Читать книгу Pascal – Ein Mord ohne Sühne - Walter Brendel - Страница 8
ОглавлениеVierter Verhandlungstag
Mit Andrea M. ist am 30.09. 2004 die zweite aussagewillige Angeklagte nach Erika K. in den Zeugenstand getreten. Die geistig behinderte Frau schilderte bislang nur wenig zur Sache, sondern erzählte hauptsächlich von ihrem Werdegang.
Michael Josef K.. Die Angeklagten haben die Tat vor Prozessbeginn zugegeben, später ihre Geständnisse jedoch widerrufen.
Sie sagte am Nachmittag des vierten Prozesstags öffentlich aus. Dabei bestätigte sie, dass ihr jüngster Sohn Bernie ein Spielkamerad Pascals gewesen sei. Die beiden hätten sich auch öfters in der Tosa-Klause getroffen, wo Pascal von drei der übrigen
Angeklagten mehrfach missbraucht worden sei.
Zuvor offenbarte Andrea M. dem Gericht erschreckende Details aus ihrer eigenen Vergangenheit. Ihr Lebenslauf, den sie anfangs mit zittriger und undeutlicher Stimme,
später aber relativ flüssig erzählte, spielte sich demnach nahezu lückenlos in zerrütteten Familienverhältnissen, in Heimen, in der geschlossenen Psychiatrie, im Frauenhaus oder auf der Straße ab. Es seien ihre Anpassungsschwierigkeiten gewesen, die sie schon früh "auf den Strich" gebracht hätten. Jahrelang habe sie als Prostituiere ihren Lebensunterhalt verdient.
1989 habe sie dann die Saarbrücker Wirtin Christa W. kennen gelernt. Diese habe sich später bereit erklärt, sie und ihren jüngsten Sohn B. zu betreuen. Christa W.s Angebot habe auch den Ausschlag gegeben, das Kind zu behalten, statt es wie drei ihrer übrigen vier Kinder zur Adoption frei zu geben.
Als "Gegenleistung" für die Fürsorge habe die "Pflegemutter" Christa W. ihre Schutzbefohlene Andrea M. weiter zur Prostitution angehalten, ja sogar selbst mit Freiern versorgt und das verdiente Geld eingesteckt. Obwohl die Wirtin sie teilweise in menschenunwürdigen Räumlichkeiten in Gaststätten habe arbeiten und wohnen lassen, habe Andrea M. doch ein enges Verhältnis zu ihrem "Muttche" entwickelt. Auch die Angst, wieder auf der Straße zu landen, habe sie bei der Wirtin ausharren lassen.
Andrea M. gilt ebenso wie die erste Zeugin der Anklage, Erika K. (51) als geistig "erheblich minderbegabt". Das Gericht hatte am 27. September zwei Anträge der Verteidigung auf Ausschluss der Öffentlichkeit beim Verhör Andrea M.s abgelehnt: Dies sei auch unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsrechte der Zeugin nicht nötig. Die übrigen elf Angeklagten wollen bislang nicht aussagen.
Andrea M. soll nach Aussage von Erika K. den Jungen am 30. September 2001 erstickt haben. Außerdem soll sie vor den Augen von Erika K. im Riegelsberger Haus von Christa W. ein kinderpornographisches Video vorgeführt haben, auf dem u.a. Pascal zu sehen war.
Am Vormittag hatte eine Reihe von Anwälten der Verteidigung einen Ortstermin in der Tosa-Klause beantragt. Dabei soll geklärt werden, ob die erste aussagewillige Angeklagte Erika K. (51) von ihrem Thekenplatz in der Bierkneipe aus all die Ereignisse überhaupt habe verfolgen können, die sie bislang zu Protokoll gegeben hat.
Während der vorerst letzten Fragerunde an Erika K. am Vormittag des 30. September
hatten die Verteidiger die Glaubwürdigkeit von Erika K. erneut erschüttert. Sie brachten die Putzhilfe im Kreuzverhör immer wieder an die offensichtlichen Grenzen ihres Denk- und Auffassungsvermögens. So gab sie etwa auf die Frage des Anwalts von Martin R. (42), wo Pascal heute wohne, die Antwort, sie habe "keine Ahnung, wo Pascal heute wohnt". Dabei hatte sie selbst immer wieder betont, beim Mord an dem Jungen dabei gewesen zu sein.
Überhaupt waren viele der abschließenden Aussagen von Erika K. wie in den vergangenen Prozesstagen widersprüchlich oder nicht verwertbar. Oft besann sie sich
auf die Floskel, die Antwort auf eine Frage nicht zu wissen. Erika K. hatte am Montag
den Mord an Pascal im Detail beschrieben und dabei mehrere Mitangeklagte sowie sich selbst schwer belastet.
An den Hinweisen eines Saarbrücker Häftlings, nach denen die Leiche Pascals möglicherweise nicht in einem Grundstück bei Forbach, sondern in einem Bahndamm in der Nähe der Tosa-Klause verscharrt worden sein soll, ist nach Auffassung der Saarbrücker Kriminalpolizei "nichts dran". Wie sich inzwischen heraus gestellt habe,
habe der Gefängnisinsasse dieselbe Behauptung bereits vor etwa einem Jahr zu Protokoll gegeben. Damals habe die Polizei den vermeintlichen Fundort abgesucht,
sei aber nicht fündig geworden. Für eine neue Suchaktion bestünde nun kein Anlass.
Der fünfte Verhandlungstag
Andrea M. (40) hat die Aussagen von Erika K. zum Mord an dem Burbacher Jungen Pascal am 4. Oktober 2004 in vielen Punkten bestätigt. Dabei belastete sie einige Mitangeklagte und sich selbst schwer. Vor Gutachtern und Richtern berichtete sie, dass der damals fünfjährige Junge am 30. September 2001 - dem Tag seines spurlosen Verschwindens - in der Tosa-Klause mehrfach vergewaltigt und dann getötet worden sei.
Andrea M. gab zu, den Jungen "irgendwann am Nachmittag" auf Anweisung der Wirtin Christa W. (51) selbst in die vier Quadratmeter große Abstellkammer der Tosa- Klause getragen zu haben. Dabei habe sich der Knabe gewehrt. In der Kammer hätten sich dann zunächst Dieter S. (62) und Michael C. (47) und eventuell sogar noch ein weiterer Angeklagter an dem Kind vergangen. Der letzte Missbrauch sei schließlich durch den Mitangeklagten Martin R. (42) erfolgt. Andrea M. gab zu, den Jungen bei dieser letzten Schändung eigenhändig so lange fest gehalten zu haben, bis dieser sich nicht mehr bewegt habe. Dies sei auf Anweisung von Christa W. und Martin R. geschehen. Den Tod des Jungen habe sie aber nicht beabsichtigt. Trotzdem fühle sie sich noch heute "schuldig".
Später habe sie dann Dieter S. dabei geholfen, die Leiche einzupacken. Sie sei auch dabei gewesen, als Christa W. und Dieter S. das tote Kind zu einer Kiesgrube bei Forbach, jenseits der französischen Grenze, transportiert hätten.
Saarbücker Landgericht in der Franz-Josef-Röder-Straße
Erika K. (51), die erste aussagewillige Angeklagte, hatte lediglich zwei statt drei oder mehr Vergewaltigungen für den Tattag bestätigt. Außerdem will Erika K. die Wirtin Christa W. im Hinterzimmer mit einer Videokamera hantiert haben sehen - Andrea M.
sprach lediglich von einem Fotoapparat.
An eine Mithilfe Erika K.s beim Beseitigen der Kinderleiche konnte sich Andrea M. ebenfalls nicht erinnern: Erika K. sei überhaupt nicht in dem Zimmerchen gewesen.
Einige ihrer früheren Aussagen zur Anwesenheit von Mitangeklagten in dem Bierlokal wollte Andrea M. vor Gericht nicht mehr bestätigen.
Falls das Gericht der Schilderung von Andrea M. folgen sollte, ginge es in ihrem Fall
juristisch nicht um Mord, sondern um Totschlag bzw. Beihilfe zur Vergewaltigung mit
Todesfolge.
Nach Beobachtungen von Anwesenden im Gerichtssaal machte Andrea M. während
des Verhörs insgesamt einen zwar unsicheren, aber glaubwürdigen Eindruck. Auch
ihre Schilderungen erschienen klarer, deutlicher und schlüssiger als die Aussagen der anderen Aussagewilligen Erika K. Diese war bereits vor wenigen Tagen in den Zeugenstand getreten. Dabei hatte sie sich zum wiederholten Male in Widersprüche
und Unklarheiten verstrickt.
Die mutmaßliche Drahtzieherin, Christa W. leugnet nach Angaben ihres Anwalts nach wie vor, "überhaupt etwas" von den Geschehnissen in der Bierkneipe zu wissen.
Der Anwalt von Martin R. räumte "erhebliche Bedenken an der Glaubwürdigkeit der Zeugen" ein. Er gehe davon aus, dass es von Seiten der Verteidigung Anträge auf Gutachten zur Glaubwürdigkeit der Zeuginnen geben wird. Mehrere Anträge auf einen Ortstermin zur Besichtigung der Räumlichkeiten der Tosa-Klause liegen bereits vor.
Der sechste Verhandlungstag
Am sechsten Prozesstag im Fall Pascal, am 7. Oktober 2004, hat ein dritter Angeklagter überraschend Aussagen angekündigt. Sigmund D. (43) will am nächsten Verhandlungstag (Montag, 11. Oktober 2004) über das Geschehen in der Tosa-Klause
am Tag des Verschwindens des kleinen Pascal vor Gericht aussagen. Laut Anklage
soll Sigmund D. den Jungen in die Gastwirtschaft gelockt haben. Andrea M., eine der
beiden einzigen bis zu diesem Zeitpunkt aussagewilligen Angeklagten, hatten dies vor
Gericht bereits bestätigt.
Im Mittelpunkt des sechsten Prozesstages stand weiter die Angeklagte Andrea M. (40). Sie äußerte sich erstmals auch über den sexuellen Missbrauch ihres eigenen Sohnes. Der Junge, ein Spielkamerad Pascals, war nach ihren Aussagen in der Wohnung eines der Mitangeklagten vergewaltigt worden. Bereits am Montag, dem 4. Oktober, hatte sie die Aussagen von Erika K. zum Mord an dem Burbacher Jungen Pascal in vielen Punkten bestätigt.
Gleich zu Beginn des sechsten Verhandlungstages musste das Landgericht Saarbrücken die Verhandlung zunächst einmal aussetzen. Der Anwalt des Angeklagten Hans-Josef W. (49) hatte auf Wunsch seines Mandanten Haftbeschwerde eingelegt.
Er begründete dies mit der bisherigen Vernehmung der Angeklagten Andrea M. und
Erika K. Aus deren Aussagen lasse sich nicht ableiten, dass Hans-Josef W. zur Tatzeit
in der Tosa-Klause in Burbach gewesen sei.
Das Saarbrücker Landgericht hat den Antrag zur Entscheidung an das Oberlandesgericht weiter gegeben und die Verhandlung wieder aufgenommen. Der Angeklagte sei zwar durch die Aussagen von Andrea M und Erika K. bisher nicht belastet worden.
Trotzdem sei Hans W. weiter dringend tatverdächtig. Es gebe belastende Aussagen von drei weiteren Angeklagten vor der Polizei, erklärte der zuständige Richter.
Der siebte Verhandlungstag
Am siebten Prozesstag im Fall Pascal hat auch der Angeklagte Sigmund D. zu den Vorfällen in der Tosa-Klause ausgesagt. Er bestätigte weitgehend die Aussagen der beiden Angeklagten Andrea M. und Erika K., dass der damals fünfjährige Junge am
30. September 2001 in der Tosa-Klause sexuell missbraucht wurde und zu Tode kam. Während der Verhandlung wurde erstmals auch die Rolle der Angeklagten Christa W. genauer beschrieben.
Pascal sei am Nachmittag in die Gaststätte gekommen. Der 43-jährige Sigmund D., dem Beihilfe zu sexuellem Missbrauch vorgeworfen wird, beschuldigte vier der weiteren Angeklagten, am besagten Tag im Hinterzimmer der Tosa-Klause den Jungen sexuell missbraucht zu haben. Gesehen habe er zwar nichts, aber er habe den Jungen schreien gehört. Dann sei es im Hinterzimmer plötzlich still geworden, sagte er vor Gericht aus. Die Angeklagte Andrea M. habe dann kurze Zeit darauf einen blauen Müllsack aus dem Hinterzimmer gebracht. Sigmund D. will gesehen haben, dass sich darin die Konturen des Kindes abgezeichnet hätten. Der blaue Sack sei dann
kurz darauf von den Angeklagten Andrea M. und Dieter S. sowie der Hauptangeklagten Christa W. weggebracht worden.
Im Gegensatz zu den Zeugenaussagen von Erika K. und Andrea M. schilderte Sigmund D. die Geschehnisse in der Tosa-Klause weitgehend zusammenhängend. Und er beschrieb auch Details von Christa W.'s Rolle. Sie habe dem Kind Süßigkeiten
gegeben, die Musik lauter gedreht, als das Kind geschrien habe, und sie habe den blauen Sack mit weggebracht.
In Bezug auf seine eigene Rolle verstrickte er sich allerdings in Widersprüche. Während er bei ersten Vernehmungen noch ausgesagt hatte, es habe eine Absprache mit Christa W. gegeben, Pascal in die Tosa-Klause zu locken, zog er diese Aussage während der Verhandlung zunächst zurück. Im Kreuzverhör räumte er aber die Absprache wieder ein. Der Anwalt von Christa W. zweifelt die Glaubwürdigkeit von Sigmund D. an: Die Frage sei, ob man einem Mitangeklagten glauben könne, zumal
wenn er sich in solche Widersprüche verwickle.
Bereits am Vormittag hatte Sigmund D. in der Verhandlung vier Mitangeklagte beschuldigt, den Spielkameraden des vermissten Pascal im Hinterzimmer der Tosa-Klause sexuell missbraucht zu haben. In der Gaststätte habe mehrmals pro Woche sexueller Missbrauch stattgefunden. Die Wirtin der Tosa-Klause, die Angeklagte Christa W., habe dafür gesorgt, dass die Gaststätte abgeschlossen war, und von dem
Beteiligten anschließend Geld genommen.
Er selbst habe aber keinen Kindesmissbrauch begangen. Vielmehr hätte er gegenüber der Wirtin von einer „Sauerei“ gesprochen, woraufhin er bedroht worden sei. Er habe dann aus Angst geschwiegen.
Am achten Verhandlungstag im Fall Pascal, am 14. Oktober 2004 wurden erstmals auch Zeugen gehört. Die Zeugin Tanja K. hat die Hauptangeklagte Christa W. in der
Vernehmung des achten Prozesstages schwer belastet.
Die 28-jährige Hausfrau, die gelegentlich in der Tosa-Klause als Bedienung gearbeitet hatte, war nach eigenen Angaben am Abend des 30. September 2001 in der Gaststätte - an dem Tag also, an dem der kleine Pascal verschwunden ist. Vor Gericht sagte sie aus, dass an jenem Abend in der Tosa-Klause schlechte Stimmung gewesen sei. Man habe sogar versucht, sie gar nicht erst in die Kneipe hinein zu lassen. In der Nähe des Tresens will sie den blauen Müllsack gesehen haben, in dem laut Anklage die Leiche Pascals gesteckt haben soll. Außerdem erklärte die Zeugin, dass die Hauptangeklagte Christa W., die Wirtin der Tosa-Klause ihr gedroht habe.
Tanja K. solle über den blauen Müllsack schweigen, andernfalls würde ihren Kindern
etwas zustoßen. Zu Beginn des achten Prozesstages war zudem ein 50-jähriger Mann, Peter S., befragt worden, der bereits wegen Missbrauch von Pascal zu sieben Jahren Haft verurteilt worden war. Zum Zeitpunkt des mutmaßlichen Mordes an dem Jungen befand er sich jedoch nicht in der Tosa-Klause. Die Aussage des Mannes musste nach kurzer Zeit unterbrochen werden, da ein Zeugenbeistand hinzugezogen werden sollte.
Bereits zwei Tage zuvor, am 12. Oktober war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Saargemünd im Umfeld des Falls Pascal gegen einen französischen Staatsbürger ermittelt. Nach SR-Informationen soll der Mann den Sohn der ebenfalls angeklagten Andrea M. sexuell misshandelt haben. Im März dieses Jahres kam es zur Anklage. Der Verdächtige bestreitet alle Tatvorwürfe. Er befindet sich zurzeit gegen Meldeauflagen auf freiem Fuß. Nach Angaben des Saargemünder Staatsanwalts ist derzeit nicht vorgesehen, dass er im Saarbrücker Prozess aussagt. Eine entsprechende Anfrage liege nicht vor.
Der Hinweis auf den Verdächtigen war von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken gekommen.
Sie war im Rahmen ihrer Ermittlungen im Fall Pascal auf den Franzosen aufmerksam geworden. Der Mann ist in einer Grenzgemeinde unter derselben Adresse gemeldet wie einer der Hauptangeklagten im Fall Pascal.
Die Staatsanwaltschaft scheint mit den Aussagen der ersten acht Prozesstage nicht unzufrieden und sieht sich in ihren Vorwürfen von Mord und sexuellem Missbrauch
bestätigt. Ähnlich sieht das auch die Anwältin der Nebenklage, Claudia Wilger-Lambert. Sie vertritt den Freund des kleinen Pascal, der ebenfalls missbraucht worden
war, das Martyrium allerdings überlebte. "Ich denke, hier haben die unterschiedlichen
Angeklagten Angaben gemacht, und die hätten sie nicht gemacht, wenn hier keine wirklichen Anhaltspunkte vorgelegen hätten", so Wilger-Lambert.
Allerdings könnte genau hier auch ein Problem auf Kläger-Seite liegen - in einem Mordprozess, bei dem es weder Leiche noch objektive Beweismittel gibt: Die Angeklagten, die im Fall ausgesagt haben, sind offensichtlich geistig minderbemittelt oder sogar durch langjährigen Alkohol- oder Drogenmissbrauch retardiert. Prozessbeobachter konnten den Eindruck haben, da werde etwas "nachgeplappert", da ein Großteil der Angeklagten zu Äußerungen selbst gar nicht in der Lage schien.
Der neunte Verhandlungstag
Am 18. Oktober 2004 standen mit der Mutter, dem Stiefvater und den beiden Stiefschwestern Pascals die nächsten Verwandten des wohl getöteten Jungen im Zeugenstand.
Drei von ihnen verweigerten zumindest teilweise die Aussage.
Der Stiefvater des vermutlich ermordeten Fünfjährigen, Heinz C. (49) hat vor dem Saarbrücker Landgericht ausgesagt. Seine Aussagen beschränkten sich auf knappe Schilderungen des Tagesablaufs vom 30. September 2001 - dem Tag, an dem der Junge wohl in der Tosa-Klause missbraucht und getötet worden war.
Demnach soll der Junge am Vormittag des 30. September 2001 in der Kirche gewesensein. Nach dem Mittagessen habe Pascal einen Kindergeburtstag besucht, bevor er gegen 16.00 Uhr mit dem Fahrrad in Burbach unterwegs gewesen sei. Gegen 18.30 Uhr will der Stiefvater die Suchaktion nach dem vermissten Jungen selbst in Gang gebracht haben. Auf weiter gehende Fragen verweigerte Heinz C. die Aussage.
Gegen ihn läuft zurzeit ein Ermittlungsverfahren wegen möglicher Beteiligung an dem Verbrechen.
Pascals Mutter, Sonja Z. (45) bestätigte die Aussagen ihres Lebensgefährten weitgehend. Außerdem gab sie an, nie etwas von einem möglichen Missbrauch ihres Kindes bemerkt zu haben. Der Junge habe mit ihr nie über derartige Vorgänge gesprochen.
Wenn etwas stattgefunden hätte, hätte sich der Junge ihr aber bestimmt anvertraut. Sonja Z. gab ebenfalls zu Protokoll, dass ihr Lebensgefährte Heinz C. Gast in der Tosa-Klause gewesen sei, auch zusammen mit Pascal.
Die beiden erwachsenen Stiefschwestern Pascals, Melanie und Manuela, verweigerten nach ihren früheren Selbstbezichtigungen vor dem Landgericht nun vollständig die Aussage. Von diesem Recht konnten sie Gebrauch machen, da zurzeit gegen ihren Vater ermittelt wird.
Eine der beiden Stiefschwestern war zuletzt erneut ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten, weil eine der Angeklagten im Verlauf des Prozesses ausgesagt hatte, dass diese Stiefschwester den Knaben mehrfach eigenhändig in der Tosa-Klause abgeliefert und nach den Schändungen durch Wirtschaftsgäste wieder abgeholt haben soll.
Die Verteidigung der Angeklagten werteten die Aussagen der Familienangehörigen Pascals als positiv. Besonders die Aussage der Mutter, nach der Pascal in den Tagen
und Wochen vor seinem Verschwinden weder durch sein Aussehen noch durch Worte Anlass zu Befürchtungen gegeben haben soll, stelle die Version von den wochenlangen Misshandlungen des Kindes sehr in Frage.
Der zehnte Verhandlungstag
Im Pascal-Prozess vor dem Saarbrücker Landgericht sind am 21. Oktober 2004 rund
ein Dutzend Bekannte und Nachbarn des Jungen angehört worden, die Pascal noch
am Tag seines Verschwindens gesehen haben sollen. Die Zeugen wurden zum Teil
im Fünf-Minuten-Takt vorgeladen.
Unterm Strich kam dabei nicht viel Verwertbares heraus: Widersprüche, Unklarheiten
und Erinnerungslücken prägten die Aussagen. Viele Einlassungen, die die kurz nach
dem Verschwinden des Jungen bei der Polizei gemacht worden waren, sind nicht bestätigt worden. Auch eine frühere Aussage, nach der eine der Stiefschwestern Pascals den Jungen erschlagen haben soll, wurde widerrufen. Überhaupt war kaum
eine Aussage geeignet, die Anklage wirklich zu stützen. Einer der Zeugen erschien sogar stark alkoholisiert vor dem Richter.
Die meisten Zeugen gaben an, im Vorfeld des Tat-Tages keinerlei Auffälligkeiten rund um die Saarbrücker Tosa-Klause bemerkt zu haben. Sie hätten Pascal als einen eher scheuen Jungen kennen gelernt, der "niemals mit einem Fremden mitgegangen" wäre. Einer Aussage zufolge soll allerdings beobachtet worden sein, wie am Nachmittag des 30. September ein Mann mit einem Auto vorgefahren sei, den kleinen Pascal recht grob mitsamt seinem Fahrrad in dem Fahrzeug untergebracht habe und in Richtung Bahnhof davon gefahren sei. Dies sei im Umfeld des Burbacher Kirmesplatzes geschehen. Kurz zuvor, gegen 17.00 Uhr sei beobachtet worden, wie Pascal am Rande des Festplatzes einer Frau erzählt habe, dass er dort "auf einen Mann" warten müsse.
Verteidiger von Christa W.: Walter Teusch
Der Anwalt der Hauptangeklagten Christa W., Walter Teusch, reagierte auf diese Aussage mit mehreren Beweisanträgen - unter anderem mit einem Antrag auf Vorladung dieser Frau.
Bereits am Vormittag hatte die Verteidigung eine Fülle von Beweisanträgen gestellt -unter anderem auf einen Ortstermin in der Burbacher Tosa-Klause. Die Verteidiger verfolgen die Strategie, damit zu beweisen, dass die Tosa-Klause als Tatort gar nicht
in Frage komme. Ihr Hauptargument: Das Lokal liege direkt an der Straße und sei von außen einsehbar gewesen. Dies wird allerdings von mehreren Anwohnern bestritten.
Weiter beantragte die Verteidigung die Einberufung zusätzlicher Zeugen - u.a. eines
Arztes, der Pascal noch kurz vor seinem Tod untersucht haben soll. Die Mutter des Jungen hatte am 18. Oktober zu Protokoll gegeben, am Körper Pascals keinerlei Misshandlungsspuren festgestellt zu haben. Die Aussage des Mediziners könnte mehr Klarheit darüber bringen, ob der Junge bereits in den Wochen vor seinem Verschwinden missbraucht worden sei. Dies ist einer der Punkte, in dem sich die Aussagen von Zeugen und Angeklagten widersprechen.