Читать книгу Science Fiction Dreierband 3007 - Drei Romane in einem Band - W. W. Shols - Страница 23

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Das Raumboot startete senkrecht. Nach einer Weile neigte es seinen Kurs gegen den unteren Rand des Jupiter, der zur Zeit tief am Horizont seines Mondes Kallisto stand.

Melrose hatte inzwischen den Autopiloten eingeschaltet und lehnte sich bequem zurück. „Fünf Minuten ausruhen“, sagte er gähnend und rieb sich die Augen.

„Fünf Minuten?“, fragte Dr. Addison. „Erfahrungsgemäß sind es fünf Stunden bis drüben. Bringen Sie unseren Gast nicht ganz durcheinander! Sonst denkt er noch, unsere Maschine fliegt mit halber Lichtgeschwindigkeit.“

„Fünf Stunden Fahrt, natürlich, Doktor. Aber so lange haben wir nicht Zeit, uns auszuruhen. Bevor wir landen, möchte ich das Rätsel mit dem Außenlautsprecher gelöst haben.“

„Rätsel! Zum Teufel, Leutnant, ich weiß nicht, wovon Sie reden.“

„Tatsächlich nicht?“

„Vielleicht wollen Sie unserem Gast nur das Gruseln beibringen ...“

„Und Ihnen auch.“

„Na, das versuchen Sie mal.“

„Okay, ich nehme sogar an, dass es Sie mehr gruselt als Hunter. Sie haben ja schließlich ein Interesse an den Jupiter-Bewohnern.“

„Wenn Sie jetzt endlich zur Sache kämen, wäre es mir lieb, Leutnant.“

„Well, ich wollte zwar erst einmal fünf Minuten Pause machen, aber wenn Sie drauf drängen ... und nicht von selbst draufkommen. Wir haben also festgestellt, dass der Außenlautsprecher nicht arbeitete. Für mich ist jetzt wichtig, seit wann er nicht arbeitete.“

„Das weiß ich doch nicht“, erklärte Dr. Addison nervös. „Schließlich untersteht Ihnen die Aufsicht über die Instrumente.“

„Gut, dann will ich es Ihnen sagen. Die Schaltung erfolgt von innen. Es kann sich also um keine äußere Einwirkung gehandelt haben. Kein starker Luftzug und kein kleines Meteorteilchen kann schuld daran haben. Wir Menschen bedienen die Schalter.“

„Natürlich. Trotzdem finde ich nichts Rätselhaftes daran.“

„Frage eins, Doc. Wann pflegt man den Außenlautsprecher abzuschalten?“

„Bei einer Reparatur.“

„Frage zwei! Wann war die letzte Reparatur?“

„Nach der vorletzten Fahrt.“

„Frage drei. Haben Sie seitdem den Außenlautsprecher irgendwann mal abgestellt?“

„Natürlich nicht.“

„Ich auch nicht, Doktor.“

„Okay, dann sind wir uns ja einig ... Moment!“ Jetzt schien Addison endlich zu begreifen. „Wenn ich einen Schalter auf Null vorfinde, den ich selbst nicht auf Null gestellt habe, dann muss er schon vorher auf Null gestanden haben ... Meinen Sie das vielleicht?“

„Sie haben es mit der Präzision eines Wissenschaftlers ausgedrückt. Ich hoffe, Sie wissen jetzt, worauf ich hinaus will.“

„Unsinn, Leutnant. Sie wollen behaupten, dass während der letzten Expedition der Außenlautsprecher überhaupt nicht gearbeitet hat.“

„Genau das, Doc.“

„Aber das ist ein Irrtum. Sie haben ja gesehen, wie die Wesen auf unsere Sendung reagiert haben ... auf Musik, und Sprache und so weiter.“

„Ich habe die Reaktion gesehen, natürlich. Aber ich weiß auch genau, dass die Jovianer auf etwas anderes reagiert haben als auf die vermeintlichen Schallwellen. Denn der Lautsprecher hat nicht gearbeitet.“

„So, dann verraten Sie mir wenigstens, worauf sie reagiert haben.“

„Das weiß ich natürlich nicht. Ich weiß nur, worauf sie nicht reagiert haben.“

„Auf Schallwellen.“

„So ist es. Glauben Sie nun, in fünf Stunden das Rätsel gelöst zu haben? Ich meine, wir müssten immerhin mit einer brauchbaren Theorie kommen, wenn wir uns den Jovianern wieder nähern. Und wahrscheinlich werden Sie bei Ihren Versuchen auch von einer ganz neuen Voraussetzung ausgehen müssen.“

Das Gespräch verstummte für eine Weile.

Melrose machte sich nichts daraus, dass Addison nicht sofort antwortete. Er nahm wieder seine bequeme Stellung ein und tat so, als ob er schliefe.

Zwei Minuten später fragte er, ohne seine halb liegende Stellung zu verändern: „Nun wie ist es, Doc? Denken Sie bereits kräftig nach, oder sind Sie vor Schreck ohnmächtig geworden?“

„Ich glaube, beides trifft zu. Wenn Ihre Voraussetzungen stimmen, dann kann man sich als Forscher keine geheimnisvollere Aufgabe wünschen.“

„Auf eins können Sie sich verlassen. Die Voraussetzung ist in Ordnung, mein Lieber. Und solange ich die ganze Frage als Hochfrequenzfachmann betrachte, ist sie nicht einmal so aufregend. Mir ist nur nicht klar, ob Sie als Biologe etwas damit anfangen können.“

„Die Umstände werden mich dazu zwingen, Leutnant. Ich merke schon, dass Sie ungefähr in derselben Richtung denken wie ich. Sie meinen, dass die Jovianer keinen Lautsprecher als Endstufe brauchen, weil sie selbst diese Endstufe sind.“

„Erraten, Doc! Vorausgesetzt, eine solche Erklärung kommt Ihnen nicht zu absurd vor.“

„In der biologischen Weltraumforschung muss man sich darüber hinwegsetzen, Unbekanntes als absurd anzusehen. Wenn die Gegebenheiten es beweisen ... Passen Sie auf, Leutnant, es kommt jetzt gar nicht so sehr auf meine Biologie an. Bleiben wir erst einmal bei der physikalischen Voraussetzung. Hätten Sie dafür eine Erklärung?“

„Ohne Weiteres. Unsere neuen Gäste arbeiten ja bekanntlich auch auf kürzester Strecke hochfrequent. Wir ersparen uns dadurch gerade bei den Mikrogeräten eine Menge Leitungsdraht. Wenn der jovianische blaue Klumpen, den wir bisher als Lebewesen bezeichnet haben, sagen wir mal, ein Radioempfänger wäre, so könnte er zweifellos unsere Sendung aufnehmen. Dann läge allerdings die Deutung nahe, dass es sich nicht um ein Lebewesen, sondern um eine Art Roboter handelt. Und Roboter auf Jupiter, das wäre wiederum eine völlig neue Situation, die mir noch unwahrscheinlicher vorkommt.“

„Sie gehen schon wieder zu weit, mein Guter“, erklärte Dr. Addison. „Wir waren uns einig darüber, die Annahme von Robotern als allerletzte in unsere Hypothesen hineinzunehmen. Sie wäre nämlich gar keine Erklärung, sondern würde die grundsätzliche Frage nur um eine Station weiter hinausschieben. Die Frage hieße dann: Wer hat die Roboter erbaut? Und wo sind diese Erbauer, die – wenn es nicht wieder Roboter waren – Lebewesen sein müssen. Die Roboter-Hypothese wäre also nur eine Ausflucht, mit der wir immer wieder an die Kernfrage herankämen. Außerdem erwarte ich von Robotern mechanische Reaktionen. Ich bin jedoch überzeugt, bei den Jovianern eine Art Mentalität festgestellt zu haben.“

„Was wieder auf Lebewesen schließen lässt. Auf echte, biologische Lebewesen. Halten Sie eine Biologie für möglich, die grundsätzlich auf anderer Basis aufbaut als unsere herkömmliche?“

„Bisher hat diese Frage wohl noch kein Mensch ernsthaft ins Auge gefasst. Es war einfach nicht notwendig.“

„Aber geschrieben hat man gegen solche Utopien doch weiß Gott genug. Sogar in der Quantenbiologie die schon auf anorganische Urbausteine hinweist, hat man niemals den Versuch gemacht, eine Entwicklung zum Makro-Anorganischen auch nur für denkbar zu halten.“

„Natürlich nicht“, gab Addison zu. „Auf Grund meiner guten Schule sträube ich mich selbst energisch gegen eine solche Vorstellung.“

„Aber wenn Sie nun mit solchen Tatsachen konfrontiert werden?“, bohrte Leutnant Melrose weiter.

„Dann muss man ganz behutsam mit seinem bisschen gesunden Menschenverstand umgehen. Sonst gibt es irgendwo einen Knacks und man ist plötzlich wahnsinnig geworden.“

Bei diesem Stand der super-wissenschaftlichen Diskussion schaltete sich endlich Gus Hunter ein, der bisher im letzten Sitz schweigend zugehört hatte.

„He, Sie zwei da vorn. Solange Sie fachsimpeln, habe ich nichts dagegen. Meinetwegen versteigen Sie sich in höhere Regionen, sodass ein normaler Mensch überhaupt nichts mehr versteht. Aber wenn Ihre Probleme so kritisch werden, dass Sie überschnappen, dann verlange ich, dass Sie wieder auf den Teppich kommen. Ich habe nämlich keine Lust, unter zwei wahnsinnigen Raumfahrern auf einem fremden Planeten mein Grab zu finden.“

„Sieh an, Mr. Hunters Selbsterhaltungstrieb meldet sich. Jetzt haben Sie wohl schon die Hosen voll, dass Sie überhaupt mitgefahren sind“, lästerte der Leutnant. „Ich habe Sie ja beim Start gewarnt, Hunter. Hier sind Sie ein ganz kleines Licht und müssen parieren, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist.“

„Irrtum, Kleiner. Wir können immer noch umkehren. Sie wissen, dass in Ihrem Genick eine hübsche kleine Pistole lauert. Solange Sie noch etwas bei Sinnen sind, kann ich Sie also zur Umkehr zwingen.“

„Die Drohung hätten Sie sich besser überlegen müssen, Hunter. Wenn Sie mich erschießen, sieht es um Ihre Heimkehr auch nicht sehr rosig aus. Oder trauen Sie sich zu, diesen Spezialschlitten heil nach Kallisto zurückzubringen. “

„Sie werden lachen, das tue ich.“

„Bluff! Nichts als Bluff.“

„Schon gut“, besänftigte Addison die Gemüter. „Ich glaube, dass niemand ein Interesse daran hat, solche kindischen Experimente zu machen. Wir werden uns jetzt brav vertragen und an unsere Arbeit denken.“

„Okay, Daddy“, nickte Hunter. „Das haben Sie fein gesagt. Bleiben Sie vernünftig, und lassen Sie sich weiter nicht stören. Ich habe für diese Reise viel Geduld mitgebracht. Soviel Geduld, wie mein Sicherheitsbedürfnis es zulassen kann.“