Читать книгу Sammelband 6 Krimis: Die Konkurrenten und andere Krimis für Strand und Ferien - Walter G. Pfaus - Страница 39

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Das Atelier von Manuel DiGiorgio war in einem Haus untergebracht, das bis in die fünfziger Jahre ein Lagerhaus gewesen war.

Marenkov begleitete uns, obwohl er ursprünglich unserem Kollegen Nat Norton bei seinen Ermittlungen helfen sollte. Wie es zu dieser Änderung gekommen war, wusste ich nicht genau und Marenkov selbst antwortete auf entsprechende Fragen nur ausweichend. Aber ich hatte mitbekommen, dass am Morgen ein Gespräch zwischen Mr McKee und dem Major unter vier Augen stattgefunden hatte.

Offenbar hatte er es geschafft, unseren Chef davon zu überzeugen, dass es für den Fortgang der Ermittlungen wichtiger war, dass Marenkov Milo und mich unterstützte.

Manuel DiGiorgio empfing uns in den hohen, Licht durchfluteten Räumen seines Ateliers. Etwa ein Dutzend Näherinnen hatte er beschäftigt.

Wir stellten uns vor und erkundigten uns nach Bykov und seiner Begleiterin.

„Ich erinnere mich an Bykov“, sagte DiGiorgio und verzog das Gesicht. „Normalerweise sind Russen meine Lieblingskunden. Die schauen nicht so kleinlich auf das Geld, sondern kaufen sich einfach, was ihnen gefällt.“

„Bei Bykov war das anders?“, hakte ich nach.

„Ja. Er war sehr kritisch und hat immer wieder an den Entwürfen herumgemeckert. Seine Begleiterin war da viel unkomplizierter.“

„Wissen Sie ihren vollständigen Namen?“

„Natürlich. Einmal bekamen wir den Auftrag, ein Kleid direkt an ihre Adresse zu schicken. Warten Sie, ich schreibe Ihnen das auf!“

Die Adresse lautete 34 Clayton Lane in Queens.

Wir fuhren dorthin. Es handelte sich um ein fünfzehnstöckiges, sehr gepflegtes Mietshaus, in dem es jedoch keinerlei sicherheitstechnischen Luxus gab. Dafür waren auf der Rückseite Parkplätze an der Oberfläche vorhanden, was in gewisser Weise auch ein Luxus war. Wir stellten den Sportwagen ab. Marenkov war uns gefolgt und traf nur einige Augenblicke später ein.

Es war mir aufgefallen, dass er an diesem Morgen ziemlich schweigsam war.

Als er aus seinem Wagen stieg, lockerte er sich die Krawatte und rieb sich den Hals.

Als er meinen verwunderten Blick bemerkte, lächelte er mild. „Ich glaube, ich werde mich niemals an diese Dinger gewöhnen!“

„Meinen Sie Krawatten?“

„Wer sie erfunden hat, hat es nicht gut mit denen gemeint, die sie sich bis heute umbinden müssen! Normalerweise trage ich in St. Petersburg so etwas nie. Eher einen Rollkragenpullover!“

„Ist vielleicht eine Frage der Konventionen“, warf Milo ein.

Marenkov nickte. „Hier in New York gibt es Restaurants, in die man ohne Krawatte gar nicht hineinkommt!“

„In St. Petersburg gibt es so etwas nicht?“, wunderte sich Milo.

Marenkov grinste. „Inzwischen schon. Früher wäre das eine bourgeoise Verirrung gewesen.“

„Das nennt man dann wohl Globalisierung“, sagte Milo.

Wir ließen uns vom Lift in den 12. Stock tragen, wo die Adresse lag, die uns angegeben worden war.

An der Wohnungstür standen zwei Namen: Nora Crawley und Joanne Steinman.

Eine junge Frau in Pullover und Jeans öffnete uns.

„Jesse Trevellian, FBI. Wir suchen Miss Nora Crawley.“

„Die ist nicht da.“

„Dann sind Sie Jeanne Steinman?“

„Ja, aber was wollen Sie?“

„Vielleicht können wir einen Moment hereinkommen.“

Joanne Steinman seufzte und wirkte sichtlich genervt. „Wenn es sein muss...“

„Leider ja“, sagte Milo.

Sie führte uns in die Wohnung. „Wo befindet sich Nora Crawley sich jetzt?“, fragte ich. „Wir haben Anlass zu der Annahme, dass sie sich in Lebensgefahr befindet.“

Joanne schluckte. „Ich habe keine Ahnung. Wir wohnen nur zusammen, aber ansonsten macht jede ihr eigenes Ding.“

„Was machen Sie beruflich?“

„Ich arbeiten in der Filiale der Grand National Bank am Central Park West.“

„Und Nora Crawley?“

„Sie hat mal diesen und jenen Job. Hören Sie, was werfen Sie ihr eigentlich vor?“

„Gar nichts. Aber sie ist vermutlich eine wichtige Zeugin. Sagt ihnen der Name Bykov etwas?“

„Das ist der Typ, mit dem sie zuletzt zusammen war. Ein viel älterer Mann, Marke seriös und bieder. Sie hat praktisch bei ihm gewohnt und sich aushalten lassen. Ich kann so etwas nicht verstehen.“

„Dieser Bykov ist verschwunden, hat wahrscheinlich jemanden umgebracht und seine eigenen Tod vorgetäuscht“, erklärte ich. „Er scheint eine große Nummer in der internationalen Kunstmafia zu sein und versucht wohl gerade unterzutauchen, weil ihn seine ehemaligen Geschäftsfreunde zu töten versuchen. Und wenn Ihre Freundin damit auch nur ganz am Rande etwas zu tun haben sollte, sollten Sie uns das sagen, dann erhöhen Sie ihre Chance, sowohl juristisch als körperlich einigermaßen unversehrt aus der Sache herauszukommen.“

Joanne atmete tief durch. Milo warf ein Blick in eines der Zimmer. Die Tür stand halb offen.

„Ist das Noras Zimmer?“, fragte er.

„Ja“, murmelte Joanne. Sie rieb die Handflächen gegeneinander und schien mit sich zu ringen. Sie hatte wohl das Gefühl, eine Freundin zu denunzieren, wenn sie uns half.

Es dauerte etwas, bis sie begriff, dass sie ihr höchstens half.

„Es ist schon seltsam“, murmelte sie.

„Wovon sprechen Sie?“

„Nora war für kurze Zeit Sekretärin in einer Anwaltskanzlei. Dadurch hat sie Bykov kennen gelernt.“

„Was war das für eine Kanzlei?“

„Irgend so ein Nobelunternehmen in der 5th Avenue.“

„Heißt dieser Anwalt zufällig Norman Gallesco?“

Sie blickte auf. „Ja, woher wissen Sie das?“

„Reden Sie einfach weiter!“, forderte ich. Sie nickte und biss sich dabei auf die Lippen. Es dauerte ein paar Augenblicke, bis sie fortfuhr. Auf jeden Fall würde uns Gallesco noch ein paar Fragen beantworten müssen, denn seine geschäftliche Beziehung zu Bykov war offenbar viel stärker, als er das uns gegenüber dargestellt hatte.

„Wie ich schon erwähnte, ist Nora bei Bykov eingezogen und der hat sie mit alle möglichen Geschenken verwöhnt. Aber vor ein paar Wochen war Schluss. Sie hat nicht darüber gesprochen, weshalb. Sie wohnte dann wieder ständig hier. Aus dem Mietvertrag ist sie ja sicherheitshalber nie ausgestiegen. Seltsam ist nur, dass sie seit ein paar Tagen wieder dauernd unterwegs ist und mir nichts davon sagt, wo sie hingeht. Außerdem tut sie seltsame Dinge. Sie besorgt Männerkleidung, sie verhandelt am Telefon über den Kauf eines Geländewagens gegen Barzahlung und noch ein paar andere Dinge. Das hat für mich alles keinen Sinn ergeben, aber wo sie mir jetzt erzählen, dass Mister Bykov unterzutauchen versucht, sieht es fast so aus, als würde sie ihm dabei helfen.“

„Hat sie ein Handy?“

„Ja.“

„Dann werden wir versuchen das von unserem Field Office aus anpeilen zu lassen“, sagte ich. „Geben Sie uns bitte die Nummer!“

Sie nickte stumm.

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