Читать книгу Verspottet, geachtet, geliebt - die Frauen der Reformatoren - Ursula Koch - Страница 5

Оглавление

1

Wie die Frauen einander
begegnen

500 Jahre ist es her, dass bedeutende Männer die Botschaft von der unverdienten Gnade Gottes verkündeten. An ihrer Seite standen tapfere Frauen und setzten sich auf ihre Weise in den ersten evangelischen Gemeinden für die Lehre der Reformation ein. Sie sind vor langer Zeit in das himmlische Reich eingegangen.

Einige von ihnen lebten in engem Kontakt miteinander, andere kämpften und litten einsam auf ihrem Platz. Wie wäre es, wenn sie zusammenkämen?

Stellen wir uns vor: Eine Nachricht verbreitet sich unter ihnen. Sie kommt von einer Katharina, der Lutherin. Sie ruft die Freundinnen jener vergangenen Tage, auch die Nichtfreundinnen, bekannte Gestalten der Geschichte und unbekannte, jung Gestorbene und solche, die alt wurden. Alle, die gerufen werden, versammeln sich und begegnen einander mit einem Lächeln:

Katharina Kreutter aus Mühlhausen, 1466–1525 (?)

Anna Zwingli aus Zürich, 1484–1538

Argula von Grumbach aus Bayern, 1492–1554 (?)

Katharina Melanchthon aus Wittenberg, 1497–1557

Katharina Zell aus Straßburg, 1497–1562

Katharina Luther aus Wittenberg, 1499–1552

Elisabeth Cruciger aus Wittenberg, 1504–1535

Wibrandis Rosenblatt aus Basel, 1504–1564

Idelette Calvin aus Genf, 1507–1549

Wenn sie nun die Erinnerungen wachrufen und einander ihre Geschichten erzählen, dann fällt ihnen vieles ein, was in der Welt vergessen ist. Sie berichten nicht der Reihe nach, sie halten sich nicht an die Konventionen, sie reden von dem, was ihnen wichtig war, was sie bewegt hat, von ihrem Leiden und ihrem Lieben, ihren Kindern und ihren Ängsten. Sie reden durcheinander und sie hören einander zu.

Eine alte Frau steht in ihrer Mitte, die keine von ihnen kennt.

»Wer bist du?«

Sie lächelt. »Ich heiße Katharina und lebte in Mühlhausen. Gott hat mich zu euch geschickt.«

»So sei willkommen«, sagen die anderen.

»Aber Idelette fehlt noch.« Anna Zwingli blickt im Kreis umher. »Auf Idelette müssen wir unbedingt warten. Sie kommt bestimmt, aber sie ist sehr still und bescheiden.«

Da nähert sich eine. »Braucht ihr mich wirklich?«, fragt die Frau Calvins und tritt in den Kreis.

»Oh ja«, antworten alle.

»Die Menschen wissen nicht, wie es wirklich war«, beginnt die Lutherin. »Sie kennen kaum unsere Namen. Und doch haben wir Großes erlebt, was vor uns keine Frau sich auch nur vorstellen konnte.« Sie wendet sich an Katharina Zell aus Straßburg: »Du hast gepredigt, Zellin! Ich habe sicher viel geredet in meinem Haus und am Tisch mit meinem lieben Herrn Doktor und all den Studenten und Gästen. Manchmal zu viel, wie mein Mann sagte. Aber wohlgesetzte Worte wie du habe ich nie gefunden.«

Die Zellin lacht, sie lacht laut und herzlich. »Ja, ich habe gepredigt, damals am Grab meines Mannes. Da konnten sie es mir nicht verbieten, denn alle wussten, wie furchtbar sein Verlust für mich war. Aber es ist eine lange Geschichte und es war ein weiter Weg, den ich gehen musste. Wollt ihr das hören?«

Die andern nicken: »Ja! Erzähle, wir hören zu.«

Verspottet, geachtet, geliebt - die Frauen der Reformatoren

Подняться наверх