Читать книгу Diebe in Nastätten - Ute Dombrowski - Страница 7
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ОглавлениеMenschenmassen hatten sich auf dem großen Parkplatz vor dem Supermarkt versammelt, um das Feuerwerk zu erleben, das wie jedes Jahr den Oktobermarkt von Nastätten eröffnete. Einige prosteten sich bereits zu, andere mussten ihre Kinder im Auge behalten, damit sie nicht in der Menge verschwanden.
Undine und Reiner waren mittendrin und nickten den Leuten freundlich zu.
„Na, Herr Kommissar, wie ist Ihre Stimmung?“, fragte die Kindergärtnerin Hanna Mückeltz, die zufällig mit ihrer Freundin neben ihm stand.
„Meine Stimmung ist super“, entgegnete Reiner, „die Verbrecher machen Pause und ich kann den Abend genießen.“
„Na dann drücke ich Ihnen mal die Daumen, dass Sie am Oktobermarkt keine Leiche finden. Ich kriege immer noch eine Gänsehaut, wenn ich an die arme kleine Französin denke.“
„Danke, ich habe auch keine Lust auf solch einen Vorfall. Undine hat ab morgen einen Stand hier und ich muss helfen.“
Undine lachte und Hanna winkte, als sie mit ihrer Freundin in der Menge verschwand. Vor dem Feuerwerk hatte wie immer der Fackelzug stattgefunden und nun war es nur noch ein kleiner Schritt zum offiziellen Start des Marktes. Heute wollte Undine die Zeit mit Reiner genießen, ab morgen würde sie ihre Keramik verkaufen und den ganzen Tag auf den Beinen sein.
„Sind Sie nicht der Kommissar?“, fragte eine Frau mit kurzen blonden Haaren.
Sie hatte Reiner mit spitzem Zeigefinger auf die Schulter getippt.
„Ja, aber nur von acht bis vier.“
„Nun seien Sie mal nicht so unhöflich. Ich muss etwas melden!“
„Dann kommen Sie Montag ins Präsidium.“
„Aber Sie wohnen doch in Nastätten? Und Sie stehen nun mal hier herum. Da kann ich …“
Undine, die ein paar Meter entfernt mit Anja Liefelt-Brünn, der Buchhändlerin, geredet hatte, sah jetzt, dass Reiner in der Klemme steckte, kam sie auf ihn zu.
„Hallo Alina! Schön dich zu sehen. Was willst du denn von meinem Reiner?“
Alina Barolsen war immer noch aufgeregt, aber nun wendete sie sich Undine zu. Sie arbeitete im Amt und kümmerte sich um den reibungslosen Ablauf der Nastätter Festivitäten.
„Ach Undine“, sagte sie nun etwas ruhiger, „ich kann dir sagen, hier ist was los! Ich habe so viel zu tun und dann werde ich auch noch bestohlen. Meine Schuhe sind weg.“
„Reiner, das ist Alina Barolsen, sie wohnt oben in der Nachbarschaft der Schule. Alina, das ist Reiner Nickich, mein Freund. Jetzt sag doch mal, was los ist! Wir wollen ja dann das Feuerwerk genießen.“
Alina zeigte Reiner die kalte Schulter.
„Ich kann das dieses Jahr gar nicht richtig genießen, wenn ich daran denke, dass niemand zuhause ist. Wer weiß, was noch alles wegkommt!“
Reiner rollte mit den Augen und schüttelte hinter Alinas Rücken den Kopf. Undine wusste, dass die Frau hartnäckig war und beachtete ihn nicht.
„Dein Freund interessiert sich nicht für meine Sorgen, dabei ist das doch ein Verbrechen. Ich habe gehört, er löst die schwersten Fälle, nur mich nimmt er nicht ernst!“
Reiner brummte kurz und gab Alina seine Visitenkarte. Die Menge rückte noch enger zusammen, denn nun begann das Feuerwerk. Das laute Knallen übertönte Alinas Worte. Er sah nur, wie sie die Karte einsteckte und mit Undine tuschelte. Die riss die Augen auf und nickte ernst. Dann legte Alina eine Hand auf Undines Arm, nickte und verschwand in der Menge.
Reiner zog Undine an sich, dann waren ihre Blicke nur noch in den Himmel gerichtet. Der unverkennbare Geruch des Feuerwerks breitete sich aus. Lichter schwebten in den Wolken, aus kleinen leuchtenden Kugeln fielen glitzernde Sterne und blühende Lichterblumen vom Himmel und ein Raunen ging durch die Menge. Irgendwo spielte Musik und die Stimmung der Menschen war positiv und freundlich. Er beugte sich hinüber und küsste Undine auf die Wange. Dann zog er sie hinter sich her durch die Römerstraße, kaufte sich und ihr eine Bratwurst und zuletzt gingen sie nochmal an Undines Stand vorbei, um nach dem Rechten zu sehen.
„Hat es dir gefallen?“
„Ja, meine Liebe, es war das erste Mal, dass ich bei sowas Spaß hatte. Lag wohl an der Gesellschaft.“
„Das will ich doch meinen. Lass uns nach Hause gehen, ich muss noch ein bisschen die Beine hochlegen. Die nächsten Tage werden anstrengend.“
Reiner grinste.
„Soll ich lieber zuhause Hause schlafen?“
„Nein, sollst du nicht. Ich möchte heute in deinen Armen einschlafen.“
Sie schlenderten über den Parkplatz der Bank und betraten den Hof durch den Garten. Draußen war es immer noch angenehm, also setzten sie sich eng umschlungen vor die Remise.
„Was machst du eigentlich, solange ich auf dem Markt arbeite?“
„Ich habe keinen Dienst, also werde ich ein bisschen aufräumen und dann auf die Abende mit dir warten. Vielleicht komme ich mal vorbei und schaue dir zu, wie du reich wirst.“
„Du kannst dich ja mal mit dem Fall beschäftigen.“
Reiner ließ Undine sofort los und sah sie streng an. Seine Augen blitzten böse.
„Mit welchem Fall?“
„Die Schuhe!“
„Ich habe keinen Dienst. Dieser Quatsch geht mir auf die Nerven!“
„Aber Alina wurde auch bestohlen. Fünf Paar Schuhe, zwei von ihr, zwei von ihrem Sohn und eines von ihrem Mann.“
„Na und? Es sind nur Schuhe.“
„Schuhe sind wichtig. Und nicht jeder kann sich dauernd neue kaufen.“
Reiner stand auf und lief hin und her.
„Das ist mir klar, aber ich suche doch nicht eure Schuhe! Erst deine, dann die von Herbert. Das sind keine Werte! Und ich denke nicht, dass ihr immer alle wisst, wo ihr die Dinger hingestellt habt. Ich habe genug von dem Kram. Wenn du weiter darauf herumreitest, gehe ich heim.“
„Es ist ja gut!“, lenkte Undine ein, als sie sah, wie wütend Reiner war, „Ich bin für heute still. Jetzt setz dich wieder hin. Komm her!“
Sie lächelte sanft und Reiner beruhigte sich. Sie lauschten dem fernen Treiben auf dem Oktobermarkt und sahen die Sterne an.
„Das Feuerwerk war dieses Jahr wirklich toll.“
„Hm.“
„So schön war es lange nicht mehr.“
„Ich weiß nicht. Solche Veranstaltungen sind halt nicht meins. Ich mag diese Menge an Menschen nicht.“
„Ich weiß, mein Lieber, aber ich freue mich, dass du dabei warst.“
„Wann willst du morgen aufstehen?“
„So, dass wir noch zusammen frühstücken können. Holst du Brötchen?“
„Gerne.“
„Bei den Krinkmanns sind auch Schuhe gestohlen worden.“
„Undine! Lass es!“
„Jaja, ich sage ja nichts.“
„Nächste Woche schaue ich mir das Elend mal an, einverstanden?“
Undine war versöhnt und küsste Reiner. Er war doch gar nicht so ein Muffel, wie er immer sein wollte. In seinem Inneren war er ein netter und hilfsbereiter Mensch. Eine halbe Stunde später gingen sie schlafen.