Читать книгу Im Schein des Mondes - V.C. Andrews - Страница 8
ОглавлениеKAPITEL 2
Die Party beginnt
Die Musiker trafen eine ganze Zeit vor den Gästen ein und begannen sich einzuspielen, gerade als Harley aus dem Haus trat. Er trug die gleiche Jeans und das Hemd, das er gestern getragen hatte, und gekämmt hatte er sich auch nicht, so dass einzelne Strähnen ihm über die Stirn in die Augen fielen. Onkel Roy war immer hinter ihm her, sich die Haare kürzer schneiden zu lassen, und drohte oft, ihm selbst die Haare zu schneiden, wenn er es nicht machen ließ. Dazu kam es nie, aber es hatte Zeiten gegeben, wo es fast so weit gewesen wäre.
»Wenn er das je versuchen sollte«, knurrte Harley, »wird er den Tag bedauern, an dem er geboren wurde.«
An jedem Geburtstag hatte ich zwei große Wünsche: dass Mommy wieder laufen könnte und dass Harley mit Onkel Roy zurechtkam. Beides schien unmöglich.
»So wie du aussiehst, kommst du nicht zu dieser Party«, sagte Onkel Roy ihm, als er vom Haus auf uns zukam.
»Ich werde mich umziehen, nachdem wir schwimmen gegangen sind. Soll das nicht als Erstes geschehen?«, fragte er, an mich gewandt.
»Ja«, bestätigte ich.
»Was für ein Glück, dass es den See gibt, sonst würde er gar nicht baden«, sagte Onkel Roy zu Daddy.
Harleys Gesicht wurde schneeweiß statt rot. Kalter Zorn ist der schlimmste.
»Komm mit«, sagte ich, bevor hitzige Worte einen Flächenbrand entzünden konnten. »Hilf mir, die Partygeschenke herauszuholen und sie auf die Tische zu legen.«
Harley sah aus, als ob rasende Wut ihn taub machte, deshalb sprang ich vor, ergriff seine Hand und zog ihn zur Garage, wo Daddy die Partygeschenke in Kartons aufbewahrte.
»He«, rief Harley. »Immer mit der Ruhe.«
»Wir haben nicht besonders viel Zeit«, sagte ich. »Sie kommen bald.«
»Genau, und wir können die Bande doch nicht enttäuschen.« Er schaute zurück zu Daddy und Onkel Roy, die Augen noch rot vor Zorn. »Immer muss er etwas Hässliches sagen«, beklagte Harley sich.
»Er meint es doch nur gut«, sagte ich.
»Ja, wie eine Klapperschlange dir nur einen Gefallen tut, wenn sie dich beißt. Ich kann mir nicht vorstellen, warum meine Mutter ihn heiraten wollte, aber vermutlich kann man als allein erziehende Mutter nicht besonders wählerisch sein. Du nimmst das erstbeste Angebot an, selbst wenn es von einem Mann mit einem Vorstrafenregister kommt.«
»Er hat kein Vorstrafenregister, Harley.«
»Aber sicher hat er das. Militärgefängnis ist genauso schwerwiegend.«
»Also, das alles hat deiner Mutter nichts ausgemacht. Sie müssen ineinander verliebt gewesen sein, Harley, und sie sind es noch immer.«
Er stieß Luft aus, als wären meine Worte winzige Fliegen, die ihn ärgerten.
»Also, Mommy hat mir erzählt, dass das so war«, beharrte ich. »Sie sagte, dass sie sich zueinander hingezogen fühlten. Sie erzählte mir, dass sie lange Spaziergänge machten, sich unterhielten und ineinander verliebten, wie sich Leute nun mal verlieben.«
Wir betraten die Garage, und ich deutete auf die Kartons zu unserer Linken. Er rührte sich nicht. Stattdessen warf er mir diesen seltsamen Blick zu mit lachenden Augen, aber unbeweglichen Lippen.
»Was ist?«
»Und wie verlieben sich Leute ineinander, Summer?«, fragte er. »Gibt es dafür eine Formel oder so etwas? Denn wenn das so ist, würde ich sie gerne erfahren.«
»Nein, es gibt keine Formel. Sei nicht albern«, sagte ich.
»Ich bin nicht albern«, versicherte er mir. »Sag es mir. Ehrlich«, bat er und verschränkte die Arme vor der Brust. »Was, glaubst du, ist mit ihnen passiert und was passiert allen anderen? Fangen die Glocken an zu läuten? Oder was?«
Als ich nicht antwortete, fügte er hinzu: »Ist es das, was bei dir und Chase Taylor passiert?«
»Hör auf, Harley.«
»Hör auf womit?«
»Mich zu hänseln, dich über alles, was ich sage, lustig zu machen.«
»Das tue ich nicht«, protestierte er mit ausgestreckten Armen. »Ich will es wirklich wissen.« Das sardonische Lächeln verschwand von seinem Gesicht. »Glaubst du mir nicht, wenn ich sage, dass ich mich die ganze Zeit über meine Mutter und ihn wundere? Jetzt sprechen sie kaum miteinander, und das liegt nicht nur daran, was mit Latisha passiert ist, und an dem religiösen Fimmel meiner Mutter. Wenn ich beim Frühstück keine Fragen stellen oder rülpsen würde, wäre es wie in einem Stummfilm.
Sie gehen nie irgendwo hin, keine Einladungen, keine Restaurants, keine Filme. Sie reden nicht darüber, in Urlaub zu fahren, wie deine Eltern es tun. Deine Mutter sitzt im Rollstuhl, und sie tut mehr als meine Mutter. Es ist ebenso Roys Schuld wie ihre.«
»Wie kommt es, dass du ihn nie Daddy oder Dad oder Vater nennst, Harley?«
»Weil … er nicht mein Vater ist. Mein Vater ist da draußen«, sagte er und winkte in Richtung Tor, »irgendwo da draußen, und er verschwendet nicht einmal einen flüchtigen Gedanken an mich. Wie kann es sein, dass du ein Kind hast und kein bisschen neugierig darauf bist, dich überhaupt nicht darum kümmerst?«
»Nun, Roy kümmert sich um dich. Er hat dich offiziell adoptiert, nicht wahr?«
»Ganz toll«, höhnte er. »Wer hat ihn darum gebeten?«
»Er versucht dir ein guter Vater zu sein. Er arbeitet hart, um dich und deine Mutter zu versorgen, und er hat ein schönes Haus gebaut und …«
»Vergiss es, Summer. Das wirst du nie verstehen«, sagte er und senkte den Kopf.
»Warum?«
»Weil du zu …«
»Was?«, wollte ich wissen. Zorn stieg in mir hoch wie kochende Milch. Wenn er es wagt zu sagen, ich sei zu jung, dann …
»Nett«, sagte er stattdessen.
»Was?«
»Du vertraust jedem. Ich traue nicht einmal mir selbst«, sagte er.
Er ging zu den Kartons und stapelte sie sich auf die Arme.
»Was soll das heißen? Ich bin zu nett? Du hast Recht, Harley. Das verstehe ich nicht. Warum macht mein Vertrauen es unmöglich, meinen Onkel, dich und deine Mutter zu verstehen?«
»Lass uns heute nicht darüber reden, Summer«, bat er. »Heute ist dein ganz besonderer Tag. Ich helfe dir bei dem, was noch erledigt werden muss. Dann gehe ich nach Hause und warte, bis es Zeit ist, schwimmen zu gehen, und hinterher ziehe ich die Sachen an, die du ausgesucht hast, und sitze still da mit ordentlich gekämmtem Haar und esse und …«
»Und tanze und amüsiere mich«, beharrte ich.
»Okay«, sagte er. »Stell noch einen Karton oben drauf.«
»Das sind zu viele. Nimm nur die. Ich bringe den Rest.«
»Warum kommandiert einen hier jeder herum?«, stöhnte er und ging hinaus.
Ich nahm die restlichen Kartons und folgte ihm. Manchmal stellte Harley meine Nerven auf eine Zerreißprobe. Ich wünschte, ich könnte einfach losschreien, bis dieses Gefühl vorüber war.
Als wir zu den Tischen kamen, öffneten wir die Kartons und fingen an, die Geschenke auf die Tische zu legen. Außer den bedruckten Servietten, Bechern und Tellern hatte Daddy Taschenspiegel mit dem Datum meines Geburtstags für die Mädchen anfertigen lassen: T-Shirts mit einem Bild des Sees und dem heutigen Datum sowie für jeden ein Füller-und-Bleistift-Set mit meinen Daten.
»Nicht übel«, meinte Harley, als er die Kartons auspackte. »Es lohnt sich, ein Freund von Summer Clarke zu sein. All die Weicheier werden begeistert sein.«
»Ich habe dich doch gebeten, mir zu sagen, wen ich aus deiner Schule einladen soll, Harley«, erinnerte ich ihn. »Es ist nicht meine Schuld, dass du Mommy und mir nicht ihre Namen und Adressen genannt hast.«
»Stimmt.«
»Habe ich dich danach gefragt oder nicht?«
»Schau mal, Summer, jeder, mit dem ich befreundet bin, ist Roys Meinung nach nur einen Schritt von der Gaskammer entfernt.«
»Selbst die Mädchen?«, überlegte ich.
Er schaute mich einen Augenblick an und machte sich wieder daran, die Geschenke auf dem Tisch zu verteilen.
»Harley?«
»Die Mädchen, mit denen ich spreche, gehören nicht hierher«, sagte er.
»Was soll das heißen?«
»Niemand, den ich kenne, ist gut genug«, erwiderte er.
»Harley, das klingt ja so, als wäre ich hochnäsig. Du hättest jeden einladen können, den du wolltest, stimmt das nicht? Ist das nicht so?«
»Hör auf damit, Summer. Bitte«, bat er. Ich sah sogar Tränen in seinen Augen.
»Okay, tut mir Leid. Ich wollte nur sichergehen, dass du dich auch amüsierst.«
»Ich werde mich amüsieren. Wenn nicht, wird Roy mich zu Hackfleisch verarbeiten.«
»Harley.«
»Ich mache doch nur Witze.«
»Ich will nicht, dass du dich amüsierst, weil Onkel Roy es dir befohlen hat. Ich will, dass du dich amüsierst, weil es mein Geburtstag ist und …«
Er fiel auf die Knie und faltete die Hände.
»Bitte, Eure Majestät. Gnade«, flehte er.
»Ach, hör doch auf, du Idiot.« Ich stieß seinen Kopf zurück, und er kippte lachend um.
Wir drehten uns beide um, als ein großer schwarzer Mercedes vorfuhr. Ich wusste, dass dies eine meiner besten Freundinnen war, Amber Simon, eine etwas pummelige Brünette mit wunderschönen Mandelaugen und einem lieben Wesen. Sie war in Harley verknallt, und ich glaube, er spürte es jedes Mal, wenn sie herüberkam und eine Zeit lang mit ihm zusammen war. Ich versuchte mich als Kupplerin und erzählte ihm, wenn sich jemand für sie interessierte, würde sie bestimmt Selbstvertrauen gewinnen, Gewicht verlieren und aufhören, aus Frust zu essen. Seine Antwort lautete, ihre Eltern sollten sie doch einfach in ihrem Zimmer einsperren. Er gab zu, dass sie netter war als die meisten meiner Freundinnen, und gestand sogar ein, dass sie ein hübsches Gesicht unter ihren Pausbacken hatte, aber er zeigte keinerlei echtes Interesse.
Dennoch hegte Amber weiter Hoffnungen.
Sie stieg aus und rief uns etwas zu. Harley sprang auf.
»Ich zieh jetzt besser meine Badehose an und helfe, die Boote ins Wasser zu lassen und alles aufzubauen«, sagte er. »Ich habe deinem Vater versprochen, mich darum zu kümmern.«
»Sag ihr doch wenigstens zuerst hallo, Harley.«
Er legte die Hände zu einem Trichter zusammen und brüllte: »Hallo!«
Dann schenkte er mir wieder sein spitzbübisches Kevin-Bacon-Lächeln und steuerte auf das Haus zu; dabei schlenderte er an Onkel Roy und Daddy vorbei, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. Sie hörten auf zu reden und schauten ihm hinterher, wobei Onkel Roy den Kopf schüttelte.
Mir wurde wegen Roy das Herz schwer.
Es war, als ob ständig drohend eine Wolke über ihm hing, die einen Schatten über ihn warf und kalten Regen verhieß.
Selbst heute.
Selbst an meinem Geburtstag.
»Wo geht Harley hin?«, fragte Amber und schaute ihm enttäuscht hinterher. »Er kommt doch zu der Party, oder?«, fragte sie mit Furcht in der Stimme.
»Ja. Er zieht nur seine Badehose an. Er will die Boote, Kajaks und Tretboote für alle bereitmachen.«
»Oh.«
»Du hast doch deinen Badeanzug mitgebracht, nicht wahr?«
»Ich kann nicht ausstehen, wie ich darin aussehe«, jammerte sie sofort.
»Hast du ihn nicht mitgebracht?«
»Doch«, gab sie zu und schlenkerte ihre Tasche auf mich zu, »aber ich ziehe ihn nicht an.«
»Aber natürlich tust du das«, beharrte ich. »Komm mit«, drängte ich und nahm sie mit ins Haus. »Lass uns ein bisschen reden, bevor die anderen kommen, und wage es ja nicht, heute irgendetwas zu tun, das mich unglücklich macht, Amber«, warnte ich sie.
Sie verdrehte die Augen, schaute noch einmal hinter Harley her und folgte mir nach drinnen.
Mommy fuhr gerade den Flur entlang. Als wir hereinkamen, drehte sie sich um und begrüßte uns.
»Hallo, Mrs Clarke«, sagte Amber. Sie ging rasch zu ihr und küsste sie auf die Wange.
Das mochte ich am meisten an Amber. Sie ignorierte nicht nur die Tatsache, dass Mommy eine halbe Afroamerikanerin war. Sie hatte auch keinerlei Hemmungen, weil sie im Rollstuhl saß. Die meisten anderen meiner Freundinnen waren nicht so offenherzig und unbefangen in Mommys Gegenwart wie Amber.
»Hallo, Amber. Wie geht es deiner Mutter?«
Ambers Mutter musste vor kurzem die Gallenblase entfernt werden. Die Ärzte hatten ihr gesagt, es stünde so schlimm, dass die Gallenblase platzen könnte, und hatten sie schnellstens in den OP gebracht. Amber war zu der Zeit in der Schule gewesen und ihr Vater hatte sie holen lassen. Genau wie ich war sie ein Einzelkind und stand ihren Eltern sehr nahe.
»Es geht ihr gut, danke, Mrs Clarke.«
»Das freut mich zu hören«, sagte Mommy, obwohl sie Mrs Simon nicht häufig sah. Ambers Familie gehörte zu diesen Südstaatenaristokraten, die die Wurzeln ihrer Familie bis in die frühe Kolonialzeit zurückverfolgen konnten und das auch alle spüren ließen.
»Heute werden wir viel Spaß haben«, prophezeite Amber. Mommy strahlte mich an.
»Darauf wette ich, und bestimmt schmiedet ihr beide geheime Pläne, die mit all den Jungen zu tun haben, die heute kommen«, meinte sie.
Amber lachte und folgte mir nach oben in mein Zimmer.
»Deine Mutter ist so eine coole Lady. Es ist fast so, als hätte sie mit uns oder durch uns Spaß«, sagte Amber.
»Sie ist meine Mutter, meine Schwester und meine beste Freundin – alles in einem«, sagte ich.
Sie lächelte.
»Ich wünschte, meine Mutter wäre auch so«, seufzte sie. Dann stand sie stramm und wühlte in ihrer Tasche nach einem kleinen, attraktiv verpackten Päckchen.
»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Summer. Ich möchte die Erste sein, die dir ein Geschenk überreicht«, sagte sie.
»Danke, Amber.« Ich wickelte das Geschenk sorgfältig aus und öffnete das Kästchen. Es war ein goldenes Armband mit sechzehn Kerzen als Anhängern.
»Das ist wunderschön. Vielen Dank«, sagte ich und wir umarmten uns. »Ich werde es auf der Party tragen«, erklärte ich und zog es an. Ich hielt das Handgelenk hoch und schüttelte die Amulette.
»Es ist wunderschön. Sieh nur, wie es funkelt, wenn die Sonne darauf fällt.«
»Ich frage mich, was Chase dir schenken wird«, sagte sie. »Ich wette, es ist etwas sehr Teures, viel teurer als mein Geschenk, etwas ganz Besonderes.«
»Es wird teuer sein. Vermutlich hat seine Mutter es gekauft.«
»Warum? Will er nicht derjenige sein, der es ausgesucht hat? Will er dir nicht etwas ganz Besonderes schenken, etwas, das seine Liebe zu dir widerspiegelt? Das kann seine Mutter doch nicht.«
»Ich kenne Chase doch noch gar nicht so lange«, meinte ich achselzuckend, »aber ich weiß, dass ihm solche Dinge nicht so wichtig sind.«
»Aber er liebt dich doch, oder?«, hakte sie nach.
»Ich weiß nicht, ob ich das schon Liebe nennen würde, Amber.«
Ihr Kommentar brachte mich zurück zu meinem vorherigen Gespräch mit Harley.
»Warum nicht?«, fragte sie mit einer Grimasse, als brächte ich eine Seifenblase zum Platzen.
»Wir treffen uns erst ein wenig mehr als einen Monat. Findest du nicht, Liebe sollte sich nicht ein wenig mehr Zeit lassen und etwas außergewöhnlicher sein?«, fragte ich.
»Vermutlich«, gab sie zu.
»Ich meine, einige von unseren Freundinnen verlieben sich so leicht in immer neue Jungs, wie sie ihre Jeans wechseln.«
Sie lachte, wurde dann aber wieder ernst.
»Ich glaube, es muss Liebe sein, wenn du einfach an niemand anders mehr denken kannst, wenn es etwas ganz Besonderes für dich ist, nur in seiner Nähe zu sein, wenn du zitterst, sobald er nur deinen Arm oder deine Schulter streift, und wenn du Angst hast, etwas Falsches zu sagen oder unattraktiv zu wirken und jegliche Hoffnung zu verlieren, ihn zu gewinnen. Das ist doch Liebe, oder nicht?«
Ich wusste, sie bezog das auf ihre Gefühle für Harley, und ich wusste auch, dass er nicht annähernd das Gleiche für sie empfand. Vielleicht war es das Schmerzlichste auf der Welt, jemanden zu lieben, der dich nie lieben würde. Du musst das kompensieren und dir sagen, dass es einfach nicht so sein sollte, dass es so etwas wie Seelenverwandtschaft gab und dass du ihn bloß noch finden musstest.
Aber das war schwer. Sehr schwer.
»Na, stimmt’s nicht?«, hakte Amber nach.
»Wenn das keine Liebe ist, dann ist es jedenfalls nicht weit davon entfernt«, meinte ich und ging meine Badeanzüge durch, um zu entscheiden, welchen ich tragen sollte.
»Ich wünschte, ich hätte einen richtigen Bikini«, sagte ich, »aber weder meine Mutter noch mein Vater würden es erlauben, dass ich mir einen kaufe und ihn trage. Sie würden sterben, wenn sie mich mit so etwas sähen, was Catlin Stoffer trägt und vermutlich auch heute anziehen wird«, prophezeite ich.
»Pass auf sie auf. Sie macht gerne anderen Mädchen den Freund abspenstig. Das ist so eine Sache für sie. Es gibt ihr das Gefühl, überlegen zu sein.«
»Wer hat dir das gesagt?«, fragte ich lächelnd.
»Gail Solt. Du weißt doch, dass sie ihr Neil Roland ausgespannt hat und ihn eine Woche später fallen ließ. Warum sollte sie es sonst tun? Sie wird hinter Chase her sein, nur um zu beweisen, dass sie es schafft«, warnte Amber mich.
»Wenn er so leicht abspenstig zu machen ist, bin ich froh, ihn los zu sein«, sagte ich und hielt meinen neongrünen Zweiteiler hoch.
»Würde dir das nicht das Herz brechen?«, fragte sie.
Ich überlegte einen Augenblick. »Nein. Vermutlich liebe ich ihn nach deiner Definition dann nicht«, sagte ich.
Sie wirkte schockiert über meine Gleichgültigkeit.
»Liebst du einen anderen?«, fragte sie.
»Warum muss ich überhaupt schon irgendjemanden lieben? Ich möchte so vieles tun – reisen, lernen, viele Erfahrungen sammeln –, bevor ich mein Herz verschenke, Amber. Mach dir darüber nicht so viele Sorgen. Du wirst jemanden finden, den du liebst und der dich liebt, da bin ich mir sicher.«
»Ich weiß nicht«, sagte sie und starrte sich selbst im Spiegel an. »Ich wünschte, ich hätte dein Selbstvertrauen.«
»Das wirst du«, sagte ich, aber sie schüttelte den Kopf.
»Nein«, entschied sie. »Du bist etwas Besonderes, Summer. Deshalb möchten alle Jungs mit dir zusammen sein. Ich wette, sogar Harley wünscht sich, er wäre nicht mit dir verwandt.«
»Nun, ich denke an ihn und er an mich«, erwiderte ich scharf, vielleicht zu scharf. Sie wirkte verletzt. Es war nicht meine Absicht, sie zu kritisieren. Ich wusste nicht einmal, weshalb ich so entschieden auftrat. Deshalb lächelte ich, um die gute Stimmung wieder herzustellen. »Es steht dir also frei, sein Herz zu gewinnen.«
»Wie kann ich das denn?«, rief sie. »Heute kommen eine Menge hübscherer Mädchen her.«
»Sei einfach aufrichtig zu ihm. Er liebt Aufrichtigkeit.«
Sie überlegte einen Moment und nickte.
»Dann habe ich eine Chance«, sagte sie, »weil nicht eines der Mädchen, die heute kommen, weiß, was Aufrichtigkeit bedeutet.«
Wir lachten und zogen unsere Badeanzüge an. Autos trafen ein. Wir hörten sie hupen. Sogar die Musik hatte schon eingesetzt. Ein Regen von Festlichkeit ging über meinem wunderschönen Zuhause nieder.
»Meine Party! Jetzt geht’s los«, rief ich und schaute aus dem Fenster auf Mommys Zauberort.
»Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag«, kreischte Amber, wir hielten uns an den Händen, rannten die Treppe hinunter und platzten in die beginnende Feier hinein.
Harley war unten am Bootssteg und bereitete die Boote und Kajaks vor. Er warf einen Blick zurück auf die eintreffenden Gäste, tauchte dann ins Wasser und schwamm zum Floß. Damit zeigte er, wie wenig Wert er darauf legte, irgendeinem meiner Freunde zu begegnen.
Ich stupste Amber an.
»Das ist deine Chance. Du kannst ihn jetzt ganz für dich haben. Schwimm einfach zum Floß hinaus«, schlug ich vor.
Sie schaute entsetzt drein.
»Und wenn er wieder wegschwimmt, bevor ich da bin?«
»Der See wirkt Wunder«, sagte ich. »Du wirst für ihn wie eine Meerjungfrau aussehen.«
»Ich werde aussehen wie ein Babywal!«, stöhnte sie und warf einen Blick auf ihre üppigen Brüste und breiten Hüften.
»Riskier es. Sonst passiert nie etwas«, sagte ich und ging meine anderen Gäste begrüßen.
Chase traf mit vier seiner Kumpels ein. Er sah so gut aus in seiner Khakihose und dem blauen Oxfordhemd. Chase war immer gebräunt. Seine Freunde zogen ihn damit auf und nannten ihn George Hamilton, Jr. Ich wusste, dass seine Mutter zu Hause eine Sonnenbank besaß, die er oft benutzte.
Mommy kam mit Mrs Geary aus dem Haus; wenige Augenblicke später traf Großmutter Megan mit Großvater Grant und Tante Alison in einer Limousine ein. Großvater Grant trug ein hellblaues Sportsakko, eine schwarze Krawatte und eine weiße Hose. Er sah schick aus. Großmutter Megan hatte ein Designerkostüm an. Ihr Haar wirkte eine Nuance dunkler als gewöhnlich. Alison trug ein loses Kleid mit Empiretaille und so tiefem V-Ausschnitt, dass ihr Busen fast hervorquoll. Ich war mir sicher, dass dies auf dem Weg vom Flughafen Stoff für Diskussionen geboten hatte.
Daddys Eltern und Tante Heather Sue trafen kurz darauf ein. Tante Heather Sue war mit einem Piloten verheiratet, der für American Airlines arbeitete und heute fliegen musste. Sie teilte mir sofort mit, wie Leid es ihm tat, dass er nicht zu meiner Party kommen konnte. Ich sah Tante Glenda aus ihrem Haus kommen. Sie ging langsam, mit gesenktem Kopf, die Arme verschränkt. Sie hatte eine hübsche Bluse mit passendem Rock angezogen, aber das Haar hing ihr immer noch herunter und wirkte ungekämmt. Onkel Roy kniff die Augen ein wenig zusammen und wirkte gequält. Er flüsterte ihr etwas zu und nahm sie dann mit, um die anderen zu begrüßen.
Als letzer Gast traf Mrs Gearys Mr Lynch ein, den sie sofort ausschimpfte, weil er zu spät gekommen war.
»Ein Bibliothekar sollte doch wissen, was es heißt, pünktlich zu sein«, hörte ich sie sagen. Er entschuldigte sich, eilte zu mir, um mich zu begrüßen, und überreichte mir ein Geschenk.
Die ganze Familie und die Erwachsenen saßen in einem Teil, wo sie die Jugendlichen beim Bootfahren und Schwimmen beobachten konnten. Meine Geschenke türmten sich in einer Ecke neben der Tanzfläche. Daddy hatte es so arrangiert, dass die Jungen sich in der Garage umziehen und dort das Badezimmer benutzen konnten. Die Mädchen sollten ins Haus gehen.
»Komm mit«, sagte Chase, nachdem er Hose, Hemd und Schuhe ausgezogen hatte. Er trug die Badehose bereits darunter.
»Wohin?«
Er nahm mich bei der Hand, um mich von den anderen wegzuziehen. »Lass uns ein Ruderboot schnappen, damit wir ein paar Minuten alleine sind. Ich weiß, wie das ist, wenn eine Party zu deinen Ehren stattfindet. Das habe ich schon ein paar Mal erlebt«, prahlte er.
Natürlich stießen die Jungen ein Geheul aus, um uns zu ärgern. Meine Freundinnen lächelten wissend, als wäre jede von ihnen schon mit Chase Taylor in einem Ruderboot gewesen und wüsste, was unweigerlich geschehen würde. Es konnte aber nicht wirklich etwas passieren. Wir waren ständig im Blickwinkel der Familie und der Gäste.
Als wir ins Boot stiegen, schaute ich zum Floß hinaus und sah, dass Harley am Rand saß und uns beobachtete. Amber saß neben ihm. Selbst aus dieser Entfernung erkannte ich, dass sie verängstigt wirkte.
Chase sah sie erst, als er zu rudern begann und das Boot drehte.
»Was hat Hardly denn vor?«, fragte Chase. Er wusste, wie sehr es Harley ärgerte, wenn er ihn »Kaum« nannte, und er wusste auch, dass ich das nicht ausstehen konnte.
»Nenn ihn nicht so«, fauchte ich.
»Warum? Es passt zu ihm. Er ist kaum dies und kaum das«, erwiderte er lachend.
»Wenn du so viel hast, ist es doppelt schrecklich, sich über die lustig zu machen, die nicht genügend haben, Chase.«
»Okay, okay. Es tut mir Leid. Du hast Geburtstag. Deshalb werde ich nichts tun oder sagen, was dir auch nur einen unerfreulichen Augenblick bereiten könnte«, versprach er.
Er ruderte anmutig dahin. Das Spiel seiner Muskeln ließ uns scheinbar mühelos durch das Wasser gleiten. Ich sah, dass uns immer noch alle beobachteten.
»Vielleicht können wir später irgendwo hingehen, wo wir kein Publikum haben, hm? Dann kann ich dir angemessen zum Geburtstag gratulieren«, sagte Chase.
»Und was verstehst du genau unter ›angemessen‹?«
»Du wirst heute sechzehn!«
»Und?«
»He, lass mir noch ein paar Überraschungen übrig, hm?«, neckte er mich. Er hatte so ein hübsches Gesicht mit ebenmäßigen, weißen Zähnen und diesen Augen, die alle Farben um uns herum aufzunehmen schienen und durcheinander wirbelten wie ein Kaleidoskop. Jedes Mädchen müsste ein Herz aus Stein haben, um davon nicht geblendet zu werden.
»Jetzt mit fortgeschrittenem Alter bist du vermutlich alt genug, um richtige Erfahrungen mit der Liebe zu machen«, meinte er halb scherzend.
»Wie vielen Mädchen hast du das schon gesagt, Chase Taylor?«
Er lächelte. »Moi?« Er setzte eine verletzte Miene auf. »Keiner. Du bist die Erste«, versicherte er mir.
»Wenn Lügen deine Nase wachsen ließen, würdest du damit zehn Minuten, bevor der Rest von dir irgendwo ankäme, anstoßen«, sagte ich, und er lachte so heftig, dass er die Ruder ruhen lassen musste.
»Ich finde es wirklich Klasse, wie du die Dinge auf den Punkt bringst, Summer. Du lügst, was dein Alter anbelangt. Du musst älter als sechzehn sein. Niemand kann mit sechzehn schon so auf Draht sein wie du.«
»Mach ruhig weiter mit diesen Komplimenten«, forderte ich ihn auf. Er wurde tatsächlich rot.
»Das ist nicht nur eine Masche. Das glaube ich tatsächlich«, beteuerte er.
Er ließ das Boot treiben und rutschte herunter, so dass er auf dem Boden zu meinen Füßen saß.
»Sie können mich hier unten nicht sehen«, sagte er in verschwörerischem Ton und beugte sich vor, um mir die Zehen zu küssen.
»Hör auf«, quiekte ich, aber er hielt meinen Fuß an der Ferse fest und berührte die Unterseite der Wölbung mit der Zungenspitze. Das überraschte mich völlig, aber eine warme elektrisierende Woge stieg mein Bein hoch.
»Hör auf, sie können uns sehen.«
»Nein, können sie nicht. Tu einfach so, als würdest du dich unterhalten. Nick mit dem Kopf. Na los«, schlug er vor. Dann kniete er sich hin und schaute zum Ufer zurück und langte mit der anderen Hand über den Bootsrand, um die Wasseroberfläche zu berühren, während er mit der rechten Hand über die Innenseite meines Schenkels fuhr.
»Nicht, Chase.«
»Ich versuche doch nur, dir etwas besonders Gutes zu tun«, flüsterte er. »Es macht Spaß, das zu tun, während uns alle zuschauen. Sie können uns nicht sehen. Komm schon«, drängte er und stieß gegen meine Hand. »Ich sorge dafür, dass du dich toll fühlst.«
Ich schluckte den Kloß im Hals herunter und spürte, wie eine Hitzewelle über mir zusammenschlug.
»Nicht«, befahl ich viel entschiedener. »Es ist heiß. Lass uns schwimmen gehen.«
Ohne weitere Vorwarnung stand ich auf und tauchte vom Boot in den See. Er wirkte gleichermaßen schockiert wie enttäuscht. Ich schwamm in Richtung Floß.
»He«, rief er. »Was machst du da?«
»Fang mich doch«, forderte ich ihn heraus. Er setzte sich auf die Bank, tauchte die Ruder ins Wasser, drehte das Boot und startete in meine Richtung. Ich tauchte meine Hände tief ein, machte lange Züge und schwamm besser denn je. Schließlich gab Chase es auf, hinter mir herzurudern, und sprang hinter mir ins Wasser. Dort legte er ein olympiareifes Tempo vor. Ich erreichte gerade die Leiter des Floßes, als er mich einfing, an der Taille festhielt und daran hinderte, die Leiter hinaufzuklettern. Ich schrie auf, als er mich herunterzog. In dem Augenblick, als ich untertauchte, fuhren seine Hände über meine Taille und meine Brüste und zogen mir fast das Oberteil weg. Ich schoss hoch und spuckte das Wasser aus.
»Hör auf«, rief ich und kletterte die Leiter hoch. Dort rückte ich sofort mein Oberteil zurecht.
Harley lag auf dem Rücken, die Hände hinter den Kopf gelegt. Amber saß am Rand wie schon zuvor. Harley hatte ein Auge geöffnet und beobachtete mich.
Einige andere schwammen auch auf das Floß zu, als Chase mir folgte.
»Und was habt ihr beide so vor?«, fragte Chase mit sarkastischem Ton und lüsternem Lächeln, »und sagt bloß nicht, eigentlich nichts.«
Ich funkelte ihn wütend an.
Amber errötete bis hinab zu ihren Brüsten.
»Wir haben einfach mit klopfendem Herzen hier auf euch gewartet«, sagte Harley. Langsam drehte er sich um, um Chase anzuschauen.
»Etwas muss es doch zum Klopfen gebracht haben«, sagte Chase. Harley antwortete nicht. Amber schaute weg, und Chase ergriff die Gelegenheit, sie um die Taille zu packen und vom Floß zu schmeißen. Sie schrie auf, als sie ins Wasser fiel.
»Warum hast du das getan?«, schrie ich, weil sie mir Leid tat. Ich wusste, wie unsicher sie bereits war. Jetzt würde sie sich dumm vorkommen und verlegen fühlen, weil es direkt vor Harleys Augen passiert war.
Bevor ich ihn hindern konnte, drehte Harley sich um, trat Chase gegen die Beine und traf ihn an den Waden, dass er vorwärts taumelte, das Gleichgewicht verlor und selbst vom Floß fiel. Einige der Kids, die auf uns zuschwammen, lachten und neckten Chase, der wasserspuckend auftauchte. Er schwamm herum zu der Leiter und stieß Amber aus dem Weg.
»Fang bloß keinen Streit an«, rief ich, als er hochgestürmt kam.
»Ich fange überhaupt nichts an«, erwiderte er, »ich bringe es zu Ende.«
Er sprang Harley an, und die beiden rangen auf dem Floß. Jeder versuchte, den anderen über den Rand zu drängen. Ich schrie. Am Ufer kamen Onkel Roy und Daddy ans Wasser und riefen in unsere Richtung. Ich sah, dass Mommy um den Tisch herum auf sie zufuhr. Tante Glenda hielt den Kopf gesenkt.
Weder Harley noch Chase wollten aufhören. Chase war stärker und drängte Harley an den Rand des Floßes. Statt herunterzustürzen, biss Harley Chase in die Hand und zwang ihn so, seinen Griff zu lösen. Dann senkte er den Kopf und stieß Chase mit der Schulter in den Magen, dass er rückwärts stürzte, auf den Hintern knallte und beinahe über den Rand fiel. Gerade eben konnte er sich noch festhalten und verhindern, dass er ins Wasser fiel.
»Du Bastard!«, rief Chase.
»Hört auf!«, rief ich, so laut ich konnte. Harley warf mir einen Blick zu, machte einen Kopfsprung vom Floß herunter und schwamm in Richtung Ufer. Chase erlangte das Gleichgewicht wieder, richtete sich auf und betrachtete seine Hand.
»Mein Gott, dieses Mistvieh hat mich gebissen. Schau dir das an«, sagte er und zeigte mir seine Hand. Die Haut war aufgeritzt, es blutete leicht. »Ich muss mir eine Tetanusspritze geben lassen. Wer weiß, welche Krankheiten er hat?«
Die anderen trafen ein und waren geschockt vom Anblick von Chase’ Wunde.
»Du hast ihn provoziert«, sagte ich. »Jetzt schau dir die Bescherung an.«
Ich sprang ins Wasser und startete in Richtung Ufer. Amber folgte mir. Ich schwamm so schnell ich konnte, kam aber nicht rechtzeitig an, um Onkel Roy dran zu hindern, Harley einen heftigen Schlag zu verpassen. Ich hörte, wie er ihn anbrüllte, nach Hause zu gehen. Harley blieb einen Augenblick stehen, dann wirbelte er herum und ging schnell weg.
»Harley!«, rief ich. Er schaute sich nicht um.
»Roy, du warst zu hart zu ihm«, beklagte Mommy sich, als sie neben ihn und Daddy rollte.
»Das ist die einzige Sprache, die er versteht«, sagte Onkel Roy.
»Du weißt, dass das nicht stimmt, Roy. Ausgerechnet du solltest doch wissen, wie es ist, einen Vater zu haben, der nicht davor zurückschreckt, körperliche Gewalt anzuwenden.«
»Ja«, sagte Onkel Roy. Er schaute mich an, als ich noch im Wasser stand. »Tut mir Leid, Prinzessin. Ich habe ihm heute Morgen eine Lektion erteilt, aber das hat nichts genützt.«
»Es war nicht allein seine Schuld, Onkel Roy.«
»Es ist nie nur seine Schuld, aber irgendwie steckt er immer mittendrin.«
Er drehte sich um und ging zu den Tischen zurück. All das Gelächter und fröhliche Gerede, selbst die Musik schien plötzlich zu erstarren.
Ich schaute Mommy an, die sich zwang, mich anzulächeln.
»Lass es jetzt dabei bewenden«, sagte sie. »Jetzt ist nicht der rechte Zeitpunkt für so eine Unterhaltung.«
Ich nickte und warf einen Blick auf Amber, die mittlerweile neben mir stand und fast ebenso verzweifelt wirkte.
Wir schauten beide hinter Harley her, der das Haus erreicht hatte und hineinging. Die Fliegengittertür ließ er hinter sich zuknallen wie die Tür einer Gefängniszelle.
Daddy forderte die Musiker auf weiterzuspielen. Die Mitarbeiter des Partyservice gingen umher und boten den Erwachsenen Champagner und Wein an. Ich hörte ein lautes Lachen, das von Tante Alison kam.
Chase watete aus dem Wasser und hielt dabei seine Hand melodramatisch hoch, damit das Blut heruntertropfen konnte, wodurch es schlimmer aussah, als es war. Ich hörte, wie viele nach Luft schnappten. Daddy ging sofort zu ihm und nahm ihn mit ins Haus, um die Wunde zu desinfizieren und zu verbinden.
Manchmal reichen ein paar Sekunden, ein paar Augenblicke aus, um aus einem Tag voller Regenbögen einen Tag voller Blitze und Donner zu machen.
Wo war bloß der Zauber des Sees, als ich ihn am nötigsten brauchte?