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Ein feuchtwarmer Umschlag

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Die Kinder gingen sehr rasch in Richtung «Goldener Schwan», der sieben Häuserblocks vom Freibad «Drei Anker» entfernt lag. Eddie hatte sich seine nasse Badehose wie eine Mütze auf den Kopf gelegt. Es roch nach Spätsommer und fast reifen Äpfeln, als sie an den Gärten der Villen vorbeikamen, aber auf dem Hinterhof vom «Goldenen Schwan» schlugen ihnen andere wohl bekannte Düfte entgegen. Fischkisten, Krabbenschalen, leere Bierflaschen, gemischt mit dem Geruch von Hunde- und Katzenpipi, gaben dem Hinterhof des Restaurants seine ganz besondere Note. Mimi zog die Nase kraus, aber Arne und Eddie holten tief und wollüstig Luft und betrachteten neugierig all die alten Tonnen, Flaschen und Kisten.

Die schmale schwarze Eisentreppe mit den zerbrochenen Stufen war ganz glitschig. Sie mussten sich gut am Geländer festhalten, damit sie nicht hinfielen. Eddie war froh, dass er sich mit der Badehose den Kopf kühl hielt, während er die glatte, schmale Treppe hinaufkletterte.

In der Küche ging es lebhaft wie immer zu. Roberto stand an dem einen großen Herd und briet Steaks, dass das Fett nur so spritzte. Rodolfo war dabei, rosa Lachs zu schneiden. Die Scheiben formte er zu kleinen Rosen, in die er Dillzweige steckte. Und als die Kinder gerade in die Küche kamen, wurde die Schwingtür, die ins Restaurant führte, aufgestoßen. Elin stürzte mit einem Haufen schmutziger Teller herein. Als sie Mimi entdeckte, freute sie sich so, dass sie fast das Geschirr fallen gelassen hätte.

«O Mimi, wie schön! Und Eddie und Arne hast du auch mitgebracht. Habt ihr Hunger? Habst ihr gebadet? Wollt ihr Lasagne haben? War das Wasser kalt? Hast du Papa getroffen? Vielleicht möchtet ihr lieber Erbsensuppe haben?»

«Lasagne!», riefen Arne und Eddie wie aus einem Mund.

Roberto schüttelte seinen Kopf, sodass ihm die Kochmütze verrutschte, aber er lächelte.

«Was für ein Glück für dich, Elin, dass der Chef heute verreist ist», sagte er.

«Ach, der», sagte Elin. «Übrigens haben es sich die Gäste von Tisch fünf anders überlegt. Sie möchten lieber gebratenen Hering statt Steak.»

Roberto stöhnte. Düster betrachtete er die Steaks, die in den Zwiebeln lagen und vor sich hin zischten. Aber dann leuchtete sein Gesicht auf.

«Möchtet ihr vielleicht Steaks haben, Kinder? Schnell her mit den Tellern!»

Er schob die Steaks auf einer Platte herüber.

«Wir sollten doch Lasagne kriegen, Mama», wandte Mimi ein.

«Still», sagte Arne entschieden. «Sonst ess ich dein Steak auch noch auf.»

Roberto lachte dröhnend, rückte sich die Kochmütze zurecht und begann pfeifend, Heringe in einer anderen Pfanne zu braten.

Arne und Eddie hatten schon längst angefangen zu essen, als Mimi sich endlich an den Tisch setzte. Sie hatte erst einmal eine Serviette unter ihrem Teller ausgebreitet.

Glücklich betrachtete Elin die Jungen.

«Meine Güte, was ihr alles verdrücken könnt, Jungs», sagte sie. «Es ist eine Freude, euch zuzusehen.»

«Ja, ja, kleine Mama», ärgerte Rodolfo sie und streichelte ihr über den Kopf.

«Pass auf, meine Frisur!», jammerte Elin.

«Frisur!», rief Mimi. «Mama, jetzt hör aber auf!»

Müde sank Elin auf einen Hocker. Plötzlich wandte sie sich zu Eddie um.

«Aber, mein Kleiner, was um alles in der Welt hast du da denn auf dem Kopf?»

Eddie wurde knallrot und hörte auf zu essen.

Arne riss ihm die Badehose herunter.

«Musst du diesen blöden Bibi auf dem Kopf haben?», fauchte er. «Hast du denn überhaupt keine Tischmanieren?»

«Den hat er schon auf, seit er hier ist, verstehst du», sagte Roberto prustend. Er sprach immer noch mit italienischem Akzent, obwohl er schon acht Jahre beim «Goldenen Schwan» in Schweden arbeitete.

Alle lachten, nur Eddie nicht. Der saß da und stocherte in seinem Essen herum.

Elin musste sich am Kühlschrank festhalten, damit sie nicht umfiel, so witzig fand sie das alles.

«Er hat einen Bibi auf dem Kopf», sagte Arne lachend. Aber in dem Augenblick bemerkte er, dass Eddie traurig war.

Arne wurde sofort ernst.

«Worüber lacht ihr?», brüllte er und warf Elin, Mimi, Roberto und Rodolfo bitterböse Blicke zu. «Seid ihr verrückt, oder was? Eddie hat sich am Kopf verletzt.»

«Hab ich das?», piepste Eddie und starrte seinen großen Bruder mit dunkelblauen runden Augen an.

«Er hat sich am Kopf verletzt, als ihm ein dicker Mann im Nichtschwimmer auf den Kopf gesprungen ist», erklärte Arne mit geheimnisvoller Stimme. «Und der Arzt bei den ‹Drei Ankern› hat ihm einen feuchtwarmen Umschlag gemacht. Das ist gut gegen Verletzungen.»

Roberto wandte sich wieder seiner Heringsbraterei zu.

«Gibt’s einen Arzt bei den ‹Drei Ankern›?», fragte Rodolfo.

Arne sah ihn verächtlich an.

«Das ist doch wohl klar. Die Ärzte müssen doch auch baden, damit sie richtig sauber sind, wenn sie in den Wunden von Leuten herumkratzen. Die Leute verletzen sich doch ständig, weißt du.»

«Jetzt hör aber auf, Arne», sagte Elin ein bisschen streng und nahm Roberto den Teller mit den gebratenen Heringen ab.

Dann verschwand sie durch die Pendeltür.

«Ja, beim Essen redet man nicht», sagte Mimi mit gewichtiger Stimme.

Eddie hatte sich erholt und sein Steak aufgegessen. Er drehte sich zu Roberto um.

«Krieg hich noch heins, wenn hich Harne die Hälfte habgeb?», fragte er.

«Rede ordentlich!», sagte Arne. «... wenn hich Harne die Hälfte habgeb?», ahmte er ihn mit alberner Stimme nach.

«Harne die Älfte habgeb», sagte Eddie mürrisch.

Aber jetzt fing Mimi an zu lachen, dass sie sich verschluckte, und die ganze Mahlzeit endete in einem ziemlichen Durcheinander.

«Hier geht’s ja schlimmer zu als in Italien», sagte Roberto stöhnend. «Jetzt müsst ihr aber verschwinden, damit wir in Ruhe arbeiten können.»

Elin war mit neuen Bestellungen und gestresster Stirn in die Küche zurückgekehrt. Sie umarmte Mimi, Arne und zuletzt Eddie, als ob sie sie mindestens drei Wochen nicht wieder sehen würde.

«Hachte hauf Heddie», sagte Mimi kichernd. «Er hat sich doch verletzt.»

Da riss Eddie sich aus Elins Arm los, holte seine Badehose, die er auf dem Stuhl vergessen hatte, tauchte sie in das Abwaschbecken mit Wasser für benutzte Bratenplatten und setzte sie sich wieder auf den Kopf.

«Jetzt kann hich wieder hordentlich denken», sagte er zu sich selbst, als er hinter den anderen her über den Hof vom «Goldenen Schwan» lief.

Eddie und Maxon Jaxon

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