Читать книгу Sammelband 6 Krimis: Die Konkurrenten und andere Krimis für Strand und Ferien - Walter G. Pfaus - Страница 55

Оглавление

3


Ich war schon kurz davor, auf die B492 einzubiegen, als mir einfiel, dass die Marina ja umgezogen war. Sie hat mir auf den Anrufbeantworter gesprochen. „Hallo, Hanno! Marina hier. Wohne jetzt in EhingenBerkach, Nelkenweg 28.“ Fertig. Mehr nicht. Und das ohne Vorankündigung. Ich hätte ihr ja beim Umzug helfen können. Aber vermutlich wollte sie das nicht. Ich drehe eine Runde auf dem neuen Kreisverkehr, fahre den Weg zurück und benutze den Schleichweg.

Als ich vor dem Haus Nummer 28 aus dem Wagen steige, fällt mir doch noch ein, dass sie mal nebenbei erwähnt hat, irgendwann umziehen zu wollen. Sie hat aber nicht gesagt wann und auch nicht wohin.

Und jetzt wohnt sie so nah bei mir. Gerade mal drei Kilometer entfernt. Das gefällt mir ausnehmend gut.

Sie öffnet mir im Schlafanzug. „Oh Gott.“

„Hanno. Hanno reicht.“

„Was führt dich so früh am Morgen zu mir?“ erkundigte sich Marina.

„Ist es dir zu früh? Soll ich später wieder kommen?“

„Entweder du machst mir jetzt einen Heiratsantrag oder du raubst mich aus. Für was anderes bin ich noch zu müde.“

„Wie wäre es mit einem Drink?“

„Wenn du nichts Besseres zu bieten hast?“

„Ich lege noch einen Kuss drauf.“

„Nicht mehr?“

„Mittagessen bei meiner Oma.“

„Bei diesem Angebot kann ich nicht nein sagen.“ Sie macht Platz und ich gehe an ihr vorbei in die Wohnung.

Das Wohnzimmer war größer und heller, als das in ihrer vorhergehenden Wohnung in Schelklingen. Die Eckcouch ist ganz neu. Der Fernseher ebenfalls. Ein Bücherregal ist auch noch dazu gekommen. Bis jetzt hatte sie ihre Bücher immer in Kartons aufbewahrt. Nur der schöne Wohnzimmerschrank ist noch derselbe.

Marina steht schon vor dem Schrank und hat die Tür zu dem reichhaltig gefüllten Barfach geöffnet. „Trinkst du noch den Schottischen Malt?“

„Immer noch.“

„Aber du bist nicht nur wegen dem Drink gekommen.“

„Nein, wegen dir. Ich wollte dich mal wieder sehen.“

„Lügner. Eigentlich sollte ich dir keinen Drink geben.“ Sie macht die Schranktür wieder zu. „Du hast lange gebraucht, um mich zu besuchen.“

„Du bist umgezogen.“

„Das dürfte nicht neu sein. Ich habe es dir auf deinem Anrufbeantworter mitgeteilt.“

„Ach, du warst das?“

„Wie viele Frauen kennst du, die Marina heißen?“

Ich zählte an den Fingern auf acht. „Eine. Dich.“

„Na, siehst du. Warum bist du nicht früher gekommen?“

„Du weißt auch, wo ich wohne.“

„Ich war noch nie in deiner Wohnung.“

„Ich in der auch nicht. Was ist mit dem Malt?“

„Was ist mit dem Kuss?“

Ich küsse sie sanft auf den Mund.

Sie sieht mich an und wartet darauf, dass noch mehr kommt. Nachdem von mir aber nicht mehr kommt, sagt sie: „Das ist aber nur einen kleinen Drink wert.“

„Mehr darf ich auch nicht. Ich bin im Dienst.“

„Ich nicht. Ich habe Urlaub.“

„Jetzt nicht mehr.“

„Was?“

„Ab sofort bist du im Dienst.“

„Wer sagt das?“

„Ich.“

Marina holte tief Luft. „Polizeioberkommissar Hanno Köberle, du wirst dir doch nicht schon wieder Schwierigkeiten einhandeln wollen.“

„Mit Schwierigkeiten dieser Art lebe ich recht gut.“

„Du brauchst mich wieder mal. Sehe ich das richtig?“

„Das siehst du richtig.“

„Ist Holzer wieder auf Schule?“

„Nein, Krankenhaus. Blinddarm.“

„Oh. Trotzdem...“

„Falls du Bedenken wegen dem Haberkorn hast, das erledigt der Moosbauer.“

„Der Moosbauer ist einverstanden, dass du mich zur Verstärkung anforderst?“ erkundigt sich Marina ungläubig.

„Dem Moosbauer geht es zur Zeit gar nicht gut“, sage ich grinsend. „Viel zu wenig Leute. Urlaub, Krankenstand und einige ungelöste Fälle. Das mag er gar nicht.“

„Und was hast du, dass du mich brauchst?“

„Ein totes Neugeborenes in der Garage von Max Hufnagel. Seine Frau hat das tote Kind entdeckt.“

„Ach du lieber Himmel! Auch noch dieses Klatschmaul. Um den Fall bist du nicht zu beneiden.“

„Wir“, verbessere ich sie. „Wir sind nicht zu beneiden. Ich kann doch mit dir rechnen?“

„Und was ist mit meinem Urlaub?“

„Ich lass mir was einfallen, als Entschädigung. Und jetzt zieh dich schon an. Der Max hat Probleme, die Leute von seiner Garage fernzuhalten.“

Sie geht ins Schlafzimmer. Gleich darauf steht sie nackt im Türrahmen. „Und warum glaubst du, dass ich die Richtige für diesen Fall bin?“

Ich sehe sie einen Augenblick an. Dann halte ich mir die Augen zu und wende mich ab.

„Was ist los?“ fragt Marina harmlos.

„Sieh in den Spiegel, dann weißt du was los ist.“

„Ich weiß was ich sehe, wenn ich in den Spiegel schaue. Ein alterndes Weib mit Orangenhaut auf Hüften und Oberschenkel und hängender Brust.“

„Wirf den Spiegel weg. Er gibt ein falsches Bild von dir. Ich sehe ganz was anderes.“

„Du siehst gar nichts. Du hältst dir die Augen zu.“

„Ich will nicht von deiner Schönheit geblendet werden.“

„Hanno, ich sag’s noch mal: Du bist ein Lügner.“ Ich höre, wie sie ins Schlafzimmer zurückgeht. „Aber du lügst immer an den passenden Stellen.“

„Was ist jetzt mit dem Malt?“, lenke ich ab. Das mache ich meistens, wenn ich mich aus einer für mich kritischen Situation herauswinden will. Natürlich wäre ich jetzt am liebsten zu ihr ins Schlafzimmer gerannt, hätte sie in den Arm genommen und hätte mich mit ihr in ihr noch warmes Bett gelegt.

Aber das kennt man ja. Dann ist nichts mehr so wie es vorher war. Eigentlich wäre mir das ganz recht gewesen, und der Marina sicherlich auch, weil, sonst hätte sie sich mir ja nicht nackt unter der offenen Tür gezeigt. Wir zwei, die Marina und ich ein Paar. Das wäre einfach wunderbar. Oma Dodel würde mir auch um den Hals fallen und die Marina noch mehr verwöhnen, als sie es ohnehin schon tut. Im Moment ist das aber nicht möglich, weil der Max Hufnagel sonst noch lange hätte auf uns warten müssen.

Ich öffne die Schranktür zum Barfach und entdecke einen Irischen Malt.

„Hast du schon gesehen?“ ruft Marina aus dem Schlafzimmer. „Ich habe eine neue MaltSorte, einen Irischen. Tyrconnell.“

„Ich habe ihn schon entdeckt. Ich kenne ihn. Er ist hervorragend.“

„Ich wusste doch, dass du ihn mögen wirst.“

Ich schenke von dem Whiskys etwas in zwei Gläser und warte.

Nach knapp zehn Minuten kommt Marina angezogen aus dem Schlafzimmer. Sie sieht einfach umwerfend aus. Hübsches, rundes Gesicht, volle Lippen, schwarzes, schulterlanges Haar und braune Augen. Manchmal, wenn mich diese sanften braunen Augen ansehen, beginne ich sofort zu schmelzen. Ich muss dann immer sofort ablenken.

Eines steht fest: Weit und breit kenne ich keine hübschere Polizistin. Wenn ich jetzt nicht in jeder Hand ein Glas gehalten hätte, wer weiß, was dann passiert wäre. Ich weiß nur eines: Irgendwann werde ich ihr zu Füßen liegen.

„Ist es dir recht, wenn ich in Uniform mitkomme?“

„Das machst du absichtlich“, sage ich fasziniert.

„Was?“

„So toll auszusehen.“

„Hanno, du bist ein Schmeichler. Aber ein lieber. Ich wünschte, es gäbe mehr Kollegen wie dich.“

„Ich bin froh, dass es nicht so viele gibt. Sonst würden eventuell meine Chancen bei dir sinken.“

„Die sinken auch, wenn du nicht bald über Nacht und zum Frühstück bleibst.“

„Jetzt trinken wir erst mal den kleinen Whisky und dann fahren wir zu der kleinen Leiche.“

Ich reiche ihr das Glas, und wir trinken beide aus. Marina stellt die leeren Gläser auf den Tisch, legt die Arme um mich und küsst mich. Es wurde diesmal ein etwas längerer Kuss.

„Los, komm jetzt“, sage ich. „Wir sind schon spät genug dran.“

Wenige Minuten später fahren wir in den Hof von Max Hufnagel.

Sammelband 6 Krimis: Die Konkurrenten und andere Krimis für Strand und Ferien

Подняться наверх