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Geschichtlicher Überblick

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Die Sprache der Germanen ist der Westgruppe der indogermanischen bzw. indoeuropäischen Sprachen einzuordnen. Zu den indoeuropäischen Sprachgruppen zählen unter anderem auch die indoarischen, romanischen, italischen oder keltischen Sprachen sowie das Griechische.

Die germanischen Stämme, die Tacitus auflistet, sind vor allem die Bataver, Mattiaker, Chatten, Usipeter, Tenkterer, Brukterer, Dulgubiner, Chasuarier und Friesen im Westen, Chauken, Cherusker, Kimbern im Norden sowie die Sueben, Semnonen, Langobarden, Nerthusvölker, Hermunduren, Narister, Markomannen, Quaden, Lugier, Goten, Swionen und Sithonen. Heute teilt man die vielen germanischen Stämme meist nach ihrem Siedlungsgebiet ein. So gehören zu den linksrheinischen Germanen die Vangionen, Triboker, Nemeter und Ubier, zu den rechtsrheinischen Germanen die Sugambrer, Marser, Brukterer und Chamaven. Die Cherusker siedelten an der Weser, die Chatten im heutigen Hessen (Rhein-Weser-Germanen). An der Nordseeküste lebten die Friesen, Amsivarier und im Gebiet der Elbe die Chauken. Die Sueben, Semnonen, Markomannen und Quaden siedelten in Böhmen und Mähren. Vandalen, Goten, Burgunder und Rugier hatten ihren Ursprung im Gebiet zwischen Oder und Weichsel und gelten als Ostgermanen. Als Nordgermanen bzw. Wikinger bezeichnet man die Völker Skandinaviens. In späterer Zeit gewannen die großen germanischen Stämme der Ost- und Westgoten, Vandalen, Franken, Burgunder, Langobarden, Alemannen, Thüringer, Sachsen, Friesen, Bajuwaren und die Wikinger an Bedeutung.

Diverse Kulturen der Eisenzeit gelten als Vorläufer der germanischen Kultur. Vor allem die Jastorf-Kultur, die zeitlich der vorrömischen Eisenzeit (600 v. Chr. bis zur Zeitenwende) zuzuordnen ist, gilt als Beginn der germanischen Kultur. Das Zentrum dieser Kultur war zunächst in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, sie breitete sich dann nach Thüringen, Niederrhein und Niederschlesien aus. Nahm man früher an, dass die Jastorf-Kultur durch Einwanderung aus Skandinavien entstanden sei, geht man heute von einem starken Einfluss der keltischen Hallstatt-Kultur aus.

Träger der eisenzeitlichen Przeworsk-Kultur (300 v. Chr. – Mitte 5. Jh. n. Chr.) im Gebiet des heutigen Polens zwischen Warthe/Oder bis zu den Karpaten waren Vorläufer der Vandalen, Burgunder und Lugier. In neuester Zeit wurde die Verwandtschaft der Przeworsk-Kultur mit der Kultur der Eisenzeit im Rhein-Weser-Gebiet nachgewiesen.

Träger der Wielbark-Kultur im heutigen Polen (Ostpommern, Ostpreußen) vom 1. Jh. v. Chr. bis zum 4. Jh. n. Chr. waren wahrscheinlich die »ersten« Goten. Die Wielbark-Kultur breitete sich später bis zur Ukraine aus. Nahm man früher aufgrund der »Gotengeschichte« von Jordanes an, die Goten seien aus Skandinavien eingewandert, geht man heute davon aus, dass die Wielbark-Kultur sich vor Ort und nicht aufgrund von Einwanderung entwickelt hat.

Im Jahre 113 v. Chr. kam es zu der ersten Begegnung zwischen Germanen und Römern. Damit traten die Germanen erstmals in der Geschichte in Erscheinung. Denn zur damaligen Zeit schrieben die Römer die Geschichte im buchstäblichen Sinne: Die Historiker, die die geschichtlichen Ereignisse aufschrieben, waren Römer, und nur von dem, was sozusagen im Gesichtsfeld der Römer passierte, berichteten sie, und nur durch sie haben wir heute davon Kenntnis. Von dem, was sie unerwähnt ließen, fehlen uns bis jetzt konkrete Informationen und bleiben uns nur wenige archäologische Funde und Zeugnisse. Denn die Germanen selbst begannen erst später, vor allem im Mittelalter, ihre eigene Geschichte aufzuschreiben.

Wie kam es zu dieser ersten germanisch-römischen Begegnung? In Skandinavien, genauer in Jütland, der Heimat der Kimbern, Teutonen und Ambronen, verschlechterte sich das Klima im Laufe des ersten vorchristlichen Jahrtausends immer mehr, die Ernten fielen aus und es kam zu Hungersnöten. Als Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. noch eine Sturmflut an Dänemarks Küsten hinzukam, veranlasste das die Stämme der Kimbern, Teutonen und Ambronen, aus ihrem Gebiet in Jütland Richtung Süden aufzubrechen. Um 113 v. Chr. trafen die Germanenstämme bei Noreia in der Steiermark erstmals auf die Römer. Die Römer wollten die Germanen daran hindern, weiter bis nach Rom zu ziehen, lockten sie in eine Falle und griffen sie an. Aber nicht die Römer, sondern die Germanen siegten in dieser Schlacht von Noreia. Das römische Heer unter Gnaeus Papirius Carbo wäre vollkommen vernichtet worden, hätte es nicht ein einbrechendes Unwetter davor bewahrt. Die Germanen zogen weiter nach Gallien, verteidigten sich erfolgreich gegen römische Angriffe und gelangten bis zur Iberischen Halbinsel. Unterwegs schlossen sich ihnen die Tiguriner an, ein Stamm der keltischen Helvetier. Von der Iberischen Halbinsel ging die Wanderung wieder in Richtung Italien. Dabei trennten sich die Wege der Teutonen und Ambronen von denen der Kimbern. Das bedeutete letztlich ihr Ende. Denn nun konnten die Römer unter Gaius Marius die Teutonen und Ambronen 102 v. Chr. in der Schlacht von Aquae Sextiae (Aix-en-Provence) besiegen. 20.000 Teutonen wurden gefangen genommen, auch der teutonische Anführer Teutobod. Ein Jahr später wurden die Kimbern bei Vercellae in der Poebene von den Römern besiegt. Die Wanderung der Kimbern, Teutonen und Ambronen wird von den römischen Schriftstellern als Raubzug dargestellt, in Wirklichkeit waren die Germanenstämme aber auf der Suche nach fruchtbarem Siedlungsland. Der Zug der Kimbern, Teutonen und Ambronen rief bei den Römern die alte Furcht vor den Galliern hervor, als diese im Jahre 387 v. Chr. in Rom einmarschiert waren. Aufgrund der verlustreichen Kämpfe mit den Germanen gestaltete Gaius Marius das römische Heer zu einer Berufsarmee um. Diese Umgestaltung des Heeres zu einer Berufsarmee war einer der Gründe, warum Caesar so erfolgreich im Gallischen Krieg war. Von den Kimbern, Teutonen und Ambronen berichten die römischen Geschichtsschreiber danach nichts mehr, und sie verschwinden damit aus dem Blickfeld der Geschichte. Die Berichte der römischen Historiker aber wirken bis heute nach, vor allem hatten die Teutonen im Gedächtnis der Römer einen nachhaltigen Schrecken hinterlassen. Man sprach von »furor teutonicus«, von der »teutonischen Raserei« der »tollkühnen und unerschrockenen« Teutonen. Diese Darstellung der Teutonen bei den Römern führte letztlich dazu, dass die Deutschen sich gerne selbst auch als Teutonen bezeichneten aufgrund der – nicht korrekten und nicht zutreffenden – Ableitung des Wortes »deutsch« von »teutonisch«. Noch heute wird im Deutschen ein großer, starker Mann als »Teutone« bezeichnet oder man spricht vom »Teutonengrill« und meint damit Strände wie den »Ballermann«, die vorwiegend von Deutschen bevölkert sind. Ob die Teutonen überhaupt ein germanischer und nicht vielleicht ein keltischer Stamm waren, ist nicht sicher geklärt. Die zweite Begegnung der Römer mit den Germanen, mit den Sueben, fand zur Zeit Caesars während des Gallischen Krieges 58–51 v. Chr statt. Es war die historische Begegnung Caesars mit dem Germanenführer Ariovist während des Gallischen Krieges, über die im Kap. Ariovist ausführlich berichtet wird.

Unter Kaiser Augustus, dem Nachfolger Caesars, kam es immer wieder zu Unruhen an der Grenze zu Germanien, sodass er schließlich beschloss, das rechtsrheinische Germanien bis zur Elbe zu erobern. Er beauftragte seinen Stiefsohn Drusus mit der der Eroberung Germaniens. Dieser konnte auch zwischen 12–9 v. Chr. die Friesen, Chauken, Brukterer, Marser und Chatten in mehreren Feldzügen besiegen, aber nicht vollkommen unterwerfen. Nach seinem Tod konnte Tiberius im Jahre 4 n. Chr. die Cherusker unterwerfen und war gerade dabei, im Jahre 6 das Markomannenreich von Marbod im heutigen Böhmen zu erobern, als er wegen eines Aufstandes in Pannonien den Rückzug antreten musste. Varus, der Nachfolger des Tiberius, wurde von Arminius, dem Anführer der Cherusker und einiger anderer Stämme, in der Varusschlacht im Jahre 9 vernichtend geschlagen. Augustus gab daraufhin seine Pläne, das rechtsrheinische Germanien zu erobern, auf. Der Nachfolger des Varus, Germanicus, unternahm zwischen 14 und 16 einige Feldzüge im rechtsrheinischen Germanien. (Vgl. dazu Kap. Arminius)

Zu erwähnen ist dann der Aufstand der Bataver im Jahr 69 unter Julius Civilis, einem römischen Offizier germanischer Herkunft. Den Batavern gelang es zusammen mit dem keltischen Stamm der Treverer, viele römische Truppen zwischen Köln und Mainz auf ihre Seite zu ziehen und Teile des Nordosten Galliens und das Rheinland zu erobern. Bei Trier kam es zur entscheidenden Schlacht zwischen den germanischen Stämmen der Bataver, Ubier, Brukterer, Tenkterer sowie den gallischen Stämmen der Treverer und Lingonen auf der einen Seite gegen die römischen Truppen auf der anderen Seite. Dabei konnten die Römer die Germanen und Gallier in die Flucht schlagen. Bei der letzten Schlacht im Jahr 70 bei Xanten siegten die Römer endgültig.

Nicht zuletzt als Folge des Bataveraufstandes wurde im 1. Jh. unter Domitian die als Limes bekannte Grenze entlang des Rheins zwischen dem römischen und dem freien Teil Germaniens angelegt. Es entstanden die Provinzen Germania superior (Obergermanien) mit Teilen der heutigen Länder Schweiz, Frankreich und dem Südwesten Deutschlands und Germania inferior (Untergermanien) mit Teilen der heutigen Niederlande, Belgiens und Deutschlands. Sitz der Statthalters von Obergermanien war Mainz und von Untergermanien Köln.

Die nächste Etappe in der Geschichte germanisch-römischen Beziehung waren die Markomannenkriege von 167 bis 180: Die ins Römische Reich drängenden germanischen Stämme der Markomannen, Quaden, Langobarden und Vandalen, die schon unter König Marbod sich als größerer Verband zusammengeschlossen hatten, sowie die zentralasiatischen Sarmaten wurden in Pannonien von Kaiser Mark Aurel in vier Feldzügen besiegt. Es war ein knapper Sieg der Römer, und in der Folgezeit geriet das Römische Reich in eine schwere Krise durch den Druck germanischer Stämme einerseits und des Sassanidenreiches andererseits. Die Markomannenkriege werden heute als Anfang vom Ende des Römischen Reiches gesehen und als erste Stufe der Völkerwanderung.

Die Zeit der Völkerwanderung wird in den Jahren 375–568 angesetzt, es ist die Zeit zwischen Spätantike und Frühmittelalter. Sie wird ausgelöst durch den Einfall der aus Asien kommenden Hunnen, die die Völker zur Wanderung nach Süden und Westen trieb. Aber auch Bevölkerungszuwachs und damit verbunden Landnot sind Gründe der Völkerwanderung, ebenso Eroberungs- und Kriegslust. Ganz Europa bis hin zum Schwarzen Meer ist im Umbruch, die meisten Völker verlassen ihre alten Siedlungsgebiete, um neue zu erobern. Es ist das Ende des Römischen Reiches. Nicht mehr Rom, sondern die neue Kultur der Germanen nördlich der Alpen bestimmt von nun an das Geschehen. Zunächst bestehen nacheinander verschiedene Herrschaftsgebiete bzw. Reiche: Das von Geiserich gegründete Vandalenreich in Nordafrika (429–534), das Westgotenreich in Gallien bzw. Spanien (418–711), das Reich der Burgunder (443–534), das von Theoderich errichtete Ostgotenreich in Italien (493–553) und das Langorbardenreich in Italien (568–774).

Es sind die ostgermanischen Stämme der Goten, Gepiden, Vandalen, Burgunden und Langobarden, die die weiten Wanderungszüge in der Zeit der Völkerwanderung unternahmen. Die westgermanischen Stämme wie Franken oder Sachsen unternahmen keine großen Wanderungen. Erst später kam es wieder zu Wanderzügen der Nordgermanen bzw. Wikinger. Die ostgermanischen Stämme gründeten machtvolle Reiche, denen aber keine Dauer beschieden war. Mit ihnen starben auch die ostgermanischen Sprachen aus, während die west- und nordgermanischen Sprachen sich weiterentwickelten und bis heute präsent sind. So hatte das von Chlodwig im 5. Jh. gegründete und von Karl dem Großen erheblich ausgedehnte Frankenreich Bestand, das von nun an die Geschichte des Abendlandes prägte.

Noch zu Lebzeiten Karls des Großen traten die Wikinger aus Skandinavien mit ihren Raubzügen an den Küsten und auf den Flüssen Europas in Erscheinung. Diese »neuen« Germanen des Nordens waren Piraten, Händler und Entdecker. Die Zeit der Wikinger ist ziemlich genau eingegrenzt durch zwei kriegerische Daten in England: Der Wikingerüberfall auf das Kloster Lindisfarne 793 und die Schlacht von Hastings 1066.

Die Rus, vor allem auch Olga von Kiew, stehen am Anfang der Geschichte Russlands. Erik der Rote entdeckte Grönland, sein Sohn Leif Eriksson Amerika – lange vor Kolumbus. Es folgt die Phase der Auseinandersetzungen und Kämpfe zwischen Dänemark, Norwegen und Schweden um die – immer wieder wechselnde – Vorherrschaft. Als Könige sind vor allem zu nennen: Godfred (804–810), Harald Blauzahn (958–987), Sven Gabelbart (986–1014), Knut der Große (1018–1035), Harald Schönhaar (reg. ca. 870–933), Olaf Tryggvason (995–1000), Olaf, der Heilige (1016–1028), Magnus I. (1035–1047) oder Harald der Harte (1047–1066). Auch England gerät zeitweise unter dänische Herrschaft, Island wird im 10. Jh. von den Norwegern kolonialisiert. Von Island aus wird auch Grönland besiedelt. 960 ist Dänemark, 1030 Norwegen weitgehend christianisiert. Als bekannteste Wikingerkönige sind zu nennen der norwegische König Olaf, der die Christianisierung Norwegens begann und zum Nationalheiligen Norwegens wurde. Und ebenso Harald der Harte, ebenfalls König von Norwegen Er gilt als der letzte Wikinger. Mit seinem Tod in der Schlacht von Stamford Bridge 1066 endet die Wikingerzeit offiziell. Die Wikingerzeit findet aber eine Fortführung bzw. Wiederbelebung durch die Edda des Snorri Sturluson.

Die Germanen

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