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„Holen Sie den Dia-Projektor, Leutnant! Ich will mir eure Röntgenfotos einmal genau ansehen.“

Das Gerät wurde aufgestellt. Addison nahm die Sofortbilder hervor und warf sie auf die Projektionswand. Eine Aufnahme war wie die andere. Doch diese Perspektive genügte. Addison, der Arzt und Biologe des Teams, war am meisten überrascht.

Sein erster Kommentar war ein langes Schweigen. Dann folgte ein schüchternes Murmeln. „Was könnte das sein? Ich weiß es nicht.“

Aus dem Kreise der Gangster kam ein raues Lachen.

„Und das alles nennt man Wissenschaft, Chef! Sie haben einen morschen Baumstamm gefunden und zählen gleich die Jahresringe. Und für so etwas gibt man Milliarden aus. Unsere Steuergelder. Sie hätten lieber für ein besseres soziales Klima auf der Erde sorgen sollen, dann wäre ich nicht auf die Idee gekommen, eine Bank zu knacken. Dann hätte sich mir auch nicht der Nachtwächter in den Weg gestellt, als ich gerade einen harten Gegenstand in der Hand hielt ...“

„Hör auf mit deinen Memoiren, Benny! Wissenschaft ist meistens eine langweilige Sache. Aber da wir nun einmal viel Zeit haben, werden wir uns notgedrungen dafür interessieren. Und wenn’s nur ein Jux ist! Mal sehen, was diese Herren aus dem toten Baumstamm alles herauslesen.“

„Auf Jupiter hat es nie eine Vegetation gegeben“, erklärte Dr. Addison steif und dozierend. „Also handelt es sich auch um keinen Baumstamm. Was halten Sie davon, Professor?“

„Man kann mit den augenblicklich bekannten Fakten nur spekulieren. Die Dinger bewegen sich. Also liegt der Verdacht auf Leben nahe.“

„Wer sich noch bewegt, lebt bestimmt“, drückte sich Correia optimistischer aus.

„Unsinn!“, wusste es Shapley besser. „Eine Lawine bewegt sich nicht nur, sie wächst sogar. Lebt sie deshalb?“

„Wir sollten uns nicht mit fundamentalen Voraussetzungen aufhalten, die wir alle kennen“, fiel ihm der Chemotechniker Dr. Baily ins Wort. „Auch die chemische Reaktion ist ein Prozess mit Bewegung. Jede Naturerscheinung ist es. Deshalb kann man noch längst nicht vom Leben im biologischen Sinne sprechen.“

„Im biologischen Sinne haben wir nie Leben auf Jupiter erwartet“, sagte Graham. „Dafür fehlen die Voraussetzungen. Es gibt keinen Kohlenstoff-Wasser-Zyklus und nicht einmal die Siliziumbasis.“

„Können Sie sich sonst noch Leben vorstellen. Leben, das keine chemische oder physikalische Reaktion ist, sondern Existenz im Sinne von Leben und Sterben, im Sinne freier Willensentscheidung?“

„Nein, ich kann es mir nicht vorstellen. Aber wenn wir solches Leben finden, müssen wir es als gegeben hinnehmen.“

„Wenn! – Wenn wir es finden. Was ist das dort? Äußerlich sind keine Organe festzustellen. Auf dem Röntgenbild auch nicht. Die regelmäßigen Gebilde im Innern des Körpers erinnern eher an Spulen, Trafos und Kondensatoren aus einem Roboter. Roboter leben aber nicht. Und wer sollte hier Roboter gebaut haben?“

„Es sind keine Roboter“, beteiligte sich Addison wieder am Gespräch, das ja seine ureigenste Sache war. „Ich als Biologe kann nur feststellen, dass die Jovianer individuell reagiert haben. Zuerst sind sie immer davongelaufen, wenn wir kamen. Heute hörten sie meine Sprache, und einer blieb hocken. Die Röntgenstrahlung nahm das Wesen zum Anlass, Hals über Kopf zu fliehen, und auf klassische Musik schließlich reagierten sie alle wie Kunstexperten. Sie waren verrückt danach.“

„Wo ist denn da Individualismus zu erkennen?“, wollte Ingenieur Correia wissen. „Sie taten doch immer dasselbe.“

„Eben nicht! Als ich die Musik abstellte und wieder zu reden begann, wanderten die Massen langsam ab. Nur einer blieb hocken wie am Anfang. Wie ein Beauftragter. Das ist individuelle Planung. Sonst nichts.“

„Ein Individuum ohne Sinnesorgane und mit Spulen im Leib“, sinnierte Shapley, der auch Ingenieur war. „So was hat mir auf der Hochschule keiner vorgesetzt.“

„Wenn es das auf der Hochschule gäbe, bräuchten wir nicht zum Jupiter zu gehen. Wir sollten überlegen, was weiter zu machen ist“, sagte Graham. „Ich denke, das Material ist nicht ausreichend, um sich ein abgerundetes Bild machen zu können. Zwei von uns müssen noch einmal hinunter zum Jupiter. Am besten gleich morgen nach der Schlafperiode.“

„Nicht zwei, sondern drei“, verbesserte Gus Hunter. „Denken Sie an meinen Schutzengel, der auf Sie aufpassen muss!“

Diese Erinnerung war schmerzlich.

In der Diskussion hatten die Wissenschaftler beinahe vergessen, was sich inzwischen ereignet hat.

„Das Boot hat nicht Platz für drei“, sagte Leutnant Melrose knapp und bündig, als dulde er keine Diskussion danach.

„Dann werden Sie eben zurückbleiben und mich als Pilot fahren lassen“, entschied Hunter.

„Sie? Was verstehen denn Sie von der Navigation auf Jupiter?“

„Sie werden es sehen. Oder vielmehr, Dr. Addison wird es sehen.“

„Okay, dann fahren wir lieber zu dritt.“

„Sehen Sie! Jetzt verstehen wir uns“, grinste Hunter. Er war, wie die anderen inzwischen auch, mit dem Essen fertig und stand auf. „Sie werden jetzt Ihre wunderbare Nachricht von dem Leben auf Jupiter absetzen, Professor, und noch etwas Beruhigendes über die geflohenen Gangster dranhängen. Dann wollen wir schlafen gehen. Webb, du hast die erste Wache und lässt dich dann von Benny ablösen. Dann kommt Woody. Jeder zwei und eine halbe Stunde. Damit ist die künstliche Nacht herum. Gehen wir, meine Herren!“


Science Fiction Dreierband 3007 - Drei Romane in einem Band

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