Читать книгу Das Rätsel der Königin von Saba - Ulfrid Kleinert - Страница 18
4. Zu einer älteren Sammlung von Salomogeschichten (SG), die dem 1. Buch der Könige bereits vorlag (zwischen 720 und 610 v. Chr.)
ОглавлениеDie uns in 1. Könige 10 vorliegende Fassung unserer Erzählung hat uns bis in die Zeit der persischen (achämenidischen) Weltherrschaft geführt. Sie hat aber eine Vorgeschichte, die uns nun beschäftigen soll. 1. Könige 11,41 weist selbst auf ein „Buch der Worte/Geschichte Salomos“ hin, in dem noch mehr über Salomo stehe als das, was ins Buch der Könige Eingang gefunden habe. Dieses Buch der Salomogeschichte hat offensichtlich dem Verfasser des 1. Königsbuch als schriftliche Quelle für seine Darstellung vorgelegen. Rekonstruiert man diese Quelle, wie es zuletzt vor 15 Jahren in der Dissertation von Stefan Wälchli an der Universität Bern versucht worden ist, so gibt sich eine vorexilische Salomogeschichte zu erkennen. Ich nenne sie im Folgenden mit Wälchli SG. Zum Grundbestand der SG gehören neben der Geschichte von der Königin von Saba auch weitere Texte, die von Salomos Weisheit handeln – wie die berühmte Episode vom salomonischen Urteil (1. Könige 3,16–28).32 Nach Wälchlis Überlegungen stammt SG wahrscheinlich aus der Zeit des Königs Hiskia (725–697 v. Chr.) SG stelle Salomo dar als Ideal eines weisen Königs – ein Ideal, das auch sonst in Ägypten und im Alten Orient über populäre Könige beziehungsweise von ihnen selbst gezeichnet wird. Einem solchen Ideal entsprechend „ist der König von der Gottheit mit Weisheit begabt, sorgt durch seine Weisheit für Recht und Gerechtigkeit, baut Tempel und Städte, besitzt umfassende Kenntnis auf den verschiedensten Gebieten, genießt internationale Berühmtheit und sichert seinem Volk Frieden und Wohlstand. Wenn … in der Zeit Hiskias weisheitlich geprägte Verfasser einen solchen König in der Geschichte Judas suchten, konnte fast nur Salomo in Frage kommen.“33 Dem Verfasser der Salomogeschichte wird nach Wälchli für eine solche Darstellung Salomos vor allem eine in 1. Könige 3,4–15 vorliegende ältere Notiz als Anknüpfungspunkt gedient haben. Darin heißt es, Salomo habe sich – möglicherweise im Zusammenhang der Thronbesteigungsriten – Weisheit gewünscht. Die Salomogeschichte malt nun das Bild eines weisen Königs, wie es auch für die Gegenwart (und Zukunft?) gelten kann; dabei greift SG – wie im Fall der Geschichte der Königin von Saba – weisheitliches Gut aus der volkstümlichen Überlieferung auf.34
Die von Wälchli vorgenommene Datierung der Salomogeschichte (SG) in die Zeit Hiskias ist nicht unumstritten. Für andere stammt das in den Königsbüchern gezeichnete Bild Salomos aus der Zeit der Hiskia folgenden Könige Manasse (Finkelstein)35 oder Joschia (Knauf). In jedem Fall gehört es in den vorexilischen Zeitraum zwischen 720 und 610. Ernst Axel Knauf meint sogar, es ziemlich genau zu wissen. Er hat jüngst einen assyrischen Text aus den Annalen Tiglat-Pilesers identifiziert, der zu Ereignissen der Jahre 734–732 v. Chr. Stellung nimmt; aus diesem Text könnte „die ‚Königin von Saba’ mit gutem Grund stammen“ oder, genauer gesagt, abgeleitet werden; denn derartige Texte sind nach Knaufs Meinung „nicht nur in Keilschrift auf den Wänden des (assyrischen, U. K.) Palastes verewigt“, sondern waren in aramäischer Übersetzung „zweifellos an den Palastschulen der Vasallen, im 7. Jahrhundert v. Chr. also auch in Jerusalem, Pflichtlektüre“.36 So lässt sich nach Knauf „die Hypothese aufstellen, dass sich die Redaktoren der Salomogeschichte in der Joschiazeit bei diesem assyrischen Text zur Ausschmückung ihres Salomobildes bedient haben“37 Der assyrische Text enthält nämlich verblüffender Weise „den gesamten Wortlaut von 1. Könige 10,1–2a in der gleichen Reihenfolge“.38
Damit haben wir den Zeitraum der uns zugänglichen ersten schriftlichen Fixierung unserer Geschichte, die den Verfassern der Königsbücher bereits vorlag, in einer vorexilischen Geschichte Salomos39 so genau wie möglich eingegrenzt.
Es bleibt zu prüfen, ob und inwiefern uns in Büchern des Alten Testaments weitere Aussagen zu Saba und den Sabäern andere Dimensionen unserer Geschichte zugänglich machen. Bei dieser Prüfung stoßen wir auch auf ein alttestamentliches Buch, in dem die Geschichte der Königin von Saba erneut und in einem leicht veränderten Zusammenhang erzählt wird.