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Auf ihrem Platz im Büro stand ein Blumenstrauß. Susanne war früh gekommen, um allein zu sein und sich auf den ersten Arbeitstag einzustellen. Sie war sowieso ein Morgenmensch, konnte bei Bedarf aber auch mal eine Nacht durchmachen.

Der gestrige Abend hatte mit fröhlichem Gelächter geendet. Sie hatte mit ihrer neuen Vermieterin und deren Freundin Lia zusammengesessen und den Einzug geplant. Für die erste Zeit reichten die Möbel, die vorhanden waren, später konnte Susanne immer noch neue kaufen. Viel wichtiger war die Tatsache, dass sich die Kommissarin wohl fühlte in der Gesellschaft der beiden herzensguten Frauen. Sie hatten gemeinsam gekocht und gegessen. Lia war groß, wunderschön, und sie war unvoreingenommen auf sie zu gekommen. Nach dem netten Abend hatte sie sehr gut geschlafen, auch wenn sie noch in die Ferienwohnung zurückgekehrt war.

„Morgen Abend komme ich mit meinem Zeug und dann bleibe ich. Danke, Karin, danke, dass du dieses Haus hast, dass du mir begegnet bist, dass ich hier wohnen darf. Es fühlt sich gleich nicht mehr so fremd und einsam an.“

Nach dem Aufstehen und einer Dusche war sie losgefahren, um die Einarbeitungszeit anzugehen. Sie freute sich, aber die Angst und der Respekt vor der toten Kommissarin saßen ihr lauernd im Genick. War Robin nur nett gewesen, weil er den ersten guten Eindruck nicht zerstören wollte? Nein, dachte sie, so eine Menschenkenntnis habe ich schon, ihm zu vertrauen, dass er es ehrlich meinte. Waren die Blumen von ihm?

Sie fuhr den Computer hoch und nahm den Briefumschlag, den sie auf ihrem Platz gefunden hatte. Er enthielt ihre Schlüssel, ihren Dienstausweis und das Passwort für den Computer. Sie gab die Kombination ein und zuckte zusammen, als eine Frau und ein Mann sie fröhlich anstrahlten. Hinter ihnen war der Rhein zu sehen und im Moment, in dem das Foto aufgenommen wurde, fuhr ein riesiges Schiff flussabwärts hinter den beiden vorbei.

Susanne war blass geworden. Das musste sie sein: Bianca. Der Mann an ihrer Seite war sicher Eric, ihr Freund und der schöne Staatsanwalt, den sie noch nicht persönlich getroffen hatte. Er sah ein wenig arrogant aus, aber Bianca strahlte etwas aus, das sofort ihr Herz erwärmte. Susanne wusste, dass die Frau im Dienst erschossen wurde, aber Genaueres hatte man ihr nicht gesagt. Susanne fuhr mit dem Zeigefinger über das schöne Gesicht.

„Jemanden wie dich kann man nicht ersetzen.“

„Nein, das kann man wirklich nicht.“

Erschrocken drehte sich die Kommissarin um. Sie hatte Robin nicht gehört, doch jetzt stand er hinter ihr und legte ihr kurz eine Hand auf die Schulter. Su­sanne biss sich auf die Unterlippe.

„Entschuldige, ich wollte nicht …“

Robin setzte sich ihr gegenüber hin und nickte freundlich.

„Ich weiß, sorry, dass ich nicht daran gedacht habe, den Hintergrund zu ändern. Irgendwie konnte ich den Computer nicht einschalten.“

„Sie war eine von den Guten, das spürt man immer noch. Es tut mir leid, dass sie tot ist. Und es tut mir leid, dass ich mich so albern benehme. Es ist, als wäre sie hier und würde von mir verlangen, dass ich in ihre Fußstapfen trete. Aber das kann ich nicht.“

„Nein, nein, das sollst du auch nicht. Aber du hast recht: Niemand kann sie ersetzen. Miss dich nicht an ihr, sei einfach du selbst. Du wirst sicher nichts falsch machen.“

Susanne lachte verbittert.

„Ich habe schon so viel falsch gemacht, dass es für zwei Leben reicht. Also habe ich die Hoffnung, dass es hier besser läuft.“

„Du wurdest strafversetzt. Mehr weiß ich nicht, aber es ist auch nicht wichtig. Wir sind jetzt Partner und werden uns kennenlernen. Ich zeige dir jeden Tag meine zauberhafte Seite und du mir deine.“

Das Lachen, das über seine sanften Lippen kam und in den blauen Augen blitzte, war ehrlich und offen und so langsam fiel die Angst von Susanne ab.

„Und wenn du irgendwann mal erzählen möchtest, was passiert ist, dann reden wir. Aber du musst nicht, okay?“

„Einverstanden, danke. Du scheinst ganz nett zu sein.“

„Uh, nett. Das lassen wir mal so stehen. Komm, ich zeige dir alles.“

Sie liefen durch das Haus, rauf und runter, von links nach rechts und als Susanne im Keller auf eine Tür zuging, wurde Robin still und zögerte.

„Das ist nur … das ist der Raum der Computer-Leute. Dort hat …“

Susanne sah, dass Robin um Fassung rang und wollte ihn nicht in Verlegenheit bringen, darum winkte sie ab.

„Ich weiß, wie Computer aussehen. Keller mag ich nicht, lass uns wieder nach oben gehen. Was liegt denn heute an?“

Robin war erleichtert, dass er Simons altes Büro nicht betreten musste. Er war immer mal wieder hier unten gewesen, aber hineingehen konnte er nicht. Der neue Kollege war jung, dünn, glatzköpfig und blass, eben ein echter Nerd, der aber gerne nach oben zu den anderen kam und seine Arbeit ruhig und bescheiden erledigte.

Wieder im Büro erklärte Robin die Arbeitsabläufe, die sich nicht sehr von denen in Potsdam unterschieden. Dann klopfte es und Ferdinand kam, um sie nun offiziell zu begrüßen. Hinter ihm betrat ein gutaussehender blonder Mann im Anzug den Raum und sah sie düster an. Als sein Blick auf den Bildschirm des Computers fiel, zuckte er unmerklich zusammen, ging aber auf Susanne zu und gab ihr die Hand.

„Willkommen in Eltville. Ich bin Eric Ströckwitz, der Staatsanwalt. Ich hoffe, Sie haben einen guten Start im schönen Rheingau.“

Er lächelte, aber seine blauen Augen blieben voller Trauer. So, wie er direkt vor ihr stand, schien Eric nicht mehr arrogant zu sein, nein, er schien nur ernst und verschlossen. Sicher hatte der Tod seiner Freundin sein Herz versteinert. Susanne konnte es verstehen, aber sie ahnte auch, dass sie die Mauer, die fast sichtbar war, nicht durchbrechen würde. Nicht jetzt und auch später nicht. Sie fühlte die Distanz und war froh, als der Mann den Raum wieder verließ.

„Was habt ihr geplant?“, fragte Ferdinand.

„Ich denke, wir fahren mal ein bisschen herum und ich zeige der Kollegin die Stadt. Ist ja nicht viel los heute.“

„Gut, meldet euch, wenn ihr wieder zurück seid. Und Ihnen einen guten Start.“

Susanne nickte und folgte Robin fünf Minuten später zum Auto. Sie stiegen ein und eroberten Eltville auf vier Rädern. Ab und zu hielten sie an und Robin erklärte. Drei Stunden später machten sie Pause.

„Es ist wirklich schön hier“, sagte Susanne, nachdem sie sich in einem Café eine heiße Schokolade bestellt hatte. „Ich hatte Bilder im Kopf von alten Leuten, Spießerleben und so. Aber nachdem ich Karin und Lia getroffen hatte, musste ich mein Bild von Eltville schon mal revidieren. Wo wohnst du? Auch hier?“

„Ja, Eric und ich wohnen im selben Haus. Früher haben wir viel zusammen unternommen, aber jetzt hockt er ewig im Büro und zuhause schläft er nur. Die Geselligkeit fehlt mir.“

„Als ich gestern mit meiner Vermieterin und ihrer Freundin zusammensaß, habe ich gespürt, wie wichtig es ist, jemanden zu haben. Und wenn es nur zum Reden ist. Ich weiß nicht, ob ihr mich in eurem Kreis haben wollt.“

„Schauen wir mal, ich freue mich, dass du nicht allein herumhockst. Wir werden sehen, wie sich alles entwickelt. Mach dich nicht verrückt wegen Eric, er wird zwar nie wieder so sein wie früher, aber irgendwann taut er auf.“

„Danke für deine offene Aufnahme, jetzt geht es mir schon viel besser. Nachher im Büro möchte ich das Hintergrundbild ändern, wenn ich darf.“

Robin nickte. Es war soweit: Eine Neue nahm Biancas Platz ein.

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