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4. In den Deimon-Bergen
ОглавлениеBei einem seiner Besuche auf dem Holmhof traf er 'Onkel Roger' und 'Tante Nadine'. Roger Hartfort war ein dunkelhäutiger Engländer, Nadine Delmar eine sehr hellhäutige, rothaarige Französin. Sie bewirtschafteten einen Hof in den Deimon-Bergen. Gleichzeitig führten sie dort auch einen Gasthof für Reisende, die über die Deimon-Berge in das Noirau-Tal unterwegs waren. Ihr Hof lag eine Tagesreise (mit dem Sassol-Wagen) von Wassenpol entfernt.
Die beiden waren Aussteiger, allerdings hatten sie den Ausstieg erst nach ihrer Ankunft in Sequitanien geschafft. Roger Hartfort war ein erfolgreicher Ingenieur in der Luft- und Raumfahrt-Industrie gewesen, ein Überflieger, für den die Arbeit immer im Lebensmittelpunkt gestanden hatte, ehe er mit 44 Jahren einen Herzinfarkt erlitt. Als er im Krankenhaus lag, hatte er endlich gemerkt, dass seine Ehe nur noch auf dem Papier bestand. Sein Arbeitgeber hatte ihm hoch und heilig versichert, dass man selbstverständlich auch in Zukunft noch Verwendung für ihn haben würde. Doch gleichzeitig hatte man seine Stelle mit einem jüngeren Kollegen (und Konkurrenten) neu besetzt.
Als er aus dem Krankenhaus in die Reha kam, wurde ihm klar, dass seine Zukunft hinter ihm lag. Von einem Waldspaziergang war er nicht in die Klinik zurückgekehrt, sondern stattdessen in Sequitanien gelandet.
Madame Delmar hatte in einer PR-Agentur gearbeitet, war nicht verheiratet, aber mit einem der Partner der Firma liiert, seit Jahren. Der hatte ihr den Laufpass gegeben, wegen einer Jüngeren natürlich. Anstatt das hinzunehmen, hatte sich das Leben nehmen wollen. Sie war zu einer hohen Brücke unterwegs gewesen, von der sie sich hatte hinabstürzen wollen. Unterwegs war sie in einen derart dichten Nebel geraten, dass sie bei einer Autobahnraststätte angehalten hatte. Sie hatte, ähnlich wie später Georg Milden, im Nebel einen Körper auf dem Parkplatz gesehen und war ausgestiegen, um nachzusehen. So war sie in die Pforte geraten und in Wassenpol angekommen. Auch sie hatte eine erste Zuflucht bei Ingrid Hansson gefunden, die damals gerade erst ihre Gaststätte eröffnet hatte.
Der Brite und die Französin hatten sich zufällig in Geerenfurt getroffen, der Hauptstadt der Provinz. Und jeder hatte für sich beschlossen, in Sequitanien nicht wieder Karriere machen zu wollen. Vielmehr hatten sie sich einen entlegenen Winkel gesucht, diesen in den Deimon-Bergen gefunden und sich dort niedergelassen. Es hatte an der Stelle schon einmal ein Gasthaus gegeben, das jedoch aufgegeben worden war. Sie hatten es wieder hergerichtet und boten den Reisenden auf ihrem Weg durch den Wald Herberge.
Als Georg Milden sie gut eine Woche nach seinem Eintreffen in Sequitanien auf dem Holmhof traf, waren sie sehr interessiert an seinen ersten Erfahrungen und luden Georg Milden zu sich in den Deimon-Wald ein. Und zwei Tage später traf ein Händler aus dem Noirau-Tal in Wassenpol ein, der Georg Milden eine Botschaft der beiden überbrachte. Er solle doch, wenn er wolle, am nächsten Tag mit dem Händler in den Deimon-Wald kommen, um ein paar Tage bei ihnen zu verbringen. Und Georg Milden wollte. Er gab Ingrid Hansson Bescheid, dass er für einige Tage verreisen würde, danach aber erst mal zu ihr zurückkehren wolle.
Früh am nächsten Morgen brach der Händler mit seinem Wagen, der wie üblich von zwei kräftigen Sassols gezogen wurde, zu seiner Fahrt auf. Er hatte Lederwaren mitgebracht und transportierte auf dem Rückweg Obst und Gemüse ins Noirau-Tal.
Sassols waren kräftige Tiere, wenn auch nicht besonders schnell. Gemächlich, aber mit gleichmäßigem Tempo trotteten sie voran. Bald schon rollte der Wagen am Holmhof vorbei. Dahinter stieg der Weg langsam an. Zunächst kamen sie noch an Feldern und Weiden vorbei, aber bald danach erreichten die Reisenden die Ausläufer des Deimon-Waldes.
In den vergangenen Tagen hatte Georg Milden einmal die Gelegenheit gehabt, Holzfäller in den Wald außerhalb Wassenpols zu begleiten. Und er hatte bereits festgestellt, dass die Wälder in Sequitanien sich sehr von denen in Anderland unterschieden. Die offene Landschaft mit Wiesen und Felder ähnelte den Wiesen und Feldern zu Hause, wenn man nicht zu genau hinsah. Aber der Wald verströmte einen besonderen Zauber. Die Bäume waren riesig, mit gewaltigen und hohen, aber knorrigen und verdrehten Stämmen. Hoch über dem Boden erstreckten sich ihre gewaltigen Kronen mit mächtigen Ästen und großen Blättern, durch die nur einzelne Sonnenstrahlen ihren Weg zum Waldboden fanden.
Auf dem Boden wuchsen mächtige farnähnliche Pflanzen und Ranken mit gewaltigen Blüten. Überall flogen Scharen von Insekten, einige mit großen, silbernen Flügeln, die glänzten, wenn sie durch die Sonnenstrahlen flogen. Am faszinierendsten waren aber Tiere, die wie Riesenlibellen aussahen, mit Flügeln groß wie Handteller. Sie erinnerten ihn an Elfen aus Märchen und Geschichten daheim. Sie waren nicht ganz so häufig wie diese Silber-Insekten, aber es waren doch immer noch ziemlich viele.
Der Händler war nicht sehr gesprächig, was Georg Milden sehr recht war, weil er so die Fahrt und die Eindrücke genießen konnte. Sie hielten zum Mittagessen nicht an. Der Händler hatte Reiseproviant für sich mitgenommen, und Ingrid Hansson hatte ihrem Gast Brot mit kaltem Zurtenbraten und Gemmelmilch-Käse eingepackt. Die beiden Reisenden aßen während der Fahrt auf dem Wagen, während die Sassols scheinbar unermüdlich weitertrotteten.
In den Tagen seit seiner Ankunft hatte sich Georg Milden an den Anblick dieser seltsamen, aber gutmütigen Tiere gewöhnt, ebenso an ihren eigentümlichen rollenden Gang. Sie schritten mit ihren vorderen, relativ schwachen Beinen so weit aus wie möglich und zogen dann unter Nutzung ihrer kräftigen Hinterbeine das Gewicht, wobei die Hufe der Hinterbeine fast die der vorderen Beine berührten. Dann ging das Spiel von vorne wieder los.
Unterwegs begegneten sie zwei Wagen, die ihnen entgegenkamen, ansonsten wirkte der Deimon-Wald menschenleer. Aber andere Lebewesen machten sich um so mehr bemerkbar. Sie hörten das Zirpen und Surren von Insekten und gelegentlich das schrille Schreien eines Waldtieres, das Georg Milden nicht zuordnen konnte. Es gab kein Vogelgezwitscher. In der Tat hatte der Anderländer seit seiner Ankunft auch noch keiner Vögel gesehen, sah man einmal von den Kukidoren ab, und die konnten nicht fliegen.
Es war schon dunkel, als sie endlich den Gasthof 'Deimon-Schenke' erreichten. Der Gasthof lag in einer Mulde zwischen zwei Hügelzügen auf einer großen Lichtung. Im Mondlicht (des einen der beiden Monde, der gerade am Himmel stand) konnte Georg Milden ausgedehnte Weiden erkennen, auf denen Tiere standen. Dabei handelte es sich um Sassols und einige kleinere Tiere, die er in der Dunkelheit nicht erkennen konnte.
Hinter den Gebäuden befand sich ein relativ großer Garten. Nah am Weg stand ein zweistöckiges großes Haus, dahinter befanden sich Stallungen und Schuppen. Vor dem Haus sah er drei Wagen ohne Zugtiere, aber beladen mit Waren. Die Sassols, die zu den Wagen gehörten, standen jetzt wohl auf der Weide und genossen ihren eigenen Feierabend.
Der Händler gab seinem Mitfahrer zu verstehen, dass er sich erst um die Sassols kümmern müsste. So nahm Georg Milden sein Bündel, stieg ab und betrat die Gaststube, in der ein paar Gäste saßen. Diese löffelten aus großen Keramikschüsseln einen Eintopf, der ganz nach Flappich mit Zurtenfleisch aussah. Nadine Delmar hatte ihren Gast gleich erkannt, als er durch die Tür kam, und ging ihm entgegen. Ihr Lebensgefährte war nirgends zu sehen, und eine junge Frau stand hinter der Theke. Ganz Französin küsste Madame Delmar den Besucher auf beide Wangen.
'Ich freue mich, dass Du gekommen bist. Willkommen in der Deimon-Schenke, Georg!' 'Danke, ich freue mich, dass ich kommen durfte'. 'Komm, ich zeige Dir Dein Zimmer, und dann bekommst Du erst einmal etwas zu essen. Du musst müde sein.' 'Nur ein bisschen, die Fahrt hierher war interessant. Ich fühle mich immer noch, als ob ich im Abenteuerurlaub bin, in einem exotischen Land.' Madame Nadine lachte. 'Exotisch? Das kann ich verstehen. Roger ist noch in unserer Käserei, wir machen unseren eigenen Käse. Ich bin gespannt, wie er Dir schmeckt.'
Das Zimmer befand sich im Obergeschoss, und man musste über eine Außentreppe zur Latrine hinuntersteigen. Das Fehlen vernünftiger Toiletten war der Aspekt des Lebens in Sequitanien, der Georg Milden am wenigsten zusagte. Ansonsten war die Kammer einfach, aber sauber, ganz wie in Ingrid Hanssons Gasthaus in Wassenpol. Er legte sein Bündel ab, wusch sich in einer Schüssel mit Wasser die Hände und stieg dann mit der Wirtin zusammen wieder hinunter.
'Ich vermute einmal, dass Du noch oft genug Flappich-Eintopf essen wirst. Komm!' Sie führte ihn ein kleineres Zimmer neben der Gaststube, in dem ein Tisch und ein paar Stühle standen sowie ein Geschirr-Schrank. Der Gast nahm Platz, und die Hausherrin verschwand wieder. Wenig später kam der Hausherr, begleitet von der jungen Frau aus der Gaststube. Diese brachte ein großes Tablett mit Brot, Butter, Braten und verschiedenen Sorten Käse, dazu eingelegtes Gemüse von einer Sorte, welche der Gast aus Anderland noch nicht kennengelernt hatte.
Roger Hartfort hielt eine Flasche mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit in der Hand, dazu zwei Gläser. Er wartete, bis die Frau den Tisch für den Gast gedeckt und den Raum wieder verlassen hatte. Dann schenkte er ein und schob dem Gast eins der Gläser zu. 'Zum Wohl, mein Freund. Ich freue mich, dass es mit Deinem Besuch geklappt hat.' Sie tranken einander zu, und Georg Milden konzentrierte sich dann auf das Essen. Er lobte den Käse, was seinen Gastgeber sichtlich stolz machte. 'Alles selbst hergestellt, der milde ist aus Gemmel-Milch, der kräftigere aus Faesol-Milch.' Georg Milden sah ihn fragend an, und sein Gastgeber musste lachen. 'Klar, Faesols hast Du noch nicht gesehen. Sie sind mit den Sassols verwandt und sehen ähnlich aus, sind aber kleiner, und ihr Fell ist weicher. Man nimmt ihr Fell deshalb auch zur Herstellung von Wolle.'
Der Besucher murmelte eine unverständliche Bemerkung, die Interesse zeigen sollte, und sein Gastgeber lachte. 'Ja, Du siehst, aus mir ist ein Bauer geworden. Wir halten unser eigenes Vieh, Zurten, Gemmel und Faesols, dazu natürlich zwei Sassols für den Wagen. So stellen wir unseren eigenen Käse her. Ein befreundeter Fleischer kommt regelmäßig und schlachtet für uns. Meine ehemaligen Kollegen würden wahrscheinlich die Nase rümpfen, aber für mich ist das Leben hier im Daimon-Wald die Erfüllung. Eine zauberhafte neue Welt.'
'Du sagst zauberhaft, heißt das, dass es hier Magie gibt? Ich meine, im Wald?' Roger Hartfort schien ihn nicht zu verstehen. 'Also ich meine, als wir durch den Wald gefahren sind, auf der Fahrt hierhin, das sah alles so anders aus, wie verwunschen, wie die Kulisse zu einem Fantasy-Film. Und dann diese seltsamen Rieseninsekten, wie Elfen.' Jetzt verstand sein Gastgeber, worauf der Besucher hinaus wollte.
'Ach, so meinst Du das. Du willst wissen, ob es hier Elfen gibt, Kobolde, Drachen, Zauberwesen? Na ja, die Tierwelt ist schon ziemlich eigenartig, aber Zauberwesen sind das nicht. Diese Sisteken, so nennt man hier diese komische Mischung aus Libelle und Vogel, sind ganz bestimmt keine Elfen. Es sind übrigens ziemlich dumme Viecher. Du wirst keine Drachen in irgendwelchen Höhlen finden und keine Hexenhäuschen mit bösen Zauberern. Wenn Du Pech hast, brichst Du Dir den Bein, und einige der Tiere können durchaus gefährlich sein, wenn sie Dir im Wald im Dunkeln bemerken. Aber verwunschen ist der Deimon-Wald nicht und auch kein anderer Wald hier in Sequitanien. Obwohl, früher, vor vierzig, fünfzig Jahren, da sind hier noch ie Ausgeschlossenen herumgestreift. Sie haben sich im Wald versteckt und die Höfe der Umgebung überfallen, sogar Dörfer. Aber sie sind schließlich vertrieben worden. Du hast von den Ausgeschlossenen gehört?'
Georg Milden nickte. 'Sie wurden erwähnt, eher beiläufig. Waren das nicht Kriminelle?' 'Ja, gewissermaßen. Und wieso waren?' Es gibt sie noch, aber nicht mehr in der Nähe der sogenannten anständigen Leute.'
Roger Hartfort nahm einen Schluck aus seinem Glas. 'Du musst wissen, es gibt gar nicht so viel Kriminalität in Sequitanien, und dafür gibt es gute Gründe. Auf der einen Seite gibt es keinen Mangel, so dass jeder das hat, was er zum Leben braucht. Und wenn Du mit Deiner Hände Arbeit nicht genug verdienst, gehst Du für einen Tag ins Bergwerk. Andererseits gibt es aber auch keinen Reichtum, und es gibt auch keinen technischen Fortschritt. Jeder hier fährt Sassol, niemand Rolls Royce. Es gibt keine Telefone, also auch keine Smartphones. Auf den Punkt gebracht, Du findest hier kaum soziale Gegensätze. Für Verbrechen aus Frust, Neid oder Ressentiment gibt es daher keinen Grund. Aber das heißt nicht, dass alle Menschen hier gut sind. Es gibt Menschen, die aus lauter Bosheit, ihren Mitmenschen Schaden zufügen. Diese schließt man aus der Gesellschaft aus.'
'Und wohin steckt man sie? Denn es gibt ja wohl keine Gefängnisse?' ''Theoretisch gibt es die Todesstrafe, aber nur für ganz schwere Verbrechen. Und ich kenne keinen Fall aus den letzten Jahren, in dem die Todesstrafe tatsächlich verhängt worden wäre. Man schließt die Verbrecher aus der Gesellschaft aus. Früher wurden sie einfach aus dem Dorf oder der Stadt gejagt. Dann haben sich einige von ihnen zu Banden zusammengeschlossen, die immer weiter anwuchsen und immer mächtiger wurden. Am Ende waren weite Landstriche nicht mehr sicher. Und wie ich sagte, der Deimon-Wald war ein Zufluchtsort für diese Gesetzlosen.'
'Was ist dann passiert?' 'Die Leute in den Dörfern sind ihren Lords aufs Dach gestiegen und die ihrerseits dem König. Der König hat die Lords ermächtigt, Schwertmeister zu rekrutieren.' 'Moment, wer oder was sind Schwertmeister? Sind das die Typen, die ich bei Lord Firrenbrock gesehen habe, die mich zur Mine gebracht haben?'
'Unwahrscheinlich, das waren wahrscheinlich die Schwertträger des Lords, so Art Polizei und örtlicher Sicherheitstruppe. Die Schwertmeister sind Spezialisten des Schwertkampfes, trainiert von anderen, älteren Meistern. Nur ausgesuchten Männern und Frauen tadellosen Charakters wird es gestattet, sich der Schwertmeisterzunft anzuschließen und zwar erst nach einer Art Charaktertest durch einen amtlich bestellten Magier.'
Georg Milden dröhnte der Kopf. Er hatte Probleme, die Dinge alle in die richtige Ordnung zueinander zu bringen. Was war da schon wieder mit den Magiern? Und 'amtlich zugelassen', was bedeutete das denn?
Aber Roger Hartfort war schon mit seinen Erklärungen fortgefahren. 'Jedenfalls, die Lords riefen das Aufgebot aus. Die Bauern schlossen sich den Lords und ihren Schwertträgern an, mit Mistgabeln, Sensen, Äxten und was sie sonst noch so hatten. Und die meisten Schwertmeister des Reiches machten sich ihrerseits auf in die Provinzen des Reiches, wo gekämpft wurde. Einer der Vorgänger des heutigen Lord Firrenbrock durchkämmte mit 500 Männer und Frauen, so heißt es, den Deimon-Wald. Es muss dabei jede Menge Blut geflossen sein, kaum zu glauben heute, aber wahr. Wer nicht getötet wurde, fiel in Gefangenschaft. Die Überlebenden aus dem ganzen Reich wurden in das Ödland hinter dem Dämmernis-Fluss jenseits der östlichen Grenze verbannt. Und da schickt man sie bis heute hin. Neuerdings kommen einige wohl wieder über den Dämmernis-Fluss zurück und treiben in den Grenzprovinzen ihr Unwesen. Aber das ist überhaupt kein Vergleich zu dem, was früher hier los gewesen sein muss.'
Der Gast hatte noch viele Fragen. Aber die lange Reise, das gute Essen und der schwere Wein (wenn man das Getränk denn als Wein bezeichnen konnte) hatten dafür gesorgt, dass Georg Milden ziemlich müde war. Er bedankte sich bei seinem Gastgeber für dessen Gastfreundschaft und ging dann ins Bett.
Dort schlief er gut und fest. In der frischen Bergluft war es nachts ziemlich kalt, auch in seinem Zimmer. Aber das Bett hatte eine dicke Federdecke, wenn denn Federn da drin gewesen sein sollten und nicht etwa Sassolhaare oder was man sonst hier verwendete. Auf jeden Fall hielt ihn das Oberbett warm, und er schlief durch bis zum Morgen. Es war schon hell, als er aufwachte, aber noch empfindlich kalt, als er sich zur Außenlatrine begab.
Weniger später saß er gewaschen und angezogen in der Gaststube. Von seinen Gastgebern war nichts zu sehen, diese waren wohl schon bei der Arbeit, vielleicht Gemmel melken. Georg Milden hatte keine Ahnung vom Arbeitsrhythmus sequitanischer Bergbauern. Die junge Frau, die schon am Vortag in der Gaststube gewesen war und ihm das Abendessen gebracht hatte, bediente ihn. Sonst war die Gaststube leer, die anderen Reisenden waren wohl bereits zu ihrem jeweiligen Ziel aufgebrochen. Das Frühstück bestand aus Brot und einem Käseomelett, sowie einer großen Portion von dem sauer eingelegten Gemüse, in dem er unter anderem Flappich-Stücke erkannte. Aber es schmeckte ihm.
Nach dem Frühstück trat Georg Milden vor die Tür. Die Wagen, die am Vortag dort gestanden hatten, waren in der Tat bereits fort. Auf der Weide sah er Gemmel und Zurten. Er ging um das Haus herum und sah jetzt im hellen Sonnenschein zum ersten Mal deutlich, wo er war. Das Anwesen befand sich in einer großen Senke zwischen zwei Hügelrücken. Die Senke selbst war gerodet, jenseits des Hauses erstreckten sich Weiden bis an den Waldrand. In der Mitte befand sich ein großer Teich, durch den ein Bach hindurch floss. Auf den Weiden hinter dem Hof konnte er jetzt die Faesols bewundern, die in der Tat aussahen wie zu klein geratene Sassols.
Hinter dem Haus stand ein kleineres Steinhaus, und langsam schlenderte der Besucher hinüber. Die Tür stand offen, und vorsichtig sah Georg Milden hinein. In einem großen Zimmer, das fast das gesamte Gebäude einnahm, saß Nadine Delmar und spann Wolle aus einem Material, das offensichtlich Faesol-Fell war. Sie nickte ihm freundlich zu und lud ihn ein hereinzukommen. In einer Ecke lagen große Woll-Spulen, vom anderen Ende des Zimmers aus führte eine Tür in einen Nebenraum. Die Tür stand offen, und man konnte die Berge von Faesol-Fell sehen, die darauf warteten, verarbeitet zu werden.
Die Frau erkundigte sich nach seinem Befinden und war zufrieden, als sie hörte, dass er offensichtlich gut versorgt war. Während der ganzen Zeit unterbrach sie das Spinnen nicht. Der Gast erfuhr von der Frau, dass ihr Lebensgefährte zu einer Außenweide gefahren war, um Gemmel zu melken, und gegen Mittag wieder zurück sein würde. Eigentlich hätte er den Gast gerne mitgenommen, aber da er noch geschlafen hatte, wollte man seine Ruhe nicht stören.
Georg Milden versicherte ihr, dass er sich sehr gut selbst beschäftigen könne und beabsichtige, etwas spazieren zu gehen. Sie mahnte ihn, darauf zu achten, sich nicht zu verirren und nicht von den Wegen abzuweichen.
Den Rest des Vormittages verbrachte der Besucher dann damit, die Umgebung zu erkunden. Er folgte zunächst der Straße und ging ein Stück auf ihr entlang, kein Mensch war zu sehen, und auch kein Wagen. Dann fand er einen Weg, der in den Wald hinein führte. Er vermutete, dass dieser von Waldarbeitern angelegt worden war, denn er konnte sich nicht vorstellen, dass hier irgendjemand Wanderwege für Touristen angelegt hätte.
So ganz wohl war ihm nicht, denn mochte der Wald auch nicht verzaubert sein, er war ihm unbekannt. Und der Mann aus Anderland hatte nicht die geringste Ahnung, was hinter dem Bäumen und Riesenfarnen lauern mochte. Nach einer Weile kam er an eine Stelle, wo offensichtlich vor einiger Zeit, Bäume gefällt worden waren. Das Gebüsch und das Unterholz waren dünner als anderswo im Wald, und die Bäume, die noch standen, waren kleiner. Außerdem bemerkte er ein paar Baumstümpfe, die noch nicht überwuchert oder von Moos überwachsen waren. Von dort aus folgte er dem Weg noch etwas, bis er an eine kleine Lichtung kam, an deren Ende sich ein Bach befand, vermutlich der gleiche, der weiter unten am Hof vorbei floss. Er hatte Durst, war sich aber nicht sicher, ob er das Wasser trinken durfte. Dann erinnerte er sich daran, dass es in Sequitanien keine Krankheiten gab. Und so kniete er am Rande des Bachs nieder und versuchte unbeholfen, das Wasser mit den Händen zu schöpfen und zum Mund zu führen, ehe alles wieder hinauslief. Aus einer Mineralwasserflasche zu trinken, war definitiv einfacher.
Aber wenn er an den Stress und Ärger zu Hause dachte, dann hatte dieses einfache Leben auch eine Menge für sich. Georg Milden legte sich ins Gras und starrte in den Himmel. Er überlegte, wie sein Leben künftig wohl aussehen mochte. Es schien in der Tat im Moment so zu sein, dass er auf absehbare Zeit in Sequitanien festsitzen würde. Vielleicht für immer? Damit konnte er sich noch nicht abfinden, aber es würde sicherlich eine Weile dauern, ehe er zurückkehren konnte.
Er vermisste seine Tochter und glaubte, dass sie ihn ebenfalls vermisste. Zumindest hoffte er das. Aber wenn er ehrlich war, gab es sonst in seinem Leben in Anderland eigentlich nicht viel, was ihn dorthin zurückzog. Was ihn allerdings zunehmend an Sequitanien irritierte, war die Tatsache, dass alle Menschen ihre Bestimmung offensichtlich gefunden hatten. Er hingegen kam sich wie ein Fremdkörper vor, wie ein Stück Treibholz, das gegenwärtig im Ufergebüsch fest hing, aber nicht wirklich dorthin gehörte. Nun, daran konnte er etwas ändern. Er würde sich losreißen. Er würde sich aufmachen und diese neue Welt erkunden. Am besten wäre es, nach Norminburg zu reisen, in die Hauptstadt, und zu sehen, was ihm unterwegs begegnen würde. Dann würde er sich irgendwann hoffentlich entscheiden können, was er denn in Sequitanien machen wollte. Eines war allerdings sicher. Roger Hartfort und Nadine Delmar mochten hier im tiefsten Wald ihr kleines Paradies gefunden haben. Für ihn war das nichts. Es war schön, für ein paar Tage hier zu sein, aber für immer wollte er nicht so leben.
Aber drüben in Anderland hatte er immer das Gefühl gehabt, dass das Leben irgendwie an ihm vorbeigerauscht war, ehe er es festhalten und für sich etwas Wertvolles herausholen konnte. Das würde ihm in Sequitanien nicht passieren. Offenkundig standen einem Menschen hier alle Türen offen, durch die er hindurchgehen wollte. Hier schien es keine geschlossenen Clubs zu geben, keine Seilschaften, welche die besten Gelegenheiten unter sich aufteilten. Das würde er nutzen. Hier würde er eine Chance bekommen, aus seinem Leben etwas zu machen.
Ein Geräusch vom anderen Bachufer schreckte ihn auf. Durch das Gebüsch nahm er die Umrisse eines Tieres wahr. In Gedanken sah er sich für einen Moment dem sequitanischen Äquivalent eines Grizzlybären oder eines Säbelzahntigers gegenüber. Aber das Tier, das er durch die Farne auf dem anderen Ufer sah, war nicht sehr groß, etwas kleiner als ein Reh und zierlich gebaut, kaum die Sorte von Raubtier, die man fürchten musste.
Es wurde Zeit. Gemächlich ging er zurück. Und in diesem Moment genoss Georg Milden uneingeschränkt die Tatsache, dass er in einer ganz anderen Welt war. Er sog die Luft ein mit dem Geruch des fremdartigen Waldes. Er nahm die Geräusche war, die er nicht zuordnen konnte, sah die zahlreichen Sisteken, diese seltsamen Riesenlibellen, zwischen den Bäumen. Und viel zu schnell war er wieder am Anwesen seiner neuen Freunde.
Dort war mittlerweile das Mittagessen aufgetragen worden, Kukidorbraten. Andere Gäste gab es nicht, denn Reisende trafen, wie er erfuhr, in aller Regel erst ab dem frühen Abend ein. Die beiden Hausherren aßen mit ihm gemeinsam und erkundigten sich nach seinem Vormittag. Dann plauderten sie über ihr Leben als Gastwirte und Bauern in den Deimon-Bergen und die Unterschiede zu ihrem früheren Leben. Beide schienen glücklich darüber zu sein, ihr früheres Leben hinter sich gelassen zu haben. Am Nachmittag nahm Roger Hartfort den Gast dann mit in die Käserei, wo er zusammen mit einem jungen Mann aus Gemmel- und Faesol-Milch Käse herstellte. Der Käse wurde nicht nur in der eigenen Gaststätte verzehrt, sondern auch an durchreisende Händler verkauft, die ihn die umliegenden Dörfer transportierten.
'Wahrscheinlich hast Du bei Ingrid schon meinen Käse gegessen.' Der Engländer redete mit großer Leidenschaft von den Eigenschaften der verschiedenen Milchsorten, der Herstellungsweise verschiedener Käsesorten und deren geschmacklichen Eigenschaften. So sehr er auf der einen Seite mit seinem früheren Leben gebrochen haben mochte, so sehr waren die Gründlichkeit, Exaktheit und der Sachverstand, die den früheren Ingenieur ausgezeichnet haben mussten, auch bei seiner neuen Tätigkeit zu spüren.
Am Abend kümmerte sich Madame Nadine wieder um die Gäste, und ihr Lebensgefährte aß mit Georg Milden zusammen zu Abend. Nach dem Essen schlug Roger Hartfort vor, nach draußen zu gehen. Sie traten vor die Tür. Das Anwesen und die Lichtung lagen in silbrigem Mondlicht, und diesmal standen beide Monde am Himmel. Und überall waren in der Luft schwebende Lichter zu sehen. 'Sisteken, Georg, sie leuchten ähnlich wie Glühwürmchen. Aber da sie einen größeren Körper haben, generieren sie mehr Licht. Komm, lass uns ein paar Schritte gehen.'
Schweigend überquerten sie die Straße und gingen in den Wald. Hier drangen nur noch einzelne Strahlen des Mondlichts durch das Blätterdach. Umso heller leuchteten dafür überall die Sisteken, die sanft und leicht durch die Luft trieben, nur ein leises Surren zeugte von ihrem schnellen Flügelschlag. Roger Hartfort blieb stehen und atmete tief ein. 'Siehst Du das, Georg, diese Schönheit des Ganzen? Ja, es gibt Magie hier in Sequitanien. Aber die steckt nicht in irgendwelchen dummen Tieren oder Geistern. Die Magie Sequitaniens ist nicht Zauberei a la Harry Potter. Die Magie Sequitaniens ist wie ein unsichtbarer Fluss, der alle Dinge durchzieht und ihnen Richtung gibt. Und die Magier Sequitaniens können diesen Fluss sehen und ihn etwas ablenken, vielleicht für eine gewisse Zeit auch etwas verlangsamen. Aber sie können ihn nicht anhalten und schon gar nicht umkehren.' Georg Milden sah ihn erstaunt an.
'Das ist das erste Mal, dass ich jemanden so offen über Magie reden höre. Woher weißt Du das?' 'Na ja, Magie ist in der Tat ein etwas heikles Thema hier. Sequitanien ist ein Land, in dem jeder die Chance hat, etwas aus sich zu machen. Aber die Magie ist eine Gabe, die nur wenige besitzen und viele nicht. Deshalb ist das Thema heikel. Aber nicht alle Magier sind so unzugänglich wie etwa der in Wassenpol, auch wenn manche sich hinter ihrer Magie verschanzen wie hinter hohen Mauern. Andere machen kein so großes Aufheben und lassen die Menschen an sich heran. Drüben im Noirau-Tal gibt es eine Magierin, die ich am Anfang oft besucht habe, als ich wütend, enttäuscht und konfus in Sequitanien aufgeschlagen bin. Sie hat mir sehr geholfen, mich und meine Bestimmung zu verstehen.'
'Dann sind Magier weise Menschen, die tiefere Schichten der Realität verstehen, im Grunde so etwas wie intuitive Psychiater? Menschen, die einfach sensibler sind?' Aber Roger Hartfort schüttelte energisch den Kopf. 'Das trifft es nicht, das trifft es bei weitem nicht. Magie ist nicht einfach eine tiefere Schicht dieser Realität, so dass man nur etwas tiefer graben müsste, um sie zu finden. Magie ist etwas völlig anderes, das diese Realität durchdringt und trägt. Aber ich glaube nicht, dass ein Nicht-Magier das wirklich vollständig verstehen, geschweige denn verständlich ausdrücken kann. Ich bestimmt nicht.'
Georg Milden ließ die Atmosphäre auf sich wirken. 'Wenn das Magie ist, Roger, glaubst Du denn nicht, dass sie auch in unserer Welt existiert, ganz tief hinter den Dingen. Manchmal, in ganz besonderen Momenten, hatte ich das Gefühl, so eine Dimension zu spüren.' Doch der so Angesprochene zuckte nur die Achseln. 'Ich weiß es nicht, ich hatte immer zu viel um die Ohren, um mir darüber Gedanken zu machen.'
Noch für eine Weile genossen die beiden Männer den nächtlichen Wald, dann kehrten sie zurück ins Haus.
Am nächsten Morgen lud Roger Hartfort seinen Gast zu einer Wanderung ein. Zwar hatte Georg Milden zuerst Gewissensbisse, weil er befürchtete, seinen Gastgeber von der Arbeit abzuhalten, doch dieser bestand darauf.
Nach kurzer Zeit verließen sie die Straße und schlugen sich durch das Gebüsch, im wahrsten Sinne des Wortes. Der Gastgeber hatte ein Buschmesser dabei und einen Rucksack mit Proviant. Es ging einen Berg hinauf. Man konnte erkennen, dass es eine Art Fußpfad gab, den das Gebüsch war nicht so dicht wie an anderen Stellen. Unterwegs redeten sie nicht viel, denn Georg Milden brauchte seinen Atem für das Gehen. Die meiste Zeit über ging es bergauf. Und während der Gastgeber einen recht flotten Schritt vorlegte, keuchte sein Gast hinterher und hatte Probleme, ihm mit dem gleichen Tempo zu folgen. Dann standen sie unter einer steilen Felswand. Doch Roger Hartfort kannte einen Weg, diese zu umgehen, und sie stiegen über einen mit Gras bewachsenen, aber ziemlich steilen Hang weiter hinauf. Dann waren sie oben angekommen.
Die beiden Männer standen oben auf der Felswand, auf einer Art Zinne. Hinter ihnen erstreckte sich ein dichter Wald, aber vor ihnen lag eine atemberaubende Landschaft. Sie sahen über die Baumkronen des Hangs, über den sie aufgestiegen waren, hinweg über den Deimon-Wald weit ins Land hinein. Wassenpol war gut zu erkennen, die Felder, Hügel und Waldstücke, die den Ort umgaben, ebenfalls. Zum ersten Mal sah Georg Milden die Welt, in der er jetzt lebte, von oben, ohne Schnellstraßen, ohne Stromleitungen, ohne hohe Gebäude. Es erinnerte ihn an die Illustrationen in den Märchenbüchern seiner Jugend. Schweigend genoss er die Aussicht, die frische Luft und die Entspannung nach dem anstrengenden Aufstieg.
Roger Hartford packte Speisen und Getränke aus, und die beiden Männer unterhielten sich, über ihr früheres Leben und über Sequitanien. Es wurde Georg Milden klar, wie vollständig sich der Mann in seine eigene kleine Welt zurückgezogen hatte, zufrieden mit der Art und Weise, wie die Dinge liefen, und zuversichtlich, dass dies auch in Zukunft so bleiben und nichts seinen Frieden beeinträchtigen würde. Er konnte kenntnisreich über die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse reden, wirkte aber immer distanziert, so als ob ihn das nicht wirklich etwas anginge.
Natürlich war Georg Milden noch nicht lange genug in Sequitanien, um beurteilen zu können, ob eine derartige Haltung gerechtfertigt war. Aber er wusste, dass er nicht so an die Dinge herangehen würde. Er selbst würde versuchen, diese Welt erst zu verstehen, ehe er entscheiden würde, wie er sich zu den Dingen stellen würde.
Der Abstieg war erwartungsgemäß weitaus weniger anstrengend, und am späten Nachmittag waren sie wieder zu Hause. Der Besucher hatte geplant, am nächsten Tag nach Wassenpol zurückzukehren. Und als am Abend die Händler eintrafen, fand er schnell einen, der mit seinem Wagen nach Wassenpol unterwegs war und einen Mitfahrer gerne aufnahm.
Am nächsten Morgen stand Georg Milden früh auf, um die Mitfahrgelegenheit nicht zu verlieren. Seine Gastgeber waren auch schon auf den Beinen. Er bedankte sich überschwänglich und aufrichtig bei ihnen, und das Paar lud ihn ein, auf jeden Fall doch einmal wieder zu kommen. Dann brach er auf, zurück nach Wassenpol, wohl wissend, dass er auch dort nicht mehr lange bleiben würde. Der Fahrer des Sassol-Karrens war erheblich gesprächiger als der auf der Hinfahrt. Er hatte viele Fragen an Georg Milden und wollte wissen, wie Anderland denn so war. Was sein Fahrgast ihm zu erzählen hatte, fand er ausgesprochen seltsam.
Seinerseits erzählte der Fahrer von seiner Familie, seinem Leben als Fernhändler (nach sequitanischen Maßstäben) und den Alltagssorgen, etwa genügend Sassol-Futter in den Deimon-Bergen aufzutreiben. Insgesamt schien sein Leben wenig aufregend zu sein. Immerhin sei das Reisen in diesen Teilen des Landes sicher, anders als in den östlichen Provinzen an der Grenze. Georg Milden fragte nach, aber viel Konkretes hatte der Händler nicht zu berichten. Man würde halt immer wieder davon hören, dass Ausgeschlossene über den Dämmernis-Fluss kämen, um dort Reisende zu überfallen. Aber das sei nicht ungewöhnlich, außerdem geschehe dies im fernen Osten an der Grenze. Man brauche sich hier darüber keine Sorgen zu machen.
Sehr vorsichtig sprach Georg Milden auch das Thema Magie an, erwähnte, dass es dies in seiner Welt nicht gebe. Der Händler aus dem Noirau-Tal reagierte weitaus weniger explosiv als Andries vom Holmhof. Tja, die Magier, seltsam seien sie schon. Aber die meisten würden ihre Kräfte einsetzen, um den Menschen zu helfen. Und das sei ja wohl in Ordnung, nicht alle seien arrogant und abweisend.
Kurz vor Wassenpol setzte der Händler seinen Fahrgast ab, da er selbst noch eine Ladung bei Lord Firrenbrock abzuliefern hatte. Georg Milden bedankte sich für den angenehmen Trip und ging das letzte Stück zu Fuß. Es war ein schöner Abend (erst in der Nacht würde es wieder regnen). Und zufrieden mit sich und voll Erwartung auf das, was kommen würde, jetzt wo er entschlossen war, den nächsten Schritt zu tun, wanderte er nach Wassenpol hinein.