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36. Anwendung des Barometers.

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1. Barometrische Höhenmessungen. Trägt man das Barometer auf einen Berg, so findet man, daß es sinkt, um so tiefer, je höher man steigt; denn das Barometer gibt nur den Druck der über ihm befindlichen Luftsäule an; da diese auf dem Berge geringer ist als im Tale, so steht das Barometer auf dem Berge niedriger als im Tale. (Perier 1648). Nur auf dem Meeresspiegel steht das Barometer 76 cm hoch. Steigt man 10 m, so sinkt das Barometer um ca. 1 mm, bei 20 m um ca. 2 mm. Das geht jedoch nicht so einfach fort; denn wenn man höher hinaufkommt, so wird die Luft dünner, infolgedessen leichter, und man muß dann um mehr als 10 m steigen, wenn das Barometer wieder um 1 mm sinken soll. Man hat nun berechnet, wie hoch das Barometer bei den verschiedenen Höhen über dem Meere stehen muß, und findet dies in den hypsometrischen Tabellen. Kennt man den mittleren Barometerstand eines Ortes, so kann man mit großer Genauigkeit dessen Meereshöhe angeben. Der mittlere Barometerstand ergibt sich als Mittel aus vielen Beobachtungen.

Will man die Höhe eines Berges messen, so muß man möglichst zu derselben Zeit den Unterschied der Barometerstände am Fuß und am Gipfel bestimmen und hieraus mittels der hypsometrischen Tafel die Höhe des Berges berechnen; sie ergibt sich jedoch etwas ungenau.

2. Das Barometer in der Witterungskunde (Meteorologie). Das Barometer zeigt ein unregelmäßiges Fallen und Steigen, welches mit der Witterung zusammenhängt. Bei tiefem Barometerstand bringen westliche Winde uns Wolken und Regen oder Schnee, im Sommer Kälte, im Winter Wärme; insbesondere auf rasches und tiefes Fallen des Barometers tritt oft stürmisches Wetter ein. Bei hohem Barometerstand dagegen herrschen leichte bis mäßige östliche Winde, geringe Bewölkung und im Sommer große Hitze, im Winter strenge Kälte. Wegen dieses Zusammenhanges benützte man das Barometer zur Vorherbestimmung des Wetters und nannte es auch Wetterglas.[2] Die Wetterprophezeiungen (Prognosen) zeigten sich aber als sehr unzuverlässig.

[2] Es mag hier erwähnt werden, daß Guericke schon vor Torricelli ein Barometer erfunden hatte; es war ein Wasserbarometer, also eine ca. 10 m lange mit Wasser gefüllte Röhre; erst auf dem Reichstage zu Regensburg 1654 erhielt er Kunde von Torricellis Entdeckung. Dies Wasserbarometer benützte er schon als Wetterglas und prophezeite einen Sturm (1660). Andererseits hatte die Akademie von Florenz keine Kenntnis von Guerickes Luftpumpe und untersuchte doch schon das Verhalten verschiedener Körper und Erscheinungen im luftleeren Raum, indem sie Torricellische Vakua von großen Volumen herstellte. Auch Paskal erforschte 1646 die Gesetze des Luftdruckes durch barometrische Versuche.


Fig. 57.


Fig. 58.


Fig. 57.


Fig. 58.

Man fand jedoch andere mit dem Luftdrucke zusammenhängende Gesetze, die ebenso sicher, als für die Wetterprognosen wichtig sind. Sie sind: 1. das Gesetz der barometrischen Minima und Maxima. Wenn man an vielen Orten Europas täglich zu gleicher Zeit (etwa 8 Uhr morgens) den Barometerstand beobachtet[3], diese Beobachtungen sammelt und vergleicht, indem man sie auf eine Landkarte einträgt (synoptische Karte), so findet sich stets eine gesetzmäßige Verteilung des Barometerstandes. Ein Punkt hat den tiefsten Barometerstand; dort liegt das barometrische Minimum; von diesem Punkte nach allen Richtungen auswärts steigt das Barometer, und zwar ziemlich gleichmäßig; verbindet man alle diejenigen Punkte, die gleich hohen Barometerstand haben, so haben diese Linien, Isobaren, eine nahezu kreisförmige Gestalt und umgeben in immer größeren Ringen das barometrische Minimum. Den ganzen Bereich, den diese zum Minimum gehörigen Isobaren einschließen, nennt man eine barometrische Depression. (Fig. 57.)

[3] Diese Barometerstände müssen zuerst auf das Meeresniveau reduziert werden, d. h. man muß berechnen, wie hoch das Barometer an diesem Orte stehen müßte, wenn der Ort auf dem Meeresniveau läge. Z. B. zu 740,6 mm müssen bei 220 m Lokalhöhe 21,6 mm addiert werden.

Das barometrische Minimum beträgt in Europa meistens an 730 mm, geht hie und da bis 710 mm, in der heißen Zone bis 700 mm herunter. Die barometrischen Depressionen rücken bei uns in der Hauptrichtung von West nach Ost vor, sie kommen vom atlantischen Ozean, ziehen über England, die Nordsee, Dänemark, die Ostsee nach Rußland, oder sie dringen von den Faröerinseln gegen Norwegen und über Schweden nach Rußland, oder sie ziehen zwischen Island und Norwegen ins nördliche Eismeer und streifen bloß Europa. Auf diesen Wegen sind sie am tiefsten. Einige dringen in Frankreich ein und durchziehen Europa, andere dringen über Dänemark nach Deutschland ein, manche durchstreifen das Mittelmeer, kommen wohl auch vom nordadriatischen Meer nach Österreich; alle ins Innere des Kontinentes eindringenden Depressionen verlieren meist rasch an Tiefe, verflachen sich, füllen sich aus und verschwinden. Auf der nördlichen Halbkugel schreiten die Depressionen in den Tropen in der Richtung nach WNW, außer den Tropen nach ENE fort; auf der südlichen Halbkugel hat man S statt N zu setzen. Innerhalb 6 Breitengraden zu beiden Seiten des Äquators wurden nie Depressionen beobachtet (Kalmenzone). Das Fortschreiten der Depressionen beträgt in Europa ca. 27 km in einer Stunde.

In dem Gebiete, das dem Bereiche des Minimums nicht angehört, ist das barometrische Maximum: dort befindet sich ein Ort, der den höchsten Barometerstand hat, und von ihm nach allen Richtungen auswärts nimmt der Barometerstand ab: die Isobaren laufen auch kreisförmig um das Maximum, sind aber der Form nach lange nicht so regelmäßig und liegen stets viel weiter voneinander entfernt als beim Minimum. (Fig. 58.) Der Bereich des Minimums ist vergleichbar einem trichterförmigen Tale mit steilen Abhängen, das Maximum einem flachen Hügel mit sanft ansteigenden Rändern. Auch die Maxima verändern ihre Lage, jedoch unregelmäßig, bilden sich meist über großen Ländermassen aus (Rußland, Mitteleuropa) und bleiben oft lange ruhig stehen.

2. Das Windgesetz (von Buijs Ballot): Alle Winde sind Luftströmungen, welche von einem Gebiete höheren Luftdruckes zu einem solchen niedrigeren Luftdruckes fließen. Diese Luftströmungen folgen hiebei nicht der kürzesten Verbindungslinie, sondern erleiden infolge der Achsendrehung der Erde eine Ablenkung, so daß sie in Spiralen laufen. Die Winde laufen auf der nördlichen Halbkugel um das barometrische Minimum herum entgegengesetzt dem Zeiger der Uhr. Von dieser Richtung weichen die Winde jedoch derart ab, daß sie etwas gegen das Minimum zugewendet sind; so hat ein Ort südlich vom Minimum meist Westsüdwestwind, sogar Südwestwind. Es kommt aber nie vor, daß die Windrichtung von dieser Hauptrichtung ganz abweicht; der Wind läuft nie in entgegengesetzter Richtung um das Minimum und nie vom Minimum weg. Auf der südlichen Halbkugel läuft der Wind in entgegengesetzter Richtung um das Minimum, also gerade wie der Zeiger der Uhr, aber auch dem Minimum zugewendet.

Jede solche wirbelförmige Luftbewegung nennt man einen Cyklon. Auch um das Maximum laufen die Winde, aber gerade umgekehrt, also bei uns wie der Zeiger der Uhr (Anticyklon), und sind dabei etwas vom Maximum abgewendet; doch sind diese Richtungen im allgemeinen größeren Abweichungen ausgesetzt als beim Minimum.

Die Windstärke hängt mit der Nähe der Isobaren zusammen; je näher die Isobaren aneinander liegen, desto stärker ist der Wind, und gerade dort, wo sie am nächsten beieinander liegen, ist der Wind am stärksten. Stürmische Winde, volle Stürme und Orkane kommen nur im Bereich der barometrischen Depressionen vor (ausgenommen rasch vorübergehende Gewitterstürme), und zwar sind sie um so stärker, je tiefer das Minimum ist; deshalb kommen Orkane fast nur in der heißen Zone vor. Da beim Maximum die Isobaren stets verhältnismäßig weit auseinander liegen, so sind die in seinem Bereich auftretenden Winde meist schwach, höchstens an den Rändern stark, nie stürmisch.

3. Einfluß auf das Wetter. Wenn ein barometrisches Minimum vom Meere her ins Land eindringt, so führt der Wind Luft vom Meere herein, die feucht ist und deshalb viel Regen bringt; diese Luft ist im Sommer kälter und im Winter wärmer als das Land. Da in bezug auf Deutschland die meisten Depressionen nördlich vorüberziehen, so erhalten wir durch sie südwestliche, dann westliche Winde mit Bewölkung und Regen. Im Bereich des Maximums, insbesondere wenn es über einer großen Ländermasse steht, herrschen schwache bis mäßige Winde, bei uns meist östlicher Richtung, heiterer Himmel und Trockenheit, im Sommer infolge des Sonnenscheins große Hitze, im Frühjahre und Herbst in den hellen Nächten oft Frost, im Winter in den langen, hellen Nächten große Kälte, die durch den kurzen täglichen Sonnenschein nicht beseitigt werden kann.

4. Die Wetterprognosen. Wenn an vielen Orten zu gleicher Zeit täglich Barometer, Thermometer, Windrichtung und -Stärke, Bewölkung, Regen oder Schnee beobachtet werden, und diese Beobachtungen sofort alle an eine meteorologische Zentralstation telegraphiert werden, so ist man dort imstande, die Witterungslage zu überblicken und auf Grund der angegebenen Gesetze das künftige Wetter vorherzusagen (prognostizieren), wenn auch nur für den nächsten Tag und für einen ziemlich kleinen Bezirk. Auch Sturmwarnungen werden ausgegeben.

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