Читать книгу Genesis - Veit Lindau - Страница 19

Nachdem wir deine kosmische Geschichte erforscht haben, begeben wir uns nun auf die alchemistische Ebene. Das heißt, wir verlassen den Raum dessen, was die Wissenschaft nachweisen und erklären kann, und wechseln in eine eher intuitiv erfahrbare Dimension deines Seins. Dies ist der psychologische Spiegel, in den ich dich bitte zu schauen.

Die Realität, in der wir uns jetzt gerade begegnen, ist dual konzipiert. Um mich in ihr zurechtzufinden, brauche ich zwei Pole. Dich und mich, das Schreiben und das Lesen des Buches, Vergangenheit und Zukunft, rechts und links, oben und unten. Religion und Philosophie haben sich sehr viel mit diesen Polen beschäftigt und dabei einige existenzielle Dualitäten herausgearbeitet, die immer wieder in den Schriften auftauchen.

Nichts und Alles. Licht und Dunkelheit. Sein und Werden. Gut und Böse. Angst und Vertrauen. Leere und Form. Yin und Yang.

Auch wenn es spirituelle Traditionen gibt, die die nonduale Einheit hinter der dualen Kulisse betonen und erfahrbar machen, etwa Advaita¹², brauchst du das Spiel dieser Pole, um dich zu orientieren oder mit anderen zu kommunizieren. Versuch mal, jemandem den Weg in einer fremden Stadt zu erklären, ohne auf die Worte rechts und links zugreifen zu können. Das Licht kann nur in einem Raum angehen, der vorher dunkel war. Du brauchst eine Vorstellung vom Bösen, um für dich Werte des Guten aufzustellen. In einem schöpferischen Prozess kreierst du etwas aus dem Nichts, was vorher so nicht da war. Das Spiel dieser Gegensätze erzeugt außerdem eine für unsere Entwicklung notwendige Reibungshitze. Sie bedingen sich. Im Herzen des einen liegt bereits die Saat des anderen. Deshalb siehst du auch in einem Yin-Yang-Zeichen einen weißen Punkt in der schwarzen Hälfte und einen schwarzen Punkt in der weißen Hälfte. Eine offensichtliche Polarität in diesem Buch sind natürlich Mann und Frau, die sich als Menschen gegenüberstehen. Wenn wir nach innen schauen, begegnet sie uns in jedem Menschen als ein Tanz weiblicher und männlicher Qualitäten wieder. Doch wenn wir hier noch tiefer schauen, entdecken wir die Wirkkräfte einer existenziellen Dualität, die bereits durch viele Philosophen, aber auch in Märchen und Gedichten beschrieben wurde – Eros und Logos.

Was haben Eros und Logos mit dir zu tun? Nun, ob du willst oder nicht, sie wirken in dir. Dies ist natürlich keine wissenschaftliche Erklärung, sondern eine Metapher, mit der ich es am besten erklären kann: Eros und Logos sind zwei universelle Wirkungskräfte, die das Universum in jede Zelle deines Körpers und tief in dein Bewusstsein verwoben hat, um sicherzustellen, dass du nicht einschläfst, sondern dass du dich weiterentwickelst und gleichzeitig immer wieder zu deinem Zuhause zurückfindest.