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Prolog
Feuer und Asche

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Die Welt versank in Donner und Nebel, als Ragnarök über sie hereinbrach, Götter und Unsterbliche auf dem Idafeld gegen den Untergang kämpften und noch nichts von der letzten, alles entscheidenden Auseinandersetzung im Gletschervulkan ahnten.

Fenrir war soeben gefallen, und der Wolfsvater verlangte nach Rache.

»Ich bin der Gott des Feuers!«, donnerte der Titan aus Glut und Flammen inmitten des Berges, während draußen die Welt den Atem anhielt. »Du kannst mich nicht aufhalten.«

»Ich kann und ich werde«, versetzte der Getreue, doch seine Stimme bebte. »Ich entziehe dir, was dich am Leben erhält.«

Loki lachte dröhnend, doch nicht vor Freude. Bitterkeit und Schmerz lagen darin, aber auch ein gurgelnder Laut des Blutdurstes. »Ich bin mächtiger als alles, was denkbar ist, und nicht zuletzt dank dir. Oder hast du das inzwischen vergessen, so wie deine ursprüngliche Gestalt?«

»Ich habe nichts vergessen, alter Freund. Nichts von alldem, was wir einst teilten, was wir schufen …«

»… und vernichteten. Wie kannst du mich nun angreifen?«

»Ich greife dich nicht an. Ich halte dich auf, wie ich es bereits sagte.«

»Und wie willst du das anstellen?«

Ein winziges Zögern. »… indem ich dich vernichte.«

Der Getreue zog seine gesamte Macht zusammen. Tiefe Trauer umhüllte seine brennende Gestalt und bewahrte ihn vor der Zerstörung. Nur, wie lange? Es gab keinen Ausweg mehr. Lokis Tod war auch der seine.

»Ich bitte dich ein letztes Mal!«, rief er in das Glosen, doch der Titan konnte oder wollte ihn nicht hören. Er war dabei, den Vulkan zu erwecken und sich selbst aus den Felswänden des Bergs zu befreien. Die Hitze war unerträglich. Magma schoss aus immer neuen Erdspalten in Fontänen empor.

»Loki«, flüsterte der Getreue. »Warum tust du mir das an? Uns beiden!«

»Weil«, antwortete der Gott unerwartet ein letztes Mal, »du mir bereits alles genommen hast. Und wenn ich sterbe, soll dein Tod meine letzte Rache sein, und deine Sühne. Du und ich. So war es doch immer, nicht wahr?«

»So hätte es wieder sein können …«

»Das ist unmöglich, und du weißt das!«

Selbst für den Getreuen war es lange her. Odin hatte nie begriffen, dass er einst mit Loki einer Macht begegnet war, die bedeutend älter war als er. Fast so alt wie diese Welt. Loki war schon ein Gott gewesen, bevor Odin ihm durch Blutsbrüderschaft die Aufnahme ins Reich der Asen antrug. Der einfältige Narr hatte ein Auge geopfert, um Weisheit zu erlangen, und besaß einen Thron, mit dem er alle Welten überschauen konnte – aber das Naheliegende übersah er immer noch.

Lange Zeit hatte Loki über seinen gelungenen Streich gelacht, er war als Trickster stets der unerreichte Meister darin gewesen. Er hatte seinem Blutsbruder nie die Wahrheit gesagt, erst recht nicht über seine echte Unsterblichkeit. Genauso wie die Olympier und viele andere waren die Götter des Nordens nicht von Anbeginn unsterblich gewesen, sie alle hatten bestimmter Essenzen oder Quellen bedurft. Loki hatte ihnen dazu verholfen, und niemand ahnte, dass es immer ein Teil von ihm selbst gewesen war, den er ihnen gab.

Doch nun … stand er vor dem Ende. Nicht einmal er währte ewig, und er wusste es. Was ihm dereinst gegeben wurde, konnte ihm auch wieder genommen werden.

Aber nur einer war dazu in der Lage.

»All dies hätte verhindert werden können … aber was rede ich da! Dazu kommt es doch nie«, schloss der Getreue. »Solange ich existiere, kann die Ordnung nur durch das Chaos erhalten werden, doch das Chaos ist unberechenbar und zerstörerisch. Einmal entzündet, kann ein Weltenbrand nicht mehr aufgehalten werden. Ich kann immer nur versuchen, die Dinge im Gleichgewicht zu halten und einigermaßen gerade zu rücken. Ich will nicht behaupten, dass ich all das verstehe, doch das ist auch nicht meine Aufgabe.«

Und ihm blieb keine Wahl mehr. Loki hatte sich von ihm abgewandt und was sie beide jemals verbunden hatte, war nun zerrissen.

Nur mehr wenige Augenblicke. Er musste jetzt handeln. So weit war er während seiner gesamten Existenz noch nie gegangen, und es erfüllte selbst ihn mit abgrundtiefem Entsetzen.

Aber er hatte die Macht, und er würde sie einsetzen.

Der Getreue packte den Saum seines Umhangs und hob die Arme. Als hätte er nun Flügel, erhob sich seine finstere Gestalt inmitten des flammenden Infernos, flatterte gegen den anbrandenden Feuerwind.

Dann sprach er das Wort.

Nicht mehr als ein Fetzen schwarzes Tuch blieb übrig. Unbemerkt von der Welt wurde es mit einem letzten Flammenstoß aus dem Berg getrieben, hoch oben durch einen schmalen Riss, vom Wind aufgenommen und davongeweht.

Elfenzeit 8: Lyonesse

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