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Einleitung

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Im Februar bis Mai 2001 wirkte ich als Schauspieler in der Inszenierung „Diener zweier Herren“ von Carlo Goldoni in der Regie von Hansgünther Heyme mit. Diese Inszenierung fand als Koproduktion des Théâtre National du Luxembourg und der Ruhrfestspiele Recklinghausen statt und kam am 1. April 2001 in Esch/Belval (Luxemburg) und am 13. Mai 2001 in Recklinghausen zur Aufführung.

Die Arbeit mit Hansgünther Heyme wurde die bisher größte Herausforderung meiner künstlerischen Arbeit am Theater. Ich ahnte das und führte während der Probenarbeit ein ausführliches Arbeitstagebuch in der Erwartung, dass es mir für meine anstehende Diplomarbeit nützliche Dienste erweisen würde.

Das erste Zusammentreffen mit Hansgünther Heyme fand auf Initiative unseres Mentors Prof. Gerhard Neubauer im Jahre 1998 statt. In Lausanne besuchte unser Jahrgang Heymes aktuelle Inszenierung „Ion“ von Euripides, und zudem spielten wir ihm vor Ort unsere Monologe vor. Wenige Wochen später leitete er an unserer Schule ein Schiller-Seminar, in dem wir Texte aus dem nahezu unbekannten „Warbeck“-Fragment Friedrich Schillers erarbeiteten. In sieben Tagen eröffnete sich den teilnemenden Studenten eine bis dahin in dieser Intensität nicht gekannte Arbeitsweise. Textarbeit in allen Facetten. Der Sinn, die Gedanken, Sprache und das Sprechen der Textfragmente, vor allem am Tisch hinterfragt, bedingten die Haltungen und Vorgänge auf der Bühne, und diese schienen wie von selbst zu entstehen. Das erste Treffen stand also schon unter einem guten Stern.

Fast zwei Jahre später kam es dann zur Arbeit am „Diener“. Zusammen mit Ingrid Lang, die die Beatrice spielte, Kerstin Lange und Jörg Petzold, besetzt für Clarice und Silvio, fand ich mich in Luxemburg ein, um mit Heyme meine Figur des Florindo zu erarbeiten. Wir vier waren, bis zu diesem Zeitpunkt noch Studenten der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig und an den Schauspielstudios der Theater in Dresden und Weimar engagiert.

Während meiner Tagebucheinträge stellte sich mir immer wieder die gleiche Frage: Wie erlangt man eine gewisse Spielruhe, ein Niveau der Gelassenheit auf der Bühne oder jene Schauspiel-Souverenität, die es einem erlaubt, die „geteilte Aufmerksamkeit“ entstehen zu lassen? Wenn ich genauer nachdenke, war das eigentlich schon ziemlich früh eine wichtige Frage während meiner Ausbildung, aber im „Diener“-Arbeitsprozess kam sie intensiver und häufiger als bisher ins Bewusstsein. Der Regisseur Heyme hat sie jedenfalls in besonderem Maße und, wie ich mir vorstelle, bewusst und lustvoll provoziert.

Als ich mit meinem Mentor Prof. Gerhard Neubauer ein erstes Gespräch zur Diplomarbeit führte und ihm mein Grundproblem schilderte, empfahl er mir die Lektüre der Erzählung „Im Wirbel des Maelström“ von Edgar Allen Poe, in der ein Fischer mit seinem Boot auf der Suche nach reichen Fischfanggründen in einen gewaltigen Meeresstrudel gerät, aus dem er sich nur befreien kann, weil er nicht in Panik verfällt, sondern in gänzlicher Wachheit das ihn umgebende Chaos, bzw. todbringende Phänomen beobachtet und die Funktionsweise des Wirbels erkennt. Die rasche Nutzung dieser Erkenntnis rettet ihm schließlich das Leben.

In meiner vorliegenden Arbeit möchte ich einen Bezug von meinen Erfahrungen aus der „Diener“-Schauspielarbeit zu den Phänomen eines Wirbels herstellen, wie er in Poes Erzählung geschildert wird, wobei ich die zerstörerische Wirkung eines meteorologischen Wirbels (Cyklone, Orkane, Tornados) oder eines todbringenden Meeresstrudels, wie er bei Poe beschrieben wird, hier ausblenden will. Mich interessieren im speziellen die auftretenden Kräfteverhältnisse, die Verwirbelungen im Wirbel, der Sog und, wie sollte es anders sein bei diesem Bild, das Geheimnis um das „Auge“ des Wirbels, die rätselhafte Mitte, in der alles zur Ruhe (?) gelangt.

Der Schauspieler im Maelström

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