Читать книгу Diebe in Nastätten - Ute Dombrowski - Страница 6
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ОглавлениеAm nächsten Morgen war Undine früh auf und fieberte dem Oktobermarkt entgegen. Reiner war gestern Abend heimgegangen, nachdem sie sich wegen der verschwundenen Schuhe gestritten hatten.
„Macht euch nicht lächerlich!“, hatte er gerufen, als Undine und Lene ihm von den anderen Betroffenen berichtet hatte.
Lene hatte Undines Gesicht gesehen und sich schnell verabschiedet, denn sie wusste, dass jetzt eine Diskussion beginnen würde. Und hierbei wollte sie nicht zwischen die Fronten geraten.
Das Ganze hatte mit Undines Satz geendet: „Du nimmst mich nie ernst!“
Reiner war wortlos vom Tisch vor der Remise aufgestanden und einfach gegangen. Undine wollte nicht nachgeben, also schmollte sie seitdem und konzentrierte sich auf ihren Marktstand. Sie nahm einen Lappen und einen Eimer, füllte Wasser in einen Kanister und machte sich auf den Weg zu ihrem Pavillon, um nochmal zu putzen.
Um sieben würde das große Feuerwerk zur Eröffnung sein und eigentlich hatte sie sich vorgestellt, Arm in Arm mit Reiner dem Lichtermeer zuzuschauen. Dazu müssten sie sich aber noch heute wieder vertragen. Doch wer sollte nachgeben? Undine schrubbte die Tischplatte und grübelte. Wenn sie einlenken würde, dann wäre es zwar taktisch gut, allerdings wären die Schuhe dann immer noch verschwunden und auch die der anderen Nastätter. Darum wäre es besser, Reiner gäbe nach und würde die Opfer befragen.
Als sie über die Stangen des Pavillons wischte, hörte sie ein Räuspern hinter sich. Dort stand tatsächlich Reiner mit einer Rose.
„Was willst du denn hier?“, knurrte Undine.
„Ich wollte dir nur sagen, dass ich es blöd finde, wenn wir uns wegen so einem unwichtigen Kram streiten.“
„Unwichtig?“
In diesem Moment wusste Reiner, dass er es falsch angefangen hatte.
„Ach Mensch, dir kann man aber auch gar nichts recht machen. Du willst dich also nicht vertragen?“
„Doch, ich will mich vertragen. Aber in erster Linie möchte ich, dass du mich ernstnimmst. Ich bin ja schließlich nicht die einzige Nastätter Bürgerin, die bestohlen wurde.“
„Ich weiß.“
„Du weißt?“
„Ja, gestern war jemand da und hat eine Anzeige gemacht.“
„Weil ihm jemand Schuhe gestohlen hat?“
„Ja.“
„Ach nein, und das sagst du so ganz nebenbei?“
„Es ist dienstlich. Ich darf dir das eigentlich nicht sagen.“
„Und warum tust du es dann? Mir glaubst du nicht, aber einem Fremden?“
„Können wir das Thema vielleicht auf nächste Woche vertagen? Ich gebe dir jetzt diese Rose, küsse dich und wir freuen uns auf den Oktobermarkt?“
„Unter einer Bedingung.“
„Welche?“, fragte Reiner und rollte mit den Augen.
„Du kümmerst dich um den Fall.“
„Es ist kein …“
„Reiner!“
„Ja, in Ordnung, ich kümmere mich.“
Zufrieden kam Undine hinter der Verkaufstheke hervor und nahm Reiner die Rose aus der Hand. Dann reckte sie sich und küsste ihn auf die Wange.
„Gehen wir dann um sieben zum Feuerwerk?“
„Gerne, ich fahre jetzt ins Büro und hole dich später ab.“
Er winkte und war fort, ehe Undine etwas erwidern konnte.
„Na also, geht doch.“
Sie zog die Wände des Pavillons zu und lief heim. Dort nahm sie ihre Liste mit den Exponaten, die sie am Nachmittag einräumen wollte und kontrollierte auch nochmal die Preisschilder, als Jasmin die Werkstatt betrat und fragte, ob sie etwas helfen konnte.
„Nein, ich bin soweit fertig. Vielleicht kannst du später beim Einladen helfen.“
„Mach das doch jetzt. Fahr das Auto her und wir packen.“
Das war eine gute Idee, denn wenn sie alles im Auto hatte, könnte sie nochmal zu Lene gehen und mit ihr besprechen, wie sie weiter ermitteln wollten. Reiner sollte davon nichts erfahren. Erst, wenn sie ein Motiv gefunden und den Täter überführt hatten, würde sie es ihm auf dem Silbertablett präsentieren. Sie ahnte, dass er den Fall einfach in eine Ecke schieben würde, denn wer interessierte sich schon für ein paar verschwundene alte Schuhe.
Gesagt, getan. Undine fuhr rückwärts in den Hof, damit sie und Jasmin Kiste für Kiste in den Kofferraum stellen konnten. Als sie fertig waren, machte sie Kaffee und lud ihre Mitbewohnerin dazu ein.
Zorro bellte und das Tor öffnete sich. Es war Herbert, der sich vorsichtig an Undines Hund vorbeidrückte. Er ließ sich auf die Bank fallen und seufzte. Undine und Jasmin sahen ihn neugierig an. Irgendetwas war geschehen, denn Herbert sah bedrückt aus.
„Kaffee?“
„Gerne.“
Als die Tasse vor ihm stand, richtete Herbert sich auf.
„Ihr werdet mir nicht glauben, was passiert ist!“
„Erzähl!“
„Ich wurde bestohlen!“
„Was du nicht sagst“, murmelte Jasmin, die eine böse Ahnung hatte.
„Ja, es ist furchtbar. Ihr könnt euch nicht vorstellen, worauf es die Diebe angesehen haben.“
„Deine Schuhe?“, fragte Undine und grinste.
„Woher weißt du das? Hat Reiner es dir etwa erzählt? Ist das nicht ein Dienstgeheimnis?“
„Herbert, beruhige dich, Reiner hat mir gar nichts gesagt. Mir wurden auch Schuhe gestohlen und vielen weiteren Bewohnern von Nastätten. Hast du gestern Reiner informiert?“
„Ich habe eine Anzeige gemacht. Es kann doch wohl nicht sein, dass einem die Schuhe gestohlen werden.“
Undine und Jasmin sahen sich an.
„Siehst du? Es werden immer mehr!“
Jasmin schnaufte. Vielleicht hatte Undine doch recht und die alten Werkstattschuhe waren wirklich gestohlen worden.
„Jaja, ich verstehe.“
„Reiner hat mir nicht geglaubt und wollte das als Witz zu den Akten legen, aber ich habe darauf bestanden, dass er eine Anzeige aufnimmt. Jennifer hat dann zu ihm gesagt, ich sei ein besorgter Bürger und diese Anzeige sei mein gutes Recht.“
„Richtig, gutes Mädchen, diese Jennifer. Vielleicht sollte ich auch eine offizielle Anzeige machen. Dann muss er mir glauben. Tja, Herbert, die Diebstähle gibt es seit ungefähr zwei Wochen und es sind wahllos Schuhe verschwunden, egal, ob alt oder neu.“
„Woher weißt du das?“
„Lene und ich ermitteln. Möchtest du uns nicht wieder einmal unterstützen?“
„Ähm … also …“, druckste der Feuerwehrmann herum, „ja also, wenn es nicht sein muss, dann lieber nicht. Ich will der Polizei nicht ins Handwerk pfuschen.“
„Wie du meinst, Lene und ich schaffen das schon. Wir brauchen nur noch ein Motiv. Kannst du deine Schuhe beschreiben? Wo standen die denn? Konnte der Dieb einfach an sie drankommen?“
„Ach, so viele Fragen.“
Herbert sagte genau dasselbe, was er schon bei Reiner angegeben hatte und Undine machte sich Notizen. Sie nickte verständnisvoll, als der arme Mann noch einmal nachdrücklich den Kopf schüttelte.
„Danke für die Informationen und kein Wort zu Reiner, klar?“
Herbert nickte und stand auf.
„Danke für den Kaffee, ich muss wieder los. Viel Glück.“
Undine räumte den Tisch ab und sah Jasmin vorwurfsvoll an.
„Ich wusste, dass es so weitergeht! Wir werden immer mehr Opfer finden. Und jetzt muss ich duschen und auf Reiner warten. Sag ihm ja nicht, dass Herbert hier war. Wir haben unseren Streit vertagt, weil wir den Oktobermarkt genießen wollen.“
Jasmin rollte mit den Augen und ging in ihre Wohnung. Sie wollte mit Undines Eigenmächtigkeiten nichts zu tun haben, denn am Ende gab es nur wieder Ärger.