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Johanna Eine junge Holländerin aus Venray.

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Sie hatten den ersten Zug von Köln nach Neuss genommen. Zwar war es am letzten Abend in der Domstadt doch etwas später geworden, aber der Nachtportier im kleinen Hotel, in der Gasse die zu Rhein führt, hatte sie energisch durch Klopfen an der Zimmertür geweckt.

Es war ein anheimelndes altes Bauwerk mit zwei oder drei Etagen, mitten in der Altstadt südlich vom Dom und Bahnhof. Aus den zwei waren drei Tage geworden und sie hatten sich mit den Bedienungen und dem Wirt schon etwas angefreundet und überall laut verkündet, egal wie lange es abends wird, den ersten Zug würden sie immer erreichen.

So waren sie schon recht früh in Neuss angekommen und hatten sich auch direkt auf den Weg, auf die wohl 20 Kilometer nach Rheydt, aufgemacht.

Für die ersten Bauernhöfe, wo wie anklopften, waren sie vielleicht noch zu früh oder es war der falsche Tag, und obwohl die Sonne schien, wollte keiner aus diesen Gehöften etwas mit den Dreien zu tun haben. Es gab kurze und deftige Absagen.

Kräftige Hände, die auf dem Feld anpacken würden, die könne man gebrauchen, aber keine gemalten Hände, die nutzlos an der Wand hängen und sich nie mehr im Leben rühren würden.

So waren sie schon mehr als 4 Stunden unterwegs, es war früher Nachmittag und mehr als die Wegstrecke war schon abgelaufen.

Direkt an der Straße, getrennt durch eine lange Mauer mit zwei großen Flügeltoren lag ein Ritterhof.

"Guten Tag, gnädiges Fräulein."

Franz hatte artig seinen Hut vom Kopf genommen und wusste auf einmal nicht mehr, was er sagen sollte.

Eine junge hübsche Frau, vielleicht ein oder zwei Jahre jünger als er, kam auf den Hof ihm entgegen.

Sie hatten am großen Tor des Gutshofes angeklopft und waren durch die kleinere Tür, die sich im rechten Torflügel befand, in den Innenhof eingetreten.

Wie sie gekommen war, so verwand das Mädchen auch wieder im Haupthaus.

Der Freiherr kam aus dem Haus und Max übernahm die Verhandlung.

Sie wurden in die gute Stube gebeten und tatsächlich, der Hausherr interessierte sich für die Werke, die ihm gezeigt wurden.

"Johanna mach den Herren einen Kaffee, vielleicht wollen sie auch ein Stück unseres Apfelkuchens nehmen."

Johanna hüfte wieder ins Zimmer und bediente die drei kräftigen Kerle.

Max machte einige Witze über die einzelnen deutschen Landsmannschaften, die er unterwegs gelernt hatten. Auch über Schwaben und Holländer zog er her, wobei Johanna ganz rot im Gesicht wurde.

"Das ist das leckerste Stück Apfelkuchen, das ich je gegessen habe."

Nur um etwas zu sagen, platze es aus Franz heraus, sonst fiel ihm heuer wenig ein, obwohl er doch sonst auch ein fröhlicher Kerl war, der gerne seine Späße machte.

Der Freiherr kaufte ihnen sogar zwei Gemälde ab und Franz fand einige Gelegenheit, über die Bilder und seine Tiroler Heimat zu erzählen.

"Das war ein gutes Geschäft."

Hans war's zufrieden, in bester Laune verließen die Drei den Gutshof und drei Stunden später waren sie in Rheydt.

Sie kauften die Billette für den nächsten Morgen und nahmen Quartier in einem Gasthof, der zwischen dem Bahnhof und der Innenstadt lag.

Was würde der nächste Tag bringen? Sie verließen das Deutsche Reich und in der Grenzstadion Dalheim würde die preußische Obrigkeit ihre letzten Trümpfe ausspielen.

So war jeder mit seinen Gedanken, Ängsten und Hoffnungen beschäftigt.

Franz war's zufrieden, das jeder an diesem Abend seine eigenen Wege ging und alleine sein wollte. Franz musste immer wieder an Johanna denken, an ihre Leichtigkeit, an ihre Fröhlichkeit.

Johanna ging ihm nicht mehr aus dem Kopf und der stämmige Kerl aus dem Zillertal rannte durch die laue klare Sommernacht und begann Sterne zu zählen.

Tatsächlich ging es zackig und sehr preußisch am Grenzbahnhof in Dalheim zu. Zum Glück hatten sie vorher ihre Reisedokumente in Ordnung gebracht, und für ihn den Österreicher hatte sogar der Zollbeamte einen Spruch auf Lager, den aber nur der Beamte lustig fand, und alle anderen nur geheuchelte Heiterkeit zeigten.

"Wir sind jetzt in Holland." Hans zählte schon die Stunden bis Antwerpen, dem Hafen und das Sie bald das Meer und den Atlantik sehen würden.

In Roermond stiegen einige Holländer zu, und Franz dachte intuitiv an Johanna. Sprach sie nicht einen ähnlichen Dialekt?

Franz begann mit dem Gedanken zu spielen, umzukehren und nach Rheydt zurückzukehren.

Die Bahnfahrt verging im Fluge, Franz dachte nur noch an Johanna. Jetzt stand sein Entschluss fest, ich fahre wieder zurück und werde auf einem der Bauernhöfe, die mir gestern Arbeit angeboten haben, als Meier oder Erntehelfer anfangen.

Franz wollte Johanna wiedersehen.

Als sie am Kai an der Scheldemündung angekommen waren, sagte Franz seinen Freunden:

"Ich fahre wieder zurück ins Rheinland."

Auch Hans und Max war nicht verborgen geblieben, dass sich Franz verliebt hatte.

Man unterhielt sich noch eine Weile, jeder in Gedanken mit seiner Zukunft und doch mit großem Verständnis für das Verhalten des Anderen. Es waren nur Belanglosigkeiten, die sie austauschen. In einer solchen Situation haben Worte nicht die Wichtigkeit wie das reine innere Verständnis für den Anderen. Man ging auseinander, jeder auf seinem Weg.

Die beiden Münchner begleiteten ihren Freund noch bis zum Bahnhof, wo er noch den Abendzug zurück nach Deutschland nehmen konnte.

Für sie selbst begann nun der Formalismus der Ausreise und, auf der anderen Seite des Teichs, der Formalismus der Einreise in ihre neue Heimat.

"Gestern sagten Sie, sie suchen noch fleißige und geschickte Hände für Ihren Ernteeinsatz. Auch kenne ich mich gut mit Milch und Käse aus. Wenn sie wollen, kann ich ihnen auch als Meier oder Melker zur Hand gehen."

"Gestern wolltest Du mir noch Bilder verkaufen, woher der schnelle Berufswandel."

"Die Landluft hier im Rheinland schmeckt mir halt."

Und als der Bauer noch zögerte,

"Antiquar ist nur mein zweiter Job, im Hauptberuf bin ich Bergbauer und mache Ihnen den besten Tiroler Bergkäse."

Es war einiges zu tun und Bauer Jansen konnte schon jede Hand gebrauchen, so wurden sie sich schnell handelseinig.

Man merkte, dass Franz die Arbeit auf dem Hof Spaß machte und ihm alles leicht von der Hand ging.

Auf dem Feld hielt Franz Ausschau, der Hof vom Bauer Jansen und der Gutshof vom Freigrafen, sie lagen direkt nebeneinander. Irgendwann musste Johanna ja schon auftauchen.

Auf dem Land kennt sich jeder, und schnell hatte sich herumgesprochen, dass einer der lustigen Musikanten zurückgekommen war und Amerika hatte sausen lassen. Das konnte nur eins bedeuten. Irgendeine Schönheit zwischen Erft und Rhein musste ihm sein Herz gestohlen haben.

So wurde es Sonntag, und alles ging in die nächste Dorfkirche. Johanna hatte sich besonders hübsch gemacht.

Aber nicht nur sie, auch die anderen Dorfschönheiten fanden Gefallen an dem strammen Kerl aus den Alpen und es artete zum richtigen Schönheitswettbewerb aus.

"Hallo."

"Goedemorgen."

"Ich heiße Franz"

und nach einigem Zögern,

"Ich arbeite jetzt direkt neben dem Gutshof auf dem Bauernhof der Jansen."

"Ja, das habe ich schon gehört."

Es war eine angenehme warme Stimme, die ihm antwortete. Ich glaube, sie mag mich auch, dachte er. Doch bevor er etwas antworten konnte, war Johanna davongehuscht und schwatzte nun mir ihren Freundinnen.

Auch in den nächsten Wochen sahen sie sich nur zum sonntägigen Kirchgang. Franz begann sich mit der Dorfjugend anzufreunden und so ergab sich das eine oder andere Gespräch zwischen den beiden.

Schließlich erfuhr Franz, dass das Gewächshaus des Gutshofes Johannas Reich war und er sie deshalb auch nie auf dem Feld gesehen hatte.

Tulpen und Blumen aus Holland waren bei der neuen höheren Bürgerschicht in Düsseldorf und in den größeren Städten am Rhein angesagt.

So hatte der Freiherr angefangen sich eine Blumenzucht zuzulegen und Johanna war extra dazu für einen Sommer ins Rheinland gekommen. Geschmackvoll wusste sie Blumenkörbe zusammenzustellen und Innendekorationen zu gestalten.

Bei der nächsten Gelegenheit kam Franz zum Gewächshaus, und ab da trafen sie sich regelmäßig.

Am Ende der Saison würde Johanna zurück nach Holland, zurück nach Venray gehen, und den Winter zuerst zu Hause zu verbringen.

Johanna erzählte von ihrer Familie, von Venray. Franz von Mutter, Bruder und Mayrhofen, und beide träumten von einer gemeinsamen Zukunft.

Das Reichsnährstandsgesetz

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