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Fake-News: Es war einmal ein Blocher. Es war unser Blocher, den wir im Putzschrank aufbewahrten. Mit dem blochten wir die Böden unserer Wohnung. Wir haben ihn einst in Deutschland eingekauft. Nicht etwa aktuell als allerorts verpönte Einkaufstouristen, nein, das war ein paar Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte früher und ganz legal. Egal. Erfolgreich blochte dieser Blocher in verschiedenen Unternehmen rum herum.

Seit Jahren blocht er auch noch das Parkett der Politik. Hier bei mir in der kleinen, perfekten Welt. Dieser Blocher blocht alles weg, was gut ist. Nicht alles, aber vieles. Ich verstehe nicht, dass man diesen nicht durch einen neuen ersetzt. Macht man doch normalerweise im Haushalt, dann wenn ein alter Blocher nicht mehr optimal reinigt. Dazu ist schliesslich ein Blocher da. Wie immer, in einer Familie gibt es verschiedene Meinungen, wie geputzt werden muss. Ich habe schon davon gehört, dass es Menschen gibt, die auf dem Boden knien und mit einem Tuch oder einer Bürste in den Händen schrubben, bis ihnen die Hände weh tun und die Kniescheiben brechen. Doch diese kommen nur mühsam vom Fleck. Aber eben, in der Familie, von der ich schreibe, hat man den alten Blocher noch nicht entsorgt. Im Gegenteil, man hat sich sogar zusätzlich eine junge Blocherin geholt. Was das genau sein soll, weiss ich auch nicht. Vielleicht ist sie nur zur Probe hier. Nötig ist es jedenfalls nicht. Aber diese blocht genauso aggressiv wie der alte Verbrauchte. Ja, das ist es. Aggressiv. Die Böden nehmen dabei Schaden. Jetzt blochen also zwei. Es ist nur zu hoffen, dass es in unseren Böden keine Risse oder Dellen gibt vor lauter Blocherei. Zu viel ist bekanntlich ungesund. Das befürchten übrigens auch unsere ausländischen Nachbarn, denn die schauen regelmässig durch unsere Fenster. Zum nächsten neuen Jahr wünschte ich mir, dass der alte Blocher endlich entsorgt wird. Eine Blocherin, die wir ja jetzt neu bekommen haben, reichte vollauf. Ihre Bürstenborsten sind noch voll intakt, was man nur allzugut hört, wenn sie rotieren. Und, man darf nicht vergessen, dass sie in ihrem eigenen Haus einen absolut erfolgreichen Job macht, das berichten die Zeitungen Jahr für Jahr, was unserem Schweizerhaus unter Umständen ebenfalls zugute kommen wird.

In unserem Haus gehen die Leute seit jeher ein und aus. Sie kommen von überall her. Wir sind froh um sie, denn sie helfen uns im Haushalt. Sie wirtschaften mit und für uns. Und öfter als bei unsereiner kommt Nachwuchs. Platz hat es bei uns alleweil. Nun ja, zugegeben, manchmal wird es eng in der Stube. Es gibt nicht genügend Stühle für alle. Manchmal tritt man sich auf die Füsse. Der Blocher und die Blocherin kommen da, sagen sie, kaum mehr durch. Deshalb beschliessen ein paar ihrer Familienmitglieder, man müsse das gewohnte Kommen und Gehen in der Stube verhindern oder zumindest eindämmen. Wichtig ist dies vor allem, damit denen, die seit dem Rütlischwur bei uns zuhause sind, nicht noch weiteres Gesinde von draussen und weiteres Blocherähnliches unter den Beinen hindurchsurren. Das wäre dann das Chaos. Deshalb ist es, so sagen sie, wichtig, dass nur die Originalblocher hier blochen dürfen. Obschon auch der alte Originalblocher einst eingekauft wurde. Aus dem Ausland notabene. Aber das habe ich ja bereits vorhin gesagt.

Ein ähnliches Gehabe vernehme ich von ennet dem Teich im Land der Trümpfe. Der oberste Boss – gibts bei uns zum Glück nicht in der gleichen Form – trumpft gegenwärtig mit allmächtiger Gewalt auf. «Wenn wir wieder great werden wollen,» sagt der blonde Clown, «müssen wir uns auf uns konzentrieren und nicht aufs Ausland, lange genug haben wir für die Welt um uns herum die Polizei gespielt.» Diese meine Worte sind nicht der O-Ton, stimmen aber dem Sinn nach. Und eh spielt es keine Rolle, ob ich die Wahrheit sage, sagt er nämlich auch nicht. Vielleicht hat er sogar ein wenig recht, doch als er dann beschloss, einfach so von einem Tag auf den andern, für bestimmte Volkszugehörige die Grenzen zu schliessen, da hat die Welt laut aufgeschrien. Der von dort drüben blocht genau gleich wie unser Blocher. Immer wieder überspannte Ansichten und Pläne. Vielleicht hat er uns mal inkognito besucht, um das Geheimnis der starken Putzleistung unseres Blochers herauszufinden, um drüben in seinem Tower zu einem gleichen Resultat zu kommen. Der Boss sieht übrigens aus wie eine Karrikatur. Es ist fast nicht möglich, dass einer, der so künstlich und plastikhaft aussieht wie Barbies blonder Freund Ken, allerdings mit wohlbeleibter Figur, ein lebender, trumphierender Blocher sein kann. Blocher ist übrigens ein Schweizer Ausdruck für Bohnerbürste und bedeutet in der Sprache des neuen Bosses von drüben so viel wie floor-polishing-brush. Wer weiss, möglicherweise präsentieren uns die Amis mit dem Neuen ihren ersten Roboter-Präsidenten. Denken kann er nicht selbstständig, muss er doch für jede Putzentscheidung die Gebrauchsanweisung konsultieren. Nicht er, sondern ein Spezialist konsultiert das Manual und macht am lebensnahen Trumpi-Roboter einen Input, damit dieser überhaupt reagieren und so etwas wie eine Meinung von sich geben kann. Es könnte übrigens sein, nehme ich jedenfalls an, dass auch unser Blocher ohne externe Extrahilfe zu wenig Putzkraft entwickeln kann? Spielt keine Rolle mehr, er wird nächstens eh ausser Betrieb genommen und ersetzt. Hoffe ich jedenfalls. Der Amerikaner wird aber voraussichtlich noch vier lange Jahre bleiben und von seinem Tower aus (manchmal von seiner Zweigstelle im Weissen Haus zu Washington aus) viel Altbewährtes ausputzen. Arme Bevölkerung dort drüben. Apropos arm, ja, Amerika ist auch arm im Sinn von Unperfektheit und Armseligkeit – hat der Boss selber explizit gesagt. Es gibt nicht nur die atemberaubenden Towers und die iPhones und die Tesla Model S. Als USA-Reisender hat man jedenfalls manchmal den Eindruck von Armut, wenn man übers Land fährt und verlotterte Hüttchen mit einem rostigen Pickup davor und seinen ärmlich gekleideten Bewohnern sieht, wenn man die offenen Strom- und Telefonleitungen, die Regen, Kälte, Hitze und Stürmen ausgesetzt sind, am Himmel zwischen den Häusern oder Wohnblocks baumeln sieht, wenn man mitten im Grünen entlang der Highways die zahlreichen, verwahrlosten Industriebrachen anschauen muss.

Werden Sie, Boss von drüben ennet dem Atlantik, es weiterhin zulassen, dass auf Amerikas Strassen von Privaten und Polizei legal erschossene Menschen auf den Strassen herumliegen? Ihr mit eurem kindischen Waffenkult und der unbegrenzten Polizeigewalt! Werden Ihre schwarzen Mitbürger weiterhin Menschen zweiter Klasse bleiben? Und die Lations, was ist mit ihnen? Pöbel? Armseliges Amerika! Es gibt viel zu tun, Herr Trumpf. Ich hatte Ihr Land während eines dreijährigen Aufenthalts in New York kennen und lieben gelernt und immer in allerbester Erinnerung behalten. Jetzt mit Ihren unberechenbaren Ankündigungen brechen diese allmählich ruinös zusammen. Und ich hoffte, dass Amerika wieder great again wird, wie Sie zu sagen pflegen. Ich wünsche Ihnen und Ihren Mitbürgern jedenfalls viel Glück bei der Wahl der geeigneten Putzgeräte und -mittel.

In Ihren Stuben geht seit Ihrer Wahl zum Präsidenten des mächtigsten Landes der Welt ein gewagtes Hasardspiel ab. Neue designierte Minister kommen und gehen gleich wieder. Nicht gerade das, was Sie sich gedacht haben, nicht wahr? Selbst Ihr Tweet vom 8. März 2017 «Don't let the FAKE NEWS tell you that there is big infighting in the Trump Admin. We are getting along great, and getting major things done!» tönt total unglaubwürdig. Der Job als Präsi ist wohl denkbar schwieriger, als Sie sich gedacht haben. Auf alle Fälle anstrengender als Ihre Fernseh-Reality-Show The Apprentice. Aber an der Position, die Sie nun mal erklommen haben, kann man mit Geld nicht alles kaufen oder erreichen. Zum Glück nicht. Glück werden Sie benötigen. Oder, hey, geben Sie es doch einfach auf, ich denke an Ihre Abdankung, denn dann ist die Welt automatisch wieder ein wenig in Ordnung. Die Welt müsste sich nicht mehr sorgen, dass Sie unbedacht den Knopf drücken, der Nordkorea auslöscht. Jede andere Person wäre besser als Sie. Es lebe auf ewig der echte Donald, nicht minder dumb, aber immer noch besser: Donald Duck aus Entenhausen.

Es ist einfach von ganzem Herzen zu hoffen, dass in unseren eigenen Stuben nie zugelassen wird, dass ein ähnlicher Witzbold und selbst ernannter Frauenheld so viel zu sagen haben wird. Jetzt möchte ich das Wort Remo übergeben. Remo ist mitnichten ein Frauenheld. Ein ganz klein wenig von einem Witzbold hat er allerdings schon. Er twittert zwar nicht wie der Amerikaner, der übrigens ein Abkömmling von einst aus Deutschland in die USA Eingewanderten ist wie es Remo selber ist für die Schweiz. Remo ist im Gegensatz zum Amerikaner sein eigener Regisseur und Schauspieler auf seinem eigenen Fernsehkanal.

Bitte sehr, Remo.

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