Читать книгу Wer fürchtet sich vor Stephen King? - Uwe Anton - Страница 11
ОглавлениеDEAD ZONE: DEAD ZONE – DAS ATTENTAT * FIRESTARTER: FEUERKIND * CUJO * DIFFERENT SEASONS: FRÜHLING, SOMMER, HERBST UND TOD * CHRISTINE
„Nein… hier ist nichts verkehrt. […]
Aber war hier tatsächlich nichts verkehrt?
Es war verkehrt. Ganz verkehrt.“
CUJO, 1981
Die nächsten beiden Romane Kings sind, wie auch CARRIE, eher der Science Fiction als der Horrorliteratur zuzurechnen. Nach einem Unfall liegt Johnny Smith – schon der Name verrät, es könnte jedem von uns passieren – fünf Jahre im Koma. Als er erwacht, besitzt er die schon früher latent bei ihm vorhandene Fähigkeit des Zweiten Gesichts (die man als Psi-Begabung auffassen kann, ein typisches Motiv der Science Fiction): Er kann sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft sehen. Doch da ist auch die Dead Zone, ein wuchernder Punkt in ihm.
Johnny kann mit seiner Fähigkeit einiges Unheil verhindern, gerät in die Schlagzeilen, entlarvt einen Polizisten aus Castle Rock als Serienmörder, der dort sein Unwesen getrieben hat – und schüttelt schließlich dem faschistoiden Präsidentschaftskandidaten Greg Stillson die Hand. Augenblicklich erkennt er, dass Stillson als Präsident der USA den Atomkrieg befehlen wird, und beschließt, den Mann aufzuhalten. Das Attentat misslingt zwar, doch Stillson entpuppt sich als erbärmlicher Feigling, als er sich hinter einem Kind versteckt, und ist politisch erledigt. Johnny Smith wird bei dem Attentat erschossen.
DEAD ZONE – DAS ATTENTAT ist einer der wenigen ausgesprochen politischen Romane Kings, einerseits eine Abrechnung mit den verlorenen Illusionen der amerikanischen Realpolitik der siebziger Jahre, andererseits eine moralische Parabel, vielleicht auch eine Warnung: Lässt sich ein Mord rechtfertigen, wenn man damit größeres Unheil, ja sogar den Weltuntergang verhindern kann? Johnny Smith konnte diesen Mord nicht rechtfertigen: Im entscheidenden Augenblick hat er versagt, gerieten ihm die Dinge außer Kontrolle, und nur einer Verkettung glücklicher Umstände ist zu verdanken, dass Stillson nicht an die Macht kommt. Ein zentrales Motiv des Romans ist das Glücksrad, das dem ersten Teil auch den Titel gab. Es kann jeden von uns treffen, jeder muss vielleicht einmal solch eine Entscheidung treffen. Hier stellt King die Frage nach der persönlichen Verantwortung und Moral; das Böse in uns wuchert tumorähnlich wie Smiths „toter Bereich“ und verleitet uns zum Wegsehen oder Nichtstun, was auch schon eine moralische Verfehlung sein kann.
King handelt diesen Stoff nicht trocken ab, sondern erzählt eine spannende und ergreifende Geschichte, die durch den geschickt angelegten Schluss bei genauem Überlegen auch für jeden einzelnen Leser eine persönliche Bedeutung bekommt.
Auch im nächsten Buch geht es wieder um eine Psi-Fähigkeit: nach CARRIE (Telekinese) und DEAD ZONE (Präkognition) diesmal um die Pyrokinese (und auch um die Hypnosuggestion). Charlie McGees Eltern haben sich vor Jahren für ein Experiment des Geheimdienstes DSI (Department of Scientific Intelligence, besser bekannt als „Shop“: ein CIA-Verschnitt) der Behandlung mit einer halluzinogenen Droge unterzogen. Das Experiment hat latente Fähigkeiten der beiden manifest werden lassen, bei der Mutter Telekinese und beim Vater Hypnosuggestion: Er kann Fremden einreden, unbedingt etwas (in seinem Sinne) tun zu wollen, und nennt diese Fähigkeit „Pushing“; doch sie schwächt und zerstört seinen Körper umso mehr, je öfter er sie anwendet. Und ihre gemeinsame Tochter, das FEUERKIND, kann aus reiner Willenskraft Gegenstände in Brand setzen.
Als das Feuerkind sieben Jahre alt ist, will der Shop es sich für weitere Experimente holen. Die Agenten erschießen Charlies Mutter, doch das Mädchen und sein Vater können fliehen und werden nun gnadenlos von John Rainbird, dem Top-Agenten des Shops, gejagt. Als sie schließlich gefasst werden, kommt es zu einem geschickt angelegten Psychospiel, bei dem es Rainbird gelingt, Charlie zu einigen Vorführungen ihrer Fähigkeit zu bewegen. Schließlich erkennt sie jedoch, wer ihr Häscher wirklich ist, und der Showdown nähert sich rapide: Nachdem ihr Vater erschossen wurde, lässt Charlie pyrokinetisch das Forschungsinstitut in Flammen aufgehen und kann fliehen. Das Buch ist ihre Geschichte, die sie Reportern des Magazins Rolling Stone erzählt: Nachdem die Öffentlichkeit Bescheid weiß, ist sie vor den Nachstellungen des Shops wohl sicher.
Auch FEUERKIND ist ein politisches Buch, in dem King erneut mit den politischen Auswüchsen der siebziger Jahre abrechnet. Watergate hat auch bei ihm Spuren hinterlassen, doch sein Vertrauen in die freie Presse lässt ihn nicht vor der Allmacht der Geheimdienste resignieren.
Natürlich beschäftigt sich FEUERKIND unter der Oberfläche auch mit Ängsten: der Angst, ein behindertes Kind zu bekommen, der Angst um sein Kind, der Angst, alles zu verlieren, und schließlich auch der Angst des Kindes um seinen Vater oder seine Eltern, der Angst vor dem Missbrauch des Kindes (die Beziehung zwischen Charlie und Rainbird hat deutliche sexuelle Untertöne) und ganz allgemein vor den Institutionen einer Gesellschaft, für die ein Einzelner nichts mehr zählt und die über Leichen gehen, um ihre Ziele zu verwirklichen.
King griff übrigens noch einmal auf den Shop zurück: In der Fernsehserie GOLDEN YEARS, für die er über ein Jahrzehnt später die Story schrieb, ist der Shop dem Geheimnis der ewigen Jugend auf der Spur. Zwar steht sie inhaltlich hinter FEUERKIND zurück und folgt in weiten Zügen – der Jagd auf die unfreiwillig veränderten Opfer – diesem Roman, doch das üble Spiel der Geheimdienste scheint für King mit FEUERKIND nicht beendet zu sein; die Mechanismen der inhumanen Gesellschaft haben sich in die neunziger Jahre und auch in das neue Jahrtausend hinübergerettet.
Und es ist noch gar nicht lange her … mit dieser märchenhaften Einleitung führt King in seinem nächsten Roman, CUJO, den Leser an den Schauplatz der Handlung: die kleine Stadt Castle Rock in Maine. Aber was so friedlich beginnt, entwickelt sich zu einem der konsequentesten und erschreckendsten Werke der Schriftstellers.
Der Plot ist im Grunde simpel: Der gutmütige, zwei Zentner schwere Bernhardiner Cujo infiziert sich mit Tollwut und fällt mehrere Menschen an. Das erinnert auf den ersten Blick eher an die Schlagzeile einer Boulevardzeitung – die King gegen Ende auch in den Roman einbringt –, doch der Amoklauf des kranken Tieres erweist sich als nur ein Aspekt des breiten Spektrums, das den Text insgesamt ausmacht. Cujo ist keineswegs die Hauptfigur, sondern nur ein Symbol für die trügerische Wandelbarkeit der vertrauten Lebensumstände, bei denen die anscheinend festgefügte Realität erschreckende, aber auch allgemein vertraute Züge gewinnt, und damit für eine weitere tiefsitzende Angst im Leser. Die Angst vor Verlusten, vor dem Verlust der beruflichen Existenz, aber noch stärker vor dem des persönlichen Glücks, der Ehe, des Partners. Der Leser erkennt sich nicht nur in einer, sondern im praktisch allen Hauptpersonen des Romans wieder, da er unterschwellig mit der Angst lebt, dieselben Verluste erleiden zu können, die die Charaktere des Buches erleiden. Damit hat auch dieses Buch Kings zwei Ebenen: die der spannenden Handlung und darunter die der Gefühlswelt, die im Leser einfach Beklemmung auslösen muss. Zwei Familien stehen im Mittelpunkt. Da sind einmal die Cambers mit ihrem zehnjährigen Sohn Brett, Exponenten der amerikanischen Unterschicht, der Vater Alkoholiker, die Mutter ein geprügeltes, unterdrücktes Arbeitstier; mit Gewalt zwingt ihr Mann sie dazu, seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Ihr Leben ist die Hölle; schlimmer kann es kaum kommen.
Und da sind Vic und Donna; auch deren Ehe steht auf wackligen Beinen. Nach außen hin geben sie ein ideales Paar ab: gutes Einkommen, eigenes Haus, ein vierjähriger Sohn. Donna wurde sich des Verlusts ihrer Jugend und der Eintönigkeit ihres Lebens bewusst und hat gerade ein Verhältnis beendet. Vic, Teilhaber einer Werbeagentur, steht vor dem beruflichen Ruin.
King kontrastiert mit diesen beiden Familien zwei anscheinend völlig unterschiedliche zwischenmenschliche Beziehungssysteme, die jedoch beide gescheitert sind bzw. kurz vor dem Scheitern stehen. Wendet sich die soziale Schicht, auf die der Roman wahrscheinlich zielt, empört von Joe und Charity Cambers ab, so muss sie irgendwann in den Verfallserscheinungen des bürgerlichen Lebens von Vic und Donna ihre eigene Situation erkennen; nur mühsam können diese beiden das Scheinbild einer funktionierenden Ehe aufrechterhalten, die sie beide ausfüllt. Die zusammengebrochene Fassade wird durch den ständig wiederkehrenden Slogan von Vics Werbeerfindung, dem Fernsehprofessor, symbolisiert: „Nein, hier ist nichts verkehrt.“
Aber tatsächlich ist alles verkehrt; sowohl bei den Cambers als auch bei Vic und Donna. King entblößt den American Way of Life als gut geölte, auch gegen Ende noch funktionierende Maschinerie, die nur die Aufgabe hat, den Schein aufrechtzuerhalten; das Innenleben seiner Protagonisten ist dagegen leer, ausgehöhlt, nichtig, eine Quälerei, die sich ein wenig subtiler äußert als durch die Schläge, die Joe Camber seiner Frau Charity versetzt.
In diese Welt – einmal die der gescheiterten Familie, einmal die der scheinbar noch funktionierenden – bricht Cujo; er ist ein außenstehendes Element, ein nicht beeinflussbares Unheil, gegen das niemand gefeit ist. Durch ihn terrorisiert King seine Charaktere überzeugender, als es mit irgendwelchen Alptraummonstern möglich wäre. Der vollendete Höhepunkt des Romans ist eine mitunter schon sadistische Sequenz, in der Donna und ihr kleiner Sohn gefangen in ihrem Auto sitzen, abseits der Straße vor der billigen Reparaturwerkstatt von Joe Camber, hilflos der Hitze und dem sie belagernden tollwütigen Hund ausgesetzt. Kings Erzählstruktur war selten dichter und konsequenter. Der Leser erlebt kein happy end; die Rettung in letzter Sekunde bleibt aus. Auch wenn das Monster getötet werden kann, geht für die Überlebenden das Leben nicht in gewohnter Form weiter.
Joe Camber stirbt; durch seinen Tod bekommen Charity und Brett, seine Frau und sein Sohn, die Chance auf einen Neuanfang. War bei King bislang die Familie das letzte intakte Gebilde im Staat, an dem sich das Leben nach der Katharsis wieder aufrichtete, zerstört King hier dieses Konzept.
Mit CUJO hat King die Grenzen des traditionellen Horrorgenres gesprengt und zumindest seine amerikanische Leserschaft – das Bürgertum – verschreckt; der Roman wurde nur zögernd aufgenommen. Dieses Verschrecken der Leser gelingt durch die Konsequenz der Realität; das Konzept der Familie erweist sich nicht mehr als der Wirklichkeit überlegen, übrig bleibt nur eine Leere, die die der abgestumpften, zur Farce gewordenen zwischenmenschlichen Beziehungen bei der breiten Masse in erschreckender Weise verdeutlicht.
Novellen, so schreibt Stephen King im Nachwort zu seinem nächsten Buch, FRÜHLING, SOMMER, HERBST UND TOD (DIFFERENT SEASONS, 1982), lassen sich mit einem schrecklichen Ort vergleichen – mit einer anarchistischen Bananenrepublik. Es gibt einfach keinen Markt für sie – sie sind zu lang für die Kurzgeschichtenmagazine und zu kurz für eine eigenständige Buchveröffentlichung.
Umso höher muss man den Marktwert einschätzen, den King bereits 1982 für seinen Verlag hatte, als der Autor vorschlug, vier Novellen, die er jeweils nach Abschluss von vier Romanen geschrieben und fertig in der Schublade liegen hatte, gesammelt in einem Buch herauszugeben, und sein Lektor bereitwillig zustimmte.
„Frühlingserwachen: Pin-up“ ist eine Mainstream-Novelle um zwei Lebenslängliche im Staatsgefängnis Shawshank. Red, der Erzähler, ist der große Organisator des Gefängnisses; er besorgt seinem Mitgefangenen Andy Dufresne, der immer wieder seine Unschuld beteuert, im Laufe von Jahrzehnten Hämmer und immer wieder neue Pin-up-Poster – mit denen Dufresne ein Loch tarnt, durch das ihm später der Ausbruch gelingt. Eigentlicher Inhalt der Novelle, die durch ihre realistische Gefängnis-Atmosphäre beeindruckt, ist jedoch die Problematik Schuld/Unschuld/Sühne/Hoffnung.
Auch „Sommergewitter: Der Musterschüler“ muss dem Mainstream zugerechnet werden, beschäftigt sich jedoch mit einem der entsetzlichsten Schrecken unserer Wirklichkeit. Der dreizehnjährige Todd Bowden forscht über Kriegsverbrechen der Nazis und macht einen Nazi-Kriegsverbrecher in seiner Heimatstadt ausfindig. Langsam, schleichend verfällt er jedoch Kurt Dussanders Einfluss, bis sich die Beschäftigung mit dem Nazismus zur Besessenheit entwickelt und er das nationalsozialistische Gedankengut völlig verinnerlicht. Diese Novelle ist heute aktueller denn je und als glanzvolle Warnung vor einem schleichenden Gift zu verstehen: Nicht einmal ein „all-American kid“ wie Todd ist gegen den braunen Dreck gefeit. Eine gewisse Identifikation mit Todd bewirkt natürlich direkt schon wieder Angst im Leser: Eigentlich ist der Junge ja ganz nett – und wenn ihm sowas passieren kann, könnte es vielleicht auch mir passieren?
„Herbstsonate: Die Leiche“ ist eine der besten und – nicht zuletzt wegen der gelungenen Verfilmung – auch der bekanntesten Novellen des Autors. Vier junge Freunde brechen zu einer – zugleich symbolischen und realistischen – Reise ins Unbekannte auf, um eine Leiche zu suchen, die irgendwo an den Bahngleisen liegen soll. Sehr gefühlvoll beschreibt die Novelle den Verlust der Kindheit und die bittersüße Erinnerung daran, die verlorene Jugend, ein Motiv, das King auch bei dem Roman ES sehr geschickt anwandte. Mit dem Fund der Leiche endet für einige der Jungen abrupt ihre unbeschwerte Jugendzeit, und sie werden viel schneller erwachsen, als es dem Erzähler der Novelle, einem schwach verkleideten Stephen King, eigentlich recht ist.
King arbeitete zwei frühe Kurzgeschichten in diese Novelle ein, die er, wie es der autobiografischen Färbung nur entspricht, dem Erzähler Gordon Lachance zuschreibt.
„Ein Wintermärchen: Atemtechnik“ ist die einzige Horrorerzählung in diesem Buch, eigentlich eine Erzählung in einer Erzählung. In einer altehrwürdiger Tradition der phantastischen Literatur erzählen sich die Mitglieder eines Klubs Geschichten, und ein Arzt weiß von einer zielstrebigen Frau zu berichten, der er während der Schwangerschaft die richtige Atemtechnik für die Entbindung beibrachte. Als es so weit ist, wird sie auf dem Weg ins Krankenhaus bei einem Unfall geköpft, doch der Körper setzt die Atemtechnik fort, bis das Kind auf die Welt gekommen ist, und der Kopf bedankt sich noch, bevor die Frau das Atmen einstellt.
Ob es nun am Thema liegt, das gegen die drei anderen Beiträge deutlich abfällt, oder die Novelle eine Konzession an Leser und Verlag darstellt, die von King zumindest einen expliziten Horror-Text erwarteten – die wichtigsten Beiträge dieser Sammlung sind eindeutig die Mainstream-Novellen. Dennoch zeigt sich die Sammlung nicht zuletzt durch die Klammern der vier Jahreszeiten sehr geschlossen, wobei King auch ein geschicktes Spiel mit den Titeln treibt: „Fall“ und „Spring“, also „Herbst“ und „Frühling“, haben in den Originaltiteln hier völlig andere Bedeutungen.
DIFFERENT SEASONS bewies eindrucksvoll, dass King nicht nur als Genreautor sein Publikum fesseln und Beeindruckendes produzieren kann.
Mit seinem nächsten Roman, CHRISTINE, begab sich King nach dem Experiment mit CUJO und den „vier Jahreszeiten“ wieder auf sicheres Terrain. Im Mittelpunkt der Handlung stehen ein Spukauto – Christine – und ein typischer High School-Verlierer – Arnie Cunningham, mit dem sich wieder zahlreiche Leser identifizieren können; er verliebt sich auf den ersten Blick in den Plymouth Fury Baujahr 1958, eine schrottreife Rostlaube.
Während er emsig an Christine werkelt, hat er weiterhin seine Probleme mit den fiesen Mitschülern, doch als das Auto dann wieder in einwandfreiem Zustand ist, geht es auch Arnie besser: Seine Akne schwindet, er wird muskulöser, sein Selbstbewusstsein wächst. Nur von seinem einzigen Freund Dennis (der den Roman erzählt), der ihm bislang in der Schule den Rücken gestärkt hat, entfremdet er sich zusehends, zumal Dennis ihm auch noch die Freundin ausspannt, was Christine hingegen sehr recht ist. Sie weiß zu verhindern, dass es in dieser Hinsicht wirklich zur Sache geht, denn sie ist höllisch eifersüchtig. Und lässt nichts auf Arnie kommen, was dessen alte Peiniger merken, als sie ihn erneut quälen wollen und Christine demolieren: Sie bringt sie kurzerhand um.
Dagegen hat Arnie nicht unbedingt etwas, aber ernst wird es, als auch Dennis und seine Freundin in den Bann des eifersüchtigen Automobils geraten. Es geling Dennis zwar, Christine zu vernichten, doch in genau demselben Augenblick stirbt auch Arnie, meilenweit entfernt, im Auto seiner Eltern: Die unheilige Verbindung hat ein Ende gefunden.
Ein Wunder, dass das Buch die Wirkung erzielt, die es erzielt. King verbrät eine nicht besonders originelle Grundidee – nach einem Spukhaus nun ein besessenes Spukauto –, greift auf ein recht eingängliches Klischee zurück – der Außenseiter auf der Schule –, mit dem sich die Leser augenblicklich identifizieren können, und dreht ein altes Thema um: Obwohl Arnie nichts anderes tut als zahlreiche andere Männer auch, die mit solcher Hingabe an ihrem Auto werkeln, putzen und lackieren, dass ihre Frauen allen Grund zur Eifersucht haben, lässt er hier das Auto eifersüchtig werden: auf die Freundin und auf alle anderen, die den Besitzer ebenfalls beanspruchen könnten. Wahrhaftig die Geschichte einer fürchterlichen Besessenheit. Und doch gelingt ihm erneut eine Geschichte von verlorener Jugend, von wahrer und übernatürlicher Besessenheit, die es in sich hat. King präsentiert sich mitunter in Hochform; obwohl auf den ersten zweihundert Seiten kaum etwas passiert, scheinen die Seiten sich von allein umzublättern. Das ist die Stärke des frühen Stephen King: Er ist ein wahrer page turner, der tatsächlich unfähig zu sein scheint, eine langweilige Geschichte zu erzählen – ein Ruf, der noch lange Bestand haben sollte.