines unmittelbaren Umfeldes für meine Zeit nach der Schule, als Erwachsene boten, waren übersichtlich. Sollte ich den Weg der meisten mir bekannten Menschen einschlagen, so hätte ich die Wahl zwischen zwei Optionen. Option eins: heiraten, meinem Mann auf dem Bauernhof helfen und mich fortpflanzen. Option zwei: in der nächstgelegenen Stadt studieren, heiraten, meinem Mann auf dem Bauernhof helfen und mich fortpflanzen.

Ich empfand weder Option eins noch Option zwei als sonderlich verlockend. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich mich in diesen Rahmen fügen würde. Wie sollte das denn funktionieren, humpelnd Heuballen durch die Gegend zu tragen? Oder, wenn ich mit meinen chronischen Rückenschmerzen versuchen würde Kühe zu melken? Das klang nicht optimal. Außerdem habe ich Kühe noch nie gemocht. Was für mich aber durchaus verlockend klang, war das Erwachsensein. Ich wollte raus aus der Schule, raus aus diesem Ort und raus aus der Pubertät. Dringend. Auch wenn die ziemlich normativen Vorstellungen davon, wie Erwachsensein auszusehen hat, mich nicht reizten, wollte ich es dennoch herausfinden. Und ich wollte einfach etwas anderes.

Und genau da geschah es, ich hatte auf einmal die fixe Idee, Sex haben zu müssen. Alles was ich wollte, war es zu tun. So weitverbreitet dieses jugendliche Gefühl auch sein mag, so kam mein Drang aus einer anderen Ecke. Ich war nicht unbedingt an dem Akt an sich interessiert. Ich wollte nicht Sex haben, um eine durch jugendliche Hormone entfachte Lust zu stillen. Es war nicht so, als hätte ich nicht aufhören können daran zu denken, oder als dachte ich, es würde sich besonders gut anfühlen. Noch nie war ich von einem unersättlichen, physischen, lustvollen Verlangen getrieben worden. Ich hatte bislang noch nicht einmal masturbiert. Nein, ich wollte es aus anderen Gründen. Ich wollte Sex haben, weil ich glaubte, es sei mein Schlüssel zum Erwachsensein. Ich dachte, es würde mir Antworten liefern. Sex war nur ein Mittel zum Zweck. Der Zweck bestand aus meiner Sicht darin, eine Frau zu werden.

So verdreht das auch klingen mag, ergibt es tatsächlich einen Sinn. Ich war eine Teenagerin in einem Ort, in dem kaum jemand wusste, was Internet war. Okay, viele Leute wussten das schon, aber es war tatsächlich sehr schwer zu bekommen, wenn du dir vor Augen führst, dass wir an schier unendlich langen Maisfeldern mitten im Niemandsland wohnten. Versuche, auf die sogenannte „Datenautobahn“ zu gelangen, begannen mit der mühseligen Einwahl ins Internet, wurden begleitet von schrillen Quietsch- und Pieptönen, und endeten abrupt, sobald jemand anrief. Ich muss gar nicht erst erwähnen, wie wenig Zugang ich auch nur zu halbwegs radikalem Gedankengut, zu anderen Lebensformen oder irgendwelchen Informationen über Sex hatte. Sex war für mich ein absolutes Mysterium, etwas, das Erwachsene in Großstädten wie New York oder Toronto hatten. Klar taten es einige meiner Freundinnen auch mit älteren Jungs aus den Nachbarorten, das war für mich aber kein „richtiger Sex“. Wenn meine Freundinnen schilderten, wie sie auf den Rückbänken der Autos ihrer Eltern rumfummelten, klang das für mich mehr nach sperrigem Wrestling. Ich wollte das haben, wovon ich glaubte, dass es der ausgereifte Erwachsenen-Sex des wahren Lebens sei, so wie ich ihn aus Filmen kannte. Ich wollte in den Club der „richtigen Frauen“ aufgenommen werden.

Während ich also Sex haben wollte, mit jeder Faser meines Körpers, hatte ich gleichzeitig auch wahnsinnige Angst davor. Niemand hatte mir je erklärt, wie genau das eigentlich funktionierte, und so hatte ich nicht wirklich eine Vorstellung davon, worin dieser Akt eigentlich bestand. Die Grundlagen kannte ich. Ich wusste, dass der Penis in die Vagina gehörte. Aber ich vermutete, dass das noch nicht alles war. Ich stellte mir vor, dass die beiden in den Akt involvierten Personen sich sehr viel bewegen müssten. Ich stellte mir sehr viel beugen, Beine anheben und eine Reihe rasanter Hüftschwünge vor. Nichts davon konnte ich. Meine BeHinderung führte dazu, dass meine Bewegungsmöglichkeiten von der Taille abwärts eingeschränkt waren, genau wie mein Gefühl. Ich war nicht in der Lage Dinge zu spüren, die unterhalb meiner Hüftknochen passierten, so wie ein Mensch ohne BeHinderung das konnte. Ich fragte mich, ob ich überhaupt spüren würde, wenn ein Penis in meine Vagina eindrang. Diese Frage wiederum führte mich zu der nächsten Frage, ob meine Vagina eigentlich etwas tun sollte, sobald ein Penis in ihr drin war. Taten die Vaginen anderer Menschen etwas? Denn meine schien da nur rumzusitzen.

Das waren alles ganz schön intime Fragen; Fragen, die ich mich nicht traute, mit anderen zu besprechen. Und diese unbeantworteten Fragen mündeten in große Befürchtungen. Ich trug eine tiefsitzende Angst in mir, die Angst, möglicherweise gar dazu nicht dazu im Stande zu sein, Sex zu haben. Dass ich scheitern könnte und mich dieses Scheitern letztlich in der meines Erachtens nach langweiligsten Form des Erwachsenseins festhalten könnte. Was, wenn das (Fehl-)Verhalten meiner Vagina mich dazu verdammen würde, für immer in einem kleinen Ort leben zu müssen?! Da ich der Überzeugung war, dieses Schicksal sei sehr viel schlimmer als der Tod, beschloss ich, mich meiner Angst zu stellen – ich wollte versuchen zu ficken. Die einzige Möglichkeit Antworten zu bekommen, war etwas zu riskieren.

Darf ich vorstellen? Dan. Er war mein erster richtiger Freund. Weder aus Lust, noch aus Liebe begann ich ihn zu daten, sondern vielmehr aus meinem zwanghaften Drang endlich erwachsen zu werden. Ich entschied, dass er „der Richtige“ sein sollte. Er entsprach all meinen Anforderungen. Erstens, war er ein Junge. Zweitens, war er mein fester Freund. Drittens, wollte er Sex mit mir haben. Das war alles, was ich brauchte. Ich war so entschlossen es zu tun, dass ich die Messlatte nicht allzu hoch hing. Und natürlich war Dan auch ein netter Kerl. Er liebte mich, fuhr einen Truck und hatte ganz tolle Haare. Wir telefonierten jeden Abend nach der Schule und verbrachten unsere Mittagspausen damit, an dem Steinbruch direkt neben dem Schulgelände rumzumachen. Unsere Beziehung schien mir perfekt dafür, mich meinem Ziel näherzubringen. Nachdem wir acht Monate zusammen waren, beschloss ich, dass es an der Zeit war.

Ich hatte natürlich erste Vorbereitungen getroffen. Während das für den Großteil meiner Leidensgenoss*innen bedeutete, verschämt eine Packung Kondome an der Tankstelle des Nachbarorts zu kaufen, war meine Strategie etwas komplexer. Der erste Punkt bestand darin, eine Reihe harter Übungen zu entwickeln, die ich jeden Abend vor dem Schlafengehen trainierte. So lag ich dann auf meinem Bett und verdrehte meinen Körper verstohlen in die komischsten Positionen. Zuerst hob ich meinen Hintern in die Luft, möglichst weit weg von der Matratze, und streckte mein Becken empor. Während ich mich da also in diesem halb erhobenen Zustand befand, war es gar nicht so leicht auch noch meine Beine so weit wie möglich zu spreizen und gleichzeitig meine Knie mit den Armen auseinanderzupressen. Da mir bewusst war, dass ich in dieser Position ein Doppelkinn haben würde, versuchte ich die Übung möglichst lasziv zu absolvieren. Ich zog meine Augenbrauen provokativ hoch. Ich öffnete meinen Mund auf eine Weise, von der ich hoffte, dass sie sinnlich aussehen würde. Für den Fall, dass meine Knöchel schlappmachen oder meine Knie einknicken sollten, versuchte ich es einfach immer und immer wieder. Ich war der Überzeugung, dass diese Stellungen unerlässlich waren, um Sex zu haben und sah sie deshalb als wichtige Übung fürs Ficken an. Ich war eine ambitionierte Schülerin.

Die zweite Vorbereitungsmaßnahme bestand darin, sich die Hilfe eines erfahreneren Sex-Guides zu holen. Diese tiefsitzenden, schweren Fragen wie zum Beispiel, was genau meine Vagina eigentlich tun sollte, waren zu sensibel, um sie einfach irgendjemandem zu stellen. Allerdings hatte ich das Bedürfnis, mich zumindest etwas allgemeiner zu informieren. Und für diesen Job hatte ich Katherine vorgesehen. Katherine war nicht nur eine enge Freundin, sondern zählte auch zu den sexuell aktivsten Personen, die ich kannte. Unsere Jugendjahre hatten bis zu diesem Zeitpunkt ziemlich unterschiedlich ausgesehen – Katherine war im Gegensatz zu mir ein Mädchen, das sehr schnell groß geworden war. Während ich meine Sommerferien damit zugebracht hatte, an einer Tankstelle zu arbeiten und die Autos von Kunden vollzutanken (besser gesagt, in einem Gartenstuhl zu sitzen), hatte sie ihre Sommerferien in Ferienlagern verbracht. In der Zeit von Juni bis Juli schickten ihre Eltern Katherine in verschiedene Teile der Region, angeblich damit sie Dinge wie Kajakfahren und das Überleben in der Wildnis lernte. Ohne das Wissen ihrer Eltern lernte Katherine in dieser Zeit sehr viel spannendere Lektionen fürs Leben. So kehrte sie von ihren diversen Sommerexkursionen zurück mit Knutschflecken, Nippelpiercings und versauten Geschichten über Dinge, die ich bis dato noch nie gehört hatte. Da mich meine Abstecher in Sachen Grundlagenforschung noch nicht sonderlich weit gebracht hatten, wusste ich, dass sie mir das eine oder andere beibringen konnte. Wir beraumten eine „Unterrichtseinheit“ für Freitagabend an, die in dem Privatbereich ihres Kinderzimmers abgehalten werden sollte.

Katherine tat das offensichtlich nicht zum ersten Mal. Als ich bei ihr zu Hause ankam, hatte sie schon diverses Obst aus der Küche ihrer Eltern gemopst und in ihrem Zimmer drapiert: Bananen, Gurken, Karotten, Pfirsiche, Melonen und Pflaumen. Sie wusste genau, welches Obst beziehungsweise Gemüse am besten für Sex-Workshops geeignet war.

So lagen die Früchte, meine anatomischen Leitfäden, ausgebreitet auf ihrer schwarzen Tagesdecke aus Satin. Ich setzte mich auf den Boden gegenüber von ihrem Bett, bereit etwas zu lernen. In diesem Zimmer hatte ich vor einem Jahr zum ersten Mal meine Periode bekommen, das erste Mal einen Jungen geküsst und gelernt, wie ich Make-up auftrage. Katherines Zimmer war zu dem Ort für Übergangsriten geworden. „Hier“, sagte Katherine und gab mir ein Smirnoff Ice Alkopop (ihr Lieblingsgetränk).

Ich öffnete die Flasche und trank hastig.

Sie stand neben dem Bett und sah aus wie ein Profi. Eine Zigarette klemmte zwischen ihren pinkfarbenen Lippen und ihr La Senza Push-up-Wunder-BH erzielte den gewünschten Effekt. Die Naht ihres Tangas blitzte unter ihren hüfthohen Jeans hervor, ganz à la Britney Spears. Mit einer Hand auf der Hüfte startete sie ihren Unterricht.

„Du bist kein hoffnungsloser Fall, aber du hast noch einiges zu lernen“, sagte sie. „Lass uns hiermit anfangen“, und nahm die Banane zur Hand. „Das hier ist ein Schwanz…“, als nächstes nahm sie einen Biss von der Pflaume, zeigte mir das saftige Fruchtfleisch und erklärte: „…und das hier ist eine Vagina.“ Katherine erwies sich als eine alle Sinne ansprechende Lehrerin. Ihr auf Lebensmittel basierender Sexualkundeunterricht ging über eine Stunde lang. Sie thematisierte einfach alles, angefangen damit, wie ich die Lippen um eine Banane/einen Schwanz zu legen habe bis hin zu, wie „Muschi-Fürze“ vermieden werden können (wovon ich noch nie zuvor gehört hatte, geschweige denn hatte ich mir je Gedanken darüber gemacht, diese vermeiden zu müssen).

Ich saß da, ganz hingerissen, hörte ihr bis zum Schluss zu und wurde von den Smirnoff-Alkopops zunehmend betrunken. Fast alles, worüber Katherine sprach, war eine Offenbarung für mich. Als sie fertig war, war ich völlig überfordert und noch verängstigter als zuvor. Feststellen zu müssen, dass ich anscheinend keine Ahnung hatte, ließ Sex zu einer noch viel einschüchternden Sache werden.

Aber jetzt konnte ich keinen Rückzieher mehr machen. Dan und ich hatten schon einen Termin festgelegt und den würde ich keinesfalls absagen. Alles war vorbereitet. Sein Vater würde übers Wochenende verreist sein und meine Eltern gingen davon aus, dass ich bei einer Freundin übernachtete. Ich hatte meine Übungen monatelang trainiert und fühlte mich körperlich so bereit wie nie zuvor. Außerdem hatte mir Katherine eine Glückwünsch-Schachtel Kondome geschenkt. Die Zeit war gekommen.

Am folgenden Freitagabend fand ich mich also in Dans Schlafzimmer wieder. Wir saßen auf seinem Bett und schauten uns an. Wir waren beide nackt bis auf unsere Unterwäsche, ich in einem Sport-BH und in meiner, wie ich glaubte, sexy Unterhose (pink mit einer Zeichentrick-Katze vorne drauf) und er in zerfetzten Boxershorts. Wir waren beide nicht im Stande einander in die Augen zu schauen. Ich konzentrierte mich auf das Licht der Kerzen, die ich im ganzen Zimmer verteilt hatte und versuchte mich an alles zu erinnern, was Katherine mir beigebracht hatte. Dan fummelte in der Kondomschachtel herum und jonglierte sie unbeholfen von einer Hand in die andere.

„Das wird Spaß machen“, sagte er und nickte mir beruhigend zu.

„Äh, ja“, sagte ich stirnrunzelnd.

„Bist du bereit?“, fragte er.

„Ja“, sagte ich und begann ihn zu küssen.

Küssen war etwas Vertrautes. Ich wurde ruhiger. Ich krieg’ das hin, sagte ich mir. Ich beruhigte mich und hoffte, dass alles ganz intuitiv passieren würde. Für eine Weile machten wir rum, unsere dürren Arme umschlungen den dürren Körper des*der anderen, mit unseren Händen befummelten wir einander zögerlich. Als ich Dans Ständer dann an meinen Schenkeln spürte, zog ich seine Boxershorts runter, als wüsste ich genau, was ich da tue. Meine Hände tatsteten nach seinem Penis. Die ganze Zeit während des Küssens hielt ich meine Augen geschlossen, weil ich glaubte, dass das die angemessene Erwachsenen-Art sei. Doch jetzt öffnete ich sie, ich wollte ihn sehen. Ich linste nach unten und hörte sofort mit dem Küssen auf. Dans Teil war weitaus einschüchternder als Katherines Banane. Ich schreckte zurück.

„Hab keine Angst“, sagte er freundlich, „stell dir einfach vor, es wäre ein Mars-Riegel.“

Ich atmete tief ein. Leider nahm ich Dans Versuch einer ermutigenden Metapher wörtlich. Ich beugte mich vor, nahm seinen Penis in den Mund und biss zu. Vielleicht lag es an den Lebensmitteln, die in meinem allerersten Sex-Tutorial verwendet wurden. Oder es war der Leistungsdruck, der mich dazu brachte, komische Dinge zu tun. Wie auch immer, meine ersten Sex-Versuche startete ich also mit den Zähnen. Das, wovon ich gehofft hatte, es würde ein einleitender Blowjob werden, entpuppte sich als eine harte Lektion à la „Was du keinesfalls tun solltest“. Als sich meine Zähne in Dans Haut vergruben, schrie er voller Angst und Schmerz auf. Schnell öffnete ich meinen Kiefer und zuckte zurück. Wir sprangen beide auf, zogen uns an und machten damit weiter, einander nicht direkt in die Augen zu schauen. Ich glaube, dass wir uns seitdem nie wieder direkt angeschaut haben. An diesem Abend gingen wir ohne Sex schlafen und ohne jemals richtig darüber gesprochen zu haben. Eine Woche später trennten wir uns.

Letztlich blieb der Rest meiner High School Zeit überwiegend sexlos. Diese ziemlich traumatisierende Erfahrung mit Dan hielt mich eine ganze Weile davon ab, mich wieder mit einem Schwanz einzulassen. Irgendwann hatte ich dann doch noch penetrativen Sex, und als es passierte, passierte es ohne Zähne und ohne Trara. Und zwar genau auf die Art und Weise, wie ich es vorhergesagt hätte, hätte ich nicht so viel Zeit damit verbracht, mir den Kopf darüber zu zerbrechen.

Es geschah auf einer Scheunen-Party, wir feierten unseren High-School-Abschluss. Nachdem genügend Alkohol geflossen war, quetschte ich mich mit einem Jungen, den ich seit meinem fünften Lebensjahr kannte, wenig feierlich auf die Rückbank meines Kombis. Wir führten absehbar unbequeme Aerobic-Paar-Übungen aus, die wir als Sex verstanden. Es war nicht eindeutig, ob mein jahrelanges nächtliches Üben das Ganze irgendwie besser machte oder es zumindest nicht absolut katastrophal enden ließ. Wie auch immer, die Sache, für deren Planung ich so unfassbar viel Zeit gebraucht hatte, dauerte ungefähr fünf Minuten und trug nicht im Geringsten dazu bei, dass ich mich irgendwie weiblicher fühlte. Es war einzig aus dem Grund bemerkenswert, dass es überhaupt nicht bemerkenswert war.

Als ich also dazu gekommen war, ES zu tun, hatte ich mittlerweile ein Stipendium an einer weit entlegenen Universität. Ich hatte aufgehört, Sex als Teil einer wie-man-der-Kleinstadt-entflieht-Strategie zu verstehen und beschäftigte mich nicht mehr ausschließlich mit dem Ziel, erwachsen zu werden. Trotz der Sorgen, die ich mir wegen meiner BeHinderung machte, fickte ich an diesem Abend auf meiner Rückbank. Einfach nur um mir zu beweisen, dass ich es konnte. In diesem Wissen zog ich kurz darauf weg und kehrte nie wieder zurück.

Ich stamme aus dem ländlichen Ontario und wählte Halifax als mein neues Zuhause, um zum einen eine Ausbildung zu machen und zum anderen, um meine holprigen Streifzüge in die unteren Regionen fremder Männer fortzusetzen. Wie du dir vorstellen kannst, war mein One-Night-Stand mit dem Jungen, mit dem ich meine Kindheit über Sand gegessen hatte, nicht sonderlich bestärkend. Alles, was ich bis dato über Sex gelernt hatte, war nicht in Penisse zu beißen. Was den Rest anging, war ich sehr unsicher. Zwar wusste ich, dass ich das Ganze zumindest in gewisser Weise beherrschte, meine tiefsitzenden düsteren Ängste aber existierten fort. Die Rolle meiner Vagina erschien weiterhin rätselhaft. Der Grad an Mobilität, den Sex erforderte, blieb nach wie vor eine unbekannte Variable. Ich brauchte noch immer Antworten. Also wählte ich die Feuerproben, in der Hoffnung, daraus etwas zu lernen.

Matthew lernte ich zwei Monate, nachdem ich nach Halifax gezogen war, kennen. Damals durfte noch in Kneipen geraucht werden, und Ausweise konnten problemlos mit etwas schwarzem Nagellack gefälscht werden. So konnte mein angeblich 28-jähriges, tatsächlich aber 18-jähriges Ich völlig unbemerkt in Bars ein- und ausgehen. Matthew und ich lernten uns in einem Club namens „The Attic“ kennen – früher bekannt als „My Apartment“, später bekannt als „The Dome“. Er erwischte mich dabei, wie ich in High Heels, die ich niemals hätte anziehen dürfen, über die Tanzfläche stolperte. Da war er wieder: mein unglaubhafter Versuch, mich als eine nicht körperlich beHinderte Frau auszugeben. Ich bin ein hoffnungsloser Fall in High Heels. Matthew griff nach meinem Arm und stütze mich, als ich völlig unkontrolliert aus einem unglücklichen Tanzmanöver hinaustaumelte und wankte. Ich blickte auf, um mich bei meiner Stütze zu bedanken, und sah, dass er groß und gutaussehend war. Sehr groß, um genau zu sein. So groß, dass ich gar nicht erst versuchte, in dieser überfüllten Bar verbal mit ihm zu kommunizieren. Wir tanzten eine Weile, ohne miteinander zu sprechen – eigentlich hielt er mich eher aufrecht, während wir ganz nah aneinander hin und her schaukelten. Am Ende des Abends gab ich ihm verlegen meine Nummer. Wenn du bedenkst, dass das Können auf der Tanzfläche allgemeinen Rückschlüssen dient, in Bezug auf Fähigkeiten im Schlafzimmer, hatte ich das Gefühl, gerade keinen guten ersten Eindruck hinterlassen zu haben. Matthew war klar, dass ich keine heißen Dance Moves hinlegen konnte. Wenn ich nicht mal tanzen konnte, wie sollte ich dann ficken können? Zwar hatte mich meine sexuelle Vergangenheit aus High School-Tagen nicht quer durchs Land verfolgt, doch waren die daraus entstandenen Schäden an meinem Selbstbewusstsein deutlich spürbar.

Glücklicherweise konnte Matthew nicht am Tanzen mit mir ablesen, dass ich erst ein einziges Mal Sex gehabt hatte, und das fünf Minuten auf der Rückbank meines Autos. Am nächsten Tag rief er mich an und wenige Tage später hatten wir unser erstes Date.

Ich würde Matthew und unsere ersten Dates ja beschreiben, wenn ich könnte. Aber abgesehen von seiner gewaltigen Größe kann ich mich kaum an etwas erinnern, was ihn betrifft oder unsere Treffen vor dem Vorfall. Das einzige Merkmal, an das ich mich erinnern kann, war sein unentwegter Drang, Interpretationen von Dave Chapelle-Sketchen zu geben. Matthew liebte Dave Chapelle. Er konnte fast alles von „Half Baked – Völlig high und durchgeknallt“ rezitieren und tat dies auch bei jeder Gelegenheit.

Es ist möglich, dass ich mich deshalb nicht an unsere ersten keuschen Dates erinnern kann, da sie vornehmlich daraus bestanden, dass ich den ermüdenden Wiederholungen von Kiffer-Witzen lauschen musste. Ich glaube, ich brauche nicht zu erwähnen, dass da keine Liebe im Spiel war. Matthew hatte aber andere Eigenschaften, an denen ich interessiert war. Zum Beispiel, dass er älter war und eine eigene Wohnung besaß. Meiner Auffassung nach sprachen diese Qualifikationen dafür, dass ich mit Matthew endlich den kultivierten Erwachsenen-Sex haben könnte, den ich mir immer gewünscht hatte. Ganz ehrgeizig hoffte ich, mit ihm herausfinden zu können, wie Sex wirklich auszusehen hatte und ob ich dazu im Stande sein würde. Trotz all meiner sexuellen Ängste und vergangenen Demütigungen war ich noch immer zu neugierig, dass ich das mit dem Ficken noch nicht komplett aufgeben wollte.

Es war bei unserem dritten oder vielleicht auch vierten Date, als er mich unter dem Vorwand zu sich nach Hause einlud, gemeinsam „The Chapelle Show“ zu schauen. Zusammen fern zu sehen ist immer ein Vorwand. Also spielten wir diese Rituale durch, die zwei Menschen, die eigentlich einfach nur Sex haben wollen, abspulen, wenn sie zusammen fernsehen: Wir saßen auf der Couch, viel zu nah beieinander, unsere Hände schoben sich über den abgenutzten Stoff aufeinander zu, bis wir irgendwann mit fest umschlungenen Armen zu einem horizontalen Zwei-Personen-Stapel geworden waren.

Ich musste natürlich sofort pinkeln. A), weil ich grundsätzlich immer pinkeln muss und b), weil sich dieses nahezu konstante Bedürfnis in einschüchternden Situationen noch verzehnfacht. Es war also keine Überraschung, als ich dieses verräterische Kitzeln in der Leiste spürte. Typischerweise zählt in meinem Falle zum BeHindert-Sein auch diese dauernde Verantwortung, die Mediziner*innen als „Blasenmanagement“ bezeichnen. Das bedeutet: Meine Blase macht, anders als alle anderen Blasen, was sie will, und meine Aufgabe ist es, das zu regulieren. Sie pinkelt, wann immer sie möchte, völlig egal, ob ich vorher signalisiert habe, dass jetzt ein guter Moment sein könnte, um es laufen zu lassen, oder nicht. In der Vergangenheit entschied sie sich schon dazu, sich komplett zu entleeren, als ich mit meinem ersten großen Schwarm sprach, während ich auf offenem Meer Kajak fuhr und während ich im Flugzeug saß und während des Starts an meinen Sitz gefesselt war. Eine derart eigenwillige Blase ist ganz schön unpraktisch und um sie besser unter Kontrolle zu haben, gebe ich ihr erst gar nichts. Die Flüssigkeitsaufnahme wird vor und während Dates, Filmen, Flügen oder beliebigen anderen Situationen, in denen eine Toilette nicht in greifbarer Nähe ist, auf ein Minimum reduziert. Auch Katheterisierung2 findet recht häufig statt, einfach nur, um sicher zu gehen, dass meine Blase auch wirklich leer genug ist, damit sie nicht doch in unangebrachten Situationen meine Jeans (und damit meinen Stolz) angreifen kann. Langer Rede kurzer Sinn: Ich hätte dem Kitzeln mehr Beachtung schenken sollen.

Aber das tat ich nicht. Ich wollte einfach nicht. Im Alter von 18 Jahren war ich mir schmerzlich darüber im Klaren, auf wie viele Arten und Weisen ich nicht „normal“ war. Meine überaktive Blase war weit davon entfernt normal zu sein. Ich hatte mitgezählt – bereits drei Mal während dieses Dates hatte ich einen Grund gesucht, um zur Toilette eilen zu können. Diese Anzahl an Toilettengängen war auf jeden Fall merkwürdig. Ich war mir sicher, dass dieser attraktive, ältere Mann von meinen überaktiven Körperfunktionen völlig abgeturnt sein musste. Ich hätte sogar gewettet, dass eine weitere Pipi-Pause dem Date ein Ende gesetzt und damit meine Hoffnung auf richtig schönen Sex zerstört hätte. Ich hatte also nur eine Möglichkeit: Einhalten.

Wir verließen seine Couch und gingen in sein Schlafzimmer. Die ganze Zeit zitterten meine Knie bei dem Versuch meine Blase zu kontrollieren. Er drückte mich gegen die Wand und küsste meinen Hals. Wahrscheinlich fühlte es sich gut an, ich war allerdings viel zu abgelenkt, um irgendetwas mitzubekommen. Mein Shirt verschwand und als nächstes sein Gürtel. Er schmiss mich aufs Bett. Wir zogen einander weiter aus. Ich hielt weiter mein Pipi an. Kurz darauf hatte er nur noch Boxershorts und schwarze Strümpfe an, ich so gut wie gar nichts mehr. Ich lag ausgestreckt auf dem Bett und überlegte aufzustehen und auf Toilette zu gehen. Aber: Das konnte ich nicht bringen! Das war viel zu peinlich! Und genau in diesem Moment passierte es. Matthew, der von meinem inneren Aufruhr überhaupt nichts mitbekommen hatte, griff mit seiner Hand verführerisch unter meine weiche Baumwoll-Unterwäsche. Meine Muschi war feucht und bereit. Und meine Schenkel auch. Und auf einmal waren auch seine Finger ganz komisch feucht. Uns beiden wurde schlagartig bewusst, dass es sich bei dem, was da so feucht war, nicht um den geläufigen Freudenfluss handelte, sondern um einen konstanten Urinstrahl, der erst meinen Körper, dann seinen und auch noch seine teure ägyptische Baumwoll-Bettwäsche nässte, um schlussendlich in seine 800 Dollar Queen-Size-Matratze zu sickern. Ich pisste alles voll. Für etwa eine Sekunde lag ich in der selbstgemachten gelben Pfütze und kam zu der Erkenntnis, dass es keine Möglichkeit gab, aus dieser Nummer wieder rauszukommen. Ich stand auf, murmelte eine Entschuldigung, zog meine Jeans über meine feuchten Beine und flüchtete.

Es ist ihm zugute zu halten, dass er mich noch Wochen danach anrief. Er hinterließ mir beruhigende Nachrichten auf dem Anrufbeantworter, sagte mir, ich bräuchte mir keinen Kopf zu machen und bat mich darum, ihn zurückzurufen. Ich kann mir nicht zugutehalten, dass ich das je getan hätte. Wenn meine Herangehensweise Sex zu lernen einer Feuerprobe glich, war Matthew ein wütendes Feuer, das ich nicht bereit war zu löschen. Von ihm lernte ich, immer, absolut immer (ins Klo) zu pinkeln und hatte am Ende sogar noch zusätzliche Last im Gepäck.

Ich wünschte, ich könnte sagen, dass das alles war. Einfach in die Hände schlagen, mir auf die Oberschenkel hauen und sagen: „So Leute, das war’s. Das war alles an Gefummel, Gewurschtel und Gestolpere auf meinem wenig grazilen Weg in die Sexualität. Ich habe alle Karten auf den Tisch gelegt.“

Tatsächlich aber könnte ich noch endlos viel mehr erzählen. Sex fiel mir nie leicht. Er war weder intuitiv, natürlich, noch graziös. Er war witzig, denkwürdig und voller harter Lektionen und hatte absolut nichts mit dem zu tun, wie ich ihn mir ursprünglich vorgestellt hatte.

Ich manövrierte mich nicht in diese Situationen, weil ich es grundsätzlich nicht hinkriege, oder weil es ein Ergebnis meiner BeHinderung ist. Meine Jungendängste waren völlig fehl am Platz und es stellte sich als falsch heraus, dass meine BeHinderung Sex schwieriger machte. Nein, ich erlebte diese Missgeschicke, weil ich schlecht über Sex informiert war. Wie viele von uns, hing ich diesem Irrglauben an, es gäbe eine Art Geheimrezept, einen Leitfaden, den wir alle kennen und befolgen sollten. Naiv wie ich war, hatte ich konkrete Bilder vor Augen, die mir Filme, Fernsehen und Pornos als Wahrheit verkauft hatten. Ich dachte, es müsse einen nahtlosen Übergang geben von zunächst noch bekleidet sein, dann penetriert werden und dem Ende mit zwangsläufig gleichzeitigen Orgasmen. Gefallen würde es mir dann auch noch, jedes Mal. Ohne jegliche sexuelle Aufklärung (Katherine und ihre Melonen mal außen vor), oder einem Ort, an dem ich heikle Fragen hätte stellen können, blieb mir nichts anderes übrig, als von falschen Annahmen auszugehen.

Das Schweigen rund um das Thema Sex steuert uns in düstere Richtungen. Letztlich kam ich nur durch gesammelte Erfahrungen zu der Erkenntnis, dass es tatsächlich überhaupt keine konkrete Herangehensweise und nicht den einen richtigen Weg gibt, es zu treiben. Mittlerweile weiß ich, dass Sex eine Million verschiedene Gesichter haben kann. Glücklicherweise habe ich jetzt verstanden, dass ich meinen Körper nicht an dem Maßstab eines körperlich nicht beHinderten Bildes von erotischer Intimität anpassen muss. Nun kann ich mir meine eigenen Rahmenbedingungen schaffen und meine eigenen Wünsche formulieren.

Ich glaube, dass es vielen Menschen so ergeht, dass der Sex, den wir an gewissen Punkten in unserem Leben haben, nicht unseren Vorstellungen entspricht. Unsere Vorstellung ist unrealistisch, stammt aus Filmen und Pornos und folgt unerreichbaren Schönheitsidealen. Ich glaube nicht, dass ich mit meiner Erkenntnis allein dastehe, dass Sex unangenehm und schwierig sein kann. Und genau aus diesem Grund tue ich das, was ich tue. Ich betreibe sexuelle Aufklärung, weil ich selbst an diversen Punkten in meinem Leben etwas Aufklärung hätte gebrauchen können. Es hätte mir Jahre der Angst und Verwirrung erspart, wenn sich einfach mal jemand mit mir hingesetzt und mit mir über unsere Körperfunktionen gesprochen hätte. Mein frühes Sexleben wäre komplett anders verlaufen, hätte ich andere Menschen mit BeHinderungen zum Vorbild gehabt. Hätte ich gewusst, dass alle manchmal pinkeln und beißen und pupsen, wenn sie das eigentlich gar nicht wollen, dann hätte mir das manche schlaflose Nacht erspart. Wäre da nicht diese Scham und das Schweigen über Sex, hätte ich vielleicht irgendjemandem meine interessierten Fragen stellen können. Aber das ging nicht.

Hot, wet & shaking.

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