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Die Party fand bei Marvins Eltern im Kellergeschoss statt. Christin und Cornelius, der ein fast berühmter Maler war, wie Gianna immer sagte, waren nach Berlin gefahren, um das Wochenende dort zu verbringen. Sie wollten essen gehen, in einem schicken Hotel wohnen, eine neue Ausstellung besuchen und in die Oper gehen. Darum hatte Marvin die Gunst der Stunde genutzt und zu einer Party geladen.

Nachdem Luna bei Gianna angekommen war, hatten sich die Mädchen kichernd im Bad breitgemacht und sich geschminkt. Passend zum Outfit malte Gianna gerade die Augenlider ihrer Freundin an und zählte auf, wer alles da sein würde.

„Die kenne ich alle gar nicht so richtig“, sagte Luna entsetzt. „Mit wem soll ich denn reden, wenn du mit Marv rumhängst? Oh Mann, ich sollte lieber nach Hause gehen und fernsehen.“

„Du spinnst wohl. Gehen wir die Jungs nochmal durch. Also da ist Gereon … nein, der ist ja jetzt mit Sharon zusammen. Lukas? Der ist doch nett.“

„Ja, nett vielleicht, aber der soll die Mädchen immer antatschen. Das kommt nicht infrage!“

„Du hast recht. Dann vielleicht Marco? Sehr hübsch, oder?“

„Hübsch und doof. Nicht mein Niveau.“

„Stimmt auch wieder. Samuel?“

„Der ist mir irgendwie unheimlich. Starrt die Leute an und schweigt, dann kann ich mich auch mit meinen Salzstangen unterhalten. Wenn André da …“

„Ist er aber nicht. Weißt du, wenn du gar keinen findest, dann bleibe ich eben bei dir. Marv wird das schon verschmerzen, mal einen Abend ohne mich zu sein.“

Luna sah Gianna glücklich an. Da war sie, die beste Freundin, die man sich nur wünschen kann. Eine winzige Träne stand in ihrem Augenwinkel und diese ließ Gianna schimpfen.

„Nun heule mal nicht, das verschmiert dein Make up! Du weißt doch, meine beste Freundin lasse ich nicht im Stich. Ein paar nette Mädels sind aber auch dort. Jetzt dreh dich nochmal!“

Luna gehorchte und fand sich in diesem Moment wunderschön. Wenn sie nicht an Joago, seine Beleidigungen und auch nicht an André und Lia dachte, würde es ein schöner Abend werden. Sie warf die blonden Locken nach hinten und streckte sich.

„Sehr gut, danke für alles, Gianna. Du bist super hübsch, aber das bist du ja immer. Alle Jungs würden sich nach dir verzehren, wenn du nicht Marv hättest.“

„Ich weiß“, seufzte die Freundin theatralisch und zog noch einmal die Lippen nach, „aber Marv ist der größte Schatz. Eines Tages hast du auch einen Freund und dann wirst du sehen, wie toll das ist.“

Zack, da war sie wieder, die Tatsache, und traf Luna mitten ins Herz: Der Junge, den sie liebte und gerne als Freund hätte, ging heute mit ihrer Freundin Lia ins Kino. Sie schüttelte sich und wollte sich nicht den Abend verderben lassen. Also erhob sie stolz den Kopf und folgte Gianna nach draußen, wo ein Taxi sie bereits erwartete.

„Na, Mädels, wo soll es denn hingehen?“, fragte der Taxifahrer, der an der Beifahrertür lehnte.

„In die Gartenstraße eins und das schnell bitte“, erklärte Gianna hochnäsig und Luna lachte.

Ganz Dame ließ Gianna sich die Tür öffnen und rutschte auf die Sitzbank. Luna bedankte sich und setzte sich neben ihre Freundin. Als sie ausstiegen, bezahlte Gianna.

Jetzt standen sie vor der Tür und atmeten noch einmal durch. Luna war es ein bisschen flau im Magen. Auf einer Party der Großen war sie noch nie und eigentlich dachten ihre Eltern, dass sie brav mit Gianna DVD schaute und die Nacht durchschnatterte. Sie klingelten und ein hübsches Mädchen öffnete.

„Kommt rein, die sind unten.“

„Ich weiß, ich bin Gianna, Marvs Freundin.“

Sie hatte das Mädchen noch niemals vorher gesehen und musterte es nachdenklich.

„Ach, wie nett. Ich bin Sonia, die Cousine. Wie alt bist du denn?“

„Ich bin fast sechzehn. Das ist meine beste Freundin Luna.“

Das Mädchen verschwand und die Freundinnen gingen die Treppe hinunter in den Keller, wo dumpfe Bässe zu hören waren und den Boden zum Beben brachten. Luna musste dabei an Lias Vater denken.

Im Partykeller saßen etwa zehn Personen. Die bunten Lichter der Discokugel tauchten den Raum in gespenstische Farben. Luna versuchte zu erkennen, wen sie kannte, aber das war schwierig. Plötzlich stand sie allein mitten im Raum, weil Marvin Gianna mit sich hinter die Bar gezogen hatte, um wild mit ihr zu knutschen. Luna setzte sich an den langen Tresen und griff nach einer Salzstange. Lustlos knabberte sie daran herum.

„Schöne Frau, wer bist du denn?“, hörte sie eine Stimme und fühlte eine Hand auf ihrem Rücken.

Ruckartig setzte sie sich gerade hin und wollte die Hand abschütteln, da legte sich ein Arm um ihre Taille. Es war Lukas, einer der besten Freunde von Marvin.

„Lass mich los!“, fauchte sie ihn an.

„Nun hab dich nicht so, Süße. Du bist aus der Neunten, oder?“

„Wenn du sie nicht sofort loslässt, knallt es“, sagte eine dunkle Stimme an Lunas anderer Seite.

Sie drehte sich um und entdeckte Samuel, der in Angriffsstellung vor Lukas stand. Sofort ließ dieser los und ging weiter zum nächsten Mädchen.

„Tut mir leid, dass er dich angefasst hat.“

„Danke“, sagte Luna leise und senkte den Blick, denn als sie Samuel angeschaut hatte, war eine Gänsehaut über ihren Rücken gelaufen.

Ehe sie weiterreden konnte, war er auch schon wieder verschwunden. Was war das gewesen? Ein Held? Ihr Ritter? Aber er hatte sie stehenlassen. Luna seufzte und endlich gesellte sich Gianna mit zwei großen Gläsern Cola zu ihr.

„Was wollte der von dir?“

„Nichts“, antwortete Luna, „er hat nur Lukas verjagt.“

„Super! Dann komm tanzen!“

Gianna zog Luna mit sich auf die freie Fläche in der Mitte und sie tanzten lange. Nach drei Gläsern Cola, die sie schnell ausgetrunken hatte, fühlte sich Luna leicht und beschwingt. Der Raum drehte sich, die Lichter erschienen greller. Plötzlich kam ihr in den Sinn, dass es nicht nur Cola sein konnte.

„Was hast du in die Gläser gemacht?“

„Nichts weiter, bloß Wodka.“

„Aha“, sagte Luna nur.

Sie konnte sich bildhaft vorstellen, was ihre Eltern sagen würden, wenn sie wüssten, dass ihre Tochter heimlich auf einer Party mit älteren Jungs Cola-Wodka trank. Bei der Vorstellung musste sie grinsen. Nach dem vierten Glas war sie unendlich locker und lachte sogar, als ihr Bruder Joago plötzlich vor ihr stand.

„Alter, bist du etwa besoffen?“

„Was machst du denn hier?“, fragte Luna lachend.

„Was zum Teufel machst DU hier? Wissen die Eltern das?“

„Nein“, lachte Luna weiter.

„Dann sei mal in der nächsten Zeit hübsch nett zu mir, sonst erfahren sie, was du an den Wochenenden treibst.“

Luna sah ihren Bruder verstört an, aber es kam ihr gar nicht so schlimm vor, was er da sagte. Gianna war ebenfalls schon sehr munter. Sie fiel Joago um den Hals und begrüßte ihn, als wäre er ein guter Freund.

„He, Süßer, wo ist deine Freundin?“

An seinem Gesicht sah sie, dass es genau die falsche Frage gewesen war. Mit bösem Blick wendete er sich ab und ging zu den Jungs in die andere Ecke des Raumes.

„Mir ist schlecht“, sagte Luna jetzt und eilte hinaus.

Im Garten war es nicht besser. Alles drehte sich um sie herum und sie hatte Angst, dass sie hinfallen würde. Gerade, als sie dachte, sich übergeben zu müssen, legten sich ein starker Arm um ihre Schulter und geleitete sie zu einer kleinen Mauer. Dort setzte sie sich und lehnte sich mit geschlossenen Augen an den warmen Körper.

Als sich der Garten nicht mehr drehte, schaute sie auf und sah in die blauen Augen von Samuel.

„Du … Retter. Schon wieder …“, stammelte sie und schämte sich.

„Wenn ich das gewusst hätte“, erwiderte der Junge und strich sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht.

„Wenn du was gewusst hättest?“

„Dass man dich nicht alleine lassen kann.“

„Kann man doch. Ich bin schon groß und ich liebe André, aber der ist mit Lia im Kino“, platze es aus Luna heraus und sie sah, wie geknickt Samuel nun den Blick abwendete. „So ein Miststück. Weißt du, ich dachte, er kann mein Freund sein, aber jetzt ist er mit Lia …“

Urplötzlich schossen die Tränen aus Lunas Augen und sie ließ sich umarmen. Samuel gab ihr ein Papiertaschentuch. Luna schnäuzte sich lautstark und dann saßen sie schweigend auf der Mauer. Jetzt kam auch noch Joago an und baute sich vor seiner kleinen Schwester und Samuel auf.

„Lass die Pfoten von meiner Schwester!“, befahl er.

„Dann kümmere du dich doch um sie! Bring sie heim oder zu Gianna. Sie ist, glaube ich, betrunken.“

„Los, hol Gianna!“, fuhr Joago ihn an.

Samuel verschwand und kam nach fünf Minuten mit Gianna zurück. Die packte ihre Freundin und zog sie hoch. Die beiden Mädchen stiegen ins herbeigerufene Taxi, wo Luna sofort einschlief. Wie sie zu Gianna und ins Bett gekommen war, wusste sie nicht mehr, als sie am kommenden Mittag mit Kopfschmerzen aufwachte, die drohten, ihren Schädel zu sprengen.

Gianna schlief noch. Luna sah zur Decke und überlegte, was auf der Party geschehen war.

„Oh mein Gott!“, rief sie plötzlich laut und saß kerzengerade im Bett.

Gegenüber schlug Gianna erschrocken die Augen auf und blinzelte ins Sonnenlicht.

„Was ist denn passiert? Mensch, es ist noch früh am Morgen.“

„Oh mein Gott“, wiederholte Luna leiser. „War wirklich Joago auf der Party oder habe ich das geträumt?“

Gianna nickte.

„Dann bin ich tot. Wer war denn noch dabei, als ich im Garten war?“

„Samuel. Er hat dich gefunden, gerettet und du hast ihm die Ohren vollgeheult wegen André und Lia.“

„Oh mein Gott“, flüsterte Luna und fiel zurück ins Kissen.

Zuckermausalarm

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