Читать книгу Hassliebe - Urs Scheidegger - Страница 6
Bösartige Erwiderun
Оглавление«Okay, ich hab das Mail gelesen und kenne dich tatsächlich. Ich bin schockiert. Was erlaubst du dir da eigentlich? Um auf deine eigentliche Frage zu stossen, musste ich zehn Seiten belangloses Zeugs lesen. Ich habe Besseres zu tun. Wie kommst du überhaupt darauf, dass wir Freunde waren und immer noch Freunde sein könnten? Saufkumpane und Berufskollegen waren wir, das wars dann schon. Als ich deine Zeilen schliesslich noch ausführlich gelesen habe, bin ich zum Schluss gekommen, dass aus dir ein kleines Würstchen geworden ist. Aber das war schon in Berlin der Fall, du hieltest dich immer in der zweiten Reihe, wenn wir etwas losrollen wollten. Schiss nennt man dein Verhalten. Ich kann mir nach deiner Beichte gut vorstellen, dass du bald auf der Suche nach einem Mann bist.
Wieso verwendest du beim Schreiben immer wieder Fremdwörter? Willst du dich dadurch von der Masse abheben oder was? Mehr sein, als du bist? Beim Wort Sukkubus
bekam ich den Eindruck, du seist als Dämon ins Mittelalter abgedriftet. Oder der Begriff Ladykiller, wenn ich das Wort nur schon höre, wird mir schlecht. Ich wusste ganz einfach, mit Frauen umzugehen. Das ist alles. Im Gegensatz zu dir, der manchmal den Mund nicht aufbrachte, um mit einem Mädchen ein Gespräch zu führen. Ich verstehe ganz gut, weshalb deine Frau dir überlegen ist. Sie weiss, was sie will und kann sich scheinbar auch leicht durchsetzen. Bestimmt habt ihr zwei Autos, den Audi deine Frau, den zehnjährigen Golf für dich. In deinem Mail hast du nicht einmal nach meinem Befinden gefragt. Du siehst nur dein Problem. Was um dich herum geht, wohl nicht. Und dein Problem ist doch gar keins. Ein rechter Mann weiss sich selber zu helfen. Aber bei dir ist es wohl am besten, wenn du einen Psychiater aufsuchst. Der wird dir mit Sicherheit helfen. Ich kann es nicht, weil ich eine Situation wie die deine nicht kenne. In sexuellen Belangen kann ich mich gar nicht beklagen. Im Gegenteil, mir geht es wie immer sehr gut. Ich fahre einen Porsche Cayenne und meine Freundin einen Audi Q5. Unser grosszügiges Haus mit riesigem Garten und Schwimmbad steht an der sonnigen Goldküste. Habt ihr überhaupt ein Eigenheim oder seid ihr zur Miete? Was immer, wahrscheinlich auf der Pfnüselseite des Zürichsees oder noch schlimmer in Dietikon oder Altstetten. Ich privatisiere übrigens seit ein paar Jahren und lebe jetzt von den Zinsen, die unsere Immobilien und Aktien abwerfen. Unsere beiden Töchter sind im Gymnasium und werden später an der Uni oder ETH studieren.
Um es geradeheraus zu sagen, ich bin nicht dein Freund und du kannst mir auch nicht vertrauen. Lösche meine E-Mail-Adresse sofort. Und lass mich bitte in Ruhe.»