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R1 Das Brot an sich.
ОглавлениеWas ist drin?
Ein knochentrockener Westfale würde wahrscheinlich recht schmucklos zwei, und wirklich nur zwei Zutaten verbal in den Raum werfen, aus denen Swattbraut oder Pumpernickel besteht, und damit basta! Sollte er ein wenig kreativ-fantasievoll angehaucht sein – und auch solche Westfalen gibt es – nennt er möglicherweise vier Zutaten, von denen aber mitnichten auch nur eine einzige Farbstoff, Hefe oder Rübenkraut ist, die man zum Leidwesen der Traditionalisten dennoch in vielen Pumpernickel-Rezepten und -Produkten findet. Vielmehr könnte man als Zutat drei und vier Zeit und Gefühl benennen, die es braucht, um aus Zutat eins und zwei – Roggenschrot und Wasser … und etwas Salz, dass hat der knorrige Westfale vergessen zu erwähnen – ein klebrig-saftiges, im Geschmack erdiges, aber auch süßliches Brot ohne Kruste zu fabrizieren. Dafür braucht es dann mindestens einen Tag, lassen wir es uns auf der Zunge zergehen: vier-und-zwan-zig Stunden, in denen der vorbereitete Roggenschrotteig in sorgsam verschlossenen Metallkästen bei nicht mehr als 110° C zur Vollendung gebracht wird. Backen kann man es kaum nennen, Dämpfen oder Garen wäre der richtigere Ausdruck.
Daher gibt es auch keine Kruste, aber in der langen Zeit kann die Stärke des Korns karamellisieren, wodurch der Pumpernickel schließlich die typische süße Note erhält, die ihn nicht nur für herzhafte Speisen geeignet sein lässt, sondern auch für sehr viele Desserts. Das Gefühl schließlich gibt dem Pumpernickel-»Bäcker« die Zeitabstände vor, in denen er ein wenig Wasserdampf über die Brotkästen sprüht, damit die Brote nicht so knochentrocken werden, wie besagte Westfalen. Die oben genannten pumpernickelfremden Zutaten werden von manchen Bäckern gerne benutzt, um in deutlich kürzerer Zeit zu einem ähnlichen Ergebnis zu gelangen, z. B. das Rübenkraut für die süße Note, denn in kürzerer Zeit ist die Stärke des Korns eben noch nicht karamellisiert.
Dabei kann man sogar im privaten Hausgebrauch auf relativ klassische Art und Weise Pumpernickel »backen«. Es ist alles nur eine Frage der Geduld, wir stellen Ihnen ein entsprechendes Rezept vor.
Vorab sei noch kurz erwähnt, dass Swattbraut eben doch nicht immer gleich Pumpernickel ist, zumindest wenn wir der Erklärung der letzten Swattbraut- und Pumpernickel-Bäckerei Münsters (Prünte) folgen, die wir fragten, wo der Unterschied ihrer beiden Produkte läge. Demnach sei Swattbraut die rustikalere Version mit 100 % grobem Roggenschrot, während für Pumpernickel ein Teil des Roggenschrots vorab nochmals feiner geschrotet wird (etwa 20 %), somit Schrot und schließlich Brot auch etwas feiner schmecken.
Hier nun also ein klassisches PUMPERNICKEL-Rezept, Zutaten für 1 Brot:
1000 g Roggen, in ganzen Körnern
3 Liter Wasser
2 EL Salz
500 g feines Roggenschrot
(beim ersten Backvorgang noch etwas Sauerteig, bei folgenden Backvorgängen kann man Teigreste von den vorigen Broten nehmen)
Die Roggenkörner unter fließendem Wasser gründlich ausspülen. In einem großen Topf mit der dreifachen Menge Wasser kurz zum Kochen bringen. Den Herd ausschalten und die Roggenkörner im Wasser mindestens 12 Stunden quellen lassen. Die eingeweichten Körner abschütten und durch einen Fleischwolf drehen. Die Scheibe sollte eine Stärke von 4 bis 5 mm haben. Die durchgedrehte Roggenmasse zusammen mit dem Roggenschrot, dem Salz und Sauerteig bzw. Teigresten in eine Rührschüssel geben und gut durchmischen. Die Masse mit dem Handrührgerät (Knethaken) 5-6 Minuten auf niedrigster Stufe rühren und dann noch einmal 10-15 Minuten auf höchster Stufe durchkneten. Die Pumpernickelmasse in eine ausreichend große Kastenform mit Deckel geben. Wer keine Form mit Deckel besitzt, kann auch eine oben offene Kastenform mit etwa fünf Lagen Alufolie fest ummanteln. Wichtig ist einfach, dass kein Dampf aus der Form entweicht!
Der Pumpernickel wird auf der untersten Schiene des Backofens in drei Stufen »gebacken«. Zunächst geht er für 45 Minuten bei 150° C in den Ofen, danach die Temperatur auf 100° absenken und für weitere 45 Minuten »backen«. Noch einmal den Ofen auf 75° herunterdrehen und den Pumpernickel in 24 Stunden »fertigbacken«.
Für die Umsetzung der folgenden Rezepte ist unbedingt zu erwähnen, dass Pumpernickel im Handel in verschiedensten Größen angeboten wird. Am bekanntesten sind sicherlich die kleinen Pumpernickel-Taler mit einem Durchmesser von ca. 4,5 cm (etwa 10 g pro Scheibe), die gerne für Fingerfood-Partys oder das klassische Buffet genutzt werden, aber auch größere runde Scheiben finden sich, z. B. vom Soester Pumpernickel-Bäcker Haverland (Durchmesser 8,5 cm, etwa 30 g/ Scheibe). Klassisch ist allerdings die rechteckige Kastenform, bei Münsters Bäcker Prünte ist das Pumpernickelbrot 11 x 9,5 cm (ca. 30 g/Scheibe) und das Swattbraut 12,5 x 12,5 cm (ca. 60 g/Scheibe). Wir benutzen in unseren Rezepten die rechteckigen Scheiben à 30 g oder die Taler à 10 g – was wir jeweils angeben – da sie im Handel am meisten verbreitet sind.
»Als münsterscher Bäcker in der 5. Generation hat man natürlich ein besonderes Verhältnis zu dieser urwestfälischen Brotspezialität. Ein westfälisches Schinkenschnittchen ohne Pumpernickel mit Butter ist für mich absolut undenkbar. Dieses leicht süße, saftige Geschmackserlebnis sollte sich keiner entgehen lassen, der sich Brotliebhaber nennt. Die Familie Prünte als letzte münstersche Pumpernickelbäckerei sorgt ja, Gott sei Dank, dafür, dass die Münsteraner/innen nicht auf ihr handwerklich hergestelltes Pumpernickel verzichten müssen.«
Georg Krimphove
Bäckermeister