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Giannas Mutter war Modell und sah wunderhübsch aus. Die beiden Mädchen waren nach der Schule zu Gianna gegangen, um vor der Shoppingtour noch etwas zu essen. Johanna Krömmeck war dünn und wirkte eher wie Giannas große Schwester als wie ihre dreiunddreißigjährige Mutter. Giannas Vater Ron, der als Immobilienmakler arbeitete, hatte sich hinter seiner Zeitung verschanzt. Er kam immer zum Mittagessen heim, denn das war die einzige Chance auf ein warmes Essen.

„Was gibt es denn heute?“, fragte er, während die Frauen den Tisch deckten.

Luna fühlte sich hier wie zuhause, denn Gianna und sie waren schon ewig Freundinnen. Johanna und Ron behandelten viele Menschen von oben herab, weil sie erfolgreich waren und in Geld schwammen, aber sie liebten Luna und ihre natürliche Fröhlichkeit.

Johanna zählte auf: „Erstmal gibt es eine zarte Kartoffelsuppe, danach ein Hähnchenschnitzel mit Reis und Gemüse, als Nachtisch eine Kugel Vanilleeis mit Brombeeren. Zufrieden?“

Ron legte seine Zeitung weg und strahlte seine wunderschöne junge Frau an.

„Mehr als zufrieden, meine Schöne. Dann mal her mit dem Essen, ich muss gleich wieder los. Kind, brauchst du Geld?“

„Papa, was für eine Frage. Luna und ich gehen shoppen, weil sie für morgen Abend nichts zum Anziehen hat. Und ich kann doch nicht mitgehen und kein Geld ausgeben.“

„Aber Luna, ich kann dir auch etwas zum Anziehen geben“, schlug Johanna vor. „Wir haben beim letzten Shooting wieder ein paar Sachen mitnehmen können und ich hatte extra etwas für Gianna rausgesucht. Leider ist sie zu dürr und die Klamotten hängen an ihr wie ein Sack. Für die Outfits braucht man Busen und eine Hüfte. Du kannst gerne etwas probieren.“

Luna schluckte, als sie hörte, dass die Sachen der perfekten Gianna zu groß waren, aber aus dem Mund von Johanna klang es, als wäre sie, Luna, die richtige Frau, die diese Sachen tragen konnte.

„Hm“, sagte sie zögernd, „ich weiß nicht, bin ich nicht zu dick für solche Designerklamotten?“

„Wo bist du denn dick, Mädchen?“, fiel ihr Ron ins Wort. „Wer sowas behauptet, ist ein Idiot. Probiere alles an! Du wirst bezaubernd aussehen. Wenn meine beiden Frauen auch Schönheiten sind, Busen und Hüfte haben sie nicht.“

Er nickte freundlich und Luna entspannte sich sichtbar. Hungrig löffelte sie die Suppe, aß ein Stück Hähnchen und gönnte sich sogar den Nachtisch. Das, was Ron gesagt hatte, klang wirklich logisch und sie zog nicht einmal den Bauch ein, als sie nach dem Essen Johanna und Gianna ins Ankleidezimmer folgte.

Nach einigem Hin und Her fand sich Luna in einer schwarzen engen Hose wieder, dazu hatte sie eine lange meerblaue Tunika an, die die Farbe ihrer Augen noch hervorhob und zum Abschluss reichte ihr Johanna jetzt halbhohe schwarze Pumps, die Lunas Beine länger erscheinen ließen.

Luna drehte sich fasziniert vor dem Spiegel und fand sich in diesem Moment schön und begehrenswert. Dann fiel ihr André ein und sie sackte in sich zusammen.

Gianna sah es und rief: „Nein, Luna, hör sofort auf, an André zu denken. Er hat es nicht verdient, dich so zu sehen, wenn er lieber mit Lia ins Kino geht statt mit uns auf die Party.“

Johanna fragte, wer André war und Luna erklärte es ihr.

„Der Kerl hat dich wirklich nicht verdient. Er kann froh sein, dass er mit dir Französisch lernen darf.“

„Ach du Scheiße. Französisch, das hatte ich ja vollkommen vergessen. Wie spät ist es?“

„Kurz nach drei. Wann seid ihr denn verabredet?“

„Um vier bei ihm. Das schaffe ich noch.“

„Aber“, begann nun Gianna vorsichtig, „warum gehst du denn überhaupt noch hin? Soll er doch alleine verschimmeln.“

„Nein, ich halte mein Wort. Und ich werde ihm doch nicht zeigen, wie sehr mich sein Verhalten verletzt. Ich habe auch meinen Stolz.“

Nun lachten die drei und Luna zog die Sachen wieder aus, um sie hier für morgen bereitzulegen. Sie gingen zurück ins Wohnzimmer. Ron war schon weg. Luna bedankte sich und machte sich auf den Heimweg.

Bei der Familie Bergis war niemand zuhause. Auf dem Küchentisch lag ein Zettel: „Joago, geh noch dreimal Milch kaufen.“

Der Bruder hatte seinen Namen durchgestrichen und einfach Luna drübergeschrieben. Die war wütend und ließ den Zettel verschwinden. Er würde heute Abend Ärger bekommen, weil er die Milch vergessen hatte. Luna dachte: Das hat er verdient, Rache ist süß.

Sie trug die Tasche in ihr Zimmer, suchte ihr Französischbuch und machte sich genau drei Minuten vor vier Uhr auf den Weg nach nebenan. Sie klingelte und Andrés Mutter, die als Krankenschwester heute Nachtschicht hatte, öffnete die Tür.

„Ich wollte mit André lernen. Ist er da?“

„Ja, geh hoch“, sagte die Frau, der André sehr ähnlich sah.

Luna eilte leichtfüßig die Treppe hinauf und klopfte an die Tür, hinter der sie laute Musik hörte. Außen war ein Poster mit einer Faust und der Aufschrift „Raus!!!“ angebracht. Sie trat ein, nachdem sie sein leises Ja gehört hatte.

„Ach du bist es“, sagte er und stellte die Musik mit der Fernbedienung leiser. „Ich dachte, du bist sauer und kommst nicht.“

„Warum sollte ich denn sauer sein?“, fragte Luna und wäre am liebsten unsichtbar geworden.

„Weil ich mit Lia ins Kino gehe.“

Luna wand sich wie ein Aal.

„Sauer? Wieso das denn? Du kannst doch ins Kino gehen, mit wem du willst.“

„Okay, ich hatte heute früh das Gefühl, dass du nicht so begeistert warst.“

„Nein, ganz und gar nicht“, log Luna tapfer weiter. „Du und ich sind doch nur Kumpel, oder hast du dir etwas anderes ausgerechnet?“

Jetzt sah André aus, als wolle er im Boden versinken. Er stotterte ein bisschen, stand dann auf und holte sein Französischbuch aus dem Regal.

„Gut, Kumpel Luna, lernen wir. Vocabulaire s’il vous plaît.“

André setzte sich auf den Boden, Luna nahm auf dem Bett Platz und sie begannen sich gegenseitig abzufragen. Nach einer Stunde warf er das Buch gegen den Schrank und streckte sich. Dabei sah er Luna mit seinen unglaublich grünen Augen an. Es klopfte leise.

„Schatz, ich lege mich noch ein bisschen hin, lass die Musik bitte aus.“

„Ja, Mama.“

Die Tür schloss sich wieder. Luna stand auf und wollte gehen.

„Warte, ich komme mit und lade dich auf ein Eis ein. Für deine Geduld.“

Luna fühlte sich wie im siebten Himmel, lief strahlend neben ihrem Traummann zum Eisladen um die Ecke und ließ sich zu einer Kugel Erdbeereis einladen. André gönnte sich acht Kugeln und erklärte, dass es gleich sein Abendessen war. Sie setzten sich auf die Schaukel des benachbarten Spielplatzes und sprachen über die Lehrer und ihre Macken.

Irgendwie machte es Luna in diesem Augenblick gar nichts mehr aus, dass sie und André nur Freunde waren.

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