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Tessy kam erst gegen elf Uhr wieder. Ich war auf meinem. Lehnstuhl, alle Decken auf den Knien, eingeschlafen. Es war eiskalt. Aber Tessy hatte ein Marktnetz voll Kohlen mit. Ihre Freundin hatte sie ihr geschenkt. „Als Abfindung“, sagte sie in ihrer ruhigen Sachlichkeit. „Dreißig Kohlen ... das ist für eine Freundin billiger als vierzehn Tage einen Gast haben.“ Sie war im übrigen recht vergnügt, heizte und kochte, ohne mich um Erlaubnis zu fragen, einen kräftigen Tee. Es wurde ganz behaglich. Kohlen heizen eben doch besser als grünes, sperriges Lindenholz.

Ich las ihr vor, was ich den Tag über geschrieben habe. „Damit du weißt, wo wir alle herkamen.“

Sie nickte gleichmütig. „Ich weiß ... aus dem Sumpf. Ihr wart alle völlig verkommen.“

„Aber einig und verträglich“, sagte ich.

Sie schlürfte ihren Tee und sah mich listig-lustig über die Tasse weg an. „Wenn jeder macht, was ihm gerade durch den Sinn fährt, und alle schrein im Chor bravo ... da ist es kein Kunststück, einig zu sein.“

„Du irrst dich“, sagte ich etwas gereizt, „gerade wenn keiner Rücksicht auf den anderen nimmt, müßte doch ein Krieg aller gegen alle entstehn. Nichts war ... bis du und Manuela ...“

Sie schnaufte verächtlich. „Ich und Manuela, als ob Manuela sich mit irgend jemandem vertragen hätte. Nicht einmal mit ihren Männern.“

Ich sagte: „Die alte Walpurga hat mir gesagt: Sie ist so schön, man muß sie lieben.“

„Walpurga war schon siebzig und hat keinen Mann gekannt. Da konnte sie leicht überirdisch gut sein.“

Wir stritten uns lange über Walpurga und darüber, ob das Alter gut oder böse mache. Wir kamen weit vom Thema ab.

Tessy hatte außer den Kohlen noch fünf englische Zigaretten geschenkt bekommen. Senior Service, meine Lieblingsmarke. Drei gab sie mir, als Anzahlung auf die Miete. „Macht fünfzehn Mark“, sagte sie.

„Du willst also bleiben?“ fragte ich. Im selben Augenblick tat mir meine Frage leid, denn ich sah, wie ihr Tränen in die Augen schossen. Trotzig setzte ich hinzu: „Findest du nicht, daß das auf die Dauer ein bißchen komisch ist? Die Kälte ... und ich habe dann immer die Pflicht, dich zu wärmen.“

Sie sagte: „Ich finde nichts Komisches dran. Aber so seid ihr Männer. Ungeheuer liberal in euren Reden. Sobald sich dann jemand wirklich anständig benehmen soll, ganz einfach menschlich und mal ausnahmsweise nicht männlich, dann kommt er sich bestenfalls komisch vor. Du kannst ja annehmen, ich wäre deine Tochter. Den Jahren nach geht das lange.“

„Ich habe nie eine Tochter gehabt. Ich weiß nicht, wie das ist“, sagte ich verstockt.

Sie ging fort und erschien nach ein paar Minuten wieder in ihrem hübschen Hauskleid, das von der vorigen Nacht her etwas zerknittert war. „Dann wirst du das eben lernen, mein Lieber“, sagte sie und schlüpfte ins Bett.

„Zieh wenigstens das Hauskleid aus. Das verknüllt ja ganz und gar“, sagte ich und legte mich zu ihr. Ich hörte im Dunkeln noch, wie das Hauskleid durch die Luft flog.

Kleine Dämonen

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