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1. Zielbestimmungen des Art. 3 EUV
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In Art. 3 EUV definiert die EU ihre zentralen Ziele und damit auch zu einem wesentlichen Teil ihre Existenzberechtigung. Zur Erreichung der hier genannten Ziele wird das „Projekt EU“ von den Mitgliedstaaten betrieben. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus nicht nur eine Bindung der EU-Organe, sondern auch der EU-bezogen handelnden Einzelstaaten. Die Gesamtschau der Ziele macht deutlich, dass die EU bestrebt ist, ihr Integrationsprogramm von der ökonomisch geprägten Entstehungsgeschichte zu emanzipieren. So sind zum Binnenmarkt der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sowie die sozialen und kulturellen Zielsetzungen hinzu gekommen. Dennoch liegt auch heute noch ein relativer (wenngleich schwächerer) Schwerpunkt der EU-Tätigkeit im wirtschaftlichen Bereich.
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In ihrem objektiv-rechtlichen Charakter[1] entsprechen die Ziele des Art. 3 EUV weitgehend den Staatszielbestimmungen, wie wir sie im Grundgesetz haben (s.u., Rn. 306 ff.). Sie dürfen in der EU nur deshalb nicht so genannt werden, weil die EU keine eigene (Bundes-)Staatsqualität beanspruchen kann (s.o., Rn. 51, 52 f.).[2] Die praktische Bedeutung dieser Ziele liegt vor allem darin, dass sie zum einen jede Ermessensausübung der Unionsorgane, aber auch der Mitgliedstaaten bei deren Umsetzung von EU-Recht, stark beeinflussen. Ebenso wichtig ist ihre Relevanz als zentrale Auslegungsprinzipien bei Unklarheiten im Unionsrecht.[3]
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In der sog. „Zieltrias“ von Art. 3 I EUV bekennt sich die EU zur Förderung
– | des Friedens, womit eine zentrale Gründungsmotivation aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg aufgegriffen wird (aber auch in Europa immer wieder unmittelbar relevant ist, siehe Jugoslawien in den 1990er Jahren oder die Ukraine in der Gegenwart), |
– | der Werte der EU, wie sie in Art. 2 EUV beschrieben sind (v.a. Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit) und |
– | des Wohlergehens der EU-Völker. |
Diese sehr abstrakt und allgemein gehaltenen Ziele werden dann durch die in den Folgeabsätzen konkreter ausgestalteten Einzelziele präzisiert und ausgefüllt. So wird beispielsweise das Wohlergehen der Völker insbesondere unter Wirtschafts- und Wohlfahrtsgesichtspunkten durch den Binnenmarkt und die sozialen Ziele gefördert, aber auch durch den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.[4]