Читать книгу Mein Leben mit den Eagles - Wendy Holden, Don Felder - Страница 6

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EINS

In der Garderobe konnten wir den Lärm hören, den das Publikum machte. Es klang wie ein Gewitter, das sich irgendwo hoch über unseren Köpfen zusam­menbraute. Als wir einer nach dem anderen aus den Eingeweiden des Stadions hervorkrochen, die Lippen nass vom Bier und mit Ringen aus weißem Pulver um die Nasenlöcher, wurde das Grollen lauter und lauter.

Die Bühne war dunkel, doch wir tasteten uns routiniert zu unseren jewei­ligen Instrumenten vor, während uns der kühle Wind durchs Haar strich. Plötzlich schwoll das Gemurmel an. Die ersten Zuschauerreihen hatten uns als schattenhafte Figuren im Licht der roten Verstärkerglühlampen ausgemacht. Sie entzündeten Kerzen oder Feuerzeuge und hielten sie über ihre Köpfe in der Hoffnung, einen vorzeitigen Blick auf ihre Rockidole zu erhaschen. Andere folgten diesem Beispiel, bis wir ein riesiges, glitzerndes Meer aus Licht vor uns sahen. Die Spannung war so stark, dass wir sie beinahe schmecken konnten.

Wir standen einige Sekunden lang im Halbdunkel, atmeten tief durch und versuchten, uns darauf zu konzentrieren, wer wir waren und wie wir hierher­gekommen waren. Ich, ein armer Junge aus einer Kleinstadt in Florida, der als Kind durch eine Polioerkrankung beinahe zum Krüppel geworden wäre und dessen Traum es war, wie B. B. King zu spielen, trat an den Bühnenrand vor. Die anderen vier Bandmitglieder in ihren Schlaghosen standen hinter mir. Wir stammten alle aus verschiedenen Ecken des Landes, jeder von uns war die lebende Verkörperung des amerikanischen Traums.

Da standen wir nun und blickten über die Zehntausende erwartungsvoller Fans, die eine Menge Geld dafür bezahlt hatten, dass sie hier sein konnten; Leute, die jeden Ton und jedes Wort unserer Musik kannten und die meilenweit gefahren waren, nur um uns spielen zu hören. Das Kokain, der Nervenkitzel und das Adrenalin ließen mein Herz heftig gegen den Brustkorb schlagen.

Plötzlich ging ein Scheinwerfer an, der direkt auf mich hinabstrahlte. Ich stand allein in dem gleißenden Lichtkegel mit einer weißen, doppelhalsigen Gibson-Gitarre in den Händen. Der Rest der Band war eine Silhouette vor einer riesigen Reproduktion des bekannten Plattencovers von Hotel California, ein Bild des von Palmen umstandenen Beverly Hills Hotel in L. A. bei Sonnen­untergang. Meine Finger kribbelten, als ich die ersten, unverkennbaren Akkorde des Titelstücks anstimmte, eines Songs, den ich vor wenigen Monaten mitgeschrieben hatte, während ich im Schneidersitz auf dem Boden meines Strandhauses saß und mein Sohn neben mir spielte.

Ein Getöse erhob sich. Niemand hatte erwartet, dass dies die erste Num­mer sein würde. Sie dachten, wir würden das Konzert damit beenden. Das Publikum explodierte. Während jener ersten paar Sekunden war nur der Lärm der Menge zu hören – eine ohrenbetäubende Kakofonie aus Geschrei, Jubel, Gegröle, Pfeifen und überschäumendem Applaus. Ich wiegte mich im Schein­werferkegel und saugte die intensive, elektrisch geladene Atmosphäre auf, dann wischte ich mir den Schweiß von der Stirn und schloss die Augen. Während sich meine Finger automatisch auf dem Griffbrett auf und ab bewegten, gestat­tete ich mir ein kleines Lächeln. Das war es. Alles, wovon ich in den tiefsten Nächten jemals geträumt hatte – der berauschende Klang des Erfolgs.

Mein Leben mit den Eagles

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