Читать книгу Die Stille der Gletscher - Ulrike Schmitzer - Страница 10

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Ein Anruf. Es ist der Professor. Der Gletscherforscher. Er ist ganz aufgeregt, seine Stimme überschlägt sich.

»Der Westhang ist gesperrt! Wegen Felssturzgefahr! Ich kann nicht zu meinen Messpunkten. Das ist eine Katastrophe!«

»Wer hat denn den Hang gesperrt?«, frage ich.

»Ich bin derjenige, der ein Gebiet sperrt! Der Landesgeologe, aber der hat keine Ahnung vom Gletscher. Der Landesgeologe hat das noch nie gemacht, ohne mich vorher zu fragen. Ich bin der Erste, den sie um eine Einschätzung fragen. Das wissen alle. Was glaubst du, wie die mir Druck gemacht haben, dass ich ihre Straße nicht sperre? Da geht’s für die Tourismusorte um viel Geld, aber wer hat die Verantwortung, wenn es Tote gibt? Ich! Da spiele ich nicht mit!«

»Aber wer hat es denn dann gesperrt?«, frage ich. »Ein so großes Gebiet kann man doch gar nicht sperren.«

»Was heißt hier gesperrt!«, schreit er mich an. »Da stehen Wachposten, die patrouillieren auf dem Gletscher! Das ist doch verrückt!«

»Haben Sie sie gefragt, von wem die kommen?«

Ich sieze ihn versehentlich in der Aufregung wieder.

»Ich bin nicht durchgekommen. Die lassen mich einfach nicht durch. Ich hab gleich an Ort und Stelle beim Landesgeologen nachgefragt. Und der sagt nur: ›Wilfried, da kann ich dir nicht weiterhelfen.‹ Seit vierzig Jahren kennen wir uns, und er sagt, da kann er mir nicht weiterhelfen. Hab ich sofort beim Landeshauptmann angerufen. Und die sagt, er sei nicht da. Und ob der da war! Das kenn ich schon am Ton der Sekretärin. Das lernst du in vierzig Jahren, den Ton der Sekretärin zu lesen.«

»Ja«, sage ich ungeduldig, »und was vermutest du?«

»Die zerstören gerade mein Lebenswerk! Die zerstören meinen Gletscher!«, schreit er. »Das ist eine Katastrophe! Meine Daten!«

Die Stille der Gletscher

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