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Zwei Tage später fühlte sich Susanne schon viel besser. Robin war immer noch nett und seine Offenheit machte es ihr leicht, auf ihrer neuen Arbeitsstelle anzukommen. Der Krankenstand war hoch und so sprangen sie für ein paar Kollegen ein. Sie hatten zwei Einsätze gehabt, bei denen die Kommissarin sich im Hintergrund hielt. Robin schlichtete sachlich und souverän einen Streit unter Nachbarn, der eskaliert war, und beendete eine handgreifliche Auseinandersetzung am Rheinufer.

Heute früh waren sie gemeinsam zu einem Einbruch zu einer Tankstelle in einen Nachbarort aufgebrochen. Susanne wollte eigentlich nur zusehen, aber dann überließ ihr Robin die Befragung des Geschädigten.

„Können Sie uns die Aufnahmen der Kamera zeigen?“

Der behäbige Mann schlurfte in das Hinterzimmer und Susanne folgte ihm. In der stickigen Kammer wurde ihr übel, aber sie hielt die Luft an und öffnete eigenständig das Fenster. Dann setzte sie sich an den Computer und sah sich die Überwachungsaufnahmen an. Zwei maskierte Menschen, allem Anschein nach Männer, hatten auf der Rückseite ein Fenster ein­geschlagen und bedienten sich an den Regalen, als wäre Schlussverkauf.

„Es ist Samstag, war gestern Abend nicht eigentlich viel los? Und haben Sie nicht rund um die Uhr geöffnet?“

„Wo kommen Sie denn her? Hier ist die Tanke nicht der Mittelpunkt des Lebens, ich schließe um zwanzig Uhr. Darum habe ich erst heute früh gesehen, was los ist.“

„Ich komme aus einer Gegend, da ging es in den Tankstellen immer hoch her, besonders an einem Freitagabend. Es sollte auch kein Vorwurf sein“, entschuldigte sich Susanne, um nicht gleich bei der ersten Befragung unangenehm aufzufallen.

„Haben Sie etwas gehört heute Nacht? Sie wohnen doch nebenan“, ertönte Robins Stimme hinter ihr.

„Ich schlafe wie ein Stein, da höre ich gar nichts.“

Robin sah sich auch nochmal die Aufnahmen der Kamera an, aber es war wenig aufschlussreich, denn die Qualität der Bilder war schlecht.

„Zwei Männer, eher jung, denn sie bewegen sich zügig.“

„Ja, das denke ich auch. Und sie haben die Kameras gesehen.“

Robin sah Susanne an. Er nickte, die Frau wusste, was sie tat. Nun, er hatte es ja auch nicht mit einer Anfängerin zu tun, sondern mit einer gestandenen Polizistin. Anscheinend hatte sie etwas Schlimmes angestellt, sonst hätte man sie nicht versetzt, aber vielleicht würde sie ihm eines Tages davon erzählen. Er fühlte einen Draht zu ihr und wenn es weiter so gut lief, könnten sie gute Partner und Freunde werden.

„Du hast recht, die Gesichter sind nicht zu erkennen und auch sonst nichts, was uns einen Hinweis auf die Täter gibt.“

Er sah den Tankstellenbetreiber an.

„Es tut mir leid, aber das wird dauern.“

„Den Kram, den die mitgenommen haben, kann ich eh abschreiben. Was für eine Scheiße so kurz vor Weihnachten. Aber ja, die werden sowieso nicht gefasst. Die Polizei ist bei solchen Fällen total unfähig.“

„Ähm …“, sagte Susanne mit grollendem Unterton, aber Robin schüttelte den Kopf.

„Wir tun, was wir können. Wenn ich etwas weiß, melde ich mich. Kommst du, Kollegin?“

Sie verließen die Tankstelle und machten sich auf den Weg in die Altstadt, um eine Kleinigkeit zu essen.

Beim Kaffee fragte Robin: „Sag mal, du hast ihn angesehen, als würdest du ihm eine reinhauen wollen.“

„Nein, das wollte ich nicht.“

Robin grinste.

„Vielleicht ein bisschen“, gab Susanne vor. „Aber sieh es doch mal so: Die Einbrecher sind dreist und trotzdem meckert der Typ zuerst über die Polizei. Ich habe das manchmal so satt. Ich weiß, dass ich immer höflich und sachlich sein muss, aber ich bin nun mal kein nettes Mädchen. Trotzdem danke.“

„Wofür?“

„Dass du mich zurückgehalten hast.“

„Hätte er seine Tankstelle besser gesichert, wäre es nicht passiert, aber er weiß auch, dass wir die Täter nicht kriegen und bekommt den Kram zum Teil von der Versicherung ersetzt. Der Fall kommt zu den Akten und gut ist es. Viele Leute schimpfen über die Polizei, das darf man nicht so an sich heranlassen. Sie schimpfen auch über Lehrer, Politiker, Ärzte. Wenn die sich alle rechtfertigen müssten …“

„Dann wären vielleicht nicht so viele Blindgänger dabei. Okay, es wird immer Leute geben, die Fehler machen … eine sitzt vor dir. Aber dieses generelle Abstrafen finde ich ungerecht.“

„Das sag nicht unserem Staatsanwalt. Der ist einer von den ganz Harten, seit Bianca nicht mehr da ist, kennt der kein Grau mehr, nur noch Schwarz und Weiß.“

Susanne hätte gern gefragt, wie alles geschehen war, aber sie wollte Robin nicht zu nahe treten. Sie dachte: Ich muss ihn erst ein bisschen besser kennenlernen und dann frage ich ihn einfach.

Als sie am Abend nach Hause kam, traf sie auf Karin, die in der Küche rumorte.

„Nanu? Wolltest du nicht mit Lia ausgehen?“

„Ja, eigentlich schon, doch es geht Lia nicht so gut heute. Sie schläft lieber.“

Susanne setzte sich an den Küchentisch, nachdem sie sich einen Becher Joghurt aus dem Kühlschrank genommen hatte.

„Was ist mit ihr? Ist sie erkältet oder ist ihr etwas auf den Magen geschlagen?“

Karin drehte sich zu ihr um und sah sorgenvoll aus. Sie hatten bei ihrem letzten Treffen nicht über die Krankheit geredet, denn Lia wollte Susanne nicht direkt am ersten Abend erschrecken.

„Lia ist sehr krank. Sie hatte einen Hirntumor, der herausoperiert wurde, aber ein kleiner Rest ist geblieben und macht immer mal wieder Schwierigkeiten. So leidet sie an epileptischen Anfällen und heute ist schon wieder solch ein Tag. Und das, obwohl sie Medikamente bekommt, die die Anfälle verhindern sollen.“

Es war aus Karin herausgesprudelt wie Sommerregen, denn nachdem sich Lia heute erneut wegen eines Anfalles ins Bett legen musste, kam ihr die Therapie immer mysteriöser vor. Lia hatte versprochen, mit dem Arzt über die Medikation zu reden. Karin hatte gedroht mitzukommen und dem „Quacksalber“ mal die Meinung zu geigen. Das wollte Lia auf keinen Fall, denn sie hielt ihren Arzt ja für ausgezeichnet.

„Vielleicht hat es mit dem Wetter zu tun, dass ich im Moment mehr reagiere“, hatte sie gesagt.

Karin machte sich ernsthaft Sorgen, dass die Freundin nicht in so guten Händen war wie angenommen. Sollte sie Susanne davon erzählen?

„Oh, das wusste ich nicht“, hörte sie jetzt die Stimme der Kommissarin. „Wenn sie doch ein Mittel gegen das Auftreten von Anfällen nimmt, sollte es auch wirken, oder?“

Karin legte das Handtuch weg und setzte sich zu Susanne.

„Weißt du, Lia ist seit einer Ewigkeit bei diesem Arzt, sie ist dort schon zur Nachsorge nach der Operation gewesen. Aber die Tablettendosen haben keinen Aufkleber und der Arzt besorgt ihr das Mittel direkt in der Praxis. Ich finde das merkwürdig. Zumal es für das Zeug gerade einen Lieferengpass gibt. Es ist das Einzige, was Lia ohne Nebenwirkungen verträgt.“

„Wenn es nicht hilft, sollte Lia ein anderes Medikament bekommen. So sehe ich das, aber ich kenne mich nicht damit aus. Vielleicht gibt es wirklich Faktoren, die die Wirkung beeinträchtigen.“

„Lia denkt, es liegt am Wetter. Ich erinnere mich, dass sie schon öfter Phasen hatte, in denen sie mehr Anfälle bekam, aber weißt du, es ist so traurig: Sie wollte über Weihnachten und den Jahreswechsel nach Italien fahren und ihre Schwester besuchen. Nun wird das wohl nichts.“

„Dann kannst du doch mit ihr feiern!“

„Wir drei können das machen. Oder willst du zu deinen Eltern fahren?“

„Nein. Was ist mit deiner Familie?“

„Ich bin hier allein. Also ist das jetzt ein Plan? Wir drei schönen Frauen unter dem Weihnachtsbaum?“

„Du besorgst den Baum, ich das Essen!“

Die beiden lächelten sich an und waren sich einig. Das würde ein schönes Fest werden. Susanne ging ins Bett und freute sich: neue Freunde, neues Leben, kein Stress, also nur entspannte Weihnachtstage. Zufrieden schlief sie ein.

Neues Vertrauen

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