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BERLIN

Bierbar Herman, Berlin


Belgische Biercafés sind üblicherweise rustikal, urig, mit viel Holz, warmem Lampenschein, eng, gemütlich, und sie punkten mit einer gewaltigen Bierauswahl, die teilweise weit über 100 verschiedene Biersorten betragen kann. Zu jedem dieser Biere wird das passende Glas gereicht und die Getränkekarte hat den Umfang des Telefonbuchs einer mittleren Kleinstadt.

Die Bierauswahl ist aber nicht nur quantitativ gewaltig, sondern auch qualitativ – die einzelnen Biere sind individuell, unterscheiden sich stark voneinander und auch eine Verkostung von zehn oder mehr Bieren bleibt ungeheuer abwechslungsreich bis zum letzten Schluck.

Kann ein vergleichbares Konzept in Berlin funktionieren? Und vor allem, kann es das, wenn es auf die urige Gemütlichkeit eines klassischen belgischen Biercafés zugunsten einer trendigen Minimalatmosphäre verzichtet?

Offensichtlich ja, die Bierbar Herman beweist es seit Anfang 2013.

Von außen sieht man zunächst nur das große Fenster – keine Leuchtreklame, keine auffällige Bemalung, lediglich ein Standschild, schlicht und schwarz, mit der Beschriftung »Belgische Biere«. Gleich hinter der Eingangstür auf der linken Seite ein beeindruckendes, mit akzentuiertem Licht gut in Szene gesetztes Bierregal. Wohl zweieinhalb, vielleicht drei Meter hoch mit einer gewaltigen Anzahl unterschiedlicher Bierflaschen. Davor die Theke mit einer Handvoll Zapfhähnen und ein paar Barhockern. Weiter hinten, im sehr schmalen, dafür aber sehr tiefen Lokal, Dunkelheit, nur ganz heruntergedimmte Lampen und Teelichter, einige Holztische und -stühle.

Aber keine Gemütlichkeit. Die hohen Wände sind schlicht grau gestrichen, es gibt keine Brauutensilien als Deko an der Wand, keine großen Sammlungen von Biergläsern, Emailleschildern oder Fässern. Nur schlichte, graue Wände und einfachstes Holzmobiliar. Spartanisch. Zu essen gibt es außer Erdnüssen auch nichts.

Es gibt belgisches Bier.

Punkt.

Die Gäste werden also dazu genötigt, sich ausschließlich auf ihr Bier und auf gute Gespräche (über das Bier .) zu konzentrieren. Zum Herman kommt niemand wegen der Gemütlichkeit, wegen Schicki-Micki-Drinks oder wegen Tanz und Musik. Man kommt, um belgisches Bier zu genießen.

Das Konzept scheint aufzugehen. Während unseres Besuchs ist das Lokal gut gefüllt, die Tische stehen voller Gläser, die beiden Barmänner haben gut zu tun, um die Versorgung sicherzustellen. Prima!

Die Bierkarte umfasst in der Tat über 100 Positionen, nach Bierstilen gruppiert und mit kurzen (!) Erläuterungen. Aber es lohnt sich, den Kellner zu fragen, was sonst noch im Angebot ist – es kommen immer wieder neue Sorten herein, andere verschwinden, für Abwechslung ist gesorgt. Zu jedem Bier werden gerne ein paar Erläuterungen gegeben, das passende Glas dazu ist selbstverständlich. Ab und an werden im Rahmen von sogenannten Tap Sessions auch Biere nach belgischem Stil ausgeschenkt, die aber in Berlin gebraut worden sind – die Szene der noch jungen, wilden Berliner Craft-Brewer präsentiert sich gerne auch mit diesen Biersorten mit stolz ge schwellter Brust. Und gerüchtehalber wird einmal pro Woche auch eine Flasche Westvleteren XII per Los einem glücklichen Gast zugeteilt. Aus der Rarität wird eine nette Attraktion.

Die Bierbar Herman hat Eigentümer Bart Neirynck nach seinem ehemaligen und lange verstorbenen Deutschlehrer benannt; dessen Foto ziert auch die Getränkekarte und den Internet-Auftritt der Bar. Als Schwarz-Weiß-Aufnahme fügt sich das Bild in den schlichten, dezenten Stil der Bar ein und lenkt nicht vom Biergenuss ab.

Die Bierbar Herman ist täglich ab 18:00 Uhr bis 04:00 Uhr in der Frühe geöffnet, mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist sie problemlos zu erreichen: Sie liegt direkt an der U-Bahn-Station Senefelder Platz. Und wenn man nach dem einen oder anderen Bier doch großen Hunger bekommt und höflich nachfragt, gestattet der Kellner auch, dass man sich in der Nachbarschaft einen Burger oder so etwas holt und ihn im Herman verzehrt. Ehrensache, dass man dann aber den Verpackungsmüll selbst wieder mitnimmt.

Bierbar Herman

Schönhauser Allee 173

10 119 Berlin

Berlin

Deutschland

+49 30 4431 2854

Bier vor Ort

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