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32. Kapillarität.

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Eine merkwürdige Abweichung vom Gesetze der kommunizierenden Röhren zeigt sich, wenn eine Röhre sehr eng ist; sie wird dann ein Haarröhrchen oder Kapillarrohr genannt. Wenn die Röhre von der Flüssigkeit benetzt wird, wie Glas von Wasser, so steht das Wasser in der Haarröhre höher als in der weiten Röhre und ist an der oberen Fläche nach abwärts gekrümmt, es hat einen konkaven Meniskus. Wird die Röhre von der Flüssigkeit nicht benetzt (Glas und Quecksilber), so steht die Flüssigkeit im Haarröhrchen tiefer als im weiten Rohr und ist an der oberen Fläche nach aufwärts gekrümmt, hat einen konvexen Meniskus.


Fig. 50.


Fig. 51.

Durch Versuche fand man: die Höhe, um welche die Flüssigkeit im Rohre höher (oder tiefer) steht als im Gefäße, ist um so größer, je kleiner der Durchmesser ist, und ist dem Durchmesser umgekehrt proportional; sie ist fast gar nicht abhängig von dem Stoffe, aus welchem die Röhre besteht, wenn nur die Röhre vollkommen (oder gar nicht) benetzt wird; wohl aber ist sie abhängig von der Kraft, mit welcher die Flüssigkeit an der Röhre adhäriert; schließlich ist sie vom sp. G. der Flüssigkeit abhängig, demselben umgekehrt proportional; je geringer das sp. G. ist, desto größer ist die Steighöhe.

Damit verwandt ist die Erscheinung des gekrümmten Randes einer Flüssigkeitsoberfläche. Das Wasser (Öl etc.) in einem weiten Glase (benetzten Gefäße) hat eine ebene Oberfläche; aber an den Rändern ist sie nach aufwärts gekrümmt; Quecksilber in einem Glasgefäß (wenn keine Benetzung stattfindet) ist am Rand nach abwärts gekrümmt.

Man nennt diese in einer Haarröhre zum Vorschein kommende Kraft auch Kapillarattraktion, wenn sie die Flüssigkeit hebt, oder Kapillardepression, wenn sie die Flüssigkeit herabdrückt.

Aus der Kapillarität erklärt sich die Erscheinung, daß in porösen Körpern die Flüssigkeit in die Höhe steigt, wobei die Poren die Haarröhrchen sind; da dieselben oft sehr fein sind, so steigt in ihnen die Flüssigkeit oft sehr hoch (feuchte Wände).

Bringt man Öl in eine Mischung von Wasser und Spiritus, welche genau das gleiche sp. G. hat, so bleibt das Öl schwebend in Ruhe, indem es weder steigt noch fällt; es ist äquilibriert.

Dabei nimmt das Öl, sich selbst überlassen, stets die Kugelform an, und wenn man diese stört, kehrt sie in die Kugelform zurück. Der Grund liegt in der Oberflächenspannung. Die Moleküle des Öls haben eine, wenn auch geringe, Kohäsion, vermöge deren sie sich gegenseitig anziehen. Die anziehenden Kräfte halten sich bei einem im Innern liegenden Ölteilchen im Gleichgewicht, da es von allen Seiten gleich stark angezogen wird. Bei den an der Oberfläche liegenden Teilchen aber, die nur von den gegen das Innere zu liegenden Molekülen angezogen werden, bleibt eine nach innen gerichtete Kraft übrig. Die Folge ist, daß alle Teile der Oberfläche gegen die Mitte zu streben, demnach nur ins Gleichgewicht kommen, wenn die Oberfläche Kugelform hat. Es ist dabei gerade so, wie wenn an der Oberfläche ein elastisches Häutchen vorhanden wäre, das infolge der Spannung auch nur zur Ruhe kommt, wenn die Spannung gleichmäßig und am geringsten ist; beides tritt bei der Kugelform ein. Man spricht demnach von der Oberflächenspannung einer Flüssigkeit. Auch schon die Fettaugen auf der Suppe erinnern an solche Oberflächenspannung, ebenso die runde Form der Regentropfen.

Lehrbuch der Physik zum Schulgebrauche

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