Читать книгу Die Stille der Gletscher - Ulrike Schmitzer - Страница 11

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Im Archiv der Universität Wien stoße ich auf die Fotos von Friedrich Simony. Simony machte 1875 eine Expedition auf den Dachstein. Er nahm zu dieser beschwerlichen und gefährlichen Besteigung einen Fotografen mit. Damals kannte die Öffentlichkeit die Gletscher und Hochgebirge nur von prächtigen Ölgemälden, Fotografien aus den eisigen Höhen gab es noch nicht. Einige Geologen bezweifelten sogar noch, dass es auf Kalkbergen überhaupt Gletscher gab. Den Schnee, den so viele schon gesehen hatten – übrigens auch Erzherzog Johann während einer Dachsteinbesteigung –, interpretierten sie von ihren Studierstuben aus als »Schnee-Eisfelder«. Die Bilder von Simony und dem Fotografen Alois Elssenwenger waren eine Riesensensation. Simony war von der neuen Technik der Fotografie mit Trockenplatten begeistert und machte sich ein Jahr später alleine zum Gletscher auf. Er brachte Dutzende neuer Ansichten mit, die er sogar Kronprinz Rudolf in einem »photographischen Dachsteinalbum« überreichen durfte. Damit war er sich der Unterstützung von Seiner Majestät dem Kaiser sicher.

Simony war einer der ersten, der eine Eiszeit in den Alpen propagierte. Er war überzeugt, dass die Alpen unter einem großen Gletschermeer begraben waren. Er fand für diese damals äußerst kühne und umstrittene These auch einen Beweis: Die Gipfel waren scharfkantig, im Tal aber war das Gestein glatt. Dafür gab es eigentlich für die Zeitgenossen nur eine Erklärung. Die Gipfel hatten aus dem Eis geragt, im Tal hatte das Eis das Gestein glatt geschliffen.

Simony entdeckte auch, dass sich die Gletscher verändern. Um 1846 wuchsen die Gletscher sogar noch. Simony entwickelte eine einfache Methode, um zu beweisen, dass das Eis vorrückte. Er setzte Markierungen in der Felswand – und siehe da, im übernächsten Jahr waren die Markierungen nicht mehr zu sehen. Das Eis hatte die Markierungen überwuchert, damals war der Gletscher um zwölf Meter gewachsen. Außerdem machte er Jahr für Jahr Fotos vom selben Standpunkt aus und dokumentierte auf diese Weise, wie sich der Gletscher veränderte. Weil er beim Fotografieren nicht frieren wollte, baute er sich kurzerhand einen Unterstand, die spätere Simonyhütte.

Simony war ein Vorreiter der Gletscherwissenschaft: Er zeigt auf seinen Fotografien keine Naturstimmungen und kein Wetter, der Himmel ist wolkenlos. Von Gletscherromantik keine Spur. Wichtig sind nur Eis und Schnee.

Ich nehme das Bild, das Simony als Pionier der Gletscherfotografie ausweist, das Bild vom Karls-Eisfeld. Er stellte seine Kamera immer wieder auf derselben Stelle auf. 1875, 1886 und 1890 machte er Bilder vom Karls-Eisfeld. Heute ist dort der Untere Eissee zu sehen, Mitte des 19. Jahrhunderts war der ganze Kessel von Eis überdeckt. Ich werde den Blick vom Taubenkogel auf den Unteren Eissee neu aufnehmen.



Die Stille der Gletscher

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