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4. Unionsbürgerschaft

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Vertiefungshinweis:

Art. 20-25 AEUV

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Durch die Unionsbürgerschaft knüpft die EU ein unmittelbares rechtliches Band zu ihren Bürgern. Sie löst sich damit aus der Rolle einer nur-überstaatlichen Körperschaft, die lediglich ihre Mitgliedstaaten als rechtliches Gegenüber kennt. Die Unionsbürgerschaft ergänzt die nationale(n) Staatsangehörigkeit(en), ersetzt sie aber nicht (Art. 20 I 3 AEUV).

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Abbildung 6:

Unionsbürgerschaft


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Die Unionsbürgerschaft ist in den Art. 20–25 AEUV geregelt. Sie umfasst zunächst ein Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht aller EU-Bürger im gesamten Gebiet der EU (Art. 20 II UA 1 S. 2, lit. a, 21 AEUV). Folglich kann jede Person, die über die Staatsangehörigkeit sowie ein gültiges Ausweisdokument eines EU-Mitgliedstaates verfügt, in jeden anderen EU-Staat ohne Visum einreisen und sich dort aufhalten. Allerdings ist bei einem länger als drei Monate dauernden Aufenthalt ein Arbeitsverhältnis, eine selbstständige Tätigkeit, ein Studium oder der Nachweis einer ausreichenden wirtschaftlichen Existenz mit entsprechendem Krankenversicherungsschutz erforderlich, um eine Einwanderung in soziale Sicherungssysteme zu vermeiden. Die näheren Einzelheiten – auch für Familienangehörige von Unionsbürgern ohne eigene Unionsbürgerschaft – sind in der Unionsbürger-RL (2004/38/EG) geregelt.[20]

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Des Weiteren vermittelt die Unionsbürgerschaft das aktive und passive Wahlrecht auf kommunaler Ebene, wenn man nicht die Staatsangehörigkeit des Staates besitzt, in dem man lebt (Art. 20 II UA 1 S. 2, lit. b, 22 I AEUV). Folglich sind in Deutschland alle nichtdeutschen Angehörigen der übrigen 27 EU-Mitgliedstaaten wahlberechtigt und wählbar bei Gemeinderats-, Kreistags- und Bürgermeisterwahlen (umgesetzt in Art. 28 I 3 GG), weshalb in vielen deutschen Kommunalparlamenten einzelne Österreicher, Italiener, Franzosen, Griechen etc. sitzen. Für die Altersgrenze des Wahlrechts u.ä. gelten die für Inländer bestehenden Vorschriften entsprechend. Ebenso haben alle EU-Bürger unabhängig davon, in welchem EU-Staat sie leben, das aktive und passive Wahlrecht zum Europäischen Parlament. Bezüglich der Einzelheiten gelten die Regelungen im jeweiligen nationalen Wahlrecht des Wohnsitzstaates (Art. 20 II UA 1 S. 2, lit. b, 22 II AEUV).

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Außerdem genießen alle Personen mit Unionsbürgerschaft in allen Staaten außerhalb der EU den diplomatischen und konsularischen Schutz aller Mitgliedstaaten. Voraussetzung dafür ist, dass der EU-Staat, dessen Staatsangehörigkeit man besitzt, im betreffenden Drittstaat keine diplomatische bzw. konsularische Vertretung hat (Art. 20 II UA 1 S. 2, lit. c, 23 AEUV). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass nicht alle EU-Staaten zu allen Staaten außerhalb der EU diplomatische Beziehungen unterhalten. Um hier eine Schutzlücke zu vermeiden, soll sich ein Unionsbürger dann an eine Botschaft oder ein Konsulat eines anderen EU-Staates wenden können. Für deutsche Staatsangehörige hat dieser Aspekt der Unionsbürgerschaft freilich geringe praktische Relevanz, da Deutschland mit nahezu allen Staaten der Welt diplomatische Beziehungen unterhält.[21]

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Schließlich gehört zur Unionsbürgerschaft das Recht, sich in verschiedenen Formen unmittelbar an EU-Einrichtungen zu wenden und Antworten einzufordern (Art. 20 II UA 1 S. 2, lit. d, 24 AEUV). Dies gilt vor allem für die Beschwerde an die Kommission, Petitionen an das Europäische Parlament (Art. 227 AEUV) und Eingaben an den Europäischen Bürgerbeauftragten (Art. 228 AEUV). Ebenso kann man sich auch in jeder beliebigen der 24 EU-Vertragssprachen[22] an jedes andere EU-Organ oder eine beratende Einrichtung wenden.

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